Aktuelle Dermatologie 2007; 33(1/02): 7-12
DOI: 10.1055/s-2006-945053
Übersicht

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

HIV-Infektion in Afrika[*]

Klinische Erfahrungen in der östlichen SubsaharaHIV-Infection in AfricaClinical Experiences in Eastern SubsaharaC.  E.  Orfanos1
  • 1Klinik für Dermatologie, Campus Benjamin Franklin, Charité - Hochschulmedizin Berlin und Regional Dermatology Training Centre, Kilimanjaro Christian Medical College, Tumaini University, Moshi, Tanzania
Further Information

Prof. emer. Dr. med. C. E. Orfanos

Klinik für Dermatologie
Campus Benjamin Franklin

Fabeckstr. 60 - 62
14195 Berlin

Email: constantin.orfanos@charite.de

Publication History

Publication Date:
22 February 2007 (online)

Table of Contents #

Zusammenfassung

Ein Epizentrum der HIV-Infektion in Afrika liegt in der Subsahara, und zwar im Süd-Südosten des Kontinents über Südafrika, Swaziland, Lesotho, Botswana, Zimbabwe, Malawi und den angrenzenden Ländern vor. Es ist bis heute nicht überzeugend geklärt, wann und auf welchem Wege sich die HIV-Infektion dort etabliert und dermaßen schnell ausgebreitet hat, doch im Hinblick auf Prävalenz (64,5 % aller HIV-Infizierten weltweit), Inzidenz (65,5 % aller neuen Fälle/Jahr) und Mortalität (72,9 % aller Todesfälle/Jahr) tragen heute die Länder Subsaharas die Hauptlast der HIV-Epidemie, obwohl sie insgesamt < 10 % der Weltbevölkerung ausmachen. Armut, schlechte hygienische Verhältnisse, niedriger Bildungsstand und Promiskuität stellen eine Sozialmischung dar, die die Ausbreitung der HIV-Infektion begünstigt und die Zukunft dieser Länder infrage stellt. Klinisch waren in leichteren Fällen papulös-pruritische Dermatitis, oropharyngeale Candidose mit Dermatophytosen sowie multiple HPV-Infektionen (Kinder) gängige HIV-Marker, während in den fortgeschrittenen Fällen, Männer und Frauen, überaus häufig Kaposi-Sarkome (KS) vorkamen. Eine sichere Unterscheidung zwischen dem HIV-assoziierten, epidemischen und dem afrikanisch-endemischen KS war nicht möglich, zumal sich die beiden häufig überlappten. Frauen waren darunter in hohem Maße vertreten. Problematisch für den Arzt war die Einschränkung der antiretroviralen Therapie auf fortgeschrittene, z. T. aussichtslose Fälle, die Überwachung ihrer Wirkungen/Nebenwirkungen, und das Vorkommen einer Tuberkulose als häufigste opportunistische Infektion und Todesursache. Im Hinblick auf die Prävention war der Erfolg der bisherigen Maßnahmen eher bescheiden, in Uganda war das sog. ABC-Programm allerdings erfolgreich. Mit den lokalen sog. Mikrobiziden könnte sich ein neue Alternative zur HIV-Prävention für die Zukunft abzeichnen.

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Abstract

An epicentre of HIV-infection in Africa is the Subsahara, particularly the South-Southeast part of the continent extending over South-Africa, Swaziland, Lesotho, Botswana, Zimbabwe, Malawi and the surrounding countries. It is still not quite clear when and how HIV-infection was established there, and the pathways of its rapid distribution. However, in prevalence (64.5 % of all people living with AIDS worldwide), incidence (65.5 % of all new cases/year) and in mortality (72.9 % of all deaths/year) the Subsaharan countries carry today the major burden of the HIV-epidemic, although they account for < 10 % of the global population. Poverty, insufficient hygienic conditions, and low educational standards together with promiscuity represent a socio-economic mixture that promotes the spreading of the infection in these countries and strongly endangers their future. Clinically, papular-pruritic dermatitis, oropharyngeal candidosis together with other widespread dermatophytosis and infestation with HPV (in children) were markers for early stages of HIV-infection, whereas Kaposi's sarcomas were most common in progressed cases, both in men and women. A differentiation between HIV-associated, epidemic and African, endemic KS was difficult, overlapping of the two was suspected in several cases. Women were found over-represented in the group of HIV-infected individuals. The restriction of cost free antiretroviral therapy to progressed cases only, the monitoring of its efficacy and side effects, and the occurrence of tuberculosis as the most common opportunistic infection and cause for death, were major challenges for the physician. Concerning prevention there is only slow improvement in Africa, however, the abc-programme has been successful in Uganda. A new future alternative for HIV-prevention may be the use of local microbicides.

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Allgemeine und epidemiologische Daten

Nach den neuen Daten der WHO waren im Jahre 2005 weltweit 40,3 Millionen mit dem HI-Virus infiziert, wobei der größte Anteil der Menschen, die heute die Infektion tragen (people living with AIDS, PLWA) im afrikanischen Kontinent und zwar in den Ländern der Subsahara leben. Es sind insgesamt 25,8 Millionen (= 64,5 %). Als Subsahara werden pauschal die Länder südlich der Linie Marokko-Algerien-Libyen-Ägypten bezeichnet, ca. 45 Länder, die von der HIV-Infektion schwer betroffen sind [1] [2].

Nach den Angaben von UNAIDS lassen sich auch die meisten jährlichen Neuinfektionen in Afrika registrieren: 3,1 von insgesamt 4,9 Millionen (= 65,5 %). In Tansania hat das Gesundheitsministerium für das Jahr 2005 die Zahl der Neuinfektionen mit 177 000 angegeben, die meisten davon junge Frauen, darunter auch 33 000 Kinder < 12 Jahre alt (TACAIDS Report). Nach den Angaben des Robert-Koch-Instituts in Berlin hatten wir 2005 in Deutschland, bei einer über doppelt so großen Bevölkerungszahl, 2490 Neuinfektionen, darunter nur 23 Kinder. Es besteht kein Zweifel, Afrika trägt heute im globalen Vergleich die Hauptlast der HIV-Infektion, sowohl im Hinblick auf die Prävalenz, als auch die jährliche Inzidenz. Auch in der Mortalität ist Afrika bei weitem überproportional betroffen: Im Jahr 2005 sind weltweit 3,1 Millionen Menschen an AIDS gestorben, 2,4 Millionen davon in Afrika (= 72,9 %). Dabei muss man berücksichtigen, dass in den Ländern der Subsahara weniger als 10 % der Weltbevölkerung leben.

Ein besonderer Schwerpunkt der HIV-Infektion liegt im Osten des afrikanischen Kontinents, von Äthiopien bis zur Republik Südafrika. Wenn man die epidemiologischen Daten, soweit sie verfügbar und einigermaßen aussagekräftig sind, übersieht, dann liegt der Fokus mit der höchsten HIV-Prävalenz im Südosten, in einem Kreis um den Osten Südafrikas mit Lesotho und Swaziland, und fasst die umliegenden Länder Botswana, Zimbabwe, Malawi und Mosambique ein. In diesen Ländern wird die HIV-Prävalenz in der geschlechtsreifen Bevölkerungsgruppe (15 - 49 Jahre alt) mit 15 bis zu 35 % angegeben. Bei einem Vergleich der einzelnen Länder untereinander lässt sich feststellen, dass die Höhe der Prävalenz von Äthiopien, Kenia und Uganda im Norden bis nach Zambia, Zimbabwe und Südafrika im Süden deutlich zunimmt; es werden zunehmend jüngere Menschen getroffen [3]. Wann und auf welchem Wege die Infektion sich gerade in diesem Bereich des afrikanischen Kontinents eingeführt und während der vergangenen 15 - 20 Jahre dermaßen ausgebreitet hat, lässt sich heute nicht mit Sicherheit sagen.

Die betroffenen Länder haben vier wichtige epidemiologische Faktoren gemeinsam, die hierzu beigetragen haben, dazu gehören Armut, schlechte hygienische Verhältnisse, niedriger Bildungsstand und Promiskuität.

  • Die Armut in Afrika ist überall präsent, wenn auch miserable Lebensbedingungen häufig nur in der Umgebung der größeren Städte, Ballungszentren und sonstiger Verkehrsknoten sichtbar werden. Die Agrarbevölkerungen in den Gebieten mit einigermaßen fruchtbarem Boden haben zwar keinen Zugang zu sauberem Wasser und Elektrizität, ihre soziale Würde aber durchaus bewahrt. Das Bruttosozialprodukt in den Ländern Subsaharas ist jedenfalls 50 % geringer als der Durchschnitt des Bruttosozialprodukts aller Entwicklungsländer zusammen, und ein großer Teil der Bevölkerungen, vielerorts 40 - 50 % davon, lebt hier mit weniger als 1 US-Dollar pro Tag.

  • Eng damit verbunden sind die mangelhaften hygienischen Verhältnisse, die überall anzutreffen sind und häufig zu Erkrankungen, nicht zuletzt Infektionskrankheiten aller Art, führen. Der Mangel in der Wasserversorgung ist ein entscheidender Faktor; beispielsweise in Tansania soll nur 20 % der Gesamtbevölkerung Zugang zu sauberem Wasser haben. Ungenügende oder einseitige, nicht vollwertige Ernährung kommt vielfach dazu. Die durchschnittliche Lebenserwartungszeit in diesen Ländern ist 16 Jahre kürzer als der Durchschnitt aller Entwicklungsländer zusammen, und > 25 Jahre kürzer als diejenige in den europäischen Ländern.

  • Ein weiterer entscheidender Punkt in den Ländern Subsaharas ist der allgemein niedrige Bildungsstand, der unter anderem darin erkennbar ist, dass die Einschulungen in diesen Ländern um ca. 20 % niedriger sind als diejenigen in den Entwicklungsländern insgesamt. Hinzu kommt, dass, nach Einschätzung der WHO, nur 2 - 2,5 % der Bevölkerungen über ihre HIV-Status informiert sind. Schließlich,

  • ein wichtiger Gesichtspunkt für die außerordentlich rapide Ausbreitung der HIV-Infektion in diesen Ländern dürfte zweifellos die Promiskuität sein, worüber zwar keine genaueren Daten vorliegen, die aber in den Gebräuchen und Traditionen vieler afrikanischer Stämme verankert ist. Die Anwendung von Kondomen stößt bei vielen afrikanischen Männern, die traditionell orientiert sind, auf zögerliche Skepsis, während die afrikanische Frau nicht in der Lage ist, nicht zuletzt wegen des allgemein verbreiteten traditionellen Denkens, dies bei den Männern durchzusetzen.

Insgesamt liegt in den Ländern der Subsahara eine Mischung von Sozialumständen vor, die die Ausbreitung der lebensbedrohlichen, durch sexuelle und Blutkontakte übertragbaren HI-Virusinfektion begünstigen. Die Zahl der Frauen, die HIV-infiziert sind, nimmt insgesamt zu, in der Subsahara sind 10 - 15 % der Schwangeren seropositiv [4] [5]. Für die Zukunft der afrikanischen Länder besonders gefährlich ist diese Mischung, weil sie gerade die produktiven Kräfte trifft, die für die Verbesserung der sozialen Situation in ihrem Land dringend benötigt wären, beispielsweise junge Lehrer. Schulen sind in Tansania unterbesetzt, einige mussten aufgrund des Lehrermangels zeitweise schließen.

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Klinische Erfahrungen und aktuelle Problematiken

Die vielen Erfahrungen, die wir in Berlin während der 80er- und 90er-Jahre mit HIV-Patienten gemacht haben, waren bei der Versorgung der vielen HIV-Patienten in Tansania hilfreich. Unabhängig davon, dass man bei den meisten Krankenhäusern, so auch im Kilimanjaro Christian Medical College (KCMC), bei einem Viertel bis zu einem Drittel aller Kranken, die zur Vorstellung kamen, mit einer darunter liegenden, bis dahin unerkannten HIV-Infektion rechnen mussten, waren vor allem drei Merkmale in diagnostischer Hinsicht wichtig:

  • Das Vorliegen der sog. papulösen pruritischen Dermatose (PPD; papular pruritic eruption of the AIDS), die möglicherweise Ausdruck einer Pityrosporon-Folliculitis oder eosinophilen Folliculitis war (was uns aber durch die fehlende Möglichkeit einer schnellen histologischen Klärung verborgen blieb),

  • der Nachweis einer mehr oder minder ausgeprägten oropharyngealen Candidose unterschiedlichen Ausmaßes, z. T. gemeinsam mit anderen oberflächlichen ausgedehnten Dermatophytosen, und

  • das für uns ungewöhnliche Auftreten ausgedehnter, multipler HPV-Akanthome bei Kindern, die z. T. generalisiert waren, und durch das klinische Bild auf eine gleichzeitige Infektion mit mehreren Subtypen des humanen Papillomvirus hinwiesen. Derartige Bilder waren uns aus Deutschland kaum bekannt.

Xerosis, Exsikkations-Dermatitis bzw. -Ekzematoide sowie seborrhoische Ekzeme waren in unserem afrikanischen HIV-Kollektiv nur gelegentlich zu sehen. Bei den stationären Kranken war der Anteil der HIV-positiven höher, und erschwerte in vielen Fällen die Behandlung konventioneller Dermatosen.

Bei fortgeschrittener HIV-Infektion von Erwachsenen lag in Tansania in den meisten Fällen ein Kaposi-Sarkom (KS) unterschiedlicher klinischer Ausprägung vor, ähnliches wird aus Kenia berichtet [6]. Während eines mehrmonatigen Aufenthaltes im KCMC haben wir praktisch jede Woche 1 - 2 Kaposi-Sarkome registrieren können, gleichermaßen bei Männer und Frauen. Darunter waren Fälle mit disseminierten kleinpapulösen bzw. nodulären Läsionen und Beteiligung der oralen Schleimhaut, wie wir sie auch aus unserem Kollektiv in Deutschland kannten (mukokutaner Typ), meistens aber ungewöhnliche, fortgeschrittene Fälle mit größeren tumorösen, fungierenden und ulzerierenden Läsionen unterschiedlicher Progredienz. In manchen Fällen lagen Läsionen vor, die zum Teil aus indurierten Plaques bestanden, mit zahlreichen, exophytisch wachsenden, weichen, runden Tumoren an ihrer Oberfläche, die an das gleichzeitige Vorliegen einer bazillären Angiomatose erinnerten. Eine histologische Differenzierung erwies sich als schwierig, doch manche dieser Läsionen kollabierten und verschwanden unter einer antibiotischen Therapie mit hoch dosiertem Erythromycin (2 g/tgl. über 3 - 4 Wochen).

In der Regel war es klinisch schwierig, das HIV-assoziierte, epidemische KS vom genuinen, im zentralafrikanischen Raum vorkommenden endemischen KS zu unterscheiden, obwohl das erstere eher im Kopf-Hals-Bereich und am Stamm disseminiert auftrat, während das zweite eher an den Beinen lokalisiert war und langsamer wuchs [7]. Bei mehreren Patienten hatten wir den Eindruck, dass ein seit längerer Zeit vorliegendes endemisches KS bestand, mit späterer HIV-Serokonversion. Nach unseren Erfahrungen war es eindeutig, dass die Überlappung des endemischen, afrikanischen KS mit einer HIV-Infektion den Verlauf beschleunigte und eine schlechtere Prognose mit sich brachte. Besonders auffällig war für uns, dass häufig Frauen mit einem ausgedehnten, HIV-assoziierten KS in die Sprechstunde kamen, im Gegensatz zu unseren Erfahrungen in Deutschland wo das KS höchst selten bei Frauen anzutreffen ist. In einem größeren KS-Kollektiv (n = 66), das wir registrieren und auswerten konnten, lag das Verhältnis Männer : Frauen bei 1.5 : 1, während ein gesondertes Kollektiv von 11 HIV-seronegativen Patienten mit der afrikanischen KS-Variante ausschließlich aus Männern bestand [7].

Zur Behandlung der ausgedehnten Kaposi-Sarkome hatten wir lediglich Vincristin zur Verfügung (0,5 - 2 mg), eine Behandlung, die nach einigen Wochen, soweit im Einzelfall möglich, wiederholt wurde, und worauf der Tumor leidlich ansprach. Der Einsatz von Bleomycin, liposomalem Daunorubicin, Interferonen und sonstigen Pharmaka, die zum Teil wirksamer oder besser zu handhaben sind, war in Anbetracht unserer Möglichkeiten im KCMC aus finanziellen Gründen nicht möglich [8] [9]. Oberflächliche Plaques wurden mit Röntgenstrahlen erfolgreich bestrahlt. Unsere Hoffnung, dass wir mit dem Einsatz einer konsequenten HAART-Therapie[1] (die im Jahre 2005 in Tansania eingeführt wurde und für schwere AIDS-Fälle von den Regierungsstellen kostenlos erhältlich ist), einen nennenswerten Rückgang großer KS-Tumoren hätten erreichen können, wurde enttäuscht. Offensichtlich ist ein klinischer Rückgang des KS durch antiretrovirale Pharmaka nur in seinen Anfangsstadien möglich, und dies vorzugsweise nur mit Kombinationen, die einen Proteinase-Inhibitor enthalten.

Problematisch bei der klinischen Versorgung von HIV-Patienten in Tansania, wie auch in vielen anderen afrikanischen Ländern, ist die Empfehlung der WHO, die antiretrovirale Therapie ausschließlich für die fortgeschrittenen AIDS-Fälle vorzuhalten. Behandelt mit HAART werden somit HIV-Patienten mit

  • WHO-Stadium IV (= vollentwickeltes AIDS)

  • WHO-Stadium III (mit einer CD4+-Zellzahl von < 350 Zellen/ml), und

  • WHO-Stadien I und II, sofern die CD4+-Zellzahl stark erniedrigt ist, d. h. lediglich < 200 Zellen/ml beträgt.

Da die Empfehlung der WHO von den jeweiligen Regierungen übernommen wurde und deren Anwendung in den Krankenhäusern, die damit beauftragt sind, recht strikt gehandhabt wird, hat der behandelnde Arzt keine Möglichkeit HIV-Infizierte in beginnenden Stadien ihrer Erkrankung einer kostenlosen Behandlung zuzuführen, soweit er es für erforderlich hält. Das kommt oft einer medizinisch-ethischen Herausforderung gleich, da es nicht selten vorkommt, Medikamente für fortgeschrittene, nach ärztlichem Ermessen aussichtslose Fälle zur Verfügung zu haben, während Patienten, die noch in einer aussichtsreichen Phase ihrer Infektion sind, auf eine spätere Zeit vertröstet werden müssen, d. h. oft auf einen Zeitpunkt, der für sie dann aussichtslos sein kann. Fakt ist, dass heute über 90 % der HIV-Infizierten in Europa und in den USA Zugang zur Diagnose und Therapie einer HIV-Infektion haben, während in den Entwicklungsländern dies nur für 5 - 10 % der Kranken zutrifft.

Problematische Situationen ergaben sich auch aus der praktischen Schwierigkeit, die Patienten, die oft aus mehrere Kilometer weit entfernten Gegenden zu den mit der Behandlung der HIV-Infektion beauftragten Krankenhäuser - wie das KCMC - kamen, regelmäßig zu sehen, und die konsequente Einnahme der Medikamente und ihre möglichen Nebenwirkungen zu überwachen.

Ein weiterer schwieriger Punkt für den Dermatologen, der sich in Afrika mit der Behandlung von HIV-Patienten befasst, ist die häufige Überlappung der HIV-Infektion mit einer begleitenden Tuberkulose, die heute in Afrika die zweithäufigste Todesursache nach der Malaria ist [10] [11]. Andere opportunistische Infektionen, wie PCP, Cryptokokkose und Histoplasmose kommen auch vor, doch in der Regel ist eine Tuberkulose die häufigste opportunistische Infektion bei HIV-Patienten, so dass ihre Diagnose und Behandlung im Krankenhaus besonderer Sorgfalt und Beachtung bedarf, denn auch andere, nicht HIV-Infizierte sind gefährdet [12]. Unter anderem wurde berichtet, dass in Kenia 51 % aller HIV-Infizierten auch an einer Co-Infektion mit dem M. tuberculosis leiden. Insbesondere bei Lungenbefall ist die differenzialdiagnostische Abgrenzung einer Tbc bei gleichzeitig vorliegendem KS sowohl für den Internisten wie auch für den Röntgenologen eine wichtige Herausforderung und erschwert die Therapie-Wahl: Antiretrovirale Medikamente können mit Rifampicin interagieren und zu einer MDT(multi-drug-treatment)-resistenten Tuberkulose führen.

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Präventive Maßnahmen

Maßnahmen zur HIV-Prävention sind gerade auf dem afrikanischen Kontinent unabdingbar, um die hohe jährliche Inzidenz einzuschränken. Bedauerlicherweise haben sie bisher nicht in vollem Umfang zum Ziele geführt, mit nur wenigen Ausnahmen. In den meisten Ländern der Subsahara hat die Zahl der Neuinfektionen in den letzten Jahren nur geringfügig abgenommen.

Aus meiner Sicht trägt dazu die fehlende Klarheit darüber bei, auf welchem Wege die Infektion sich in Afrika etabliert und dermaßen schnell ausgebreitet hat, damit man gezielter präventiv vorgehen kann. Von manchen lokalen Verantwortlichen wird das Ausmaß der Ausbreitung der HIV-Infektion in den afrikanischen Ländern schlicht als „Naturkatastrophe” angesehen, doch wie war es möglich, dass die HIV-Prävalenz in den Bevölkerungen Ost-Südost-Afrikas heute so hoch ist? Ungewöhnlich ist in Afrika die außerordentlich hohe Zahl der Frauen im HIV-Kollektiv. Ist die sexuelle Übertragung allein für die Neuinfektionen verantwortlich, oder wurden möglicherweise auch die notwendigen hygienischen Maßnahmen in Krankenhäusern bei Injektionen, Operationen, geburtshilflichen Eingriffen, Blutübertragungen etc. nicht eingehalten bzw. in größerem Rahmen missachtet?

Zweifellos spielen bei der Häufigkeit und Ausbreitung der HIV- Infektion, neben den eingangs genannten, viele weitere Faktoren eine Rolle. Darunter ist die Synergie mit dem Auftreten sonstiger geschlechtlich übertragbarer Infektionskrankheiten (sexually transmitted infections, STIs) relativ gut dokumentiert. Beispielsweise in Zambia, wo die Prävalenz der STIs in der Bevölkerung recht hoch ist (20 - 29-jährige: 6,0 %; 30 - 39-jährige: 7,4 %), ist die Prävalenz der HIV-Infektion unter den Patienten, die eine STI haben oder hatten, signifikant höher und nahm in den letzten Jahren von 12,9 % im Jahre 1999 auf 16,6 % im Jahre 2003 weiter zu. Der Trend ist weiter zunehmend, denn der Gebrauch von Kondomen ist beim Geschlechtsverkehr in den afrikanischen Ländern nicht üblich, die Gefahr von Infektionen ist entweder nicht genügend bekannt, oder sie wird in Kauf genommen. Die Änderung des Sexualverhaltens in Afrika gestaltet sich insgesamt schwierig.

Zurzeit finden in den meisten Ländern der Subsahara Öffentlichkeitskampagnen über die Medien, in den Schulen, in privat organisierten Gruppen und vielen anderen öffentlichen und halböffentlichen Organisationen statt, mit dem Ziel, weite Kreise der Bevölkerung aufzuklären, und das sexuelle Verhalten zu ändern. Das Ergebnis ist je nach Region unterschiedlich [13]. Die besten Erfolge hat zurzeit Uganda zu verzeichnen, wo das von Seiten der US-Regierung finanzierte ABC-Programm (A = sei abstinent, B = be faithful; sei treu, C = verwende Kondome) recht konsequent, und von allen verantwortlichen Stellen einschl. der Regierung und der kirchlichen Institutionen des Landes unterstützt wurde [14]. Uganda hat es immerhin erreicht, die vor zehn Jahren noch sehr hohe Prävalenz im Lande von über 10 % auf 4,5 - 6 % herabzudrücken.

Im Rahmen weiterer präventiver Maßnahmen sollten vor allem die Rechte der Frauen in den afrikanischen Gesellschaften gestärkt werden, da sie häufig nicht in der Lage sind ihre Unabhängigkeit zu wahren und sich entsprechend zu schützen. In neuerer Zeit wird intensiv auf dem Gebiet der Mikrobizide geforscht (intravaginal applizierbare Cremes, Gels, Ovula etc.), um vor allem für Frauen einen lokalen Schutz zu ermöglichen [15] [16]. Die Ergebnisse mit Mikrobiziden sind allerdings noch nicht ausgereift, und die Sicherheit dieser Mittel wird vielfach infrage gestellt.

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Danksagung

Den Kollegen Prof. Dr. H. Grossmann und Dr. J. Masenga bin ich für Ihre großzügig gewährte Unterstützung zu Dank verpflichtet. Allen Ärzten und Schwestern im RDTC möchte ich für ihre uneingeschränkte Einsatzbereitschaft in der Ambulanz und auf der Station bei der Versorgung und Betreuung der vielen HIV-Patienten meine große Anerkennung und Dank aussprechen.

The author is grateful to all physicians and staff of the RDTC for their willingness to provide all their understanding, knowledge and personal support to the large number of HIV-patients asking for help in the ambulance and the wards.

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Abb. 1 a, b Generalisierte HPV-Akanthome unterschiedlicher klinischer Ausprägung (Kopf, Hand) bei einem 11-jährigen, HIV-infizierten afrikanischen Mädchen.

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Abb. 2 Afrikanisch-endemisches, akrolokalisiertes Kaposi-Sarkom bei einem HIV-seronegativen Mann (re. Unterschenkel).

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Abb. 3 a HIV-assoziiertes, epidemisches Kaposi-Sarkom bei einer 33-jährigen Frau, mit ausgedehnter Dissemination und tumorösen Infiltraten am Stamm. Stellenweise finden sich kleinere, exophytisch wachsende Knötchen vom Typ einer bazillären Angiomatose. b HIV-assoziiertes, epidemisches Kaposi-Sarkom vom papulonodulären, mukokutanen Typ bei einer 40-jährigen Frau.

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Abb. 4 a, b HIV-assoziierte, disseminierte Kryptokokkose bei einer Frau mit zahlreichen Knoten und Knötchen am Kopf, Armen und Stamm und beginnender meningealer Beteiligung.

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Literatur

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  • 16 Ramjee G, Shattock R, Delany S. et al . Microbicides, 2006 Conference, Cape Town, South Africa.  AIDS Res Ther. 2006;  3 25

1 Nach einem Vortrag gehalten anlässlich des 7. Symposiums der Berliner Stiftung für Dermatologie (BSD), am 20. Mai 2006 in Berlin. Prof. emer. Dr. C. E. Orfanos (FU Berlin) war über längere Zeit Guest Physician and Lecturer im Regional Dermatology Training Centre (RDTC), Kilimanjaro Christian Medical College, Tumaini Universität, Moshi, Tansania. Korrespondenz: constantin.orfanos@charite.de.
Die Arbeit im RDTC wurde von der Berliner Stiftung für Dermatologie (BSD) großzügig unterstützt.

2 HAART = hoch aktive antiretrovirale Therapie. Kombination von hoch wirksamen antiretroviralen Pharmaka, die die Virusbelastung im Blut auf < 50 Kopien/ml reduzieren können. In der Regel wird heute in Tansania und in anderen afrikanischen Ländern das Präparat Triomune® verwendet, bestehend aus Stavudin 40 mg, Lamivudin 150 mg und Nevirapin 200 mg, das von der Fa. Cipla LTD., MIDC Patalanga in Indien vertrieben wird.

Prof. emer. Dr. med. C. E. Orfanos

Klinik für Dermatologie
Campus Benjamin Franklin

Fabeckstr. 60 - 62
14195 Berlin

Email: constantin.orfanos@charite.de

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Literatur

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  • 16 Ramjee G, Shattock R, Delany S. et al . Microbicides, 2006 Conference, Cape Town, South Africa.  AIDS Res Ther. 2006;  3 25

1 Nach einem Vortrag gehalten anlässlich des 7. Symposiums der Berliner Stiftung für Dermatologie (BSD), am 20. Mai 2006 in Berlin. Prof. emer. Dr. C. E. Orfanos (FU Berlin) war über längere Zeit Guest Physician and Lecturer im Regional Dermatology Training Centre (RDTC), Kilimanjaro Christian Medical College, Tumaini Universität, Moshi, Tansania. Korrespondenz: constantin.orfanos@charite.de.
Die Arbeit im RDTC wurde von der Berliner Stiftung für Dermatologie (BSD) großzügig unterstützt.

2 HAART = hoch aktive antiretrovirale Therapie. Kombination von hoch wirksamen antiretroviralen Pharmaka, die die Virusbelastung im Blut auf < 50 Kopien/ml reduzieren können. In der Regel wird heute in Tansania und in anderen afrikanischen Ländern das Präparat Triomune® verwendet, bestehend aus Stavudin 40 mg, Lamivudin 150 mg und Nevirapin 200 mg, das von der Fa. Cipla LTD., MIDC Patalanga in Indien vertrieben wird.

Prof. emer. Dr. med. C. E. Orfanos

Klinik für Dermatologie
Campus Benjamin Franklin

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Abb. 1 a, b Generalisierte HPV-Akanthome unterschiedlicher klinischer Ausprägung (Kopf, Hand) bei einem 11-jährigen, HIV-infizierten afrikanischen Mädchen.

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Abb. 2 Afrikanisch-endemisches, akrolokalisiertes Kaposi-Sarkom bei einem HIV-seronegativen Mann (re. Unterschenkel).

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Abb. 3 a HIV-assoziiertes, epidemisches Kaposi-Sarkom bei einer 33-jährigen Frau, mit ausgedehnter Dissemination und tumorösen Infiltraten am Stamm. Stellenweise finden sich kleinere, exophytisch wachsende Knötchen vom Typ einer bazillären Angiomatose. b HIV-assoziiertes, epidemisches Kaposi-Sarkom vom papulonodulären, mukokutanen Typ bei einer 40-jährigen Frau.

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Abb. 4 a, b HIV-assoziierte, disseminierte Kryptokokkose bei einer Frau mit zahlreichen Knoten und Knötchen am Kopf, Armen und Stamm und beginnender meningealer Beteiligung.