Neben der traditionell offenen Operation sind die minimalinvasiven und laparoskopischen Verfahren, wie die laparoskopische Varikozelektomie (LV) und die antegrade skrotale Sklerosierung (AS), für diese Behandlung etabliert. Wenngleich sich beide Verfahren bereits in verschiedenen Studien als effektiv herausgestellt haben, gibt es nur wenige Studien, die einen direkten Vergleich anstellen (Eur Urol 2006; 49: 384-387).
M. May et al. verglichen retrospektiv die LV und die AS hinsichtlich des Behandlungsergebnisses und der auftretenden Komplikationen. Anhand von 122 LV und 108 AS wurden die postoperativen Ergebnisse, Komplikationsraten, Operationsdauer und Liegezeiten der Patienten analysiert.
Mehr Hydrozelen nach Laparoskopie
Mehr Hydrozelen nach Laparoskopie
Bei einem durchschnittlichen Beobachtungszeitraum von 59 Monaten betrug die Rate der Therapieversager für die LV 4,9% und für die AS 15,7%. In 13,1% der Fälle traten nach LV und in 4,6% der Fälle nach AS Komplikationen auf. Hierbei traten nach LV wesentlich häufiger Hydrozelen auf (13 Fälle; 10,7%). Insbesondere Patienten, die im Vorfeld eine Leistenoperation hatten, neigten zu dieser Komplikation. Hinsichtlich der Operationsdauer und der Liegezeiten der Patienten ergaben sich zwischen den beiden Behandlungen keine Unterschiede. Die Rezidivrate war im Vergleich zur AS-Gruppe in der LV-Gruppe signifikant geringer.
Laparoskopische Varikozelektomie. Identifizierung der Arterie mit der Dopplersonde (Bild: J Rassweiler et al. Laparoskopische Chirurgie in der Urologie, Thieme, 1995).
Fazit
Fazit
Die LV war in dieser Studie effizienter als die AS zur Varikozelen-Korrektur. Die Komplikationsrate war allerdings in der LV-Gruppe deutlich höher. In der Mehrzahl handelte es sich um Hydrozelen. Für Patienten, die im Vorfeld eine Leistenoperation hatten, sollte unter Berücksichtigung der häufiger auftretenden Hydrozele nach LV eine andere Strategie verfolgt werden.
Dr. Sabine Adler, Mülsen St. Niclas
Kommentar
Kommentar
U. Humke
Laparoskopische Varikozelen-Therapie: Mittelweg zwischen Rezidiv und Komplikationsrate
Verglichen wird ein perivaskuäres Ligatur-Verfahren (Laparoskopie) mit einem intravaskulären Verödungs- bzw. Sklerosierungs-Verfahren (antegrade Sklerosierung) zur Behandlung der Varikozele. Während sich bei der Sklerosierung methodisch bedingt das Problem ergibt, ob bei individueller Anatomie eine ausreichende Zahl an Venen verödet wird, ohne kollaterale Zuströme zu erhalten, ist dies bei der Laparoskopie durch direkte Sicht auf das Spermatika-Gefäßbündel und eventuelle akzessorische Venen sowie die dann konsequente Ligatur derselben nicht existent. Andererseits schont die Sklerosierung die perivaskulären/perivenösen Begleitgefäße wie Lymphbahnen und Arteria spermatica, während diese bei der Laparoskopie nur mit Aufwand identifiziert, isoliert und geschont werden können. Im Ergebnis sieht man sich den in dieser Arbeit beschriebenen Konsequenzen gegenüber: Die Laparoskopie beseitigt die Varikozele deutlich zuverlässiger, neigt jedoch zu erhöhter Störung des skrotalen Lymphabflusses mit der Sekundärkomplikation einer Hydrozele. Letztere tritt insbesondere dann häufiger auf, wenn der Patient ipsilateral inguinal voroperiert ist. Je nach Art der inguinalen Voroperation sind dann die Parallelgefäße (A./V. cremasterica und A./V. Ductus deferentis) bereits kompromittiert, so dass der nach Vena-spermatica-Ligatur notwendige venöse Sekundärabfluss gestört ist. Dies stört die Homöostase im Bereich des kapillaren Strombettes der Hodenhüllen und leistet der Entstehung einer Hydrozele Vorschub.
Die Literatur ist hinsichtlich dieser klinischen Erfahrungen aber nicht einheitlich. An einem kleineren Patientenkollektiv beschrieben Barqawi et al. (BJU Int 2002; 89: 269-272) 13 inguinal voroperierte Patienten aus einem Kollektiv von insgesamt 44 Patienten, die nach laparoskopischer Palomo-Operation keinerlei Hydrozelen ausbildeten. Ein erhöhtes Komplikationsrisiko durch Voroperationen wurde daher verneint. Auch wird die Signifikanz der postoperativen Hydrozelen nach Ligatur der Spermatikagefäße unterschiedlich gesehen. In einer Studie von Esposito et al. (J Urol 2004; 171: 1271-1273) wurde das Auftreten von Hydrozelen bei 278 Kindern an 8 Zentren beobachtet und diese Sekundärkomplikation behandelt sowie nachbeobachtet. Arterienerhaltende OP-Techniken führten zu deutlich niedrigeren Hydrozelenraten als komplette Spermatikagefäßligaturen (4,3 vs. 17,6%). Allerdings wurden von 34 Hydrozelen 35% ausschließlich beobachtet, 47% durch Punktion erfolgreich behandelt und nur 18% operiert. Dies relativiert deutlich die klinische Relevanz der postoperativen Hydrozele.
Es ist offensichtlich, dass eine OP-Technik zur Behandlung der Varikozele eine möglichst geringe Rezidiv- und Komplikationsrate haben sollte. Niedrige Komplikationen auf Kosten höherer Rezidivraten zu erzwingen, scheint kaum akzeptabel. Insofern ist die Laparoskopie eine ernst zu nehmende, weil effektive Alternative, die natürlich durch die skrotale Blauinjektion technisch verfeinert werden kann, um intraoperative Lymphbahnen besser erkennen und schonen zu können. Darüber hinaus ist auch ein Algori thmus denkbar, der den inguinal voroperierten Patienten primär der Sklerosierungstherapie zuführt. Abschließend soll erwähnt werden, dass die bilaterale Varikozele insgesamt zwar selten, jedoch unzweifelhaft die Domäne der laparoskopischen Operationstechnik ist.
Prof. Ulrich Humke, Stuttgart