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Das Vertragsarztrechtsänderungsgesetz (VÄndG)
Durch das VÄndG wird es für Radiologen zukünftig möglich sein, gleichzeitig sowohl
im Krankenhaus als auch als Vertragsarzt oder angestellter Arzt in einem Medizinischen
Versorgungszentrum (MVZ) oder eigener Praxis tätig zu sein.
Der vorliegende Beitrag zeigt die rechtlichen Möglichkeiten einer solchen Doppeltätigkeit
aufgrund der durch das VÄndG veränderten Rechtslage auf. Gleichzeitig wird auf die
nach wie vor bestehenden rechtlichen Vorgaben für Kooperationen zwischen ambulantem
und stationärem Bereich hingewiesen.
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1. Einführung
1. Einführung
Der 107. Deutsche Ärztetag 2004 hat entscheidende Änderungen in der Muster-Berufsordnung
beschlossen und damit die Weichen für eine erhebliche Flexibilisierung der ärztlichen
Tätigkeit im Rahmen privatärztlicher Behandlungen gestellt. Hieran knüpft das Vertragsarztrechtsänderungsgesetz
(VÄndG) an, welches das Vertragsarztrecht mit dem ärztlichen Berufsrecht weitgehend
harmonisiert, sodass sich die privatärztlich eröffneten Gestaltungsfreiheiten nunmehr
auch auf den vertragsärztlichen Bereich erstrecken werden. Der Deutsche Bundestag
hat das Gesetz zur Veränderung des Vertragsarztrechtes am 27. Oktober 2006 in Zweiter
und Dritter Lesung verabschiedet. Das Gesetz soll am 1. Januar 2007 in Kraft treten.
Eine Zustimmung des Bundesrates ist nicht mehr erforderlich.
Das vom Gesetzgeber erklärte Ziel, die verschiedenen Leistungssektoren der ambulanten
und stationären Versorgung enger miteinander zu verzahnen, soll insbesondere durch
die Änderung des § 20 Ärzte-Zulassungsverordnung (Ärzte-ZV) erreicht werden. § 20
Abs. 2 Satz 2 Ärzte-ZV erweitert nunmehr ausdrücklich für Krankenhausärzte die rechtlichen
Möglichkeiten an der vertragsärztlichen Versorgung teilzunehmen. Denn hiernach wird
die Tätigkeit in oder die Zusammenarbeit mit einem zugelassenen Krankenhaus oder einer
Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtung nach § 111 SGB V mit der Tätigkeit als Vertragsarzt
bzw. mit der Tätigkeit als angestellter Arzt in einem MVZ oder als angestellter Arzt
bei einem Vertragsarzt für vereinbar erklärt. Die Doppeltätigkeit des Radiologen in
Praxis und Krankenhaus wird also in Zukunft möglich sein.
2. Geltende Rechtslage
2. Geltende Rechtslage
Radiologen und andere ärztliche Fachgruppen werden nach geltendem Recht nur dann zur
vertragsärztlichen Versorgung zugelassen, wenn keine Hinderungsgründe vorliegen, die
sie wegen der Unvereinbarkeit mit den Grundsätzen vertragsärztlicher Tätigkeit als
nicht geeignet erscheinen lassen, § 98 Abs. 2 Nr. 10 SGB V i.V.m. § 20 Ärzte-ZV. §
20 Abs. 2 Ärzte-ZV bestimmt daher in der noch geltenden Fassung:
"Für die Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit ist nicht geeignet ein Arzt, der eine
ärztliche Tätigkeit ausübt, die ihrem Wesen nach mit der Tätigkeit als Vertragsarzt
am Vertragsarztsitz nicht zu vereinbaren ist."
§ 1 Abs. 3 der Ärzte-ZV regelt, dass die Ärzte-ZV u.a. entsprechend auch für medizinische
Versorgungszentren und die dort angestellten Ärzte gilt. Soweit also nach § 20 Abs.
2 Ärzte-ZV eine ärztliche Tätigkeit nicht mit der Tätigkeit als Vertragsarzt zu vereinbaren
ist, so gilt dies über § 1 Abs. 3 Ärzte-ZV auch für die Tätigkeit als angestellter
Arzt in einem MVZ.
Unter "ärztliche Tätigkeit" im Sinne von § 20 Abs. 2 Ärzte-ZV wird u.a. auch die Tätigkeit
als Krankenhausarzt verstanden. Eine Tätigkeit als Krankenhausarzt im Bereich der
Radiologie oder auch der Nuklearmedizin oder der Strahlentherapie nach aktuellem Recht
ist ihrem Wesen nach mit der gleichzeitigen Tätigkeit als Vertragsarzt in eigener
Praxis oder im MVZ oder als angestellter Arzt in einem MVZ bisher nicht zu vereinbaren.
Da das Gesetz selbst in § 20 Abs. 2 Ärzte-ZV nicht bestimmt, welche konkreten anderen
ärztlichen Tätigkeiten mit der Tätigkeit als Vertragsarzt nicht zu vereinbaren sind,
erfolgte eine entsprechende Konkretisierung durch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts
in diversen hierzu ergangenen Entscheidungen (BSG, Urteil vom 05.11.1997, Az.: 6 RKa
52/97, MedR 1998, S. 279, Pathologie; BSG, Urteil vom 19.03.1997, Az.: 6 RKa 39/96,
BSGE 80, 133f, Werksarzt; BSG, Urteil vom 15.03.1997, Az.: 6 RKa 24/94, MedR 1996,
S. 86ff, Radiologie; BSG, Urteil vom 05.02.2003, Az.: B 6 KA 22/02 R, GesR 2003, 173ff,
Anästhesie; BSG, Urteil vom 30.01.2002, Az.: B 6 KA 20/01 R, BSGE 89, 134ff, Psychotherapie).
3. Vermischung von ambulanter und stationärer Tätigkeit
3. Vermischung von ambulanter und stationärer Tätigkeit
Das Bundessozialgericht geht von einer Nichteignung dann aus, wenn sich die anderweitige
ärztliche Tätigkeit und die vertragsärztliche Tätigkeit vermischen und sich dies zum
einen zum Nachteil der Versicherten wegen einer faktischen Beschränkung des Rechts
auf freie Arztwahl und zum anderen zum Nachteil der Kostenträger auswirken kann, weil
insoweit je nach persönlichem Interesse des Arztes Leistungen aus nicht sachgerechten
Gründen von einem zum anderen Bereich verlagert werden können.
Nach der Auffassung des Bundessozialgerichts ist diese Voraussetzung dann erfüllt,
wenn der Krankenhausarzt unmittelbar in die stationäre Patientenversorgung eingebunden
ist und die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung im Einzugsbereich des Krankenhauses
begehrt. Denn Versicherte könnten sich nach Beendigung der stationären Behandlung
verpflichtet fühlen, eine sich anschließende ambulante Behandlung bei dem gleichzeitig
zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Krankenhausarzt fortzusetzen. Insofern
sei das Recht auf freie Arztwahl nicht gewährleistet. Ferner sei die Möglichkeit,
dass ein am Krankenhaus und gleichzeitig in der vertragsärztlichen Praxis tätiger
Arzt aus nicht sachgerechten Gründen Behandlungsschritte bei Versicherten vom ambulanten
in den stationären Bereich und umgekehrt verlagern kann, nicht ausgeschlossen.
Aufgrund dieser Rechtsprechung ist es dem im Krankenhaus angestellten Radiologen also
nach geltendem Recht nicht möglich, gleichzeitig als Vertragsarzt in eigener Praxis
bzw. im MVZ tätig zu sein. Diese Rechtsprechung wird von vielen Zulassungsausschüssen
auch auf die gleichzeitige Tätigkeit als Krankenhausarzt und als angestellter Arzt
im MVZ angewandt, sodass eine Doppeltätigkeit als angestellter Arzt im Krankenhaus
und als angestellter Arzt im MVZ aktuell aufgrund der hier bestehenden Rechtspraxis
nicht möglich ist.
Die aktuelle Rechtspraxis, die eine Nichtvereinbarkeit der gleichzeitigen Tätigkeit
als Krankenhausarzt und als angestellter Arzt im MVZ annimmt, behindert nach Ansicht
des Gesetzgebers die Gründung krankenhauseigener MVZ. Denn dem Krankenhausträger ist
es nicht möglich, seine Personalressourcen aus dem Krankenhaus zu nutzen und diese
im MVZ einzubinden. Die einzelnen Ärzte müssten vielmehr getrennt entweder ausschließlich
im stationären Bereich oder ausschließlich im ambulanten Bereich eingesetzt werden.
Dies nimmt daher dem Krankenhausträger die Möglichkeit flexibel auf den in den jeweiligen
Leistungssektoren bestehenden Behandlungsbedarf zu reagieren. Auch aus Sicht der Patienten
ist die engere Verzahnung der beiden Leistungssektoren von Vorteil, da Schnittstellenprobleme
zwischen den behandelnden Ärzte vermieden werden und damit die Qualität und Effizienz
der ärztlichen Versorgung steigt und Kosteneinsparungen erreicht werden können.
Der Krankenhausarzt kann also nach geltendem Recht gleichzeitig in die vertragsärztliche
Versorgung nur über die Ermächtigung eingebunden werden. Die Ermächtigung hat den
Nachteil, dass sie subsidiär gegenüber der Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung
ist, weil die Erfüllung des Sicherstellungsauftrages in erster Linie den Vertragsärzten
in eigener Vertragsarztpraxis und den MVZ vorbehalten ist. Sie dient also nur dazu,
Versorgungslücken zu schließen. Ferner wird die Ermächtigung in der Regel nur für
2 Jahre erteilt, sodass also eine dauerhafte Abrechnungsbefugnis des Krankenhausarztes
in diesem Bereich nicht besteht.
Möglich ist bisher auch schon die Kooperation zwischen Krankenhaus und Vertragsarzt.
So hatte sich das Bundessozialgericht bereits 1996 (BSG MedR 1996, S. 86) mit der
rechtlichen Zulässigkeit der Privatisierung einer radiologischen und nuklearmedizinischen
Krankenhausabteilung zu befassen (Outsourcing). Der Zweck der Privatisierung besteht
in der besseren Ausnutzung teurer Medizintechnik (insbesondere in Funktionsabteilungen),
indem die Krankenhausabteilung aufgelöst wird und die stationären Patienten durch
den im Krankenhausarzt niedergelassenen Vertragsarzt erfolgt. Ferner hat der Vertragsarzt
durch die Anbindung an das Krankenhaus in der Regel einen Imagegewinn und damit einen
Wettbewerbsvorteil. Das Bundessozialgericht verneinte auch hier einen Verstoß gegen
§ 20 Abs. 2 Ärzte-ZV und sah die Kooperation als zulässig an.
Allerdings fordert das Bundessozialgericht, dass keine Pflichtenkollision durch einen
Einfluss des Krankenhauses auf die vertragsärztliche Tätigkeit entstehen darf. Es
muss gewährleistet sein, dass der Arzt aufgrund seiner anderweitigen ärztlichen Tätigkeit
Inhalt und Umfang seiner vertragsärztlichen Tätigkeit und den Einsatz der der Praxis
zugeordneten sachlichen und persönlichen Mittel selbst bestimmen kann (vgl. § 32 Abs.
1 Satz 1 Ärzte-ZV, § 15 BMV-Ä). Eine solche Einflussnahme liegt insbesondere dann
vor, wenn die vertragsärztliche Tätigkeit des Radiologen nicht strikt räumlich vom
Krankenhaus getrennt wird.
4. Änderung der Rechtslage durch das VÄndG
4. Änderung der Rechtslage durch das VÄndG
Mit der Änderung des § 20 Abs. 2 Ärzte-ZV werden die Möglichkeiten des im Krankenhaus
angestellten Arztes an der vertragsärztlichen Versorgung teilzunehmen, deutlich erweitert.
§ 20 Abs. 2 Ärzte-ZV soll um einen Satz 2 ergänzt werden:
"Die Tätigkeit in oder die Zusammenarbeit mit einem zugelassenen Krankenhaus nach
§ 108 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch oder einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung
nach § 111 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch ist mit der Tätigkeit des Vertragsarztes
vereinbar."
Folgendes wird also mit dem VÄndG zukünftig möglich sein:
-
der im Krankenhaus angestellte Radiologe kann gleichzeitig als Vertragsarzt in eigener
Vertragsarztpraxis oder als Vertragsarzt im MVZ arbeiten,
-
der im Krankenhaus angestellte Radiologe kann auch gleichzeitig angestellter Arzt
in einem MVZ oder angestellter Arzt in einer Vertragsarztpraxis sein,
-
der Vertragsarzt in einer Vertragsarztpraxis oder im MVZ sowie der im MVZ bzw. in
einer Praxis angestellte Arzt kann auch in anderer Form mit dem Krankenhaus kooperieren,
z.B. konsiliarärztliche Leistungen erbringen (Untersuchung und Mitbehandlung von stationären
Patienten auf Veranlassung des Krankenhauses, § 2 Abs. 2 Nr. 2 KHEntgG).
Krankenhausradiologen sind also nunmehr nicht mehr darauf angewiesen, über die (nur)
befristet erteilte Ermächtigung (in der Regel 2 Jahre) im ambulanten Bereich abzurechnen,
sondern haben über die Niederlassung als Vertragsarzt und als angestellter Arzt im
MVZ dauerhaft die Möglichkeit, die ambulanten Leistungen über die Kassenärztliche
Vereinigung abzurechnen.
Der Unterschied zur geltenden Rechtslage besteht also darin, dass das Bestehen einer
Interessen- und Pflichtenkollision aufgrund der gleichzeitigen Tätigkeit im Krankenhaus
nicht mehr regelhaft unterstellt wird. Denn das Bundessozialgericht hat bisher eine
solche Kollision angenommen, sobald der Krankenhausarzt die Zulassung zur vertragsärztlichen
Versorgung im Einzugsbereich des Krankenhauses begehrte, d.h. die bloße Möglichkeit
einer Interessen- und Pflichtenkollision war bereits ausreichend. Ob eine solche im
Einzelfall also tatsächlich vorlag, war gar nicht entscheidend. Dies ist nun nicht
mehr möglich, weil der Gesetzgeber durch die Änderung klargestellt hat, dass die gleichzeitige
Tätigkeit im Krankenhaus und als Vertragsarzt in einer Vertragsarztpraxis oder im
MVZ bzw. als angestellter Arzt in einer Vertragsarztpraxis oder im MVZ möglich ist.
Der Gesetzgeber ermöglicht also mit der Gesetzesänderung dem Krankenhausarzt über
die Fälle der nicht patientenbezogenen Tätigkeit (Laborarzt, Pathologe) hinaus an
der vertragsärztlichen Versorgung teilzunehmen.
Da im Bereich der Nuklearmedizin und der Strahlentherapie (bundesweit weniger als
1000 Ärzte niedergelassen) keine Zulassungsbeschränkungen bestehen, ist die Umsetzung
der Doppeltätigkeit hier sofort realisierbar.
5. Fortgeltung der Rechtsprechung zur Interessenkollision
5. Fortgeltung der Rechtsprechung zur Interessenkollision
Auch nach der Änderung des § 20 Abs. 2 Ärzte-ZV ist es jedoch weiterhin möglich, dass
eine Interessen- und Pflichtenkollision tatsächlich gegeben ist, sofern eine unzulässige
Vermischung der ambulanten vertragsärztlichen und stationären Tätigkeit im Krankenhaus
vorliegt. Unverändert würde dies dazu führen, dass die Ausübung der vertragsärztlichen
Tätigkeit aufgrund gegebener Nichteignung nicht erlaubt wäre.
Im Rahmen der gleichzeitgen Tätigkeit von niedergelassenen Vertragsärzten im Krankenhaus
sind daher nach wie vor insbesondere folgende Punkte zu beachten:
-
eine tatsächliche Leistungsverlagerung aus nicht sachgerechten Gründen (z.B. aus Budgetgründen)
vom stationären Bereich in den ambulanten Bereich und umgekehrt darf nicht erfolgen,
-
die Liquidation der ambulanten ärztlichen Leistungen darf nur durch den Vertragsarzt
erfolgen und nicht durch das Krankenhaus, insbesondere darf das Krankenhaus nicht
am Erfolg der vertragsärztlichen Tätigkeit beteiligt werden (z.B. auch nicht über
umsatzbezogene Entgeltzahlungen an den Krankenhausträger für Raummiete und Nutzungsüberlassungen
von Geräten),
-
ein Eingriff in die ärztliche Therapiefreiheit und den Praxisbetrieb darf durch den
Krankenhausträger nicht erfolgen. Inhalt und Umfang der vertragsärztlichen Tätigkeit
und Einsatz der der Praxis zugeordneten sachlichen und persönlichen Mittel müssen
selbst bestimmt werden,
-
der Vertragsarzt muss bzgl. des Praxispersonals ausschließlich weisungsbefugt sein,
-
freie Einteilung der eigenen Arbeits- und Praxiszeiten,
-
keine Entgegennahme von Weisungen durch Nichtärzte im Rahmen ärztlicher Entscheidungen,
-
das Recht auf freie Arztwahl der Versicherten muss gewährleistet bleiben,
-
kein Verstoß gegen die Pflicht zur persönlichen Leistungserbringung, d.h. der Vertragsarzt
muss zwar nicht jede ärztliche Leistung tatsächlich in eigener Person erbringen, aber
der Vertragsarzt muss bei der Inanspruchnahme Dritter leitend mitwirken,
-
keine Zuweisung von Patienten oder Untersuchungsmaterial gegen Entgelt.
Etwas anderes gilt dann, wenn ein Krankenhausarzt zugleich als angestellter Arzt in
einem MVZ tätig wird. Eine medizinisch nicht gerechtfertigte Leistungsverlagerung
ist selbstverständlich auch in diesem Fall untersagt. Etwas anderes gilt allerdings
hinsichtlich der Liquidation der Leistungen und der Entgegenahme von Weisungen. Wie
im Krankenhaus auch, sind angestellte Ärzte eines MVZ grundsätzlich nicht zur selbständigen
Liquidation der von ihnen erbrachten Leistungen berechtigt. Geschäftsführung und ärztliche
Leitung sind gegenüber den angestellten Ärzten weisungsberechtigt. Befindet sich das
MVZ mehrheitlich im Eigentum des Krankenhauses ist daher der Krankenhausträger auch
zur Ausübung des Direktionsrechts über die MVZ-Geschäftsführung berechtigt. Schließlich
ist es denkbar, dass ein Krankenhaus selbst das MVZ im Rahmen der bestehenden Krankenhausorganisation
gründet und eingliedert, ohne eine eigenständige Gesellschaft zu gründen. In diesen
Fällen unterstehen die Ärzte des MVZ unmittelbar dem Krankenhaus.
5. Zeitlicher Umfang der Tätigkeit
5. Zeitlicher Umfang der Tätigkeit
Neben den Anforderungen im Hinblick auf die zu vermeidende Interessen- und Pflichtenkollision
nach § 20 Abs. 2 Ärzte-ZV ist noch auf § 20 Abs. 1 Ärzte-ZV hinzuweisen, wonach der
Vertragsarzt in der Vertragsarztpraxis bzw. im MVZ und der angestellte Arzt in der
Vertragsarztpraxis bzw. im MVZ in zeitlicher Hinsicht in erforderlichem Umfang für
die Versorgung der Versicherten zur Verfügung stehen muss. Zu beachten ist also, dass
die anderweitige Tätigkeit auch hinsichtlich des Zeitumfanges unbedenklich sein muss.
Nicht erforderlich ist, dass die "volle" Arbeitskraft für die Tätigkeit in der vertragsärztlichen
Versorgung eingesetzt wird; die Arbeitszeit in einem Beschäftigungsverhältnis soll
jedoch nicht mehr als 13 Stunden wöchentlich betragen (BSG, Urteil vom 30.01.2002,
Az.: B 6 KA 20/01 R). Die zeitliche Einschränkung kann allerdings dadurch vermieden
werden, dass der angestellte Arzt im MVZ seine Zulassung mit weiteren Ärzten teilt.
Nach den Bedarfsplanungs-Richtlinien-Ärzte ist eine Aufteilung auf bis zu 4 Ärzten
möglich, die jeweils mit dem Anrechnungs-Faktor 0,25 im Rahmen der Bedarfsplanung
bewertet werden. Ein angestellter Arzt im MVZ mit dem Faktor 0,25 wird danach lediglich
bis 10 Stunden vertragsärztlich tätig. Die verbleibende Zeit kann er dann dem Krankenhaus
für die stationäre Tätigkeit ohne entsprechende Beschränkungen zur Verfügung stehen.
Die Regelungen eröffnen Krankenhausärzten daher weitreichende Gestaltungsmöglichkeiten
zur Aufteilung ihrer Arbeitszeit auf beide Versorgungsbereiche.
6. Teilzulassung
6. Teilzulassung
Allerdings ist es mit dem VÄndG auch möglich, von vornherein eine sog. Teilzulassung
zu beantragen. Der Vertragsarzt kann in diesem Fall seine Praxis halbtags betreiben
oder in einem MVZ halbtags arbeiten und die übrige Arbeitszeit in der Klinik ableisten,
ohne an die genannte Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Beschränkung der anderweitigen
Tätigkeit auf 13 Stunden) gebunden zu sein, denn diese Rechtsprechung bezieht sich
nur auf die Vollzulassung. Bezüglich der Teilzulassung gilt, dass diese von vornherein
beantragt werden kann. Der Arzt kann aber auch den sich aus der Zulassung ergebenden
Versorgungsauftrag nachträglich auf die Hälfte reduzieren. Im letzteren Fall ist allerdings
zu berücksichtigen, dass bei einem späteren Antrag auf Erweiterung der Zulassung der
Antrag bei bestehenden Zulassungsbeschränkungen abgelehnt werden kann. Die Altersgrenze
von 55 Jahren bzgl. des Eintritts in die vertragsärztliche Versorgung gilt allerdings
nicht, sodass der Vertragsarzt auch noch nach seinem 55. Lebensjahr wieder die Zulassung
auf eine Vollzulassung erweitern kann.
7. Änderung der Altersgrenzen
7. Änderung der Altersgrenzen
Das VÄndG sieht außerdem (bisher) vor, dass die Regelung, wonach die erstmalige Zulassung
mit Vollendung des 55-Lebensjahres ausgeschlossen ist, nicht für die Anstellung von
Ärzten in MVZ und für die Anstellung von Ärzten bei Vertragsärzten in der Vertragsarztpraxis
gilt. Der im Krankenhaus angestellte Radiologe hat also die Möglichkeit, auch noch
nach Vollendung des 55. Lebensjahres über die Beschäftigung im MVZ bzw. in einer Vertragsarztpraxis
im ambulanten Bereich tätig zu sein. Ein solches Beschäftigungsverhältnis wäre also
auch noch nach der Pensionierung des Chefarztes möglich. Da das Gesetzgebungsverfahren
noch nicht abgeschlossen ist, kommt es möglicherweise sogar zu einer vollständigen
Abschaffung der 55-Jahresgrenze..
Nach geltendem Recht endet ferner die Zulassung zu vertragsärztlichen Versorgung mit
Vollendung des 68. Lebensjahres - auch dann, wenn eine Unterversorgung besteht. Die
Altersgrenze gilt ebenfalls für angestellte Ärzte in einer Vertragsarztpraxis und
in einem MVZ sowie auch für ermächtigte Ärzte, und zwar auch dann, wenn die Ermächtigung
über das 68. Lebensjahr hinaus befristet war und der der Ermächtigung zugrunde liegende
Bedarf weiter fortbesteht. Mit dem VÄndG wird die Altersgrenze an die Versorgungssituation
angepasst, sodass diese Altersgrenze dann nicht gilt, wenn der Landesausschuss der
Ärzte und Krankenkassen festgestellt hat, dass in einem bestimmten Gebiet eines Zulassungsbezirkes
eine ärztliche Unterversorgung eingetreten ist oder unmittelbar droht. Sie endet dann
spätestens ein Jahr nachdem der Landesausschuss den Beschluss aufgehoben hat. Die
Regelung ist von besonderer praktischer Relevanz, da Anfang 2005 mehr als ein Fünftel
der Vertragsärzte 60 Jahre und älter waren.
RA Dr. Peter Wigge, Fachanwalt für Medizinrecht
RA Anke Harney