Säuglingshämangiome sind Gefäßneubildungen, die erst nach der Geburt und nach einem kurzen Prodromalstadium im ersten Lebensjahr, überwiegend jedoch in der 6.-8. Lebenswoche stark proliferieren. Die Wachstumsphase dieser gutartigen Neubildungen dauert bis zum Ende des ersten Lebensjahres. Danach kommt es zu einer langsamen Rückbildung, die Jahre, nicht selten sogar bis zur Pubertät andauern kann. Nicht hierzu gehören die Gefäßfehlbildungen (vaskuläre Malformationen, z.B. Naevi flammei), die seit der Geburt bestehen, mitwachsen und sich nicht zurückbilden.
Die meisten Säuglingshämangiome sind im Kopf- und Halsbereich bzw. anogenital lokalisiert. 20 % dieser Anomalien zeigen keine und weitere 30 % nur eine unvollständige Regression. Hämangiome im Lippen- und Nasenbereich bilden sich nur ausnahmsweise spontan zurück. Morphologisch können nach der neuen Nomenklatur oberflächliche, tiefe und gemischte Hämangiome unterschieden werden.
Durch die früher übliche abwartende Haltung als Lehrmeinung bei der Therapie der Säuglingshämangiome ging viel Zeit in der frühen Prodromal-bzw. Wachstumsphase dieser Hautveränderungen verloren. Gerade in dieser Phase der Neubildung ist jede Therapie sehr effektiv.
Um den betroffenen Patienten und ihren Familien jahrelange kosmetische wie auch psychische Belastungen zu ersparen und vor allem den Komplikationen vorzubeugen, wird nun seit über 15 Jahren die Frühtherapie der Säuglingshämangiome gleich in der Entstehungs-, Prodromal- und spätestens in der Wachstumsphase praktiziert.
In Anbetracht der Weiterentwicklung gewebsschonender Therapieverfahren bei der Frühbehandlung von Säuglingshämangiomen gehört die praktizierte nihilistische Lehrmeinung einer abwartenden Haltung nun der Vergangenheit an.
Die unberechenbar wachsenden Säuglingshämangiome werden durch die Frühtherapie erfasst und in der Anfangsphase des Wachstums effektiv behandelt. Wir sind froh, dass die Frühbehandlung der Säuglingshämangiome sich durchgesetzt hat und damit vielen Kindern bzw. ihren Familien psychosoziale Belastungen oder auch die medizinischen Gefahren (Schädigung benachbarter Organe) erspart blieben.
Es ist nun sekundär, welche Therapieform, ob Laserbehandlung oder Kryochirurgie gewählt wird. Wichtig ist, dass die Säuglingshämangiome frühzeitig vorgestellt und diese in der Entstehungs- bzw. in der Wachstumsphase behandelt werden. Durch die Lasertherapie wird das Wachstum der Hämangiome blockiert und die Regression erfolgt schneller.
Mit der Kryochirurgie wird nicht nur das Wachstum blockiert, sondern auch das ganze Hämangiom zerstört und beseitigt. Nach der Kryochirurgie kommt es zu einer Mumifizierung und danach zum Abfallen des krustig-nekrotischen Hämangioms. Nach zwei Wochen sieht man nur noch eine geringe entzündliche Rötung und nach weiteren zwei Wochen eine vollständige Abheilung.
Aus diesem Grund ziehen wir weiterhin die Kryochirurgie der Säuglingshämangiome anderen therapeutischen Verfahren vor. Die Ergebnisse der Kryochirurgie sprechen nun nach mehr als 1œ Jahrzehnten in Konkurrenz zu den Lasermethoden für sich. (Abb. [1] u. [2]). Natürlich gibt es auch hier Grenzen, die beachtet werden müssen. Tiefliegende Hämangiome können kryochirurgisch nicht erreicht und nicht behandelt werden. Bei den großflächigen Säuglingshämangiomen empfehlen wir die Lasertherapie. Unsere weiterhin gültige Regel bei der Frühtherapie der Säuglingshämangiome ist in der Abb. [3] dargestellt.
Abb. 1 Beispiel eines Säuglingshämangioms. a vor, und b nach der kontaktkryochirurgischen Therapie.
Abb. 2 Beispiel eines Säuglingshämangioms. a vor, und b nach der kontaktkryochirurgischen Therapie.
Abb. 3 Heilbronner Therapieschema der Säuglingshämangiome.
Für ein 100%ig effektives Resultat der Kryochirurgie müssen drei grundlegende Faktoren berücksichtigt werden:
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die Applikationstemperatur,
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die Applikationsdauer,
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der Applikationsdruck.
Ideale Ergebnisse erzielen wir bei einer Temperatur von minus 196° C (flüssiger Stickstoff), bei einer Therapiedauer von 10 Sekunden und bei einem moderaten, den Lokalisationsverhältnissen angepassten Druck (Metallstempel).
Alle nach dieser Methode rechtzeitig bzw. früh behandelten Säuglingshämangiome zeigen innerhalb kürzester Zeit hervorragende Resultate und Erscheinungsfreiheit. Selten bedürfen die Hämangiome aus ästhetischen Gründen einer Zweittherapie nach etwa 4 Wochen. Die therapiebedingte Depigmentierung der behandelten Stelle bei dunkelhäutigen Patienten repigmentiert sich wieder peu à peu.
Wenn die Kinder nach dem ersten Lebensjahr mit einem ausgewachsenen Hämangiom vorgestellt werden, erklären wir den Eltern, dass der richtige Zeitpunkt für eine effektive Therapie verpasst wurde, zeigen ihnen die bereits vorhandenen Zeichen der spontanen Regression und bitten sie, jetzt doch abzuwarten.
Die vollständige spontane Regression der Säuglingshämangiome findet bei ca. 50% dieser Hauterscheinungen statt und braucht Zeit. Bei ca. 30% der Hämangiome bleiben Residuen übrig, die bei Vorhandensein von Therapiewünschen erst nach der Pubertät kosmetisch-chirurgisch angegangen werden sollten.
Es gibt leider Therapeuten, die planlos auch bei den eindeutig vorhandenen Regressionszeichen die zu spät vorgestellten Hämangiome behandeln. Außerdem werden immer wieder Modifikationen der Kryochirurgie vorgeschlagen, die nach meiner Kenntnis bisher nur eine Verlängerung der Modalitäten, Verzögerung der Heilung, Belastung der Familie durch häufige Einbestellung der Patienten zur Therapiewiederholung und dadurch die Erhöhung der Kosten (medizinische Leistungen, Fahrtkosten etc.) verursachen. Die Zerstückelung der Zeit (nur wenige Sekunden, dafür mehrere Male in wöchentlichen Abständen) bringt von der Schmerzempfindung her keinerlei Vorteile für die Patienten.
Die Vorteile der korrekt durchgeführten Kryochirurgie können wie folgt zusammengefasst werden:
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einfache Applikation bzw. Handhabung,
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ambulante Anwendbarkeit,
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kurze Behandlungsdauer,
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die Möglichkeit einer beliebigen Wiederholbarkeit,
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Durchführung ohne Lokalanaesthesie,
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Kostenersparnis,
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Schonung wichtiger anatomischer Strukturen,
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hervorragende kosmetische Resultate ohne Narbenbildung.
Als unerwünschte Nebenwirkungen sind Schmerzen während und kurz nach der Applikation der Kryochirurgie sowie Weichteilschwellungen (insbesondere im Gesicht) zu nennen.