Z Orthop Ihre Grenzgeb 2006; 144(4): 355
DOI: 10.1055/s-2006-951414
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Minimalinvasive Chirurgie - aktueller denn je?

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Publication Date:
01 September 2006 (online)

 
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Frakturen, Gelenkerkrankungen und Rückenprobleme stellen die häufigsten stationären Einweisungsgründe dar. Von 1994 bis 2004 habe die Anzahl der Krankenhauseinweisungen wegen Gelenkerkrankungen um 58% zugenommen, bilanzierte Prof. B.-D. Kathagen, Dortmund, auf der 9. Dortmunder Unfallchirurgie- und Orthopädie-Tagung[1] im Juni 2005 in Dortmund. Und diese Entwicklung werde angesichts der demografischen Verschiebung der Altersstruktur und der Veränderung des Lebensstils weiter anhalten.

Umso wichtiger erscheint es - vor allem in Zeiten knapper Kassen - die stationäre Verweildauer sowie die Rehabilitationszeit zu verkürzen, die Patienten frühzeitig zu mobilisieren und ein Wiedererreichen der Funktionalität bei verbessertem Behandlungsergebnis zu ermöglichen. Einen wesentlichen Beitrag dazu, darin sind sich die Experten einig, leisten minimalinvasive Operationsverfahren.

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Minimalinvasive Endoprothetik

Durch einen weniger als 10 cm großen minimalinvasiven Zugang gelingt es beispielsweise, ein Hüftgelenk durch eine Hüfttotalendoprothese zu ersetzen. Dazu sind verschiedene minimalinvasive Standardzugänge bekannt, die trotz eingeschränkter Sicht aufgrund des kurzen Hautschnitts dennoch eine optimale Übersicht und sichere Darstellung der Landmarks gewährleisten.

Verglichen mit offenen Zugängen wurden dabei das entstehende Weichteiltrauma und die Knochenresektion minimiert, der Blutverlust, die postoperativen Schmerzen und die OP-Zeiten gering gehalten. Hinzu kommt der kosmetische Aspekt und die schnellere Heilung bei kleinerer Hautinzision. Allerdings erfordern minimalinvasive Gelenkersatzoperationen neben operativer Erfahrung bei flachen Lernkurven häufig auch eine spezielle Patientenlagerung sowie spezielles Instrumentarium. Kritiker der minimalinvasiven Technik befürchten aufgrund der verminderten Anzahl an Orientierungspunkten durch die eingeschränkte Sicht eine verschlechterte Implantationsposition mit potenziell erniedrigter Standzeit.

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Unikondylären Kniegelenkersatz besser minimalinvasiv implantieren

An 68 Patienten mit unikondylären Kniegelenksschlittenprothesen[2] aufgrund isolierter medialer oder lateraler Gonarthrose wurde von Prof. P.E. Müller, München, u. Mitarb. der Implantatsitz und das funktionelle Outcome bei offener und minimalinvasiver Operationstechnik verglichen. Nach einem Jahr zeigt der HSS-Score bei den minimalinvasiv operierten Patienten ein signifikant besseres funktionelles Outcome als bei den offen operierten Patienten (92 versus 78). Während bei der minimalinvasiven Gruppe alle Patienten ein exzellentes oder gutes Ergebnis zeigten, waren in der offenen Gruppe doch 26% als "fair" oder "poor" einzuordnen.

Bezüglich des radiologisch überprüften Implantatsitzes ergaben sich für die minimalinvasive Implantation keine schlechteren Ergebnisse als für die offene OP-Technik. "Wenn man unikondylär implantiert, sollte man es minimalinvasiv machen, allerdings ist die optimale Positionierung des Implantats sowohl offen als auch minimalinvasiv schwierig. Eine Navigation könnte hier weitere Vorteile bringen", resümiert Müller.

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Kyphoplastie und Kalzium-phosphat-Zement: Alternativen zur Behandlung von Wirbelkörperfrakturen

Ebenfalls viel versprechend zeigt sich die minimalinvasive Operationstechnik vor allem auch bei älteren Patienten mit Osteoporose- oder Tumor-bedingten Wirbelkörperfrakturen, bei denen große, offene Wirbelsäulen-operationen aufgrund altersbedingter Begleiterkrankungen nicht möglich oder aufgrund des schlechten Implantatsitzes bei osteoporotischen Knochen nicht sinnvoll sind. Durch minimal-invasive Verfahren, wie die Vertebroplastie (perkutane Zementinjektion) oder die Kyphoplastie (Zementeinspritzung mithilfe eines Ballonkatheters), wird eine schnelle Schmerzreduktion, mechanische Stabilisierung und teilweise sogar Aufrichtung der Wirbelsäule erreicht.

Eine Alternative zum dabei bisher verwendeten PMMA-(Polymethylmetacrylat)Knochenzement stellt heute der modellierbare und resorbierbare Kalziumphosphat-Zement[3] dar. Die Arbeitsgruppe um Dr. J. Hillmeier, Limburg/ Heidelberg, setzt diesen Zement bevorzugt bei jungen Patienten mit traumatischen Wirbelkörperfrakturen ein, da er ohne Hitzeentwicklung und damit ohne Hitzenekrosen in der Umgebung in einer endothermen Reaktion innerhalb von 10 Minuten zu einem mikrokristallinen, karbonatisierten, kalziumdefizienten Hydroxylapatit aushärtet. Dabei entspricht er in seiner chemischen Zusammensetzung und kristallinen Struktur der Kalziumphosphat-Komponente des natürlichen Knochens. Ein weiterer Vorteil des Kalziumphosphat-Zements ist dessen Biodegradierbarkeit und knöcherne Integration: Er wird durch das umgebende vitale Knochenlager zu neuem Knochen umgebaut. 46 der 50 mit Kyphoplastie und Kalziumphosphat behandelten Patienten gaben eine deutliche Schmerzreduktion gemessen mithilfe der visuellen Analogskala an. In 22% gelang eine Wiederaufrichtung der Wirbelkörper. Nach durchschnittlich 4 Wochen waren die Patienten wieder arbeitsfähig. Somit ergeben sich laut Hillmeier durch die Kombination aus Kyphoplastie und Kalziumphosphat-Zement vor allem für junge Patienten neue Perspektiven.

Katrin Stauffer, Stuttgart

01 Tagung "Homo Reparandus", veranstaltet von Biomet

02 Oxford Typ II und Oxford Typ III Schlittenprothese, Biomet Deutschland GmbH, Berlin

03 Calcibon®, Biomet Deutschland GmbH, Berlin

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