Pneumologie 2006; 60(12): 777-783
DOI: 10.1055/s-2006-944291
Übersicht
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Kardiale oder pulmonale Dyspnoe - Aussagemöglichkeiten der Ergospirometrie

Pulmonary or Circulatory Causes of Dyspnea - Value of SpiroergometryK.  H.  Rühle1
  • 1Klinik Ambrock, Klinik für Pneumologie, Allergologie und Schlafmedizin, Universität Witten/Herdecke, Hagen
Weitere Informationen

Prof. Karl-Heinz Rühle

Ambrockerweg 60

58091 Hagen

eMail: Klinik-Ambrock.Pneumo @t-online.de

Publikationsverlauf

eingereicht 12. 7. 2006

akzeptiert 28. 7. 2006

Publikationsdatum:
11. Dezember 2006 (online)

Inhaltsübersicht #

Zusammenfassung

Häufig klagen Patienten über Belastungsdyspnoe, die als wichtiger Hinweis für eine zu Grunde liegende Herz- oder Lungenerkrankung weiter abgeklärt werden sollte. Wenn Anamnese, Röntgenuntersuchungen, EKG, Lungenfunktionsdiagnostik in Ruhe inklusive Methacholin-Tests keine sichere Erklärung für die vom Patienten geklagte Dyspnoe unter Belastung ergibt, empfiehlt es sich, eine kardiopulmonale Belastungsuntersuchung (Spiroergometrie) durchzuführen. Die hierbei ermittelbaren Parameter ergeben wichtige Hinweise im Hinblick auf eine kardiale oder pulmonale Ursache. Bei kardial bedingter Dyspnoe kann folgende klassische Konstellation gefunden werden: Verringerte maximale Sauerstoffaufnahme, verringerte Leistung (WR), frühe Plateaubildung von Sauerstoffaufnahme/Watt, Abflachung der dVO2/WR, d. h. Sauerstoffaufnahme/Leistung in Watt, verminderte Herzfrequenz-Reserve < 15 Schläge/min, reduzierter Sauerstoff-Puls und frühe Plateaubildung, erhöhte ventilatorische Reserve, erhöhtes Atemzeitvolumen/CO2-Abgabe als Hinweis für erhöhte Totraumventilation. Bei pulmonal bedingter Dyspnoe kann folgende klassische Konstellation gefunden werden: Verringerte maximale Sauerstoffaufnahme, erhöhte Herzfrequenz-Reserve > 15 Schläge/min, verringerte Atemreserve (VE/MVV), als besonders geeignet zur Differenzierung zwischen kardialer und pulmonaler Dyspnoe hat sich die Erfassung der Flussvolumenkurve herausgestellt. Die genannten Charakteristika werden anhand eines Fallbeispiels besprochen und die Elemente der Differenzialdiagnose anhand der 9-Felder-Graphik nach Wasserman herausgearbeitet.

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Abstract

Patients often report of dyspnea during exertion which should be further analysed as a hint of heart or lung disease. When case history, chest X-ray, ECG, spirometry, and methacholine test do not explain the complaints, a cardiopulmonary exercise test is recommended. Parameters of spiroergometry can often elucidate cardiocirculatory or pulmonary causes. In cardiocirculatory triggered dyspnea the following pattern can be found: reduced maximal oxygen consumption and work rate (WR), an early plateau of oxygen consumption/WR, reduced increase of oxygen consumption/WR, reduced heart rate reserve < 15 beats/min, reduced oxygen pulse and an early plateau, increased breathing reserve, an increased minute ventilation/CO2 production indicating increased dead space ventilation. In pulmonary triggered dyspnea the following pattern can be found: reduced maximal oxygen consumption, increased heart rate reserve, reduced breathing reserve. With the exercise tidal flow volume loop plotted within the maximal flow volume loop a more thorough interpretation is possible. In a case presentation, the decision-making process using the 9-panel display of Wasserman is demonstrated.

Dyspnoe ist eine mit dem Regelkreis der Atmung in Verbindung stehende, unangenehme Empfindung. Sie ist abzugrenzen von der physiologischen Luftnot. Da sie als wichtiger Hinweis für eine relevante Erkrankung dienen kann, ist es unbedingt erforderlich, eine Ursachenanalyse durchzuführen. Es gilt, die Art und den Umstand ihres Auftretens zu untersuchen, um gegebenenfalls eine rasche und gezielte Therapie einleiten zu können. Durch einfache anamnestische Fragen können verschiedene Dyspnoe-Grade 1 - 4 festgelegt werden ([Tab. 1]). Den geringsten Schweregrad stellt die Belastungsdyspnoe dar, wobei die Frage nach der Anzahl von Stockwerken, die ohne relevante Dyspnoe erreicht werden können, eine weitere Unterteilung ermöglicht. Auch der Vergleich mit einer altersbezogenen Referenz in der Frage zwei kann wichtige Informationen liefern. Die Ergebnisse einer solchen Befragung sind allerdings ungenau und sollten durch quantitative Messungen ergänzt bzw. erhärtet werden. Die Indikation für eine Spiroergometrie ergibt sich immer dann, wenn das Symptom Dyspnoe unter Belastung nicht durch Untersuchungen in Ruhe (Ganzkörperplethysmographie, Methacholin-Test, Echokardiografie) ausreichend erklärt werden kann [1].

Tab. 1 Fragen zur Einteilung von Dyspnoe-Schweregraden
Dyspnoe-Graduierung (WHO)
1.Haben Sie Atemnot bei schnellem Gehen in der Ebene, Bergaufgehen oder Treppensteigen?
2.Haben Sie Atemnot beim normalen Gehen in der Ebene mit Altersgenossen?
3.Müssen Sie anhalten, um Atem zu holen, wenn Sie in der Ebene Ihr eigenes Tempo gehen?
4.Haben Sie Atemnot in Ruhe?

Bei der Ergospirometrie handelt es sich um eine wenig invasive Untersuchung, die bei Wahl eines Rampen-Protokolls innerhalb kurzer Zeit von etwa 10 - 15 Minuten durchgeführt werden kann. Der Patient wird in halbliegender Position auf dem Fahrrad-Ergometer mit einer Steigerungs-Rate der Belastung von 5, 10 oder 15 Watt pro Minute bis zum symptomlimitierten Abbruch belastet, so dass die Gesamtbelastungszeit zwischen acht und 12 Minuten liegen sollte. Neben den klassischen EKG-Ableitungen werden die expiratorischen Gaskonzentrationen von Sauerstoff und Kohlendioxid mittels einer Mund-Nasenmaske sowie der Atemfluss mittels eines Pneumotachographen gemessen und hieraus ventilatorische Größen wie Tidalvolumen und Atemfrequenz errechnet [2]. Zusätzlich sollten die arteriellen Blutgase aus dem hyperämisierten Ohrläppchen bestimmt werden. Während und am Ende der Belastung sollte der Schweregrad der Dyspnoe anhand der Borg-Scala abgefragt werden (siehe [Abb. 1]). Anhand der Zunahme der Dyspnoe während der Belastung kann der Zeitpunkt des Belastungsabbruches abgeschätzt, und damit können rechtzeitig Vorbereitungen getroffen werden, abschließende Messungen vornehmen zu können. Als Ursache des Belastungsabbruchs finden wir z. B. bei COPD nur in etwa ein Drittel aller Fälle Dyspnoe, häufig aber auch Muskelschmerzen oder Schwäche als Grund, weshalb der Patient die Belastung beendet. Die Beurteilung erfolgt heute überwiegend anhand der standardisierten 9-Felder-Graphik nach Wasserman [2] mit dem Vorteil der guten Vergleichbarkeit der Ergebnisse.

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Abb. 1 Borg-Skala zur Quantifizierung der Dyspnoe in Abhängigkeit von Watt. Aus Praktikabilitätsgründen wird eine 10-stufige Borg-Skala empfohlen. In dem Beispiel sieht man den Anstieg der Dyspnoe bei einem leistungsgeminderten Patienten, der bei 75 Watt wegen Dyspnoe Borg-Schweregrad 9 abgebrochen hat, ein weiterer Patient stoppte die Belastung erst bei etwa 110 Watt, ebenfalls bei Borg-Schweregrad 9. Der Schweregrad wird ermittelt, indem der Patient während der Belastung auf einer Borg-Skala den aktuellen Dyspnoe-Schweregrad nach einer Steigerung von jeweils 25 Watt anzeigt.

In vielen Lungen-Fachkliniken und Praxen wird immer noch die so genannte kleine Ergometrie oder Ergo-Oxymetrie mit Registrierung der Watt-Zahl und der Blutgase favorisiert.

Im Folgenden sollten deshalb zum Vergleich die Vorteile der aufwändigeren, aber damit auch weitaus aussagekräftigeren Spiroergometrie und die mögliche Differenzierung in pulmonale oder kardiale Ursachen der Dyspnoe an einem Fallbeispiel dargestellt werden.

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1. Maximale Leistungsfähigkeit

Kleine Ergometrie: Die Leistung (in Watt), die erreicht wird, wenn der Patient die Belastung abbricht, wird als maximale Leistung angesehen. Dies gilt nur, wenn der Patient optimal mitarbeitet.

Spiroergometrie: von maximaler Leistung wird nur dann gesprochen, wenn eine Abflachung der Sauerstoffaufnahme zum Ende der Belastung beobachtet werden kann, sonst wird von der Peak-Sauerstoffaufnahme gesprochen. Häufig wird die maximale Leistung nicht durch kardiopulmonale Faktoren, sondern durch Gelenk- und Muskelschmerzen bestimmt. Wenn die anaerobe Schwelle ermittelt wird, kann mithilfe der Spiroergometrie die kardiopulmonale Leistungsfähigkeit auch ohne maximale Anstrengung abgeschätzt werden. Sie ist gut reproduzierbar und - wenn erreicht - mitarbeitsunabhängig und von daher für Gutachten oder Verlaufsbeurteilungen sehr gut geeignet. Wenn der respiratorische Quotient, besser die RER bei maximaler Leistung unter 1,0 liegt, weist dies auf eine fehlende metabolische Ausbelastung oder Ausbelastung bei geringer Leistungsfähigkeit hin.

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2. Atemmechanik

Kleine Ergometrie: Die Atemmechanik ist unter Belastung schlecht beurteilbar, da nur die Atemfrequenz gemessen werden kann.

Spiroergometrie: Die Atemfrequenz, das Tidalvolumen und damit das Atemzeitvolumen werden kontinuierlich registriert. Das Fluss-Volumendiagramm im Vergleich zum maximalen Fluss-Volumendiagramm, das in Ruhe vor der Belastung registriert wird, gestattet eine Abschätzung der atemmechanischen Limitation und das Ausmaß der dynamischen Überblähung (siehe [Abb. 5]). Die Atemreserve ermöglicht eine zusätzliche Beurteilung der ventilatorischen Begrenzung des Patienten.

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Abb. 2 Sauerstoffaufnahme (ml/min) in Abhängigkeit von der Leistung (WR) mit der Einheit Watt. Auf der linken Seite der Abbildung sieht man das Beispiel einer Normalperson mit einer Leistung über 200 Watt entsprechend einer Sauerstoffaufnahme von etwa 3000 ml/min. Auf der rechten Seite der Abbildung sieht man bei der Patientin eine verminderte Sauerstoffaufnahme bezogen auf die Leistung (dVO2/dWR). Die maximale Sauerstoffaufnahme ist aus 86 % des Solls erniedrigt. Grüne Kurve: V'O2. Rote Kurve V'CO2.

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3. Gasaustausch

Kleine Ergometrie: Der Gasaustausch unter Belastung ist schlecht beurteilbar, da der respiratorische Quotient neben dem alveolären PCO2 den arteriellen PO2 beeinflussen.

Spiroergometrie: Sie gestattet es, den alveolären PO2 zu errechnen, so dass die alveolo-arterielle PO2-Differenz errechnet werden kann. Sie ist ein Maß für den physiologischen und pathologischen Shunt (Blut-Shunt) sowie Diffusions- und Verteilungsstörungen.

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4. Totraumventilation

Kleine Ergometrie: Der Luft-Shunt ist mit dieser Methode nicht messbar.

Spiroergometrie: Mithilfe des arteriellen PCO2, der expiratorischen CO2-Konzentration und dem Atemzeitvolumen (VE) kann die Totraumventilation errechnet werden. Das Atemäquivalent für CO2 (VE/VCO2) ermöglicht ebenfalls eine gute Abschätzung, sofern VCO2 und PaCO2 in etwa konstant bleiben (Panel 4 der 9-Feldergraphik nach Wasserman).

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5. Endtidaler Kohlendioxid-Partialdruck (PET, CO2)

Kleine Ergometrie: Der PET,CO2 ist mit dieser Methode nicht messbar.

Spiroergometrie: Infolge ausgeprägter Minderperfusion und damit erhöhter Totraumventilation ist bei primär pulmonaler Hypertonie der endtidale PCO2 sowohl in Ruhe als auch unter Belastung erniedrigt (Panel 9). Liegt der PCO2 bei Patienten mit Belastung Dyspnoe unklarer Genese an der anaeroben Schwelle unter 30 mm Hg, besteht der dringende Verdacht auf diese Erkrankung [3].

Im Folgenden soll anhand eines Fallbeispiels einer 53-jährigen Patientin die Aussagekraft der Spiroergometrie bei der Frage nach pulmonaler oder kardialer Dyspnoe dargestellt werden:

Die 53-jährige Patientin stellt sich in der Ambulanz mit unklarer Dyspnoe vor. Bei der klinischen Untersuchung finden sich über der Lunge auskultatorisch diskrete inspiratorische feuchte und trockene Rasselgeräusche. Herzaktion regelmäßig, Töne rein Herzfrequenz 80 pro Minute, nur geringe prätibiale Ödeme. In der Echokardiographie Vergrößerung des linken Vorhofes auf 4,5 cm. Keine regionalen Wandbewegungsstörungen. Linksventrikuläre Hypertrophie mit diastolischer Funktionsstörung wie bei hypertensiver Herzerkrankung. EKG: Sinus-Rhythmus keine Erregungsrückbildungsstörungen. Langzeit EKG: unauffällig.

Lungenfunktion: Die Bodyplethysmographie ergab normale statische und dynamische Lungenvolumina, keine Obstruktion ([Tab. 2]). PH und Blutgase lagen im Normbereich ([Tab. 3]). Die Diffusionskapazität war auf 73 % des Solls erniedrigt ([Tab. 4]). Der Methacholin-Test war negativ.

Tab. 2 Ergebnisse der Ganzkörperplethysmographie der Patientin: Normalwerte
Messwert%Soll
FEV1 (I)2,73115
IVC (I)3,26118
MEF 75/25 (l/s)3,0 95
Rtot (kPa* s/l)0,20 66
ITGV (I)2,32 90
RV (I)1,56 93
TLC (I)4,82104
RV %/TLC32,45 89
Tab. 3 Ergebnisse der Blutgas-Analyse: Normalwerte
Ruhe
pH 7,40 ± 0,05 7,41
PO2 (mm Hg)73
PCO2 (35 - 45 mm Hg)41
Stand. Bicarbonat
(24, ± 2,0 mÄqu/l)
25,6
BE (± 2,0 mÄqu/l)+ 2,2
Tab. 4 Ergebnisse der CO-Diffusionskapazitätsmessung: Normalwerte
Messwert%Soll
Transferfaktor TLCO SB
(mmol/min/kPa)
5,5973
Transferkoeffizient TLCO/VA
(mmol/min/kPa/l)
1,2375

Zur möglichen Differenzierung von pulmonaler bzw. kardialer Dyspnoe stehen mehrere Messgrößen zur Verfügung ([Tab. 5]).

Tab. 5 Kriterien zur evtl. Differenzierung zwischen kardialer und pulmonaler Dyspnoe/Limitation
KardialVentilatorisch
V'02, peakreduziertreduziert
pulmonal
Atemreserve> 25 % (> 15>L)< 20 %
Belastungs-Fluss-Volumenkurvenormalpathologisch
Alveolo-art.O2-Differenznormalerhöht
kardial
dV'O2/dWR< 8> 9
HF-Reserve< 15> 15
02-Pulserniedrigtnormal

Folgende Zeitreihen bzw. leistungsabhängige Parameter der Spiroergometrie wurden nun analysiert. Panel 3, Panel 7, Fluss-Volumen-Kurve, Panel 2 und Panel 4 der 9-Feldergraphik nach Wasserman.

Zur Beurteilung der Sauerstoff-Transportkette sollte immer zuerst die Leistung in Watt und die maximale bzw. Peak-Sauerstoffaufnahme beschrieben werden ([Abb. 2]). Im Vergleich zu einer gesunden Versuchsperson steigt die Sauerstoffaufnahme, bezogen auf Watt, nicht adäquat an. Vor dem Belastungsabbruch findet sich eine Abflachung der Sauerstoffaufnahme, ein so genanntes Levelling-off als Hinweis, dass tatsächlich die maximale Sauerstoffaufnahme erreicht wurde. Die maximale Sauerstoffaufnahme liegt bei 86 % des Solls. Als erstes Fazit kann damit festgehalten werden, dass die maximale Sauerstoffaufnahme erniedrigt ist und eine inadäquate Steigerung der Sauerstoffaufnahme erfolgt. Damit sollte weiter analysiert werden, welche kardiale oder pulmonale Funktionsstörung vorliegt.

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Differenzialdiagnose pulmonale Dyspnoe

Atemgrenzwert: Die Patientin erreicht ein Atemzeitvolumen von 62 Liter/Minute ([Abb. 3]). Der Atemgrenzwert wurde aus der Sekundenkapazität, multipliziert mit 35 = 94,5 Liter/Minute, errechnet. Die Atemreserve beträgt damit 32,5 Liter/Minute = 34 %. Die Atemreserve ist nicht ausgeschöpft, eine atemmechanische Limitation liegt aufgrund dieser Messung nicht vor. Die Atemreserve kann in % des rechnerischen Sollwertes oder als Absolutwert (mindestens 15 L/min) angegeben werden.

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Abb. 3 Atemzugvolumen in Abhängigkeit vom Atemzeitvolumen. Bei der Normalperson auf der linken Seite der Abb. zeigt sich eine große Atemreserve. Auch bei der Patientin ist die Atemreserve mit 32,5 Liter normal.

In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass die Atemreserve auch an der Laktatschwelle/anaerobe Schwelle (> 0,42) kardiovaskuläre bzw. pulmonale Dyspnoe mit hoher Sensitivität und Spezifität differenziert [4].

Noch bessere Möglichkeiten bietet unserer Ansicht nach die Beurteilung der Flussvolumenkurve. Vor der Belastung wird die maximale Flussvolumenkurve in- und exspiratorisch ermittelt. Während der Belastung wird in regelmäßigen zeitlichen Abständen die Flussvolumenkurve registriert, dabei muss darauf geachtet werden, dass durch maximale Inspirations-Manöver die Fluss/Volumen-Kurve richtig positioniert wird, da während der Belastung ein Drift des Volumens auftreten kann ([Abb. 4]). Wird exspiratorisch die Strömungskurve der forcierten Exspiration im Bereich von MEF 50 um mehr als 50 % überschritten, ist objektiv eine atemmechanische Begrenzung (Strömungslimitierung) als Ursache der Dyspnoe zu diagnostizieren [5] [6] ([Abb. 5]). Auch mit dieser Messung ist die in dem Fallbeispiel geklagte Dyspnoe nicht zu erklären, da die Flussvolumenkurve unter maximaler Belastung die in Ruhe gemessene nicht tangiert ([Abb. 6]).

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Abb. 4 Maximale Flussvolumenkurve, die vor Beginn der Spiroergometrie registriert werden sollte. Mehrfach während und am Ende bei Belastungsabbruch wird die Flussvolumenkurve in dieses gespeicherte Diagramm eingetragen. In dem Beispiel sieht man die Ruhe-Flussvolumenkurve ( gepunktet) bei einer Normalperson. Unter maximaler Belastung steigen Fluss und Volumen (gepunktet) an, ohne die maximale Flussvolumenkurve zu berühren (durchgezogen).

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Abb. 5 Flussvolumen-Kurven eines COPD Patienten. Man sieht die maximale exspiratorische Flussvolumenkurve (gepunktet) und die Flussvolumenkurve unter maximaler Belastung (durchgezogene Linie). Dieser Patient bricht aus atemmechanischen Gründen die Belastung ab. Atemmechanische Limitation ist dann vorhanden, wenn die exspiratorische Flussvolumenkurve unter maximaler Belastung die maximale exspiratorische Flussvolumenkurve um mehr als 50 % von VT,max überschreitet.

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Abb. 6 Maximale Flussvolumenkurve der Patientin in Ruhe mit gepunktet eingezeichneter Flussvolumenkurve unter maximaler Belastung. Es besteht keine Flusslimitation.

Wir ziehen als weiteres Fazit, dass objektiv die Dyspnoe nicht atemmechanisch erklärt werden kann.

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Kardiale Dyspnoe

Als ersten Hinweis auf eine kardial bedingte Einschränkung fanden wir eine inadäquate Steigerung der Sauerstoffaufnahme (Panel 3). Weitere, eher der kardialen Funktion zuzuordnende Messgrößen sind Herzfrequenz und Sauerstoffpuls ([Abb. 7]).

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Abb. 7 Herzfrequenz und Sauerstoffpuls: Auf der linken Seite der Abbildung sieht man einen adäquaten Herzfrequenzanstieg bei einer Normalperson. Der Sauerstoffpuls zeigt eine Plateaubildung bei etwa 15 ml Sauerstoff-Aufnahme pro Pulsschlag. Auf der rechten Seite sieht man, dass die Herzfrequenzreserve grenzwertig vermindert ist. Der Sauerstoffpuls bei verminderter maximaler Leistung ist ebenfalls grenzwertig eingeschränkt.

Herzfrequenzreserve: Diese wird errechnet aus der maximalen Soll-Herzfrequenz abzüglich der tatsächlich unter maximaler Belastung erreichten Herzfrequenz. Die Soll-Herzfrequenz errechneten wir aus der Gleichung 210 abzüglich Lebensalter. In unserem Beispiel liegt die Soll-Herzfrequenz bei 157. Die tatsächlich erreichte Herzfrequenz lag bei 139, damit liegt die Herzfrequenzreserve bei 18 Schlägen/Minute.

Sauerstoffpuls: Er errechnet sich aus der Sauerstoffaufnahme, geteilt durch Pulsfrequenz. Der Normalwert liegt bei maximaler Belastung bei 8 - 14 ml Sauerstoff pro Herzschlag. Ein Plateau ist nur pathologisch, wenn die Normwerte nicht erreicht werden. Vor allem am Ende der Belastung steigt die arteriovenöse Sauerstoff-Gehalts-Differenz nicht mehr an, sodass der Sauerstoffpuls das erniedrigte Schlagvolumen bei Herzinsuffizienz charakterisiert (siehe [Abb. 8]). In unserem Falle erreicht der Sauerstoffpuls ein Plateau und liegt bei 9 ml pro Pulsschlag (siehe [Abb. 7]).

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Abb. 8 Sauerstoffpuls bei einer Normalperson, bei COPD, Herzinsuffizienz, Ischämie oder inadäquater Tachykardie. Bei COPD wird der untere Grenzbereich meistens noch überschritten, bei Herzinsuffizienz ist der maximale Sauerstoffpuls aufgrund des erniedrigten Schlagvolumens erniedrigt.

Als Fazit aus der Analyse von Panel 2 resultiert der dringende Verdacht auf eine kardial bedingte Dyspnoe bei grenzwertiger Herzfrequenzreserve und grenzwertigem Sauerstoffpuls.

Der Schweregrad der Herzinsuffizienz kann an der Steigung von VE in Abhängigkeit von VCO2 abgelesen werden [8]. Bei Herzinsuffizienz tritt unter Belastung eine Ventilations-Perfusions-Verteilungsstörung infolge einer regionalen Minderperfusion auf, sodass die Totraumventilation erhöht ist [7]. Auch bei der Patientin findet sich ein erhöhtes Atemzeitvolumen, bezogen auf die Kohlendioxidabgabe, in Panel 4 (siehe [Abb. 9]), in einem weiteren Diagramm, ablesbar am Atemäquivalent für CO2, in Panel 6 (ohne Abbildung). Eine weitere Ursache für das erhöhte Atemäquivalent besteht darin, dass Patienten mit Herzinsuffizienz unter Belastung eine alveoläre Hyperventilation, die ein erhöhtes Atemzeitvolumen nach sich zieht, entwickeln.

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Abb. 9 Atemzeitvolumen bezogen auf die Kohlendioxidabgabe: auf der linken Seite der Abb. sieht man einen normalen Anstieg des Atemzeitvolumens bei einer Normalperson, die beiden gestrichelten Linien zeigen den Normalbereich. Auf der rechten Seite sieht man einen inadäquaten Anstieg des Atemzeitvolumens über den Normalbereich (gestrichelt), wobei als wichtigste Ursache eine erhöhte Totraumventilation infrage kommt.

Fasst man die Ergebnisse der Spiroergometrie zusammen, finden sich ausreichende Hinweise für eine kardial bedingte Belastungsdyspnoe. Die Therapie sollte demnach eine Optimierung der kardialen Funktionen beinhalten ([Tab. 6]).

Tab. 6 Zusammenstellung der Ursachen von Dyspnoe bei 50 Patienten. Die Zeitdauer der Beschwerden bis zur Abklärung betrug 23 Monate. Die vorläufige Zuordnung richtete sich nach den Ergebnissen der Spiroergometrie. Diese erfolgte nur, wenn eine normale Lungenfunktion in Ruhe vorlag. Die Diagnose wurde anschließend durch Echokardiographie, Methacholin Test, Herzkatheter-Untersuchung und Verlaufskontrollen überprüft. In 77 % aller Fälle gelang eine richtige Zuordnung durch die Spiroergometrie
DiagnoseVO2 %SollAnaerobe Schwelle %Soll
Trainingsmangel14 (26 %) 69,8 ± 4,444,6 ± 6,4
kardiale Ursache 7 (13 %) 70,6 ± 2,658,8 ± 10,7
psychogen 9 (17 %) 86,5 ± 5,570,8 ± 7,1
normal 7 (13 %)104,4 ± 6,280,7 ± 8,7
hyperreaktiv12 (23 %) 75,5 ± 4,757,4 ± 7,5
Lungenfibrose 4 (8 %) 92,5 ± 8,281,5 ± 15,1
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Fazit für die Praxis

Es sollte festgehalten werden, dass die Ergebnisse der Spiroergometrie keine eindeutige Abgrenzung von pulmonaler oder kardial bedingter Dyspnoe bzw. Trainingsmangel ermöglichen, aber in einem hohen Prozentsatz eine richtige Zuordnung gestattet. So konnte in einer Untersuchung an 50 Patienten mit über 23 Monaten bestehender Dyspnoe in über 75 % aller Fälle durch aufwändigere Untersuchungen bis zum Herzkatheter und von Verlaufsbeobachtungen nach Therapie die primär spiroergometrisch gestellte Diagnose bestätigt werden [9]. Sie stellt somit einen wichtigen Baustein bei der Differenzialdiagnose von Belastungsdyspnoe dar.

Häufig wird eine kombinierte pulmonal und kardial bedingte Dyspnoe gefunden. Hier kann durch die Spiroergometrie der Anteil von Herz und Lunge an der Störung abgeschätzt werden [10]. Generell gilt, dass die Spiroergometrie im Stufenkonzept zur Abklärung von Dyspnoe frühzeitig zum Einsatz kommen sollte und auch gut geeignet ist, den Verlauf unter Therapie zu charakterisieren.

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Literatur

  • 1 ATS/ACCP . Statement on cardiopulmonary exercise testing. American Thoracic Society; American College of Chest Physicians.  Am J Respir Crit Care Med. 2003;  167 211-277
  • 2 Rühle K H. Praxisleitfaden der Spiroergometrie. Stuttgart, Berlin, Köln: W Kohlhammer 2001
  • 3 Yasunobu Y, Oudiz R J, Sun X G. et al . End-tidal PCO2 abnormality and exercise limitation in patients with primary pulmonary hypertension.  Chest. 2005;  127 1637-1646
  • 4 Medoff B D, Oelberg D A, Kanarek D J. et al . Breathing reserve at the lactate threshold to differentiate a pulmonary mechanical from cardiovascular limit to exercise.  Chest. 1998;  113 913-918
  • 5 Johnson B D, Weisman I M, Zeballos R J. et al . Emerging concepts in the evaluation of ventilatory limitation during exercise: the exercise tidal flow-volume loop.  Chest. 1999;  116 488-503
  • 6 Johnson B D, Beck K C, Zeballos R J. et al . Advances in pulmonary laboratory testing.  Chest. 1999;  116 1377-1387
  • 7 Wasserman K, Zhang Y Y, Gitt A. et al . Lung function and exercise gas exchange in chronic heart failure.  Circulation. 1997;  96 2221-2227
  • 8 Gitt A K, Wasserman K, Kilkowski C. et al . Exercise anaerobic threshold and ventilatory efficiency identify heart failure patients for high risk of early death.  Circulation. 2002;  106 3079-3084
  • 9 Martinez F J, Stanopoulos I, Acero R. et al . Graded comprehensive cardiopulmonary exercise testing in the evaluation of dyspnea unexplained by routine evaluation.  Chest. 1994;  105 168-174
  • 10 Palange P, Carlone S, Forte S. et al . Cardiopulmonary exercise testing in the evaluation of patients with ventilatory vs circulatory causes of reduced exercise tolerance.  Chest. 1994;  105 1122-1126

Prof. Karl-Heinz Rühle

Ambrockerweg 60

58091 Hagen

eMail: Klinik-Ambrock.Pneumo @t-online.de

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Abb. 1 Borg-Skala zur Quantifizierung der Dyspnoe in Abhängigkeit von Watt. Aus Praktikabilitätsgründen wird eine 10-stufige Borg-Skala empfohlen. In dem Beispiel sieht man den Anstieg der Dyspnoe bei einem leistungsgeminderten Patienten, der bei 75 Watt wegen Dyspnoe Borg-Schweregrad 9 abgebrochen hat, ein weiterer Patient stoppte die Belastung erst bei etwa 110 Watt, ebenfalls bei Borg-Schweregrad 9. Der Schweregrad wird ermittelt, indem der Patient während der Belastung auf einer Borg-Skala den aktuellen Dyspnoe-Schweregrad nach einer Steigerung von jeweils 25 Watt anzeigt.

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Abb. 2 Sauerstoffaufnahme (ml/min) in Abhängigkeit von der Leistung (WR) mit der Einheit Watt. Auf der linken Seite der Abbildung sieht man das Beispiel einer Normalperson mit einer Leistung über 200 Watt entsprechend einer Sauerstoffaufnahme von etwa 3000 ml/min. Auf der rechten Seite der Abbildung sieht man bei der Patientin eine verminderte Sauerstoffaufnahme bezogen auf die Leistung (dVO2/dWR). Die maximale Sauerstoffaufnahme ist aus 86 % des Solls erniedrigt. Grüne Kurve: V'O2. Rote Kurve V'CO2.

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Abb. 3 Atemzugvolumen in Abhängigkeit vom Atemzeitvolumen. Bei der Normalperson auf der linken Seite der Abb. zeigt sich eine große Atemreserve. Auch bei der Patientin ist die Atemreserve mit 32,5 Liter normal.

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Abb. 4 Maximale Flussvolumenkurve, die vor Beginn der Spiroergometrie registriert werden sollte. Mehrfach während und am Ende bei Belastungsabbruch wird die Flussvolumenkurve in dieses gespeicherte Diagramm eingetragen. In dem Beispiel sieht man die Ruhe-Flussvolumenkurve ( gepunktet) bei einer Normalperson. Unter maximaler Belastung steigen Fluss und Volumen (gepunktet) an, ohne die maximale Flussvolumenkurve zu berühren (durchgezogen).

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Abb. 5 Flussvolumen-Kurven eines COPD Patienten. Man sieht die maximale exspiratorische Flussvolumenkurve (gepunktet) und die Flussvolumenkurve unter maximaler Belastung (durchgezogene Linie). Dieser Patient bricht aus atemmechanischen Gründen die Belastung ab. Atemmechanische Limitation ist dann vorhanden, wenn die exspiratorische Flussvolumenkurve unter maximaler Belastung die maximale exspiratorische Flussvolumenkurve um mehr als 50 % von VT,max überschreitet.

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Abb. 6 Maximale Flussvolumenkurve der Patientin in Ruhe mit gepunktet eingezeichneter Flussvolumenkurve unter maximaler Belastung. Es besteht keine Flusslimitation.

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Abb. 7 Herzfrequenz und Sauerstoffpuls: Auf der linken Seite der Abbildung sieht man einen adäquaten Herzfrequenzanstieg bei einer Normalperson. Der Sauerstoffpuls zeigt eine Plateaubildung bei etwa 15 ml Sauerstoff-Aufnahme pro Pulsschlag. Auf der rechten Seite sieht man, dass die Herzfrequenzreserve grenzwertig vermindert ist. Der Sauerstoffpuls bei verminderter maximaler Leistung ist ebenfalls grenzwertig eingeschränkt.

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Abb. 8 Sauerstoffpuls bei einer Normalperson, bei COPD, Herzinsuffizienz, Ischämie oder inadäquater Tachykardie. Bei COPD wird der untere Grenzbereich meistens noch überschritten, bei Herzinsuffizienz ist der maximale Sauerstoffpuls aufgrund des erniedrigten Schlagvolumens erniedrigt.

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Abb. 9 Atemzeitvolumen bezogen auf die Kohlendioxidabgabe: auf der linken Seite der Abb. sieht man einen normalen Anstieg des Atemzeitvolumens bei einer Normalperson, die beiden gestrichelten Linien zeigen den Normalbereich. Auf der rechten Seite sieht man einen inadäquaten Anstieg des Atemzeitvolumens über den Normalbereich (gestrichelt), wobei als wichtigste Ursache eine erhöhte Totraumventilation infrage kommt.