Im Rahmen der MEDICA Düsseldorf haben die fünf Kliniken, die sich am Pilotprojekt
der Aktion "Schmerzfreies Krankenhaus" beteiligt haben, Ende letzten Jahres das Zertifikat
"Qualifizierte Schmerztherapie" erhalten. Voraussichtlich innerhalb des nächsten halben
Jahres werden dann auch die Ergebnisse der 20 weiteren Kliniken vorliegen, deren Schmerzmanagement
im Rahmen der Aktion derzeit evaluiert wird. Und das Interesse wächst weiter: Derzeit
liegen etwa 80-100 Anmeldungen von Kliniken vor, die ebenfalls ihr Interesse an einer
solchen Zertifizierung bekunden.
Ausgangslage war zum Teil denkbar schlecht
Ausgangslage war zum Teil denkbar schlecht
Schon vorab hatten sich die fünf Kliniken des Pilotprojekts zum Teil intensiv mit
dem Thema Schmerz auseinandergesetzt - wohl wissend, dass gerade eine qualifizierte
Schmerztherapie eines der wichtigsten Kriterien für Patienten ist, sich für eine Klinik
zu entscheiden, wie Prof. Jürgen Osterbrink, Universität Witten-Herdecke, betonte.
"Unsere Ausgangshypothese hat sich bestätigt. Die Kompetenz in der Schmerztherapie
war zwar vorhanden, wurde aber nicht ausreichend umgesetzt", so Prof. Christoph Maier,
Bochum. "Zu Beginn des Pilotprojekts hatten rund ein Drittel der Patienten der beteiligten
Kliniken Ruheschmerzen", berichtete er. "Und bis zu 45% der Patienten erhielten Schmerzmedikamente",
ergänzte Osterbrink, "die nicht, zu kurz oder zu wenig wirksam waren. Das schreit
nach Veränderungen!"
Einfache Mittel verbessern die Qualität der Schmerztherapie
Einfache Mittel verbessern die Qualität der Schmerztherapie
Im Rahmen des Projekts wurden daher Strukturen etabliert, die ein effektives Schmerzmanagement
sicherstellen. Die erste und grundlegende Maßnahme ist dabei die routinemäßige und
regelmäßige Messung und Dokumentation der Schmerzen möglichst bei jedem Schichtwechsel.
"Schmerzen wurden quasi zum fünften Vitalzeichen", meinte Osterbrink.
Darüber hinaus wurden in den Kliniken Arbeitsgruppen installiert, die fach- und berufsgruppenübergreifend
strukturelle und prozessbezogene Veränderungen für das Schmerzmanagement erarbeiteten.
Gemeinsam beleuchteten Pflegende, Chirurgen, Neurologen, Ärzte der Inneren Medizin
und Onkologen nicht nur Fehler und das Optimierungspotenzial, sondern auch die Stärken
der einzelnen Kliniken und Abteilungen. Daraus wiederum erarbeiteten sie transparente
Verfahrensregelungen und Therapiekonzepte zum Einsatz von Analgetika.
Inzwischen sind die Konzepte in den Arbeitsalltag der Kliniken implementiert: So ist
für bestimmte Operationen oder Erkrankungen ein Schmerzmedikament der ersten und der
zweiten Wahl definiert. Darüber hinaus sind Stufenpläne entwickelt worden, aus denen
auch ersichtlich ist, zu welchem Zeitpunkt und zu welchem Medikament Ärzte und Pflegende
wechseln können, wenn die primär eingesetzte Behandlung nicht ausreichend wirksam
ist. Zusätzliche Alarmpläne regeln im Falle von Komplikationen die Einbeziehung der
Pflegenden in die Schmerztherapie. Pflegende und Ärzte werden regelmäßig geschult.
Darüber hinaus werden Maßnahmen implementiert, die sicherstellen, dass bei besonderen
Problemen schnell ein verantwortlicher Arzt zur Verfügung steht. Inzwischen ist es
sogar nachts die Ausnahme, dass ein Patient länger als 30 Minuten auf sein Schmerzmedikament
warten muss.
Der Erfolg gibt dem Konzept recht
Der Erfolg gibt dem Konzept recht
Zunächst war nicht ganz einfach zu akzeptieren, wie unzureichend das schmerztherapeutische
Management an unserer Klinik war, konstatierte Dr. Raimund Stögbauer, der bis vor
kurzem als Chefarzt der Anästhesie am Krankenhaus Bethanien in Moers tätig war und
sich für das Projekt "Schmerzfreies Krankenhaus" einsetzte. Inzwischen ist Stögbauer
Chefarzt der Abteilung für Anästhesie und Intensivmedizin der Orthopädischen Klinik
in Markgröningen.
"Heute haben wir in Moers die Schmerzen unserer Patienten, vor allem nach Operationen
deutlich besser 'im Griff'!" Dies zeigt sich zum Beispiel, wenn man die Verweildauern
der Patienten betrachtet. Im ambulanten Bereich zum Beispiel konnte die Aufenthaltsdauer
um 2,5 Stunden reduziert werden. Wie gut die Neuerungen ankommen, zeigen die außerordentlich
positiven Rückmeldungen der Mitarbeiter, Zuweiser und der Patienten. "So etwas habe
ich noch nie erlebt", berichtete Stögbauer, "es ist ein Riesenerfolg!"
Ähnliche Erfahrungen haben auch die Pflegedirektorin Barbara Ide und Dr. Thomas Blankenburg
aus dem Städtischen Krankenhaus Martha-Maria in Halle-Döhlau gemacht. Dank einer umfassenden
Beschäftigung mit dem Thema Schmerz hatte dieses Krankenhaus schon im Vorfeld des
Zertifizierungsprozesses ein vergleichsweise gutes Schmerzmanagement implementiert.
Trotzdem konnte durch die weiteren Neuerungen nochmals eine deutliche Verbesserung
erzielt werden: "Wir reduzierten den Anteil der Patienten, die an mäßigen, starken
und stärksten Schmerzen leiden, noch einmal um die Hälfte", berichtete Blankenburg.
"und heute sind über 80% der Patienten, die Schmerzen haben, mit unserer Schmerztherapie
sehr zufrieden oder zufrieden!"
Natürlich kann der erreichte Status Quo jetzt nicht das Ende sein, darüber sind sich
die Mitarbeiter der zertifizierten Kliniken und die Experten des Projekts "Schmerzfreies
Krankenhaus" einig. Jetzt müsse man versuchen, eine nachhaltige Qualitätssicherung
zu betreiben, um den Erfolg zu erhalten und möglicherweise noch weiter ausbauen zu
können. "Doch wir haben die Hoffnung, unserer Vision - dem schmerzfreien Krankenhaus
- einen großen Schritt näher gekommen zu sein", schloss Maier.
Wer steckt dahinter?
Wer steckt dahinter?
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Das Projekt "Schmerzfreies Krankenhaus" ist ein Forschungsprojekt der Universität
Bochum, das in Zusammenarbeit mit vier medizinischen Fachgesellschaften aufgelegt
wurde. Gemeinsam haben die Deutsche Gesellschaft zum Studium des Schmerzes (DGSS)
e.V., die Deutsche Gesellschaft für Interdisziplinäre Klinische Medizin (DGIKM) e.V.,
die Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP) e.V. und der Deutsche Berufsverband
für Pflegeberufe (DBfK) e.V. jetzt die Gesellschaft für Qualifizierte Schmerztherpie
Certkom e.V. gegründet, welche unter anderem die Zertifizierung der Kliniken vornimmt.
Wichtigstes Ziel der Certkom e.V. ist die Förderung von Klinik und Forschung auf dem
Gebiet der Schmerztherapie und Palliativmedizin.
Weitere Informationen finden Sie im Internet unter: www.certkom.com und www.schmerzfreies-krankenhaus.de
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Stephanie Schikora, Stuttgart
Quelle: Pressekonferenz "Schmerzfreies Krankenhaus: Fünf Kliniken am Ziel", veranstaltet
von der Mundipharma Vertriebsgesellschaft mbH & Co. KG, Limburg/Lahn und Pressegespräch
der Gesellschaft für Qualifizierte Schmerztherapie Certkom e.V., im Rahmen der MEDICA
2006