Z Orthop Unfall 2007; 145(6): 684-689
DOI: 10.1055/s-2007-1019436
Orthopädie und Unfallchirurgie aktuell

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Foto-Dokumentation - Bedeutung digitaler Fotografie für die Begutachtung

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Publication Date:
21 December 2007 (online)

 
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Die digitale Fotografie findet in der medizinischen Gutachtertätigkeit zunehmend Verwendung. Sie erfüllt die an ein Gutachten gestellten Anforderungen nicht selten zweckmäßiger als umfangreiche, mitunter schwer verständliche Befundbeschreibungen. Einige wichtige technische Details und praktische Tipps sind hier zusammengestellt.

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Ein Bild sagt mehr ...

... als tausend Worte. Schon die Ursprungsgeschichte dieses bekannten Sprichwortes zeigt den Grundgedanken ebenso wie die Hauptproblematik auf: Einerseits kann ein Sachverhalt objektiv ohne viele Worte (die es erst zu lesen und zu verstehen gilt) dargestellt und der Augenblick festgehalten werden, andererseits aber sind in Wort und Bild (Ver-) Fälschungen möglich: Es handelt sich um einen Slogan aus der "Printers' Ink" vom 8. 12. 1921, einer Fachzeitschrift aus der Werbebranche ("One Look is Worth A Thousand Words") und nicht um ein chinesisches Sprichwort, wie dies der Autor Fred R. Barnard vermittelt und betitelt, "damit die Leute es ernst nehmen" (BURTON S: The Home Book of Proverbs, Maxims, and Familiar Phrases. Macmillan, New York 1948, 2611)

Zwar ist es nicht damit getan, einfach "schöne Bilder" zu machen. Das nötige fotografische Grundwissen ist aber überschaubar und schnell erlernt. Die noch vor wenigen Jahren geäußerten Vorbehalte hinsichtlich der Zuverlässigkeit und Eignung der digitalen Fotografie im Hinblick auf Qualität, Praktikabilität und auch Manipulationsfestigkeit dürften zwischenzeitlich durch die Erfahrung der Anwender entkräftet sein.

Dies zumal die analoge Fotografie damals wie heute als Mittel der Beweis- und Dokumentationssicherung (Abb. [1]) umfassend anerkannt und die digitale Fotografie durch die technische Entwicklung in (für die Gutachtertätigkeit) wesentlichen Teilen zumindest ebenbürtig ist. In einem Punkt ist sie ihr sogar definitiv überlegen: Die Reproduktion ist verlustfrei möglich.

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Abb. 1 Historische Fotodokumentation: Unfallbild (a) und Ergebnis (c) einer ausgedehnten Weichteilverletzung am re. Arm bei einer 19-Jährigen, die vom Auto angefahren wurde. Die Funktionsaufnahme (b) entstand durch Doppelbelichtung. Das Funktionsdefizit der Finger allerdings bedarf der Erläuterung. (Böhler L: Die Technik der Knochenbruchbehandlung. Verlag Wilhelm Maudrich, Wien, 6. Auflage 1938, Band I, 128-9)

Die von der Digitalkamera gespeicherte (und komprimierte) Datei ist eine Originalaufnahme - vergleichbar dem belichteten und entwickelten Film der analogen Technik. Diese Originaldatei erhält zusätzlich zum eigentlichen Bild einen Header, einen Dateikopf also, in dem die Kamerahersteller viele Informationen (z. B. Zeitpunkt der Aufnahme, Kameraeinstellungen) hineingepackt haben, die über entsprechende kameraspezifische Software abgerufen werden können. Die Änderung dieser Daten erfordert umfangreiche, dem Laien schwer erreichbare Kenntnisse über Dateistrukturen. Von diesem Original ist das bearbeitete Bild abzugrenzen, das beispielsweise durch die Verwendung nur eines Bildausschnittes oder durch Montage verschiedener Aufnahmen (Abb. [1b]) verändert wurde.

Solche Veränderungen sind zur Veranschaulichung eines Sachverhalts mitunter vorteilhaft, wobei die Grundprinzipien der ärztlichen Begutachtung hier ebenso gelten wie für das geschriebene Wort: Es geht letzten Endes darum, dass der fotografische Inhalt ehrlich ist. Die Fotografie ist als eine gemeinsame Sprache von Gutachter und Auftragsgeber zu verstehen. Eine Sprache, die die Wahrheit sagt. Wer Bilder verändert, macht nichts Unerlaubtes. Wird aber der Betrachter durch die Manipulation getäuscht, dann wird es kritisch (Abb. [2]).

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Abb. 2 Diese Fälschung kursiert seit 2001 im Internet. Sie entstand durch Montage zweier Aufnahmen. Falsch ist auch die Behauptung, "National Geographic" habe es zum Foto des Jahres gewählt. (Griffin D: Eine Frage des Vertrauens. National Geographic, Collector’s Edition No.7 2006, 14)

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Empfehlungen zur Anwendung

Die technischen Anforderungen sind mit zunehmender Routine bald sehr gut beherrschbar, die Vorbehalte gegenüber dieser Dokumentationsmethode schwinden - und damit entsteht ein neues Problem: was alles soll fotografisch festgehalten werden und was nicht. Die Beschränkung der Bilddokumentation auf das Sinnvolle ist im Grunde noch vor der technischen Bildqualität das entscheidende Qualitätskritierium. Zunehmend sind die Gutachten mit Bildmaterial überfrachtet, was die Konzentration auf das Wesentliche eher erschwert. Welche Informationen sind also dem Empfänger schwierig zu beschreiben und damit besser bildlich zugänglich? Beispiele hierfür sind

  • entstellende Narben

  • nicht heilende Wunden

  • Dystrophien

  • Achsabweichungen

  • Wirbelsäulenfehlstatik

  • Hauteffloreszenzen

Eher für Vortragszwecke oder die private Sammlung eignen sich

  • Bewegungsausmaße

  • Verlaufsbeobachtungen

  • Tätowierungen

  • Fettleibigkeit u.a.

Der Beschreibung in Schriftform bedürfen dagegen weiterhin beispielsweise Beweglichkeit- und Umfangsmaße (Messblätter), Funktionsprüfungen, Stabilitätstests und Betastungsbefunde. Diese Befunde sind in Textform nicht nur präzise, sondern auch vergleichbar. Die Begrenzung des Bildmaterials auf wenige, kritisch ausgewählte Bilddokumente erhöht die Aussagefähigkeit eines Gutachtens. Eine "Bilderflut" hingegen verwirrt und stellt im Übrigen einen vermeidbaren Kostenfaktor dar.

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Analog oder digital

Analoge Informationen gehen wie die Farben eines Regenbogens stufenlos, kontinuierlich ineinander über. Digitale Informationen hingegen bestehen aus einer begrenzten (allerdings nahezu beliebig hohen) Anzahl von Abstufungen (z. B. 16,7 Millionen Farben, 24 Bit). Der Wechsel von einem digitalen Zeichen zum nächsten ist immer "sprungartig", nicht fließend. Um ein analoges Signal, wie z. B. ein Foto, im Computer weiterbearbeiten zu können, muss es z. B. mittels einer Digitalkamera oder eines Scanners in digitale Informationseinheiten gewandelt, sprich: digitalisiert, werden (Analog-Digital-Wandlung). Das digitale Bild kann unmittelbar beurteilt, die Aufnahme fallweise wiederholt werden. Sie ist sofort im Gutachten zu verwerten und leicht, sicher, dauerhaft und Platz sparend zu archivieren.

Fotografien unterliegen sichtbaren Schwankungen in der Wiedergabe der Helligkeit, des Kontrastes und der Farbwiedergabe. Analoge Abzüge erfahren sie durch einfache Entwicklungen, Photochemie und Papierqualität. Teure und damit farboptimierte Fachabzüge werden schon aus Kostengründen selten angefertigt. Diese Farboptimierung aber bieten die meisten Digitalkameras durch im Menu einstellbare Anpassung an die Lichtverhältnisse - kontrollierbar über den Kameramonitor - so dass der Gutachter ein möglichst farbechtes Bild erhält (Abb. [3]).

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Abb. 3 Die Hand eines vor 24 Jahren Verunfallten (Bandsäge). a bei Kunstlicht (OP-Leuchte 4.300 K) mit der Einstellung "Tageslicht" b mit integriertem Blitz und automatischer Farbkorrektur.

Hinzu kommt, dass analoge Bilder nur als Unikate entstehen, die zur Bildherstellung aus der Hand gegeben werden müssen. Nicht korrigierbare Fehler in der Produktion bis hin zu Verwechslung und Totalverlust des Filmmaterials sind möglich.

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Ausrüstung (digitale Fotografie)

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Die Kamera

Zwei Parameter bestimmen wesentlich die technische Qualität eines Bildes: Die Wiedergabe struktureller Details (Auflösung) und die von Farbtönen und Helligkeiten (Farbtiefe). Digitalkameras bieten heute durchweg Auflösungen von mindestens 3,3 bis 5 Millionen Bildpunkten. Diese Kameras erlauben Bildgrößen von ca. 10 cm x 15 cm in einer Auflösung von 300 dpi, die als sinnvolle Grenze für die menschliche Wahrnehmung anzusetzen ist. (Hilgefort U: Abgezogen. Fotos - auch aus der Digitalkamera - mit dem Tintendrucker ausgegeben. c't 11/2000)

Bei der Wahl der "richtigen" Kamera spielen unter Berücksichtigung des Verwendungszwecks weniger der Preis und technische Raffinessen als vielmehr praktische und ergonomische Aspekte eine Rolle - zum Beispiel ein leistungsfähiges Objektiv mit Zoom-Funktion, eine großzügig dimensionierte Speicherkarte, ein ausreichend großer integrierter Monitor, der ähnlich dem Sucher einer Spiegelreflexkamera genau den Bildausschnitt zeigt, der auch festgehalten wird, gute Bedienbarkeit und Robustheit. Einschlägige Zeitschriften und vor allem das Internet bieten eine Fülle aktueller Informationen und Entscheidungshilfen vor dem Kauf.

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Die Software

Die meisten Kameras werden mit Programmen ausgeliefert, die den Transfer auf den PC und die Bildbetrachtung ermöglichen. Bei neueren Betriebssystemen (z. B. Windows XP ®) allerdings erübrigt sich deren Installation meist, da diese Funktionen dort schon implementiert sind. Außerdem werden häufig einfache Bildbearbeitungs- und Archivierungsprogramme mitgeliefert. Der Anwender muss selbst entscheiden, ob ihm diese ausreichen oder ob er zu ei-ner potenteren Bildbearbeitungssoftware greift (z. B. Ulead Photo-Impact ®, Adobe Photoshop ®). Der Umgang mit diesen umfangreichen Programmen erfordert aber Einarbeitungszeit und Routine. Sie sind im Hinblick auf den hier zur Diskussion stehenden Zweck der Bilder und die vorhandene Zeit entbehrlich.

Auch die Archivierung ist weniger ein Problem der Software als der (dem Gutachter eigenen) Systematik. Prinzipiell können die Dateien allein in Ordnern abgelegt oder mit einfachen, für Bilder adaptierten, Datenbankprogrammen verwaltet werden.

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Die Speichermedien

Während bei der Belichtung eines klassischen Films auf der lichtempfindlichen Silberhalogenidschicht zuerst ein latentes Bild "gespeichert" wird, liefert der lichtempfindliche Halbleiter (Bildwandler) der Digitalkamera digitale Informationen, die entsprechend den Einstellungen an der Kamera mit Bildbearbeitungsfunktionen (Farbanpassung, Scharfzeichnung etc.) bearbeitet und abgespeichert werden. Dies geschieht nach vorheriger Kompression der Datei zur Erhöhung der Geschwindigkeit und Reduktion des Speicherbedarfs. Es wird fast ausschließlich das Komprimierungsverfahren JPEG eingesetzt, das sich bis zu einem Komprimierungsfaktor von 4 bis 9 im Bereich des mit dem Auge nicht erkennbaren Informationsverlustes (visuallylossless-compression) bewegt (Memon ND, Tretter DR: Method for variable quantization in JPEG for improved perceptual quality. Electronic Imaging, Symposium 2000, San Jose, CA, 24-34).

Für die Praxis heißt das: Die Kamera sollte in den Einstellungen "niedrigste Komprimierungsstufe" und "höchste Auflösung" benutzt werden. Einige Kameras bieten zur verlustfreien Speicherung den unkomprimierten TIFF-Modus, was im Hinblick auf die theoretisch mögliche geringe Qualitätsverbesserung bei gleichzeitig hohem Zeit- und damit Energieaufwand nicht empfehlenswert ist.

Das von der Kamera erstellte und gespeicherte Bild ist eine Originalaufnahme! Von dort aus können die Bilddateien durch direktes Einlesen per (in der Regel mitgelieferter) Datenleitung oder durch Einstecken der Speicherkarte in einen am PC befindlichen passenden Einschub (Card Reader) sicher auf der Festplatte des Computers übertragen und mittelfristig archiviert werden. Bei den heute üblichen Festplattenkapazitäten im dreistelligen Gigabyte-Bereich sind Speicherplatzprobleme ebenso unwahrscheinlich wie Datenverlust durch Verschleiß der Festplatte (üblicher mittlerer Ausfallabstand > 100.000 Std.). Die Originalität dieser direkt aus der Kamera gewonnenen Bilddateien ist so lange gewährleistet wie sie nicht in Bildbearbeitungsprogrammen verändert werden. Folgerichtig sind Kopien und Originaldateien identisch, die "Reproduktion" ist verlustfrei. Zur Langzeitarchivierung eignen sich hochwertige CD- oder DVD-ROM. Sie besitzen Materiallebensdauern von bis zu 200 Jahren.

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Ausführung

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Einverständnis des Probanden

Jede Fotodokumentation darf nur dann erfolgen, wenn der Proband sie ausdrücklich billigt. Es reicht aus, über den Verwendungszweck ausreichend zu informieren und dessen mündliche Zustimmung in den eigenen Unterlagen festzuhalten. Dies ist erforderlich, weil ein zu Begutachtender mit seiner Zustimmung zur Begutachtung nicht stillschweigend auch in die Fotodokumentation einwilligt, zumal klinische Fotos einen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte darstellen und somit nicht zwingend Bestandteil von Gutachten sein müssen. Die kompromisslose Aussagekraft der Fotos unterstreicht dies (Abb. [4]). Eine schriftliche Einwilligung allerdings scheint überzogen.

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Abb. 4 35-Jährige, die mit ihrem langen Haar in ein Förderband geraten war, 10 Monate nach Unfall und plastischer Deckung. Echthaarperücke kann wegen Schmerzen nicht, ein Kopftuch nicht immer getragen werden. Posttraumatische Belastungsstörung.

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Objekt und Hintergrund

Der zu dokumentierende Befund muss die Abbildung dominieren, schon optisch soll Unerhebliches gegenüber der wesentlichen Aussage zurücktreten. Das gelingt durch ein bewusstes Einblenden auf das Wesentliche sowie durch einen monotonen, zum Objekt kontrastierenden und matten Hintergrund (Abb. [5]). Falls der Hintergrund nicht beeinflussbar oder wählbar ist, kann er durch einen ausreichenden Abstand zum Objekt bewusst unscharf und damit optisch beruhigt dargestellt werden. So vermeidet man auch störende, scharfe Schattenrisse beim Einsatz des Blitzlichtes, sog. Schlagschatten. Gegenstände bekannter Größe, Maßband und Lineal sind hilfreich, die räumliche Ausdehnung eines Befundes auf einen Blick zu erkennen.

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Abb. 5 53-jähriger Landwirt, 3 Jahre zuvor mit dem rechten Arm in Förderschnecke geraten. Klinische Bilder mit und ohne Prothese. Beachte das Weichteilrelief im Bereich der Oberarme im Seitenvergleich und die fehlende Achsabweichung der Wirbelsäule.

Auch Röntgenaufnahmen, immer häufiger schon primär digitalisiert, können abfotografiert werden. Dies bietet sich insbesondere dann an, wenn es sich um vom Probanden mitgebrachte Fremdaufnahmen handelt. Um eine gute Qualität zu erhalten, ist eine gewisse Routine erforderlich. Zu empfehlen ist beispielsweise ein Stativ, denn auch kleine, im Monitor der Kamera nicht sichtbare Unschärfen durch Verwackeln wirken sich später ebenso störend aus wie Mängel in der Entfernungs- und Belichtungsmessung (Abb. [6a]).

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Abb. 6 61-jährige Zeitungsausträgerin. Überrolltrauma durch LKW mit drittgradig offener Ober- und Unterschenkelfraktur links. a digital in Behelfstechnik abfotografierte Röntgenaufnahmen vom Unfalltag b intraoperative Polaroidaufnahme 2 Tage nach Trauma, durch Bildbearbeitungsprogramm verbessert c digitales klinisches Bild 4 Monate nach plastischer Deckung

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Grundsätzliches zur Aufnahmetechnik

Für die Aufnahmetechnik sind mehrere, teils ineinander greifende Basisgrößen entscheidend, die im Folgenden vereinfacht dargestellt sind. Weitere Einzelheiten und wesentliche Fachbegriffe finden sich im Glossar.

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Belichtungszeit

Die Belichtungsdauer (Belichtungszeit; Verschlusszeit) beeinflusst die Darstellung von Bewegung. Je kürzer sie ist, desto schärfer würde beispielsweise ein vorbeifahrender Zug dargestellt. Bezogen auf die Erfordernisse bei der gutachtlichen Fotodokumentation wird durch eine kurze Belichtungszeit Unschärfe durch Bewegen oder Verwackeln vermieden.

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Blende

Die Blende ist das zentrale Steuerelement (iris- oder lochförmige Öffnung) eines Kameraobjektives, das variabel geöffnet oder geschlossen werden kann und steuert die Menge des Lichteinfalles durch das Objektiv und die Schärfentiefe. Die gegenwärtige Öffnung der Blende wird in Blendenwerten f (gefolgt von numerischem Wert) angegeben. Der mathematisch kleinste Wert (z. B. f 2,8) gibt die größtmöglichste Blendenöffnung an - umgekehrt gibt ein mathematisch großer Wert (z. B. f 16) eine kleine Blendenöffnung an. Das Schließen einer Blende bezeichnet man als Abblenden.

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Belichtung

Die Kombination aus Belichtungsdauer und Blendenöffnung, die Belichtung, bestimmt, welcher Lichtmenge ein lichtempfindliches Element (Silberhalogenid-Korn beim Film, Pixel beim Bildwandler) ausgesetzt ist. Sie bestimmt, ob ein Objekt in seiner Helligkeit korrekt dargestellt wird.

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Schärfentiefe

Neben der Belichtung gehört die Schärfentiefe zu den wichtigsten Faktoren bei der Bildgestaltung. Mit Schärfentiefe bezeichnet man den Bereich, in dem sich die Schärfe auf dem Bild ausdehnt. Durch das Zusammenspiel von Blende, Brennweite und Aufnahmeentfernung kann man sie gezielt beeinflussen. Je kleiner die Blende, desto größer die Schärfentiefe. Je geringer die Aufnahmeentfernung, desto geringer auch die Schärfentiefe. Für die gutachterliche Praxis wird demnach ein möglichst geringer Kamera-Objektabstand günstig sein, um das Objekt scharf und gegenüber der unscharfen Umgebung hervorgehoben erscheinen zu lassen.

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Brennweite

In der Fototechnik - zumindest in der Theorie - der Abstand (in Millimetern angegeben) zwischen Objektiv- und Aufnahmeebene (bei Digitalkameras der Bildwandler). Je größer die Brennweite, desto stärker wird das Motiv vergrößert und gleichzeitig der Bildwinkel verengt. So haben Weitwinkelobjektive eine kurze Brennweite, während Teleobjektive eine lange Brennweite besitzen.

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Bildausschnitt und Perspektive

Beide bestimmen, wie viel eines Objektes und mit welchem räumlichen Eindruck es dargestellt wird. Durch variable optische Linsensysteme (Zoomobjektive) lässt sich dieser Eindruck merklich verändern.

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Empfehlungen zur Aufnahmetechnik

Zusammenfassend ergeben sich aus dem Vorgenannten folgende Tipps, um für die Begutachtung möglichst gute Aufnahmen anzufertigen:

  • Am besten fotografiert der, der etwas damit "sagen" will - der Gutachter selbst

  • Ausreichende Lichtverhältnisse, bei Kunstlicht entsprechende Einstellung an der Kamera vornehmen, oder Blitzlicht benutzen

  • Monotoner, möglichst einfarbiger Hintergrund mit ausreichendem Abstand, fallweise mit Maßstab zur Veranschaulichung der Größenverhältnisse

  • Geringer Objekt-Kamera-Abstand

  • Ruhige Kameraposition (z.B. Stativ), bei bewegten Objekten kurze Verschlusszeiten

  • Für das Abspeichern der Bilder die Kamera-Einstellungen "niedrigste Komprimierungsstufe" und "höchste Auflö­sung" verwenden

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Herausgabe und Archivierung

Gutachten werden heute ganz überwiegend an PCs erstellt. Es ist ein leichtes, die Bilddateien im Text an entsprechender Stelle einzufügen. Dies ist übersichtlich und informativ. Andererseits ist es günstig, das Bildmaterial zu bündeln, damit die für den Bilddruck erhöhten Anforderungen an Papier und Farbpatronen auf wenige Seiten beschränkt bleiben. Die Abbildungen können also in die Textdatei eingebunden und abgespeichert, gedruckt und archiviert werden. Da dieser Ausdruck gleichsam nur eine Kopie des Originalgutachtens darstellt, ist es legitim und sogar sinnvoll (Sicherheitskopien), ja unter dem Aspekt der Sorgfaltspflicht des Gutachters geboten, in digitaler Form zu archivieren. Generell empfehlenswert ist eine zusätzliche Archivierung des originären Bildmaterials nach einer definierten Systematik, um die Dateien wieder zu finden.

Gängige Praxis ist derzeit (noch), den Schriftteil eines Gutachten in Druckform, Abbildungen (einschließlich der Röntgenbilder) auf einem Datenträger oder ebenfalls ausgedruckt zu liefern. Prinzipiell kann aber das gesamte Gutachten als Datei versandt werden, zumal typische Formate wie Microsoft Word weit verbreitet sind. Dies ist jedoch mit bedeutsamen Sicherheitsrisiken behaftet. (Uschold A: Einstufung und Bewertung der digitalen Fotografie für die gutachterliche Tätigkeit. 2002)

Einerseits sind diese Dokumente jederzeit veränderbar, andererseits werden mit der Datei gelöscht geglaubte Informationen übertragen und so unbeabsichtigt weitergegeben. (Bleich H: Transrapid-Gutachten gefälscht? Word-Änderungshistorie zeigt gelöschte Passagen in politisch brisanter Studie. c't 05/2002, 41)

Deutlich sicherer ist das von Adobe Acrobat (und anderen Programmen) erzeugte PDF-Format (Glossar). Das Programm "druckt" die Word-Datei in eine PDF-Datei, die mit dem (weit verbreiteten und zudem kostenlos erhältlichen) Acrobat Reader geöffnet und gelesen, aber nicht verändert werden kann. Dies wäre nur mit der Vollversion von Adobe Acrobat möglich und kann beim "Druck" durch Passwort-Schutz verhindert werden. Die Veränderung einer PDF-Datei ist somit deutlich erschwert und zudem nachvollziehbar. Ein weiterer Vorteil: Die PDF-Datei gibt sämtliche Formatierungen und Schriftarten exakt wieder, während der Empfänger beim Öffnen von Word-Dateien bisweilen unangenehme Überraschungen erlebt.

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Abrechnung

Fotos in Gutachten werden vergütet - und zwar von allen Auftraggebern. Aktuell kann die Fotodokumention innerhalb der Begutachtung wie folgt abgerechnet werden Tab. [1]:

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Tab. 1

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Resümee

Die digitale Fotodokumentation ist sehr gut geeignet, bestimmte klinische Befunde prägnant darzustellen. Dies erfordert jedoch die Zustimmung des Probanden.

Die benötigte Ausrüstung ist erschwinglich, zumal entsprechend dem Verwendungszweck Kameras aus dem Konsumerbereich ausreichen. Die notwendigen Basiskenntnisse sind überschaubar, die vermittelten Grundlagen erleichtern das Verständnis.

Die Größe einer qualitativ völlig ausreichenden Bilddatei im JPEG-Format mit einer Auflösung von 300 dpi und geringer Kompressionsrate ist mit ca. 1MB anzusetzen. Die Archivierung selbst großer Bildmengen stellt demnach kein wesentliches technisches und finanzielles Problem dar. Zur Langzeitarchivierung dienen CD- oder DVD-ROM, die in hoher, langlebiger Qualität pro Gigabyte Speicherplatz etwa 2,00 € kosten.

Für die Fotodokumentation gilt im Grundsatz dasselbe wie für die textliche Befunddarstellung. Sie muss geleitet werden von der allgemeinen beruflichen Qualitätsverpflichtung und vom Bestreben, die medizinisch relevanten, tatsächlichen Verhältnisse objektiv "abzubilden". Insofern sind Überlegungen zur Fälschungssicherheit theoretischer Natur. Veränderungen am Originalbild sind im Sinne der besseren Darstellung der Bildaussage, des Informationsgehaltes, sogar wünschenswert (wenn auch aufgrund des Zeitaufwandes und der Kenntnisse nicht immer zu realisieren). Manipulationen im Sinne der Verfälschung jedoch verbieten sich.

Wird ein Gutachten dem Auftraggeber nicht als Ausdruck (Hardcopy), sondern als Datei zur Verfügung gestellt, so ist das PDF-Format zu verwenden. Dateien aus Textverarbeitungsprogrammen (z. B. Microsoft Word) sind wegen gestalterischer Unzulänglichkeiten in der Wiedergabe und aus sicherheitskritischen Gründen abzulehnen.

Die Resonanz der Auftraggeber auf die Veranschaulichung von Gutachten durch klinische Bilder ist durchweg positiv. Selbst dem (unfall-)medizinischen Laien wird das klinische Ergebnis selbst bei komplexem Verletzungsmuster gleichsam auf einen Blick deutlich (Abb. [6]).

Dr. Claus Bretschneider, Klinikum Bad Hersfeld, Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie. Co-Autoren: Dres. Rüdiger Volkmann, Elmar Ludolph.

Kurzfassung mit freundlicher Genehmigung der Verlagsgruppe ecomed MEDIZIN, Landsberg, in Anlehnung des Beitrags im "Kursbuch der ärztlichen Begutachtung", Hrsg. Ludolph/Lehmann/Schürmann, 2006/2007)

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Glossar

Auflösung

Maß für die Detailgenauigkeit, die ein Gerät aufzeichnen oder wiedergeben kann. Bei einem Monitor oder Drucker informiert die Auflösung darüber, wie viele Pixel dargestellt bzw. gedruckt werden können. Bei Eingabegeräten (Digitalkamera oder Scanner) bestimmt die Auflösung, wie viele Pixel erfasst werden können. Die Angabe erfolgt in dpi (dots per inch = Bildpunkte pro Zoll; 1 Zoll entspricht 2,54 cm), in Anzahl der horizontalen und vertikalen Bildpunkte (z. B. 1.280 x 1.024). Vereinfacht kann gesagt werden: Je höher die Auflösung, desto besser ist die Bildqualität.

Autofokus

Automatische Scharfeinstellung. Man unterscheidet zwischen aktivem und passivem Autofokus. Beim aktiven Autofokus wird zur Ermittlung der Distanz ein gebündelter Lichtstrahl (meistens Infrarot) oder Ultraschall-Wellen (sog. Sonar-Autofokus) ausgesendet; eine präzise Scharfeinstellung erfolgt deshalb nur innerhalb der Reichweite des Lichtstrahles. Ein aktiver Autofokus erkennt keine durchsichtigen bzw. durchleuchtenden Hindernisse und stellt folglich auf der Hindernis-Ebene scharf. Bei passiven AF-Systemen erfolgt die Scharfeinstellung nach dem Prinzip des Kontrastvergleiches oder der optischen Phasendifferenz (dadurch Fehlmessungen beim Abfotografieren von Röntgenbildern möglich).

Bildwandler

Der Bildwandler (CCD, CMOS) ist ein elektronischer Baustein (lichtempfindlicher Halbleiter), der das Licht - proportional zur Lichtintensität - in eine mehr oder weniger starke elektrische Spannung umwandelt.

Bitmap

Darstellungsform eines digitalen Bildes, bei der jedem Bit im Speicher eines Computers genau ein Bildpunkt auf dem Bildschirm oder dem Drucker zugeordnet wird.

CCD

Charged Coupled Device. Verbreiteter Bildwandler-Typ. Die elektrische Ladung wird nach dem Prinzip der Menschenkette zeilenweise von einem Pixelelement zum anderen übertragen.

CMOS

Complementary Metal Oxide Semiconductor. Im Gegensatz zum CCD-Bildwandler werden bei einem CMOS-Bildwandler die Pixelelemente einzeln ausgelesen. Sie sind weniger aufwendig herzustellen, folglich auch billiger, aber mit einem stärkeren Rauschverhalten behaftet.

Exif

Exchangeable Image File. Standard-Dateiformat für Geräte übergreifenden, vom Hersteller unabhängigen Austausch von Bilddateien, sich aus der eigentlichen JPEG-Bilddatei und einem so genannten Dateikopf (Header) mit vielen Informationen zur Kamera, zu Aufnahmezeit und Aufnahmeeinstellungen zusammensetzt. Diese Originalitätsmerkmale können über die Betriebsprogramme der Kameras geprüft werden und sind vom Nichtspezialisten schwer manipulier-bar.

Farbtiefe

Die Farbtiefe (in Bit) gibt die maximale Zahl von Farbtönen an, die ein Digitalsystem (Digitalkamera, Grafikkarte, Bildverarbeitungsprogramm, Scanner usw.) "sehen" bzw. aufnehmen und verarbeiten kann. Üblicherweise wird die Gesamt-Farbtiefe angegeben. Die Anzahl der darstellbaren Farben errechnet sich aus der Potenz 2 x wobei x für die Farbtiefe steht. So hat z. B. eine Digitalkamera mit 24-bit-Farbtiefe 8 Bit pro Grundfarbe (3 x 8 Bit = 24 Bit) und kann insgesamt 224 = 16,7 Millionen Farben verarbeiten.

JPEG (=JPG)

Joint Photographic Experts Group. Meistverbreitetes Dateiformat zur Speicherung von Bilddateien; JPEG ist ein Verlust behaftetes Dateiformat: die Bilddateien werden vor jedem Speichervorgang komprimiert, wobei - je nach Komprimierungsfaktor augenfälliger - Bilddetails unwiderruflich verloren gehen. Bis zu einem Komprimierungsfaktor von 4 bis 9 bewegt sich der Informationsverlust im Bereich des mit dem Auge nicht Erkennbaren (visually-lossless-compression). Mit jeder Bearbeitung und nachfolgendem Speichervorgang kann sich also die Bildqualität weiter verschlechtern.

PDF

Portable Document Format. Von der Firma Adobe speziell für Dokumente (z. B. Handbücher, Prospekte, Berichte) entwickeltes Dateiformat. Das PDF-Format ermöglicht eine einheitliche Darstellung der entsprechenden Dokumente im Original-Layout und mit der Original-Schrift auf Bildschirm und Papier. PDF-Dokumente können mit dem kostenlos erhältlichen Acrobat Reader von Adobe geöffnet, angezeigt und gedruckt, aber nicht verändert werden.

Pixel

  1. Engl. Kurzwort für "picture cell" = Bildzelle. Bildwandler bestehen aus einer Vielzahl von winzigen, lichtempfindlichen Zellen (Fotodioden), die Licht in elektrische Spannung umsetzen und die daraus gewonnene digitale Bildinformation für jeden einzelnen Bildpunkt zu einem digitalen Bild zusammensetzen.

  2. Engl. Kurzwort für "picture element" = Bildpunkt. Kleinstes Element eines Rasterbildschirms oder eines digitalen Bildes, dem immer auch Angaben zur Intensität und Farbe zugeordnet sind. In der Regel, wie z.B. bei Monitoren oder Tintenstrahldruckern, wird ein Pixel aus bis zu 256 dots pro Farbe zusammengesetzt.

TIFF

Tagged Image File Format. Verbreitetes Dateiformat zur verlustfreien Speicherung von Bilddateien. Das TIFF-Format kann - falls vom Kamera- oder Softwarehersteller unterstützt - mit einer verlustfreien Komprimierungsmethode kombiniert werden.

Wechselspeicherkarte

Speicherkarte, die aus der Kamera entfernt, wie eine Diskette gehandhabt (Daten mit Card Reader auslesen, löschen) und wieder eingesetzt werden kann: CompactFlash, SmartMedia, SD, MMC, xD-Picture Card, Memory Stick

 
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Abb. 1 Historische Fotodokumentation: Unfallbild (a) und Ergebnis (c) einer ausgedehnten Weichteilverletzung am re. Arm bei einer 19-Jährigen, die vom Auto angefahren wurde. Die Funktionsaufnahme (b) entstand durch Doppelbelichtung. Das Funktionsdefizit der Finger allerdings bedarf der Erläuterung. (Böhler L: Die Technik der Knochenbruchbehandlung. Verlag Wilhelm Maudrich, Wien, 6. Auflage 1938, Band I, 128-9)

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Abb. 2 Diese Fälschung kursiert seit 2001 im Internet. Sie entstand durch Montage zweier Aufnahmen. Falsch ist auch die Behauptung, "National Geographic" habe es zum Foto des Jahres gewählt. (Griffin D: Eine Frage des Vertrauens. National Geographic, Collector’s Edition No.7 2006, 14)

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Abb. 3 Die Hand eines vor 24 Jahren Verunfallten (Bandsäge). a bei Kunstlicht (OP-Leuchte 4.300 K) mit der Einstellung "Tageslicht" b mit integriertem Blitz und automatischer Farbkorrektur.

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Abb. 4 35-Jährige, die mit ihrem langen Haar in ein Förderband geraten war, 10 Monate nach Unfall und plastischer Deckung. Echthaarperücke kann wegen Schmerzen nicht, ein Kopftuch nicht immer getragen werden. Posttraumatische Belastungsstörung.

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Abb. 5 53-jähriger Landwirt, 3 Jahre zuvor mit dem rechten Arm in Förderschnecke geraten. Klinische Bilder mit und ohne Prothese. Beachte das Weichteilrelief im Bereich der Oberarme im Seitenvergleich und die fehlende Achsabweichung der Wirbelsäule.

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Abb. 6 61-jährige Zeitungsausträgerin. Überrolltrauma durch LKW mit drittgradig offener Ober- und Unterschenkelfraktur links. a digital in Behelfstechnik abfotografierte Röntgenaufnahmen vom Unfalltag b intraoperative Polaroidaufnahme 2 Tage nach Trauma, durch Bildbearbeitungsprogramm verbessert c digitales klinisches Bild 4 Monate nach plastischer Deckung

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Tab. 1