Der Klinikarzt 2006; 35(4): VII
DOI: 10.1055/s-2006-939829
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© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Modifizierte Lysetherapie nach STEMI - Geringes Blutungsrisiko bei überlegener kardiovaskulärer Risikoreduktion

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Publikationsdatum:
10. Mai 2006 (online)

 
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Obwohl die Öffnung eines verschlossenen Koronargefäßes mit einem Ballonkatheter oder einer perkutanen Koronarangioplastie inzwischen praktisch der so genannte Goldstandard zur Behandlung eines akuten Herzinfarkts ist, ist die Fibrinolyse noch immer die meist verwendete Therapieform beim Myokardinfarkt. Ein Problem der Koronarangioplastie ist nach wie vor das enge Zeitfenster, das nur schwer einzuhalten ist, zum anderen steht das Verfahren noch immer in weiten Teilen der Welt nicht zur Verfügung, konstatierte Prof. E. Antman, Boston (Massachusetts, USA).

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Einfacheres Therapieregime...

"Nach den aktuellen Leitlinien sollen Patienten mit ST-Elevationsinfarkt zusätzlich zu einer fibrinolytischen Therapie auch unfraktioniertes Heparin erhalten", sagte Antman. "Enoxaparin scheint jedoch gegenüber dem unfraktionierten Heparin einige Vorteile zu haben." Dazu zählte Antmann zum einen eine effizientere Blockade des Gerinnungssystems aufgrund einer größeren Anti-Xa:Anti-IIa-Aktivität. Außerdem sei - anders als beim unfraktionierten Heparin - kein Monitoring nach der subkutanen (!) Applikation notwendig, zwei Vorteile, welche die Behandlung der Patienten deutlich vereinfachen.

Frühere Studien deuten zudem darauf hin, dass das niedermolekulare dem unfraktionierten Heparin überlegen ist. Ob das auch im Rahmen der Fibrinolyse beim akuten Myokardinfarkt gilt, das untersuchte die ExTRACT-TIMI[1]-25-Studie. Dementsprechend erhielten hier 20479 Patienten mit einem ST-Hebungsinfarkt zusätzlich zur Lyse und gegebenenfalls weiteren Antithrombotika entweder mindestens 48 Stunden lang unfraktioniertes Heparin (UFH) über einen intravenösen Zugang oder - nach einer intravenösen Bolusinjektion von 30 mg - 1 mg/kgKG Enoxaparin (Clexane®) subkutan alle zwölf Stunden über acht Tage. Bei älteren Patienten (über 75 Jahre) und Patienten mit einer Kreatininclearance unter 30 ml/min wurde allerdings auf den Bolus verzichtet. Zudem wurde bei den älteren Patienten die Enoxaparindosis um ein Viertel auf 0,75 mg/kg zweimal täglich reduziert.

Alle Patienten waren zudem mit einer Basismedikation aus Acetylsalicylsäure, einem Betablocker, einem Statin und einem Inhibitor des Renin-Angiotensin-Systems außerordentlich gut medikamentös behandelt, betonte Antmann - ein wichtiger Effekt, denn nur so kann man darauf schließen, dass beobachtete Effekte tatsächlich der getesteten Studienmedikation zuzuweisen sind.

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...verspricht höheren Benefit...

Am Ende des 30-tägigen Beobachtungszeitraums hatten 12% der Patienten, die das unfraktionierte Heparin erhalten hatten, entweder einen weiteren Myokardinfarkt erlitten oder waren verstorben. Unter Enoxaparin erreichten nur 9,9% diesen primären Endpunkt (p < 0,0001). "Diese absolute Risikoreduktion von 2,1% entspricht einer relativen Risikoreduktion von 17%", bemerkte Antmann. Die Kurven trennten sich schon früh: Bereits nach 48 Stunden ist ein Vorteil für Enoxaparin zu verzeichnen (5,2 versus 4,7%; p = 0,08). Zu diesem Zeitpunkt ist der Unterschied zwischen den beiden Therapieoptionen noch nicht signifikant.

"Doch die Kurven divergieren im Zeitverlauf immer weiter und am Ende der Beobachtungszeit waren im Enoxaparinarm 206 Ereignisse weniger zu beobachten als unter dem unfraktionierten Heparin", so Antmann. So verstarben 8% weniger Patienten unter Enoxaparin (nicht signifikant), die Zahl weiterer Myokardinfarkte sank um 33% (4,5 versus 3%; p < 0,0001), und es waren auch weniger Revaskularisierungen innerhalb des 30-Tages-Intervalls notwendig geworden (2,8 versus 2,1%, relative Risikoreduktion 26%; p = 0,0008). Damit werden pro tausend behandelte Patienten 15 Myokardinfarkte, sechs Todesfälle und sieben kardiologische Notfalleingriffe verhindert - im Gegenzug entstehen vier zusätzliche schwere, aber keine intrazerebralen Blutungen.

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...bei vergleichsweise geringem Blutungsrisiko

Diesem Therapieerfolg steht zwar ein höheres Risiko für eine schwere Blutung unter Enoxaparin entgegen (2,1 versus 1,4%; p < 0,0001), allerdings ist diese Blutungsrate von nur 2,1% im Vergleich zu früheren Studien relativ gering. "Mit diesen Raten waren wir außerordentlich zufrieden", konstatierte Antmann. "Denn damit erreichen wir Werte, die um etwa ein Drittel niedriger liegen als wir sie bislang unter Enoxaparin kennen, und damit liegen diese sogar unter denen bei früheren UFH-Studien." Zurückzuführen sei dies, so die Meinung der Initiatoren der Studie, unter anderem auf das genaue Monitoring der intravenösen Infusionen.

Auch bei Patienten jenseits des 75. Lebensjahres steige die Häufigkeit intrakranieller Blutungen erstmals nicht steil an, fügte Prof. E. Braunwald, Boston (Massachusetts, USA) hinzu. Daher empfahlen die Experten, bei akutem Infarkt das in der ExTRACT-Studie verwendete Dosierungsschema zu verwenden und sowohl bei älteren Patienten als auch bei einer geringen Kreatininclearance die Enoxaparindosierung anzupassen.

sts

Quelle: Late Breaking Clinical Trials und Pressekonferenz "ExTRACT-TIMI-25" (veranstaltet von Sanofi-Aventis) auf dem Kongress des "American College of Cardiology"

04 EnoXaparin and Thrombolysis Reperfusion for Acute myoCardial infarction Treatment - Thrombolysis In Myocardial Infarction

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