Bei vielen schizophrenen Patienten kann gleichzeitig ein Missbrauch von Alkohol und
anderen Drogen diagnostiziert werden. Dies erschwert die Behandlung und muss bei der
Wahl der Medikation berücksichtigt werden. Aufgrund der Therapietransparenz werden
bei diesen Patienten daher bevorzugt Depotneuroleptika verordnet ([1], [2]). Langwirksames Risperidon (Risperdal® Consta®), das erste Atypikum in Depotform, bietet
hier eine gute Therapiealternative zu konventionellen Depotpräparaten, wie die Ergebnisse
einer aktuellen Vergleichsstudie zeigen [3].
Substanzmissbrauch gilt als ein großes Problem in der Schizophrenietherapie. Schätzungen
gehen davon aus, dass etwa 50% der Patienten, die unter einer Schizophrenie leiden,
gleichzeitig Drogen wie Cannabis, Alkohol oder Kokain zu sich nehmen, im Vergleich
zu circa 12% in der übrigen Bevölkerung [4]. Die Folgen für die Betroffenen können schwerwiegend sein. So gibt es Hinweise darauf,
dass Drogenmissbrauch den Ausbruch der Erkrankung beschleunigt, die Symptomatik verschlechtert,
die Compliance gegenüber der Therapie reduziert und die Rate der Krankenhauseinweisungen
erhöht ([5], [6]). Diese Faktoren müssen bei der Auswahl therapeutischer Maßnahmen unbedingt berücksichtigt
werden. So werden in solchen Fällen häufig Depotpräparate verordnet, da diese zur
Verbesserung der Therapietreue beitragen können und somit helfen, Exazerbationen und
damit letztlich Hospitalisierungen zu vermeiden ([1], [2]). Gleichzeitig werden zur Behandlung schizophrener Patienten zunehmend moderne Antipsychotika
mit "atypischem" Wirkprofil eingesetzt, die nicht nur die Positivsymptome effektiv
bekämpfen, sondern auch charakteristische Negativsymptome, z.B. Apathie oder Aufmerksamkeitsstörungen,
sowie kognitive Defizite verbessern. Zudem sind diese Präparate verträglicher als
konventionelle Neuroleptika, was das Auftreten von extrapyramidal-motorischen Störungen
(EPMS) betrifft [7].
Vergleichsstudie zwischen konventionellem und atypischem Depotpräparat
Vergleichsstudie zwischen konventionellem und atypischem Depotpräparat
Vor diesem Hintergrund verglichen Rubio et al. das konventionelle Depotneuroleptikum
Zuclopenthixol mit langwirksamem Risperidon (Risperdal® Consta®), dem bisher einzigen
atypischen Antipsychotikum in Depotform [1]. An der randomisierten, kontrollierten Untersuchung mit offenem Studiendesign nahmen
insgesamt 115 schizophrene Patienten teil, bei denen gleichzeitig ein Substanzmissbrauch
nachgewiesen worden war. Diese wurden über sechs Monate mit langwirksamem Risperidon
(47 mg/15 Tage; n = 57) oder Zuclopenthixoldepot (200 mg/21 Tage; n = 58) behandelt.
Der Verlauf des Substanzabusus wurde sowohl durch Patientenbefragungen als auch in
Form von wöchentlich durchgeführten Urintests zum Nachweis von Alkohol, Kokain, Opiaten
und Cannabis kontrolliert. Den Patienten wurde zudem angeboten, an dem "Substance
abuse management model" (SAMM) teilzunehmen, einem Psychotherapieprogramm, das speziell
für Schizophreniekranke mit diagnostiziertem Substanzmissbrauch entwickelt wurde und
auf einem kognitiv-verhaltenstherapeutischen Ansatz beruht. Die Häufigkeit, mit der
ein Patient an diesem Programm teilnahm, wurde dokumentiert und als Maß für dessen
Compliance gewertet. Die Therapiesicherheit hinsichtlich motorischer Störungen beurteilten
die behandelnden Ärzte anhand der "Extrapyramidal Symptom Rating Scale" (ESRS); die
übrigen unerwünschten Ereignisse wurden mit Hilfe der "Udvalk for Klinske Side Effect
Rating Scale" erfasst. Den Therapieerfolg bezüglich der klinischen Symptomatik beurteilten
die Ärzte auf Grundlage der "Positive and Negative Syndrome Scale" (PANSS) inklusive
entsprechender Subskalen.
Positiver Nutzen unter langwirksamem Risperidon
Positiver Nutzen unter langwirksamem Risperidon
Die Auswertung der Daten zeigte, dass die Patienten in der Praxis von einer Behandlung
mit dem atypischen Depot deutlich mehr profitierten: Hinsichtlich des Substanzmittelmissbrauch
als primärem Studienziel erweist sich die Therapie mit langwirksamem Risperidon als
effektiver. So werden bei den Patienten, die das atpyische Depotpräparat erhalten,
im Durchschnitt signifikant weniger drogenpositive Urintests dokumentiert als bei
denjenigen unter Zuclopenthixoldepot (8,67 vs. 10,36, p = 0,005). Die Schizophreniesymptomatik
ist insgesamt - bei vergleichbaren Ausgangswerten - in der Risperidongruppe sechs
Monate nach Therapiebeginn statistisch signifikant geringer ausgeprägt als bei den
Patienten, die das herkömmliche Depotpräparat erhalten (64,93 vs. 74,03 Punkte gemäß
PANSS total, p = 0,02). Auch die Negativsymptomatik kann durch die Behandlung mit
dem atypischen Depotpräparat signifikant verbessert werden (18,80 vs. 23,81 Punkte
gemäß PANSS negativ, p = 0,008, Abb. [1]).
Sowohl die Symptome insgesamt als auch die Negativsymptome besserten sich im Vergleich
zum Zuclopenthixoldepotpräparat unter dem atypischen Depotantipsychotikum Riperdal®
Consta® nach 6 Monaten statistisch signifikant
Die Behandlung mit Risperidon in Depotform wirkt sich auch positiv auf die Compliance
aus. Während unter der herkömmlichen Therapie ein Patient durchschnittlich knapp 18
mal an dem psychotherapeutischen Programm teilnimmt, besuchen diejenigen unter dem
modernen Präparat im Schnitt beinahe 20 Sitzungen. Fast 93% dieser Patienten werden
daher auch als "gut compliant" eingestuft, nehmen also an über 75% der Sessions teil.
Gleichzeitig wurde die Therapie mit langwirksamem Risperidon von den Patienten besser
vertragen: Die EPMS-Rate lag niedriger (1,24 vs. 2,85 Punkte gemäß ESRS, p = 0,05).
Auch sonstige unerwünschte Ereignisse traten signifikant seltener auf.
Fazit und Ausblick
Fazit und Ausblick
Bei schizophrenen Patienten mit komorbidem Substanzabusus lassen sich durch die Gabe
von langwirksamem Risperidon die Positiv- und Negativsymptomatik und dadurch begleitend
auch der Drogenmissbrauch erheblich wirkungsvoller bekämpfen als durch eine Behandlung
mit dem klassischen Depotpräparat Zuclopenthixol. Gleichzeitig zeigten die Patienten
unter dem atypischen Depot ein vorteilhafteres Verhalten für psychotherapeutische
Interventionen, zeigten also diesbezüglich eine höhere Compliance.
Diese Erkenntnisse stehen in Einklang mit Empfehlungen der Deutsche Gesellschaft für
Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN), die in den aktuellen S3-Leitlinien
veröffentlicht sind [7]. Demzufolge sollten "bei Vorliegen komorbider Substanzstörung Atypika bevorzugt
werden" (Empfehlung Nr. 137). Darüber hinaus wird "vor dem Hintergrund einer reduzierten
Compliance der Einsatz von Depotpräparaten" generell als sinnvoll erachtet (Empfehlung
Nr. 136).
Risperidon in Depotform, das als einziges Präparat die Vorzüge einer Depotbehandlung
mit denen eines atypischen Wirkprofils verbindet, stellt in Fällen einer Doppeldiagnose
"Schizophrenie und Substanzmissbrauch" somit eine sinnvolle Therapiestrategie dar.
Hinzu kommt, dass die langfristige Verbesserung der Schizophrenie-symptomatik, z.B.
hinsichtlich Kognition und Negativsymptome, letztlich auch zu einer gesteigerten Lebensqualität
beitragen kann.