Neuro-/Psychophysiologie des gesunden und gestörten Schlafes
Neuro-/Psychophysiologie des gesunden und gestörten Schlafes
Referent: Gunther Essinger, Zentrum für Psychiatrie, Calw-Hirsau
Ein wesentliches Merkmal der Funktion des Gehirns ist seine Arbeit in komplexen Netzwerken.
Das Gehirn ist ständig aktiv und nimmt Reize von innen und außen wahr. Dabei ist es
in der Lage, extrem zu fokussieren und die Wahrnehmungsverarbeitung auf 5 % aller
in der Umgebung vorhandenen Reize einzuschränken. Die unzähligen Möglichkeiten der
Verschaltung erlauben dem Gehirn zudem, sehr flexibel zu reagieren, es besitzt eine
enorme Plastizität, die sich bis auf morphologische und zelluläre Veränderungen auswirken.
So wurde z. B. die frühere Auffassung, dass sich Neuronen nicht teilen können, inzwischen
revidiert. Auch im höheren Alter können sich Nervenzellen noch teilen und so zur Umgestaltung
der Strukturen beitragen.
Warum müssen wir schlafen? Nach heutiger Auffassung hat der Schlaf zwei wichtige Funktionen,
die sich im REM-Schlaf und im Non-REM-Schlaf manifestieren. Diese beiden Schlafstadien
lassen sich auch bei Tieren nachweisen. Je höher das Tier entwickelt ist und je höher
das kortikale Gewicht, desto größer ist die Differenzierung zwischen REM- und Non-REM-Schlaf-Phasen.
Im Laufe des Lebens verändert sich der Anteil der jeweiligen Schlafphasen. Säuglinge
haben ein Schlafmuster, das durch REM-Schlaf dominiert wird. Mit zunehmendem Lebensalter
nimmt der relative Anteil von Non-REM-Schlaf zu. Grund dafür sind Veränderungen der
neuronalen Struktur der Großhirnrinde. In ihren äußeren 2 - 3 Schichten befinden sich
die Neuronen, die für bewusstes Handeln und komplexe Bewegungen eine Rolle spielen.
In der vierten und fünften Schicht liegen GABA-erge, hemmende Neuronen, die diese
Aktivität bremsen. Die Dichte dieser hemmenden Neuronen ist bis zur Pubertät sehr
hoch. In der Pubertät nehmen die hemmenden Einflüsse der tieferen kortikalen Schichten
ab, Neurone der oberen Schichten verschalten sich neu und im Schlaf nehmen die Non-REM-Aktivitäten
zu. Im Endeffekt ändern sich die Wahrnehmung und die Assoziationen bzw. Zuordnung
in das Wertesystem des Individuums gleichsam mit der Sozialisation zum Erwachsensein.
Das EEG zeigt bei Kindern dementsprechend ein anderes Grundmuster als bei Erwachsenen.
Evolutionsorientierte Wissenschaftler betrachten den REM-Schlaf als entscheidend für
die Weiterentwicklung des Geistes. Im REM-Schlaf werden Eindrücke, emotionale und
seelische Ereignisse des Tages so verarbeitet, dass sie auch vergessen und verdrängt
werden können. Diese Funktion ist wichtig, um die Leistungsfähigkeit im Alltag zu
erhalten. Die REM-Aktivität spielt für die psychische Stabilität eine besonders wichtige
Rolle. In diesem Zusammenhang ist erwähnenswert, dass bei psychiatrischen Erkrankungen
gerade der REM-Schlaf häufig gestört ist.
Im Non-REM-Schlaf geht es vor allem um die Regeneration körperlicher Funktionen und
der metabolischen Ökonomie. Sollwerte des Körpers müssen erhalten und die „Batterien
wieder aufgeladen” werden.
Die Schlafzentralen des Gehirns befinden sich im Hirnstamm bzw. in der Brücke. Der
Non-REM-Schlaf wird durch verschiedene Neuronengruppen gesteuert. Hemmende aminerge
Neurone liegen in dorsalen Raphekernen und noradrenerge und serotonerge Neurone im
Locus coerelius. Im gigantozellulären Feld der Brückenhaube liegen cholinerge Neuronen,
die den REM-Schlaf steuern. Auch aktivierende Zellen mit noradrenerger Neurotransmission
tragen zur Steuerung des Schlafes bei.
Die Synchronisation von Neuronen ist Voraussetzung für die Ableitung eines EEGs. Neurone
funktionieren grundsätzlich nur im Verbund, nie allein. Dieses Zusammenspiel ist von
entscheidender Bedeutung und macht z. B. im Schlaflabor Funktionszustände interpretierbar.
Das funktionierende, wache Gehirn zeigt z. B. „Alpha-Wellen” mit einer Frequenz von
8 - 12 Hz. Dieses Muster besteht nicht überall, sondern in der Hirnrinde und im medialen
Thalamus. Subkortikale Strukturen fallen in der Grundfrequenz ab, sie sind „graphisch”
nachgestellt und können über der Hirnrinde nur schwer wahrgenommen werden. So ist
beispielsweise der Hirnstamm mit Frequenzen von 0,5 - 1 Hz synchronisiert. Im Non-REM-Tiefschlaf
sind kortikale Regionen inaktiv, und man findet im EEG Delta- und Theta-Wellen. Theta-Wellen
im REM-Schlaf zeigen eine komplexe Aktivierung und eine Interaktion mit subkortikalen
Assoziationszentren an. Dies weist auf das Verarbeiten von Reizen im neuronalen Netzwerk
hin.
Einige Beispiele verdeutlichen diese Erkenntnisse. So zeigte ein EEG von einer Fibromyalgie-Patientin
Alpha-Überlagerungen der Delta-Wellen. Nach der Internationalen Klassifikation der
Schlaferkrankungen (ICSD) ist dieser Alpha-Delta-Tiefschlaf ein markantes Zeichen
bei chronischer Müdigkeit/Fibromyalgie. Hier könnte es sich um ein Phänomen handeln,
das mit einer Sollwert-Verstellung zu tun hat. Schmerz ist neben Müdigkeit eines der
Hauptsymptome der Fibromyalgie, und man nimmt eine gestörte Schmerzverarbeitung der
Patienten an. Der Hypothalamus/Thalamus ist die Hirnregion, die Schmerz entweder blockiert
oder ihn an andere Bereiche weiter meldet. In der gleichen Region liegen aber auch
die Neuronengruppen, die die Alpha-Triggerung des Kortex im Wachzustand vornimmt.
Wenn es bei Fibromyalgie im Schlaf teilweise „falsche” Aktivierungen aus diesen Regionen
gibt und damit insbesondere Non-REM-Aktivität gestört ist, fühlt sich der Patient
trotz des ausreichenden Tiefschlafs ungenügend erholt.
Ein anderes klinisches Beispiel sind depressive Patienten. Sie zeigen im Schlaf erhöhte
REM-Aktivität und eine höhere REM-Dichte; ihre Schlafbalance ist nicht in Ordnung.
Dadurch gelingt es dem Depressiven nicht, die emotionalen Belastungen und Tagesreste
adäquat zu verarbeiten. Schlafentzug wirkt bei depressiven Patienten therapeutisch
antidepressiv, besonders bei denjenigen mit so genanntem Morgen-Tief.
Fast alle antidepressiven Medikamente reduzieren den ausgedehnten REM-Schlaf und bewirken
so eine physiologische Entlastung des Gehirns. Auch bei Patienten mit Insomnie findet
man häufig ein typisches depressives Schlafmuster, das mit Antidepressiva gut behandelt
werden kann.
Viele Aussagen des Vortrages sind hypothetisch, sie zeigen aber, wie plausibel über
die Interpretation der im EEG sichtbaren Graphoelemente, basierend auf Erkenntnissen
der Physiologie Schlüsse auf Ursachen und Behandlungsstrategien zu ziehen sind.
Schlaf und assoziierte internistische Erkrankungen
Schlaf und assoziierte internistische Erkrankungen
Referent und Autor: Harald Morr, Greifenstein
Eine kausale Verknüpfung von Schlafstörungen und internistischen Erkrankungen gelingt
nur selten, deshalb wird der Terminus „Assoziation” der Thematik am besten gerecht.
Es ist realistisch davon auszugehen, dass 10 - 25 % der Bevölkerung über Schlafstörungen
klagen, ein behandlungsbedürftiges obstruktives Schlafapnoe-Hypopnoe-Syndrom findet
sich bei 2 % der Frauen und 4 % der Männer zwischen 30 und 60 Jahren [1]. Bei einem nichtselektionierten Patientenkollektiv konnte festgestellt werden, dass
Hochdruck, Adipositas, Fettstoffwechselstörungen und Gastroösophagealer Reflux schlafassoziierte
Atmungsstörungen am häufigsten begleiten [2]. Die Bedeutung des obstruktiven Schlafapnoesyndroms in Hinblick auf die Entwicklung
prognostisch ernster extrapulmonaler Erkrankungen zeigt eine prospektive Langzeitstudie
aus Israel. Von 40 Patienten mit unbehandeltem obstruktiven Schlafapnoesyndrom entwickelten
8 ein Hochdruckleiden oder eine koronare Herzkrankheit, wobei sich diese Patienten
bei der Erstdiagnose von den kardial Nichterkrankten durch einen signifikant höheren
RDI unterschieden [3].
Die nachfolgende Zusammenstellung von Schlaf assoziierten Atmungsstörungen und extrapulmonalen
Erkrankungen orientiert sich an der Bedeutung im klinischen Alltag und konzentriert
sich deshalb auf Herz-Kreislauf- sowie zerebrovaskuläre Erkrankungen. Krankheiten
des Herz-Kreislaufsystems sind sehr häufig mit obstruktiver Schlafapnoe verbunden.
Dies gilt insbesondere für die Hypertonie (∼50 %) und für die koronare Herzkrankheit
(∼30 - 50 %), in geringerem Ausmaß (∼5 - 10 %) auch für bradykarde Herzrhythmusstörungen.
Leidet ein Patient sowohl an einem obstruktiven Schlafapnoesyndrom als auch an einer
koronaren Herzkrankheit ist er im Tiefschlaf (REM-Schlaf) und in den frühen Morgenstunden
durch ventrikuläre Tachyarrhythmien und Infarktereignisse gefährdet. Die pathophysiologischen
Zusammenhänge zwischen obstruktivem Schlafapnoesyndrom und Hochdruck sowie koronarer
Herzkrankheit fasst die [Abb. 1] zusammen. Wichtigste Stellgrößen dabei sind die Häufigkeit von Arousals, Gasaustauschstörungen
sowie intrathorakale Druckänderungen. Auch Herzinsuffizienz und schlafbezogene Atmungsstörungen
zeigen pathophysiologisch bedeutsame und therapeutisch relevante Beziehungen. Zentrale
Apnoe- und Hypopnoephasen korrelieren mit der kardialen Pumpfunktion: je schlechter
die Auswurfleistung, desto häufiger sind die Atempausen. Patienten mit einem Apnoe-Hypopnoe-Index
von > 11 haben ein zweifach hohes Risiko, eine Herzinsuffizienz zu entwickeln [4]. Dabei handelt es sich in 75 % um zentrale und nur in 25 % um obstruktive Apnoen.
Pathophysiologisch rückt neben verstärkter sympathischer Aktivität während des Tages
und der Nacht die endotheliale Dysfunktion (pro-inflammatorische und prothrombotische
Prozesse) bei der Herzinsuffizienz und assoziierter schlafbezogener Atmungsstörung
stärker in den Mittelpunkt. Die endotheliale Dysfunktion bildet sich in einer Erhöhung
von CRP, Interleukin 6, Fibrinogen und Plasminaktivator-Inhibitor ab, zirkulierende
Adhäsionsmoleküle lassen sich wie auch eine verminderte fibrinolytische Aktivität
bei den Betroffenen nachweisen [5]. Therapeutische Konsequenzen, die aus der Assoziation von kardiovaskulären Erkrankungen
und schlafbezogenen Atmungsstörungen zu ziehen sind, macht die über 10 Jahre verfolgte
prospektive Studie von Marin u. Mitarb. deutlich. Ein schweres Schlafapnoesyndrom
erhöht das Risiko fataler und nicht fataler kardiovaskulärer Ereignisse signifikant,
dieses Risiko kann durch eine effektive CPAP-Therapie nachhaltig gesenkt werden [6].
Abb. 1 Pathophysiologische Zusammenhänge zwischen obstruktivem Schlafapnoesyndrom, Hochdruck
und koronarer Herzkrankheit. Erläuterung siehe Text.
Eindrucksvoll und gleichwohl klinisch bedeutsam ist die Assoziation von schlafbezogenen
Atmungsstörungen und zerebrovaskulären Krankheiten. Sie werden als unabhängiger Risikofaktor
für das Auftreten eines Schlaganfalls angesehen [7]. Bei 3 von 4 Patienten ist im akuten Stadium und nach einem apoplektischen Insult
eine schlafbezogene Atmungsstörung nachzuweisen, allerdings hat ein Teil dieser Störungen
nur passageren Charakter und ist ein Jahr nach dem Insultereignis nicht mehr erkennbar.
Pathophysiologisch werden eine verminderte zerebrale Perfusion und gesteigerte Gerinnungsaktivitäten
während der schlafbezogenen Atmungsstörungen diskutiert. Beachtenswert ist zusätzlich,
dass Patienten mit Demenz häufiger schlafbezogene Atmungsstörungen aufweisen, deren
Schweregrade mit dem Ausmaß der kognitiven Defizite korreliert. Bei Demenz ist das
Schafprofil fraktioniert, Non-REM-Schlaf ist seltener, und ausreichende REM-Aktivitäten
sind nicht nachweisbar. Noch ist offen, ob Patienten mit Demenz von nächtlicher Beatmung
profitieren, Studien wurden bislang nicht publiziert.
Zusammengefasst ist zu realisieren, dass neben COPD schlafbezogene Atmungsstörungen
am häufigsten mit kardiovaskulären und zerebrovaskulären Erkrankungen assoziiert sind,
dass Kausalität und pathophysiologische Zusammenhänge unzureichend definiert sind,
dass koronare Herzkrankheit, Herzinsuffizienz, Hochdruck und zerebrale Insulte klinische
Relevanz haben und deshalb eine frühzeitige Diagnosestellung von schlafbezogenen Atmungsstörungen
und ihre adäquate Therapie Aussicht auf Verringerung von Risiken ergeben.
Prävalenz von Insomnien und schlafassoziierten Erkrankungen bei COPD-Patienten
Prävalenz von Insomnien und schlafassoziierten Erkrankungen bei COPD-Patienten
Referent: Gerhard Schultze-Werninghaus, Bochum
Über den Zusammenhang zwischen COPD, Schlaf und OSAS gibt es nur wenige zuverlässige
Daten. Die Antwort auf die Frage, wie häufig nächtliche Hypoxämien bei COPD-Patienten
sind, hängt wesentlich von der verwendeten Definition ab. Die beiden wesentlichen
Parameter sind a) die t90, also die Zeit, die der Patient eine Sauerstoffsättigung unterhalb von 90 % aufweist,
und andererseits b) eine SaO2 von 85 % oder darunter. Die Häufigkeit von nächtlichen Hypoxämien beträgt nach Definition
a) 54 % und nach b) 45 %, wobei die erste Definition weniger spezifisch ist. Angesichts
dessen, dass jeder zweite COPD-Patient nachts hypoxämisch wird, ist eine Diagnostik
bei jedem Patienten nach dem Ausheilen seiner Exazerbation angebracht.
Lässt sich das Risiko-Kollektiv noch genauer definieren? Patienten, die am Tag einen
PaO2 unter 60 mm Hg aufweisen, hatten in 82 % der Fälle eine t90 über 30 %, während dies bei Patienten mit höheren PaO2-Werten nur bei 36 % der Fall war [8]. Umgekehrt bedeutet dies, dass auch Patienten mit tagsüber normalen PaO2-Werten gefährdet sind, nachts hypoxämisch zu werden. Hinzu kommt, dass Patienten
mit relevanten nächtlichen Hypoxämien eine signifikant kürzere kumulative Überlebenszeit
haben [9].
Im Schlaflabor sieht man relativ häufig Patienten mit „Overlap-Syndrom”, einer Kombination
von COPD und OSAS. Je nach Untersuchung haben 6 - 14 % der COPD-Patienten gleichzeitig
ein OSAS, und umgekehrt beobachtet man bei 9 - 16 % der OSAS-Patienten gleichzeitig
eine COPD. Eine eigene Untersuchung erfasste die Häufigkeit der chronisch obstruktiven
Atemwegserkrankung bei Patienten mit obstruktiver Schlafapnoe. Die Definition der
COPD beinhaltete dabei nicht nur die Spirometrie, sondern auch bodyplethysmographische
Parameter. Von insgesamt 202 Patienten mit OSAS hatten 16,3 % eine COPD. Diese Gruppe
hatte einen höheren Body Mass Index, war am Tage eher hypoxämisch und hatte höhere
Werte für die t90 als Patienten ohne gleichzeitige COPD. Demgegenüber bestand in der Polysomnographie
kein Unterschied zwischen den beiden Patientengruppen. Eine neuere, bevölkerungsbezogene
Studie zum Auftreten einer COPD bei OSAS-Patienten fand mit 9,2 % eine deutlich geringere
Prävalenz [10]. Dies ist wahrscheinlich darauf zurück zu führen, dass die Patienten mit einem Alter
zwischen 41 und 72 Jahren jünger waren als in der Bochumer Untersuchung.
Mit der bevölkerungsbezogenen Sleep Heart Health Study, in die 5954 Personen einbezogen
wurden, wies man nach, dass das Zusammentreffen von OSAS und COPD reiner Zufall ist,
denn der Anteil der Patienten mit einem Respiratory disturbance index (RDI) über 15
pro Stunde war in beiden Gruppen ähnlich. Bei einigen wichtigen Aspekten fand man
signifikante Unterschiede zwischen Patienten mit oder ohne gleichzeitig bestehende
obstruktive Atemwegserkrankungen. Bestand zusätzlich eine COPD, klagten die Patienten
über eine vermehrte Tagesmüdigkeit, sie hatten eine schlechtere Schlafqualität und
-Effizienz, einen größeren Arousal-Index und eine deutlich stärkere Entsättigung.
Dies bedingt eine schlechtere Prognose bezüglich pulmonaler Hypertonie und Cor pulmonale.
Zusammenfassend ist die Prävalenz des OSAS bei Patienten mit (vorwiegend milder) COPD
nicht erhöht. Häufige Erkrankungen sind häufig, und so treten sie auch in Kombination
gehäuft auf. Viele Patienten vom „Blue Bloater-Typ” haben gleichzeitig ein OSAS, und
diese Kombination trägt zur respiratorischen Globalinsuffizienz und zur nächtlichen
Hypoventilation/Hypoxämie bei. Bei Patienten mit „Overlap-Syndrom” findet man im Vergleich
zu OSAS ohne COPD eine stärkere Hypoxämie am Tag und etwa dreimal häufiger eine Hyperkapnie.
Außerdem nimmt die Prävalenz der pulmonalen Hypertonie zu. Die obstruktive Schlafapnoe
ist daher bei COPD nicht zu vernachlässigen.
Gasaustausch bei COPD-Patienten in der Nacht und am Tage
Gasaustausch bei COPD-Patienten in der Nacht und am Tage
Referent: Bernd Schucher, Großhansdorf
Bei respiratorischer Insuffizienz sind sowohl der Gasaustausch über die Lunge als
auch die Funktion der Atempumpe und damit die Ventilation gestört. Dies manifestiert
sich mit einer Hypoxämie und einer Hyperkapnie.
Schon seit mehr als 25 Jahren ist bekannt, dass COPD-Patienten im REM-Schlaf schwerste
Hypoxämien haben können. Mit einer Sauerstofftherapie werden zwar die Sättigungswerte
verbessert, aber der Sauerstoffabfall während der REM-Aktivität lässt sich damit nicht
beheben.
Pathophysiologische Einflussfaktoren für nächtliche Hypoxien sind Atemantrieb, Atemmuskelfunktion
und Lungenmechanik. Im Non-REM-Schlaf sinkt die Ventilation um 25 %, der Widerstand
der oberen Atemwege ist erhöht, während die Parameter der Atemmuskulatur nicht verändert
sind. In Phasen von REM-Aktivität geht die alveoläre Ventilation noch stärker zurück,
nämlich um etwa 40 %. Der Atemantrieb ist vermindert, der Widerstand der oberen Atemwege
erhöht, und - besonders wichtig - die Aktivität der Atemhilfsmuskulatur ist reduziert.
Dies ist vor allem für Patienten mit Lungenemphysem relevant. Bei ihnen steht das
Zwerchfell tiefer, so dass sie nicht mehr effektiv mit dem Zwerchfell atmen können
und stärker auf die Atemhilfsmuskulatur angewiesen sind. Im REM-Schlaf macht das Atmen
dann Probleme. In der nächtlichen Kapnographie beobachtet man bei solchen Patienten
über Nacht ansteigende CO2-Konzentrationen, die in REM-Schlaf-Phasen besonders akzentuiert auftreten. Quantitativ
hat das Gros der Patienten pCO2-Anstiege von etwa 13 mm Hg, wobei vereinzelt sogar Erhöhungen gegenüber den Tageswerten
von 30 mm Hg beobachtet wurden.
Eine ventilatorische Insuffizienz entwickelt sich über längere Zeit in einer Abfolge
verschiedener Phasen ([Abb. 2]). Zunächst beobachtet man eine REM-Hypoventilation, dann einen gestörten Schlaf,
es folgt eine auch am Tage manifeste Gasaustauschstörung mit entsprechenden Symptomen,
und im Endstadium entwickelt sich ein Cor pulmonale mit ventilatorischer Insuffizienz.
Abb. 2 Alveoläre Hypoventilation und Symptome: von der REM-Hypoventilation zur ventilatorischen
Insuffizienz.
Für neuromuskuläre Erkrankungen, nicht jedoch für COPD gut belegt ist ein Zusammenhang
zwischen der inspiratorischen Vitalkapazität und dem Ausmaß einer Atemstörung. Die
IVC im Liegen als Maß für die Kraft der Atemmuskulatur ist umso höher, je weniger
die Patienten hypoventilieren.
Prädiktoren nächtlicher Hypoventilation bei COPD waren ein Forschungsthema der 1980er-Jahre.
Als Einflussfaktoren identifizierte man das Ausmaß der Gasaustauschstörung am Tage,
den Atemantrieb und den Body Mass Index. Im Schlaf nimmt auch bei Gesunden die Ventilationsantwort
ab. Bei COPD ist die Ventilationsantwort nicht nur in der Nacht, sondern auch tagsüber
verringert. Allerdings kann man aus einer verminderten Ventilationsantwort nicht auf
einen reduzierten Atemantrieb schließen.
Patienten mit nächtlicher Entsättigung haben häufig eine beeinträchtigte Atemmuskelfunktion.
Auch die Kapazität der Atempumpe beeinflusst den Gasaustausch. Eine eigene Studie
verglich die Situation vor und nach nichtinvasiver Beatmung. Durch die nichtinvasive
Beatmung war der p0,1max als Maß für die inspiratorische Muskelkraft deutlich angestiegen.
An der Atemmechanik hatte sich dagegen nichts geändert. Setzte man die Patienten einem
bestimmten pH aus, antworteten sie trotz der verbesserten Atemmuskelkraft vor und
nach NIV-Beatmung mit demselben Mundverschlussdruck. Dies zeigt, dass der pH-Wert
eine entscheidende Steuerungsgröße der Atmung ist, und dass er nächtliche Atemstörungen
über eine metabolische Komponente beeinflussen kann. Je höher in derselben Studie
der Standardbasenüberschuss war, desto höher war die CO2-Schwelle, und zwischen beiden bestand eine gute Korrelation.
In einer Studie von Schönhofer u. Mitarb. wurden Patienten mit restriktiver Ventilationsstörung
im Schlaf untersucht, und zwar vor und 6 bzw. 12 Monate nach NIV, wobei die Patienten
in der Nacht vor der Untersuchung jeweils die Beatmung ausgelassen hatten. Obwohl
in der Untersuchungsnacht keine Beatmung erfolgte, hatte sich das Schlafprofil der
Patienten nach 6 und 12 Monaten gebessert. Sowohl im REM- als auch im Non-REM-Schlaf
war die Sauerstoffsättigung deutlich besser als vor der Beatmung, die Gasaustauschstörung
hatte abgenommen. Dagegen fand man keine Veränderungen der atemmechanischen Parameter.
Offenbar normalisierte sich der Atemantrieb durch eine effektive Bikarbonat-Ausscheidung
über Nacht. Diese Ergebnisse machen deutlich, dass auch der Atemantrieb erhebliche
Bedeutung für die Gasaustauschstörung hat.
Schlaf und pulmonale arterielle Hypertonie
Schlaf und pulmonale arterielle Hypertonie
Referent: Michael Pfeifer, Regensburg
Die pulmonale arterielle Hypertonie (PAH) hat wesentlichen Einfluss auf das Überleben
von Patienten mit COPD. Patienten mit einem erhöhten Pulmonalarterien-Mitteldruck
haben eine um mehrere Jahre kürzere Überlebenszeit als Patienten mit normalen Druckverhältnissen
im kleinen Kreislauf [11]. Eine Analyse der Patienten aus der NETT-Studie ergab eine negative Assoziation
des Pulmonalarteriendrucks mit der FEV1 [12]. Allerdings ist die COPD nur mit leichten bis mittelgradigen Druckerhöhungen assoziiert,
so dass COPD-Patienten mit schwerer PAH häufig zusätzliche Erkrankungen haben, wie
thromboembolische Ereignisse.
Nach dem üblichen Verständnis ist der COPD-Patient der klassische Vertreter der hypoxisch
ausgelösten pulmonalen Hypertonie (Klasse III der PAH nach WHO). Nach neueren Ergebnissen
muss man diesbezüglich umdenken. Forschungsarbeiten aus den 1980er-Jahren zeigten,
dass der Pulmonalarteriendruck bei COPD-Patienten in der Nacht ansteigen kann [13]. Dies ist assoziiert mit Entsättigung während der Nacht, vor allem in den REM-Phasen.
Allerdings kann daraus keine Kausalität abgeleitet werden. Auch am Tage war der pulmonalarterielle
Druck assoziiert mit dem Ausmaß der Entsättigung, die während der Nacht gefunden wurde.
Patienten, die nachts über mehr als 30 % der Schlafzeit eine Sättigung unter 90 %
hatten, wiesen signifikant höhere Pulmonalarterien-Drucke auf als Patienten ohne Entsättigung
[14]. Im Widerspruch zu diesen Ergebnissen stand eine Studie der Straßburger Arbeitsgruppe
aus dem Jahr 1997, in der keine Unterschiede des Pulmonalarteriendrucks während des
Schlafes zwischen Entsättigern und Nicht-Entsättigern bestanden [15]. Zudem ist der paO2 am Tage kein Prädiktor für den Nachweis einer nächtlichen pulmonalarteriellen Hypertonie
[16].
Wenn die nächtliche Hypoxie wichtig wäre, müsste eine Sauerstofftherapie entsprechend
günstige Auswirkungen haben. Hypoxämische Patienten hatten nach 36 Monaten Sauerstofftherapie
jedoch keine geringeren Pulmonalarteriendrucke als Vergleichspatienten ohne diese
Behandlung, und man fand auch keinen Überlebensvorteil durch die O2-Therapie [17]. Demnach ist die Hypoxie per se kein alleiniger Risikofaktor für eine pulmonale
arterielle Hypertonie.
Bei Patienten mit obstruktiver Schlafapnoe fand sich ein Apnoe assoziierter Anstieg
des systolischen Pulmonalarteriendrucks auf bis zu 60 mm Hg [18]. Eine Literaturübersicht ergab bei rund 20 % der OSAS-Patienten eine pulmonale Hypertonie.
Die Straßburger Arbeitsgruppe wies dagegen nur bei 37 von 220 OSAS-Patienten eine
PAH nach, und von diesen hatten 20 eine bronchiale Obstruktion [19]. Verglich man die beiden Gruppen mit und ohne pulmonalarterielle Hypertonie miteinander,
war der Pulmonalarteriendruck zwar erhöht, er lag aber in einem noch recht milden
Bereich von durchschnittlich 26 mm Hg, der keiner Therapie bedarf.
Wenn man die Pulmonalarteriendrucke während der Nacht kontinuierlich misst, stellt
man fest, dass OSAS-Patienten mit Beginn der Apnoen einen Druckanstieg aufweisen,
der bis zum Ende der Apnoen noch zunimmt [20]. Bei Patienten mit pulmonaler arterieller Hypertonie war der Druckanstieg in der
Nacht während der REM-Schlaf-Phasen noch deutlich höher und lag in einem klinisch
relevanten Bereich bei 50 - 60 mm Hg.
Bei COPD-Patienten mit pulmonaler Hypertonie spielt die Hypoxie allenfalls eine verstärkende
Rolle. Eine intermittierende nächtliche Hypoxie hat wahrscheinlich keine Auswirkungen
auf das Entstehen einer chronischen pulmonalen Hypertonie.
Eine pulmonale Hypertonie entsteht nicht auf der Basis funktioneller Veränderungen,
und auch der Querschnittsverlust wegen des Emphysems ist nicht entscheidend. Vielmehr
findet ein progredientes Remodelling der Blutgefäße statt, das schlussendlich eine
pulmonalarterielle Hypertonie zur Folge hat [21]. Je stärker die Media proliferiert, je kleiner also das Lumen wird, desto höher
steigt der Druck unter Belastung. Hier besteht ein klarer Zusammenhang zwischen morphologischen
Veränderungen und dem pulmonalarteriellen Druckanstieg. Diese Umbauprozesse werden
wahrscheinlich durch die Noxe Zigarettenrauch selbst induziert [22]. Unklar ist, warum nicht jeder Patient mit einem Druckanstieg reagiert.
Es bleibt die Frage, warum obstruktive OSAS-Patienten ein höheres Risiko haben, eine
pulmonale Hypertonie zu entwickeln. Das Ausmaß der Umbauprozesse in den Gefäßen wird
beeinflusst durch Scherkräfte und durch den transmuralen Druck. Bei Patienten mit
OSAS kommt es während des Verschlusses zu einem stark negativen intrapleuralen und
intrathorakalen Druck. So steigt die Druckdifferenz zwischen Gefäßlumen und Außenbereich
und damit der transmurale Druck, wodurch das vaskuläre Remodelling stimuliert und
die Entwicklung einer Hypertrophie gefördert wird. Dies könnte ein pathophysiologisches
Bindeglied zwischen den mechanischen Veränderungen bei OSAS und der Druckerhöhung
im Lungenkreislauf sein.
Zusammenfassend verstärkt eine Hypoxie in der Nacht zwar akut eine pulmonale Hypertonie,
sie hat aber keine Langzeiteffekte auf den pulmonalarteriellen Druck. OSAS und COPD
sind häufig assoziiert mit einer PAH vom milden Schweregrad. Die Rolle der Hyperkapnie
ist bisher unklar, während die Hypoventilation als nicht zu unterschätzender Risikofaktor
gilt. Möglicherweise spielen auch mechanische Veränderungen eine Rolle.
Klinische und funktionelle Prädiktoren für schlafassoziierte Erkrankungen bei COPD-Patienten
Klinische und funktionelle Prädiktoren für schlafassoziierte Erkrankungen bei COPD-Patienten
Referent: Adrian Gillissen, Leipzig
Prädiktoren sind Messwerte oder Angaben, die darauf hinweisen, dass eine Krankheit
entstehen wird oder dass eine Erkrankung sich verschlimmert. Dabei muss nicht unbedingt
ein kausaler Zusammenhang bestehen. Meist werden diese Faktoren mit statistischen
Analysen identifiziert. Es gibt gute und schlechte Prädiktoren. Beispielsweise ist
das Zigarettenrauchen ein mäßiger Prädiktor für die Entstehung einer COPD oder eines
Bronchialkarzinoms, da nur etwa 10 % bzw. 1‰ aller Raucher diese Erkrankungen entwickeln.
Für das Overlap-Syndrom gibt es bisher keine gut konzipierten Studien, die gute Prädiktoren
identifiziert haben.
Die Prävalenzraten in der Bevölkerung für OSAS und COPD (Overlap-Syndrom) liegen bei
2 - 4 % beziehungsweise 5 - 10 %. Von allen OSAS-Patienten haben 10 - 15 % gleichzeitig
eine COPD. Wenn man 2 Volkskrankheiten miteinander in Beziehung setzt, liegt es auf
der Hand, dass auch das gleichzeitige Auftreten beider Erkrankungen relativ häufig
ist, was nicht notwendigerweise bedeutet, dass die Erkrankungen miteinander verwandt
sind.
Die typischen klinischen Symptome der obstruktiven Schlafapnoe sind gleichzeitig Prädiktoren
für das Overlap-Syndrom. Dazu gehören Schnarchen, Tagesmüdigkeit, Konzentrationsstörungen,
Einschlafneigung am Tag und Arousals.
Eine Bevölkerungsstudie aus Warschau rekrutierte 676 Wahlberechtigte und stellte die
Prävalenz von COPD, Schlafapnoe und Overlap-Syndrom fest [23]. COPD und OSAS kamen jeweils bei 11,3 % der Untersuchten vor. Gut 9 % der Schlafapnoe-Patienten
hatten gleichzeitig eine COPD, das war 1 % des Gesamtkollektivs. Der Apnoe-Hypopnoe-Index
unterschied sich zwischen Overlap-Patienten und COPD-Patienten, jedoch nicht zwischen
Overlap- und OSAS-Patienten. Die Sauerstoffsättigung war am geringsten bei Patienten
mit Overlap-Syndrom. Erwartungsgemäß ergaben die Lungenfunktionsparameter FVC, FEV1 und Tiffeneau-Quotient jeweils die geringsten Werte bei Overlap- und bei COPD-Patienten.
Bei dem ESS (Epworth Sleepiness Scale) fand man einen signifikanten Unterschied zwischen
den 3 Gruppen OSAS, COPD und Overlap-Syndrom, so dass dieser Faktor als Prädiktor
infrage kommt.
In einer retrospektiven Studie zur Definition von Determinanten für ein Overlap-Syndrom
wurden 152 OSAS-, 32 COPD- und 29 Overlap-Patienten analysiert [24]. Im Vergleich zu OSAS-Patienten waren Overlap-Patienten etwa 8 Jahre älter, während
sich Body Mass Index und Apnoe-Hypopnoe-Index nicht unterschieden. Signifikant höhere
Werte im Vergleich zur COPD-Gruppe hatten Overlap-Patienten bei Body Mass Index, FEV1 und pCO2.
In einer anderen Studie wurden 20 Patienten mit Schlafapnoe, 11 Patienten mit Overlap-Syndrom
und 13 Gesunde verglichen [25]. Aus dieser Studie lassen sich zwar keine Prädiktoren ableiten, interessant sind
jedoch in diesem Zusammenhang die erfassten atemmechanischen und atemregulatorischen
Parameter. Overlap-Patienten hatten eine signifikant bessere Schlafeffizienz als Schlafapnoe-Patienten
(83 versus 67 %), und sie waren etwa 8 Jahre älter. Spirometrie und Blutgasanalyse
ergaben ungünstigere Werte beim Overlap-Syndrom. Patienten mit COPD hatten ungünstigere
Resultate der atemmechanischen bzw. der atemregulatorischen Parameter. Da eine Patientengruppe
mit reiner COPD zum Vergleich fehlt, sind diese Befunde jedoch schwer zu interpretieren.
In der Sleep Heart Health Study waren die eingeschlossenen ca. 6000 COPD-Patienten
nur leicht bis mittelgradig erkrankt [26]. Patienten mit reinem Schlafapnoesyndrom ohne COPD waren zu einem geringeren Anteil
männlichen Geschlechts, sie waren etwas dicker und hatten signifikant häufiger nie
geraucht als Patienten, die zusätzlich eine COPD hatten. Der Respiratory Disturbance
Index (RDI) als Maß für die Ausprägung des Schlafapnoesyndroms war bei Patienten mit
COPD geringer (7,5 versus 9,1), und ein signifikant geringerer Anteil der COPD-Patienten
hatten einen RDI über 10 % oder über 15 % (COPD: 22 % bzw. 14 %, keine COPD: 29 %
bzw. 19 %). Die Autoren folgerten, dass bei COPD ohne Schlafapnoesyndrom der Schlaf
nur wenig gestört ist. Teilte man die Patienten in verschiedene Body-Mass-Index-Gruppen
ein, unterschied sich der RDI nicht mehr zwischen Schlafapnoe-Patienten mit und ohne
COPD.
Für die Identifikation von Prädiktoren sind Korrelationskoeffizienten wichtig. In
einer holländischen Studie wurden am Tag gemessene Parameter korreliert a) mit der
nächtlichen Sauerstoffsättigung sowie b) mit dem prozentualen Zeitanteil, den die
Patienten über Nacht entsättigt zugebracht hatten [27]. Alle untersuchten Parameter (PImax, SaO2, paCO2, FEV1, DLCO) korrelierten signifikant mit der nächtlichen Sauerstoffentsättigung.
Der Pulmonalarteriendruck lag in einer anderen Studie bei Patienten mit zusätzlicher
COPD sowohl in Ruhe als auch unter Belastung signifikant höher als bei reinen Schlafapnoe-Patienten
[28].
Zusammenfassend sind die Prädiktoren für ein Schlafapnoesyndrom mit denen für ein
Overlap-Syndrom identisch. Dies gilt insbesondere für die klinischen Symptome. Overlap-Patienten
haben ein höheres Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf. Prädiktoren für die
nächtliche Hypoventilation bei COPD sind Hypoxämie und Hyperkapnie am Tag, stärkere
Lungenfunktionseinschränkung, höherer Body Mass Index und niedrigerer inspiratorischer
Munddruck (PImax).
Therapie des Patienten mit Overlap-Syndrom: Medikamente und Sauerstoff
Therapie des Patienten mit Overlap-Syndrom: Medikamente und Sauerstoff
Referent: Rainer Dierkesmann, Gerlingen/Stuttgart
Kontrollierte Studien zur medikamentösen Therapie des Schlafes bei COPD wurden nicht
publiziert. Dagegen gibt es zahlreiche Untersuchungen bei Schlafstörungen, die belegen,
dass bestimmte Medikamente den Atemantrieb beeinträchtigen. Bei Overlap-Syndrom ist
es wichtig, Medikamente zu vermeiden, die zusätzlich den Schlaf fördern. Theophyllin
und systemische Kortikosteroide haben eher eine Schlaf reduzierende Wirkung.
Welche Medikamente eignen sich zur Behandlung von Schlafstörungen bei Patienten mit
obstruktiver Atemwegserkrankung? Benzodiazepine werden zwar häufig verordnet, sie
vermindern jedoch den Atemantrieb und verstärken die obstruktive Apnoe. Etwas günstiger
sind in dieser Beziehung die Non-Diazepine wie Zolpidem oder Zoplicon. Antidepressiva
haben meist eine Schlaf fördernde Wirkung und unterdrücken überwiegend den REM-Schlaf.
Substanzen wie Trimipramin verbessern die Schlafinduktion, ohne den REM-Schlaf zu
supprimieren. Neuroleptika wie Promethazin oder neuere Substanzen wie Quetiapin oder
Visperidon beeinflussen in üblicher Dosierung die Atmung wenig, Vorsicht ist jedoch
bei hohen Dosen geboten.
Die Indikationen zur Sauerstofflangzeittherapie sind in zahlreichen Richtlinien niedergelegt.
Die Frage ist, in welchem Ausmaß dadurch die Blutgase während der Nacht beeinflusst
werden. In einer dreiarmigen Studie wurde die Wirkung von Tiotropium (Spiriva®), entweder
morgens oder abends verabreicht, mit der von Plazebo in Hinblick auf die nächtliche
Sauerstoffsättigung untersucht [29]. Tiotropium reduzierte die REM-bezogenen Hypoxämien signifikant und verbesserte
die Atemmechanik, ohne die Schlafqualität zu beeinträchtigen.
In der NOTT-Studie war die ausschließlich nächtliche Sauerstoffgabe einer 18-stündigen
Behandlung über Nacht und Tag deutlich unterlegen [30]. Es reichte also nicht aus, nur die nächtliche Hypoxämie zu unterbinden. Vielmehr
scheint der prognostisch wichtige Faktor die Sauerstoffsättigung während der größten
Zeit des Tages zu sein.
Patienten mit chronisch obstruktiver Bronchitis waren stärker durch einen plötzlichen
Tod im Schlaf gefährdet als reine Emphysempatienten [31]. Bronchitiker entsättigten signifikant häufiger und hatten auch mehr Herzrhythmusstörungen
im Schlaf als Emphysematiker, und bei diesen Patienten ließ sich durch nächtliche
Sauerstofftherapie eine deutliche Besserung erzielen [32]. In einer Doppelblindstudie über einen Zeitraum von 3 Jahren wurde der Effekt einer
nächtlichen Sauerstoffgabe bei Patienten mit COPD und einem paO2 über 60 mm Hg am Tag untersucht. Der pulmonalarterielle Druck stieg in der Vergleichsgruppe
leicht an, während er unter Sauerstofflangzeittherapie stabil blieb bzw. nach 3 Jahren
sogar etwas abgefallen war. Am pulmonalen Gefäßwiderstand hatte sich jedoch kaum etwas
geändert. Möglicherweise verbesserte die Sauerstofftherapie die gesamte kardiale Leistung.
Eine Nachfolge-Studie hat jedoch diese Befunde wieder infrage gestellt.
In einer anderen Studie hat man den Sauerstoffgehalt im Gehirn mit einer zerebralen
Oxymetrie gemessen, und zwar bei Patienten mit schwerer COPD [33]. Im Schlaf fand man auch ohne Schlafapnoe eine signifikante zerebrale Entsättigung.
Diese Entsättigungen können zu einem Verlust an kognitiver Leistungsfähigkeit führen.
Bei Bronchitikern mit nächtlicher Entsättigung verbesserte sich die Schlafqualität
unter Sauerstofftherapie, und die Verteilung der Schlafstadien normalisierte sich,
im Gegensatz zu einer Kontrollgruppe ohne Sauerstofftherapie [34]. In einer der wenigen Studien mit Messung der nächtlichen Sauerstoffsättigung fand
man bei Bronchitikern trotz Sauerstofftherapie häufig weiter bestehende Entsättigungen
[35].
Zusammenfassend ist nicht nachgewiesen, dass die ausschließlich nächtliche Sauerstofftherapie
eine Lebensverlängerung bewirkt. Sie kann jedoch sinnvoll sein, weil sie nächtlich
auftretende Hypoxämien reduziert. Es ist anzunehmen, dass Patienten, die nachts entsättigen,
tagsüber aber normale Sättigungen haben, von einer nächtlichen Sauerstofftherapie
profitieren. Emphysematiker haben seltener nächtliche Hypoxämien als Bronchitiker.
Bei den meisten Studien zur nächtlichen Sauerstoffgabe wurde die Sättigung nicht dokumentiert,
und diesbezüglich besteht Bedarf für weitere Untersuchungen.
Bemerkenswert und von großer auch praktischer Bedeutung ist die Sauerstoffversorgung
in großen Höhen, z. B. im Gebirge und auf Langstreckenflügen. Patienten mit chronisch
obstruktiver Bronchitis, die in Ruhe einen arteriellen Sauerstoffpartialdruck von
68 mm Hg aufwiesen, fielen in einer Höhe von 1650 m mit ihrem paO2 auf 51 mm Hg ab, und in einer Höhe von 2250 m lagen die Werte nur noch bei 45 mm
Hg [36]. Den Sauerstoffpartialdruck während eines Fluges kann man mithilfe eines Nomogramms
vorhersagen ([Abb. 3]).
Abb. 3 Normogramm zur Vorhersage des Sauerstoffpartialdrucks während des Flugs. Eine Person
mit einem Aussagewert von 80 mm Hg hat in 6000 Fuß Höhe einen pO2 von 63 mm Hg. Ein Ausgangswert von 30 mm Hg führt im Flug zu einem pO2von nur noch 39 mm Hg.
In einer Flughöhe von 2000 m (ca. 6000 Fuß) hat eine Person, die vor dem Flug einen
pO2 von 50 mm Hg hatte, nur noch einen Sauerstoffpartialdruck von 39 mm Hg. Wenn diese
Person während eines Langstreckenfluges einschläft, sinkt der Sauerstoffgehalt des
Blutes weiter ab und kommt in Bereiche hinein, die mit (womöglich bleibenden) zerebralen
Störungen einhergehen. In den USA fordert die Selbsthilfegruppe „Nichtinvasive Beatmung”
dementsprechend, dass den Patienten während des Fluges kostenlos ein Beatmungsgerät
zur Verfügung gestellt werden soll.
Zusammenfassend ist es für eine medikamentöse Therapie beim Overlap-Syndrom unerlässlich,
zunächst die Ursache für den gestörten Straf zu definieren, um das optimale Medikament
auswählen zu können. Ist der Eintritt des Schlafes gestört, sind die neuen omegasensitiven
Benzodiazepine in normaler Dosis indiziert. Bei Störungen der REM/Non-REM-Regulation
sind noradrenerge Substanzen sinnvoll. Neuroleptika sind indiziert, wenn Ängste und
psychische Belastungen im Vordergrund stehen. SSRIs verbessern den Schlaf nicht.
Nichtinvasive Beatmung
Nichtinvasive Beatmung
Referent und Autor: Joachim Lorenz, Lüdenscheid
Die nasale oder nichtinvasive Überdruckbeatmung (nasal/non invasive positive pressure
ventilation, NPPV) ist ein Verfahren zur maschinellen Atemhilfe, bei dem die überlastete
und erschöpfte muskuläre Atempumpe zeitweilig teilweise oder vollständig entlastet
wird, um eine Regeneration der entleerten Energiespeicher zu ermöglichen. Das Verfahren
kann niedrigschwellig eingesetzt werden, da eine endotracheale Intubation nicht erforderlich
wird und die damit verbundenen Maßnahmen wie Analgosedierung und umfangreiches Monitoring
entfallen.
Die Kompetenz der Atempumpe ist bei Patienten mit COPD und gleichzeitiger schlafbezogener
Atemstörung (so genanntes „Overlap-Syndrom”) in besonderer Weise beeinträchtigt, da
sich schlafbezogene Effekte und die Störungen infolge der Atemwegserkrankung zueinander
addieren. Die Überblähung der Lunge mit Horizontalstellung der Rippen, der vergrößerte
Tiefendurchmesser des Thorax und die Abflachung des Zwerchfells bei gleichzeitiger
ausgeprägter Erhöhung des Atemwiderstandes vor allem in der Exspiration schaffen eine
Imbalanz zwischen den Erfordernissen der Atemarbeit einerseits und der Kapazität der
Atempumpe andererseits. Bei einem Teil der Patienten tritt eine systemische Dysfunktion
der Skelettmuskulatur durch ein „Wasting-Syndrome” hinzu. Zentral wirkende Pharmaka,
Glukokortikoide und eine Adipositas mit erhöhtem Abdominalvolumen und -widerstand
können das Problem weiter verschärfen. Nähert sich die muskuläre Atempumpe bei fortschreitender
COPD ihrer Dauerleistungsgrenze, entwickelt sich als Kompensationsversuch in Ruhephasen
und vor allem während des Schlafes in der Nacht eine alveoläre Hypoventilation.
Bei Hinzutreten obstruktiver Schlafapnoen im Rahmen des Overlap-Syndroms wird die
nächtliche Ventilation noch prekärer. Die periodisch auftretenden Atemstillstände
prägen sich der ohnehin niedrigen basalen Sauerstoffsättigung auf und führen zu Phasen
schwerer Hypoxämie. Eine zusätzliche Zuspitzung erfährt die Hypoxämie durch die in
der alveolären Hypoventilation erniedrigte funktionelle Residualkapazität, die den
Verschluss kleiner Atemwege („closing volume”) ermöglicht und zu einer venösen Beimischung
führt. Neben der Gewebehypoxie ist eine zum Teil erhebliche pulmonale Hypertonie die
Folge.
Die NPPV vermag alle diese Einflussfaktoren günstig zu beeinflussen. Sie gewährleistet
eine ausreichende alveoläre Ventilation über eine Nasen- oder Nasen-Mundmaske. Es
handelt sich um eine Positivdruckatmung mit Beatmungsdrücken die inspiratorisch 12
- 25 cm Wassersäule und exspiratorisch meist um 5 cm H2O betragen.
Dies hat mehrere erwünschte Folgen:
-
Ein Anstieg des funktionellen Residualvolumens und damit ein Abfall von Ventilations-/Perfusionsinhomogenitäten
führt zum Anstieg der arteriellen Sauerstoffsättigung und zu einem Abfall des pulmonalarteriellen
Druckes.
-
Gleichzeitig schient der überatmosphärische Druck die oberen Atemwege und verhindert
den inspiratorischen Atemwegsverschluss und damit die Schlafapnoe. Der globale Atemwegswiderstand
fällt ab und die Atemarbeit nimmt ab.
-
Aufgrund der exspiratorischen Flusseinschränkung beginnt bei COPD-Patienten der nächste
Atemzug bereits, wenn die vorangegangene Exspiration noch nicht abgeschlossen ist.
Daraus resultiert ein positiver endexspiratorischer Druck (intrinsischer PEEP, PEEPi; meist im Bereich von 10 - 15 cm H2O). Bei erhaltener Spontanatmung verringert der positive endexspiratorische Druck
(„extrinsischer PEEP”, PEEPe) das Druckinkrement, das der COPD-Patient überwinden muss, um einen inspiratorischen
Atemfluss zu erzielen. PEEPe verringert damit die inspiratorische Atemarbeit.
Die Daten zum klinischen Einsatz der NPPV konzentrieren sich vor allem auf die Behandlung
der akuten Ateminsuffizienz bei Exazerbation der COPD. Es liegen nur wenige Untersuchungen
über die Behandlung der chronischen Ateminsuffizienz bei COPD vor und keinerlei systematischen
Studien über die NPPV-Behandlung von Patienten mit Overlap-Syndrom.
Bei akut exazerbierter, hyperkapnischer COPD ist die NPPV aufgrund mehrerer kontrollierter
Studien und einer Cochrane-Analyse inzwischen zum Therapiestandard geworden (Evidenzgrad
1a, Empfehlungsgrad A). Bei Patienten mit dekompensierter respiratorischer Azidose
und einem arteriellen pH-Wert unter 7,30 geht ihr akuter Einsatz mit einer erheblichen
Senkung der Letalität, der Intubationsrate, der Krankenhausaufenthaltsdauer und der
Behandlungskosten einher. Es kann errechnet werden, dass durch 8 NPPV-Behandlungen
ein Todesfall verhindert werden kann.
Demgegenüber liegen keine kontrollierten prospektiven Studien vor, die über eine Lebensverlängerung
oder andere positive Effekte durch den Langzeiteinsatz der intermittierenden NPPV
bei chronisch hyperkapnischer COPD berichten. Vielmehr zeigen retrospektive Untersuchungen,
dass diese Behandlung im Hinblick auf die Lebenserwartung der konservativ-medikamentösen
Therapie nicht überlegen ist.
Trotzdem die Indikation des „Overlap-Syndroms” für den Einsatz der NPPV bisher nicht
geprüft wurde, sollte den folgenden Überlegungen Rechnung getragen werden:
-
Patienten in klinischen Studien zur NPPV bei hyperkapnischen COPD-Patienten sollten
auf das Vorliegen eines obstruktiven Schlafapnoesyndroms untersucht und entsprechend
stratifiziert werden.
-
Der Einsatz einer maschinellen Atemhilfe bei Patienten mit Overlap-Syndrom sollte
im Vergleich zur Standardtherapie des obstruktiven Schlafapnoesyndroms mit CPAP („continuous
positive airway pressure”) geprüft werden.
Muskuläres Training und Ernährung
Muskuläres Training und Ernährung
Referent: Heinrich Worth, Fürth
Bestimmte physiologische Effekte von körperlichem Training bei COPD ähneln stark denjenigen
bei Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz. Man steigert die Perfusion der Muskulatur
und verbessert ihre Kraft. Bei COPD verbessert das Training die körperliche Belastbarkeit
und die Lebensqualität, reduziert Beschwerden und senkt die Häufigkeit von Exazerbationen.
Bisher nicht klar belegt ist, ob man damit die auch Mortalität reduzieren kann.
Bei COPD bestehen evidenzbasierte Empfehlungen zum körperlichem Training, aufgeteilt
nach unterer und oberer Extremität und Atemmuskulatur [37]. Adipöse Patienten sollten eher nicht in eine allgemeine Sportgruppe aufgenommen
werden, sondern besser separat behandelt werden, wobei einzelne Muskelgruppen gezielt
trainiert werden. Der positive Effekt eines Trainings der Beine überwiegt den Effekt
eines Trainings der Arme. Die Wirkung eines Atemmuskeltrainings ist quantitativ gering.
In der Arbeitsgemeinschaft Lungensport versucht man, die Spirale - Atemnot bei Belastung
- körperliche Schonung - geringere Kondition - mehr Atemnot unter Belastung - mit
ambulanter Trainingstherapie zu durchbrechen. Bei schwerer COPD und zusätzlichen Problemen
ist es manchmal günstiger, die Patienten primär stationär zu rehabilitieren, während
für viele andere Patienten die Ergebnisse nach ambulanter Rehabilitation ähnlich günstig
sind. Beim Krafttraining erzielt man mit weniger Ventilation günstigere Trainingsergebnisse
als bei Ausdauertraining auf dem Laufband [38]. Bei Ventilations-limitierten Patienten (besonders bei übergewichtigen COPD-Patienten)
scheint Krafttraining besonders günstig zu sein. Bei Patienten mit Hypoxämie unter
Belastung kann die zusätzliche Sauerstoffgabe die Belastbarkeit steigern und die pulmonale
Hämodynamik verbessern [39]. Eine weitere Möglichkeit, isoliert bestimmte Muskelgruppen zu trainieren, ist das
inspiratorische Atemmuskeltraining. In kleineren Studien konnte man damit die Kraftentfaltung
der Muskulatur und den maximalen inspiratorischen Druck deutlich steigern und eine
marginale Steigerung der Gehstrecke erreichen [40].
Gerade bei übergewichtigen COPD-Patienten ist es wichtig, die zuvor meist immobilen
Patienten nicht mit einem Hochleistungsprogramm zu überfallen. Stattdessen sollte
man die Patienten über 3 Monate erst einmal an das Training gewöhnen, indem man Kraft-,
Beweglichkeits- und Koordinationstraining separat und stufenweise ansteigend einführt.
In Fürth wurde dazu ein Stufenplan entwickelt, der über ein Jahr eine allmähliche
Steigerung erlaubt. Mit einem solchen einjährigen ambulanten Training konnte man mindestens
ebenso gute Effekte erzielen wie durch stationäre Rehabilitation: deutliche Verbesserungen
erreichte man für die maximale Sauerstoffaufnahme, die Muskelkraft in Armen und Beinen
und die Gehstrecke [41]. Die Patienten profitierten auch von einer besseren Lebensqualität.
Zur körperlichen Aktivität bei Patienten mit Schlafapnoesyndrom gibt es kaum wissenschaftliche
Daten. Bei übergewichtigen Patienten mit OSAS wurde durch körperliche Aktivität eine
bessere Lebensqualität erreicht [42].
Die Wirksamkeit der Ernährungstherapie untergewichtiger Patienten muss noch besser
belegt werden, und es gibt viele Non-Responder. Ob übergewichtige COPD-Patienten wirklich
abnehmen sollten, ist eine offene Frage. Die Prognose wird eher durch Unter- als durch
Übergewicht eingeschränkt: Die Morbidität ist bei kachektischen Patienten erhöht,
und Exazerbationen nehmen einen schwereren Verlauf. Reduktionsdiäten wurden bei Patienten
mit obstruktiver Schlafapnoe in mehreren Studien eingesetzt. Dabei waren jedoch COPD-Patienten
explizit ausgeschlossen. In einer finnischen Studie bei 13 Patienten mit obstruktiver
Schlafapnoe erreichte man mit einer sechswöchigen Reduktionsdiät mit nur 500 kcal
pro Tag eine signifikante Reduktion des Body Mass Index, eine Verbesserung der Lungenfunktion
und günstigere Sättigungswerte in der Nacht [43]. Ob man bei COPD-Patienten ähnliche Effekte erreichen kann, ist bisher nicht bewiesen.
Kam eine CPAP-Therapie zur Gewichtsreduktion hinzu, verbesserte sich die Schlafqualität,
während das Gewicht nicht stärker abnahm [44].
Zusammenfassend können keine Empfehlungen zu einer Trainings- und Ernährungstherapie
bei Patienten mit COPD und Schlafapnoesyndrom gegeben werden, da randomisierte, kontrollierte
Studien fehlen. Der Nutzen solcher Programme muss in zukünftigen Studien evaluiert
werden. Bedenken muss man, dass bei sehr übergewichtigen Patienten das Training Risiken
in sich birgt.
Fazit
Fazit
Referent und Autor: Harald Morr, Greifenstein
Das Expertentreffen zum Thema COPD und Schlaf hat die Vielschichtigkeit der angesprochenen
Problematik, aber auch die Defizite unseres heutigen Wissens deutlich gemacht. Schlafforscher
haben nachgewiesen, welchen hohen Stellenwert im generellen die zirkadiane Rhythmik
für die wichtigsten Organleistungen des Menschen hat, die zirkadiane Rhythmik also
zu erhalten und zu gewährleisten, ist somit eine zentrale Aufgabe jeder ärztlichen
Disziplin.
Hinsichtlich der Epidemiologie ist festzuhalten, dass zwei häufige Krankheiten wie
COPD und OSAS auch häufig gemeinsam auftreten. Es ist sicher falsch, allein daraus
eine Kausalität abzuleiten, vielmehr handelt es sich bei COPD und OSAS um eine Koinzidenz,
bzw. Komorbidität. Für den klinischen Alltag ist zu schlussfolgern, dass man bei Patienten
mit COPD, aber auch mit gefäßabhängigen Krankheiten wie KHK oder zerebralem Insult
an die Möglichkeit einer zusätzlich bestehenden schlafassoziierten Atemregulationsstörung
zu denken hat.
Atemregulation und metabolische Faktoren sind für die Unterschiede des Gasaustausches
am Tage und während des Schlafes verantwortlich. Die Hyperkapnie am Tage scheint ein
wertvoller Prädiktor für eine Hypoventilation in der Nacht zu sein. Die Entwicklung
der pulmonalen Hypertonie bei COPD und OSAS wird durch eine bestehende Hypoxämie verstärkt,
nicht aber hervorgerufen. Das Remodelling der Gefäße, offensichtlich auch durch atemmechanische
Faktoren beeinflusst, stellt den pathophysiologischen Hintergrund für die pulmonale
Hypertonie dar, der eine eminente prognostische Bedeutung zuzusprechen ist.
Prädiktoren für das Overlap-Syndrom wurden bislang nicht identifiziert, insofern ergibt
sich auch die berechtigte Frage nach dem Sinn, an diesem Terminus noch festzuhalten.
Bei Koinzidenz von COPD und OSAS erfordern beide Erkrankungen Therapiemodalitäten,
die sich sinnvoll ergänzen und übergreifende Wirkungen erzielen. Der Nutzen einer
alleinigen Sauerstoff-Therapie bei COPD und gleichzeitigem OSAS ist nicht eindeutig
definiert, der Wert der Nicht-Invasiven-Beatmung bei hyperkapnischer COPD scheint
hingegen zweifelsfrei, wenngleich die zugrundeliegenden Mechanismen noch nicht vollständig
verstanden sind. Nach wie vor stiefmütterlich wird das Thema körperliches Training
und Ernährung behandelt: man ist vom Nutzen dieser Maßnahmen überzeugt, die Umsetzung
in den Alltag bereitet aber nicht unerhebliche Schwierigkeiten.
Danksagung
Danksagung
Den Referenten sei dafür gedankt, dass sie die Abbildungen zur Verfügung gestellt
haben.