Der Klinikarzt 2006; 35(11): XIV
DOI: 10.1055/s-2006-958477
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Geschlechtsspezifischer Marker - Prognosefaktor BNP bei Frauen mit akuter Dyspnoe spezifischer

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Publication Date:
29 November 2006 (online)

 
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    Quelle: Christ M, Laule-Kilian K, Hochholzer W et al. Gender-specific risk stratification with B-type natriuretic peptide levels in patients with acute dyspnea: insights from the B-type natriuretic peptide for acute shortness of breath evaluation study. J Am Coll Cardiol 2006; 48: 1808-1812

    Thema: Geschlechtsspezifische Effekte, wie zum Beispiel die protektive Wirkung der Acetylsalicylsäure in Bezug auf Schlaganfall oder Myokardinfarkt, rücken heute immer mehr in den Mittelpunkt des Interesses. So ist inzwischen wohl bekannt, dass auch bei Hypertonie und Herzinsuffizienz Unterschiede zwischen Männern und Frauen bestehen.

    Beispielsweise entwickeln Frauen nach einem Myokardinfarkt oder einer Bypassoperation häufiger als Männer eine Herzinsuffizienz. Auch ein Diabetes mellitus oder eine Hypertonie fällt bei Frauen als Risikofaktor stärker ins Gewicht. Dagegen haben sie - zumindest in Studien - eine bessere Prognose, vielleicht weil sie meist eine bessere linksventrikuläre Funktion sowie häufiger eine diastolische als eine systolische Dysfunktion aufwiesen und der Herzinsuffizienz seltener eine ischämische Genese zugrunde lag.

    Bei all diesen geschlechtsspezifischen Unterschieden stellte sich jetzt ein Forscherteam aus der Schweiz die Frage, ob sich auch beim BNP ("brain natriuretic peptide"), das sich nicht nur zur Prognose und Risikostratifizierung bei der Herzinsuffizienz eignet, sondern mit dessen Hilfe sich auch Dyspnoen von kardialer und pulmonaler Genese relativ leicht unterscheiden lassen, ein Unterschied zwischen den Geschlechtern feststellen lässt.

    Projekt: Die Mediziner bestimmten daher bei 190 Frauen und 262 Männern, die sich mit akuter Dyspnoe in der Klinik vorstellten, die BNP-Werte und beobachteten die Patienten bis zu zwei Jahre lang.

    Ergebnisse: Zwar waren im Gesamtkollektiv keine Unterschiede der BNP-Spiegel zu sehen und auch die kumulative Mortalität unterschied sich nicht zwischen den beiden Geschlechtern. Doch bei den Patienten, die im Verlauf der zweijährigen Beobachtungszeit verstorben waren, dokumentierten die Mediziner einen interessanten Unterschied: Hier wiesen die Frauen signifikant höhere BNP-Werte auf (835 versus 459 pg/ml; p = 0,005). Außerdem berechneten L. Christ und seine Mitarbeiter, dass BNP-Werte über einem Grenzwert von 500 pg/ml bei Frauen mit einem 5,1-fach erhöhten Mortalitätsrisiko assoziiert waren, bei Männern stieg das Mortalitätsrisiko bei diesen BNP-Werten dagegen nur um das 1,8-fache an (p = 0,001).

    Fazit: Den Studienergebnissen zufolge sind die BNP-Plasmaspiegel bei Frauen ein besserer Risikoprädiktor als bei Männern. Doch klar ist auch: Gerade Patienten mit akuter Dyspnoe, die als Notfall in die Klinik eingewiesen werden, haben generell eine schlechte Prognose.

    Key Words: akute Dyspnoe - BNP - prädiktiver Wert - geschlechtsspezifische Unterschiede