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DOI: 10.1055/s-2006-941399
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York
Grundsatzurteil des BSG bringt Klarheit - Wann verjähren Vergütungsansprüche stationärer Behandlungskosten?
Publication History
Publication Date:
10 May 2006 (online)
- Der entscheidende Fall
- Vorschriften aus dem BGB lassen sich nicht anwenden
- Endlich Klarheit - Verjährungsfrist beträgt vier Jahre!
Nach dem Inkrafttreten des geänderten § 69 SGB V im Jahr 2000 war sehr umstritten, wann Vergütungsansprüche von Krankenhäusern wegen stationärer Behandlungskosten gegenüber den gesetzlichen Krankenkassen verjähren. Laut einem Grundsatzurteil des Bundessozialgerichts (BSG) (Urteil vom 12.05.2005 - Aktenzeichen: B 3 KR 32/04 R) bleibt es jedoch bei der vierjährigen Verjährungsfrist für die Vergütungsansprüche der Krankenhäuser gegenüber den Krankenkassen für die Krankenhausbehandlung von Kassenpatienten.
#Der entscheidende Fall
In der Klinik der klagenden Betreiberin wurde eine Versicherte der beklagten Krankenkasse in der Zeit vom 1. bis zum 27. Oktober 1998 aufgrund der Aufnahmediagnose "Parkinson-Syndrom und Schizophrenie" behandelt. Auf den Kostenübernahmeantrag vom 2. Oktober 1998 erklärte die Krankenkasse mit einem Schreiben vom 21. Oktober 1998 die Kostenübernahme zunächst für die Zeit bis zum 15. Oktober 1998.
Den Verlängerungsantrag vom 23. Oktober 1998, der ihr am 27. Oktober 1998 (Entlassungstag) zuging, lehnte die Krankenkasse ab. Als Grund hierfür gab sie an, eine stationäre Behandlung über den 15. Oktober 1998 hinaus sei nicht erforderlich und lehnte daher die Begleichung der am 29. Oktober 1998 in Rechnung gestellten restlichen Kosten in Höhe von rund 3000 Euro wiederholt ab. Im Rahmen des Gerichtsverfahrens wandte die Krankenkasse dann ein, die Forderung der Klinik sei zudem verjährt.
Dies sah das Bundessozialgericht anders: Die vierjährige Verjährungsfrist des Ende Oktober 1998 fällig gewordenen Vergütungsanspruchs begann am 1. Januar 1999 und endete am 31. Dezember 2002. Durch die Klageerhebung am 30. Dezember 2002 wurde die Verjährung jedoch gehemmt, sodass dem Zahlungsanspruch die Einrede der Verjährung nicht mit Erfolg entgegengesetzt werden konnte.
#Vorschriften aus dem BGB lassen sich nicht anwenden
Die Vorinstanzen hatten nach Auffassung des Bundessozialgerichts zu Unrecht auf die Verjährungsvorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) zurückgegriffen und den Vergütungsanspruch zum 31. Dezember 2001 als verjährt angesehen. Stattdessen unterliegen die Vergütungsansprüche der Krankenhausbetreiber gegen die Krankenkassen für die Behandlung von Kassenpatienten auch ab dem 1. Januar 2000 der vierjährigen Verjährungsfrist des Sozialrechts.
Die zu diesem Zeitpunkt in Kraft getretene Änderung des § 69 SGB V (nF) durch das GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000 (GKVRefG 2000) vom 22. Dezember 1999 hat nicht zu einer Veränderung der Rechtslage geführt. Die Vorschriften zur Verjährung aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch lassen sich auch weiterhin nicht anwenden. Demzufolge scheidet auch die Anwendung des eine generelle dreijährige Verjährungsfrist normierenden § 195 BGB in seiner ab 1. Januar 2002 geltenden Fassung auf diese Vergütungsansprüche aus.
#Endlich Klarheit - Verjährungsfrist beträgt vier Jahre!
Mit dieser Entscheidung beendet das Bundessozialgericht mit erfreulicher Klarheit die seit langem herrschende Unsicherheit, ob die Vergütungsansprüche der Krankenhäuser der vierjährigen Verjährungsfrist des § 45 Abs. 1 SGB I oder über den Verweis des § 69 SGB V der zivilrechtlichen zwei- bzw. dreijährigen Verjährung unterliegen. Die Grundsatzentscheidung des Bundessozialgerichts ist zudem eindeutig als krankenhausfreundlich zu bewerten. Denn sie gewährt Krankenhäusern bzw. deren Betreibern für die Zukunft eine gesicherte Rechtslage, indem Forderungen gegenüber der Krankenkasse wegen stationärer Behandlungskosten erst nach vier Jahren verjähren.
Die gegenüber den Krankenhäusern aufgrund mangelnder höchstrichterlicher Entscheidung ausgesprochene Empfehlung, ausstehende Forderungen vorsichtshalber innerhalb der kurzen Frist zu realisieren, ist somit überholt. Gleichwohl ist aber auch zu beachten, dass Rückforderungsansprüche der Krankenkassen gegenüber den Krankenhäusern ebenso der vierjährigen Verjährungsfrist unterliegen.
Dr. iur. Isabel Häser, Ehlers, Ehlers und Partner, München
§ 69 SGB V im Wortlaut "Dieses Kapitel sowie die §§ 63 und 64 regeln abschließend die Rechtsbeziehungen der Krankenkassen und ihrer Verbände zu Ärzten, Zahnärzten, Psychotherapeuten, Apotheken sowie sonstigen Leistungserbringern und ihren Verbänden, einschließlich der Beschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses und der Landesausschüsse nach den §§ 90 bis 94. Die Rechtsbeziehungen der Krankenkassen und ihrer Verbände zu den Krankenhäusern und ihren Verbänden werden abschließend in diesem Kapitel, in den §§ 63, 64 und in dem Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG), dem Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) sowie in den hiernach erlassenen Rechtsverordnungen geregelt. Für die Rechtsbeziehungen nach den Sätzen 1 und 2 gelten im Übrigen die Vorschriften des BGB entsprechend, soweit sie mit den Vorgaben des § 70 und den übrigen Aufgaben und Pflichten der Beteiligten nach diesem Kapitel vereinbar sind. Die Sätze 1 bis 3 gelten auch, soweit durch diese Rechtsbeziehungen Rechte Dritter betroffen sind." |