Pneumologie 2007; 61(1): 20-40
DOI: 10.1055/s-2006-954979
Fort- und Weiterbildung
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Bedeutung des Ultraschalls bei der Differenzialdiagnostik der akuten Leitsymptome Husten, Dyspnoe und Thoraxschmerz

Trans Thoracic Ultrasound in the Diagnosis of Cough, Dyspnea an Chest PainA.  Reißig1 , T.  Pörner2 , M.  Hocke3 , C.  Kroegel1
  • 1Pneumologie & Allergologie/Immunologie, Klinik für Innere Medizin I
  • 2Kardiologie, Angiologie und Internistische Intensivmedizin, Klinik für Innere Medizin I
  • 3Gastroenterologie, Hepatologie, Infektiologie, Interdisziplinäre Endoskopie, Klinik für Innere Medizin II
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Publication Date:
23 January 2007 (online)

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Einleitung

Husten (produktiv bzw. nicht-produktiv), Dyspnoe und Thoraxschmerzen sind Beschwerden, bei denen eine pulmonale Erkrankung differenzialdiagnostisch zu erwägen ist. Sie gelten im doppelten Sinn als Leitsymptome der Pneumologie, nämlich erstens im Sinne von Hauptsymptomen und zweitens im Sinne von zur Diagnose führenden Symptomen. Gleichzeitig bilden sie die Basis für den differenzialdiagnostischen Entscheidungsweg. Zusätzliche Informationen, mit denen sich das Spektrum der mit dem Leitsymptom assoziierten Erkrankungen eingrenzen lässt, werden durch Anamnese und körperliche Untersuchung gewonnen. Zu den wesentlichen anamnestisch zu erhebenden Informationen gehören:

Dauer der Beschwerden (akut versus chronisch), Kombination mit einem weiteren Leitsymptom (z. B. Husten und Dyspnoe), Ermittlung potenzieller Risikofaktoren (chronischer Nikotinabusus für chronisch obstruktive Bronchitis (COPD), allergische Diathese für Asthma bronchiale, berufliche Schadstoffexposition), Begleit- und Vorerkrankungen und bestehende Medikation.

Der Anamnese mit Definition des bzw. der Leitsymptome schließt sich die körperliche Untersuchung an. Dabei stellt sich zunächst die Frage, ob sich ein pathologischer Befund im Bereich der Lunge erheben lässt oder nicht. Im ersten Fall kann eine Diagnose bereits definiert werden (z. B. typischer Auskultationsbefund bei Pneumonie, typischer Perkussionsbefund und Auskultationsbefund bei Pneumothorax). In aller Regel lässt sich jedoch bereits zu diesem Zeitpunkt der Kreis der differenzialdiagnostisch infrage kommenden Erkrankungen eingrenzen und eine Verdachtsdiagnose formulieren.

Zur Bestätigung oder zum Ausschluss der Verdachtsdiagnose sind nun weiterführende Informationen erforderlich. Diese werden entweder durch definierte Laborparameter einschließlich Mikrobiologie und/oder bildgebende Verfahren und/oder durch die Ermittlung der Lungenfunktion (evtl. mit Messung der Diffusionskapazität) gewonnen. Mithilfe dieser Untersuchungen wird nicht nur die Verdachtsdiagnose bestätigt bzw. ausgeschlossen, sondern auch der Schweregrad bzw. die Ausdehnung der Erkrankung bestimmt. Beispiele hierfür sind die Ermittlung des Schweregrades der COPD oder des Asthma bronchiale. Von grundsätzlicher Bedeutung ist die Unterscheidung zwischen akuten (Beginn innerhalb weniger Stunden bis Tage), subakuten und chronischen Leitsymptomen (in der Regel Dauer länger als 8 Wochen). Dabei ist zu berücksichtigen, dass jedes chronische Leitsymptom immer auch eine akute Phase durchläuft. Genau an der Schnittstelle zwischen Anamnese, Definition der Leitsymptome und klinischer Untersuchung auf der einen Seite und den meist zeitlich verzögerten bzw. mit größerem apparativen Aufwand zu erhaltenden Informationen auf der anderen Seite lassen sich die transthorakale Lungen- und Pleurasonographie sowie die Echokardiographie einordnen. Sie haben insbesondere den Vorteil, dass sie

vom untersuchenden Arzt, der mit der Fragestellung am besten vertraut ist, selbst durchgeführt werden können und unmittelbar nach der klinischen Untersuchung erfolgen sowie mit modernen portablen Geräten praktisch überall, z. B. im Notarztwagen, der Notaufnahme oder direkt am Krankenbett, eingesetzt werden können.

Dabei beschränken sich die diagnostischen Möglichkeiten der transthorakalen Sonographie heute nicht mehr nur auf den Nachweis eines Pleuraergusses. Wie verschiedene Arbeiten aus den letzten 10 Jahren zeigen [1] [2] [3] [4] [5] [6] [7] [8] [9] [10] [11] [12], bietet die transthorakale Sonographie wesentliche Hinweise für die differenzialdiagnostische Abgrenzung bzw. Bestätigung der über die Leitsymptome und körperliche Untersuchung definierten Verdachtsdiagnose, wie z. B. periphere Lungenembolie, Pneumonie oder Pneumothorax.

Die nachfolgende Arbeit verfolgt das Ziel, die Rolle des Ultraschalls, insbesondere der transthorakalen Sonographie sowie der Echokardiographie an der Schnittstelle zwischen Anamnese und klinischem Befund bzw. weiterführender apparativer und laborchemischer Diagnostik zu definieren. Hierzu sollen zunächst die technischen bzw. apparativen Voraussetzungen, aber auch die Grenzen dieser Methoden kurz zusammengefasst werden. Im Anschluss daran wird die differenzialdiagnostische Bedeutung der transthorakalen Sonographie und Echokardiographie anhand der Leitsymptome pneumologischer Erkrankungen diskutiert.

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