Aktuelle Dermatologie 2007; 33(1/02): 13-16
DOI: 10.1055/s-2007-966083
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© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Umweltmedizin und dermatologische Aspekte

Environmental Medicine and Dermatological AspectsD.  Trebing1 , C.  C.  Zouboulis1
  • 1Hautklinik und Immunologisches Zentrum, Städtisches Klinikum Dessau (Chefarzt: Prof. Dr. Christos C. Zouboulis)
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Dr. med. Dietrich Trebing

Leitender Oberarzt
Hautklinik und Immunologisches Zentrum, Städtisches Klinikum Dessau

Auenweg 38, 06847 Dessau

Email: dietrich.trebing@klinikum-dessau.de

Publication History

Publication Date:
22 February 2007 (online)

Table of Contents #

Zusammenfassung

In Deutschland gelten ca. 32 Millionen Menschen als allergisch belastet, davon jedes 5. Kind. Das allergologische Labor der Dessauer Klinik wurde im Zusammenhang mit der Gründung des Immunologischen Zentrums in Assoziation mit der Hautklinik 1986 gegründet und hat seither, dem raschen Erkenntnisgewinn auf dem Gebiet der Immunologie Rechnung tragend, eine beständige Weiterentwicklung und Erweiterung erfahren. Das betrifft im Einzelnen die Abklärung und Behandlung bei Allergien der Haut und Schleimhäute, Inhalationsallergien, Medikamenten-, Nahrungsmittel-, Bienen- und Wespengiftallergien. Einen breiten Raum nehmen auch die Abklärung von Urtikariafällen, Pseudoallergien und Berufskrankheiten ein.

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Abstract

Approx. 32 million people are regarded as allergic, among them every 5th child. The allergy laboratory of the Dessau Medical Center - founded 1986 - has been connected with the Department of Dermatology, undergone constant development and expansion taking the increasing knowledge in the field of immunology into account. This concerns the clarification and treatment of skin and mucosal allergies, inhalation allergies, drug, food, bees and wasp poison allergies. Urticaria, pseudoallergies and occupational diseases are often evaluated.

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Einleitung

Vor fast genau 100 Jahren, am 24. Juli 1906, wurde durch Clemens von Pirquet der Allergiebegriff in der Münchner Medizinischen Wochenschrift inauguriert. Der Haut als unmittelbar der Umwelt ausgesetztes, immunologisch aktives, größtes und am besten zugängliches Organ des menschlichen Körpers, kommt bei allergologischen Fragestellungen und Testungen eine besondere Rolle („Indikatorfunktion”) zu.

Heute gelten in Deutschland ca. 32 Millionen Menschen als allergisch belastet, davon jedes 5. Kind. Eine adäquate Therapie erfolgt nur bei ca. 10 % der Patienten. Etwa 12 Millionen Menschen leiden an Heuschnupfen, 4 Millionen an einem Asthma bronchiale. Die Hauptallergene sind Pollen, Milben, Tierhaare und Nahrungsmittel [1].

Das allergologische Labor und die damit verbundene Sprechstunde wurden im Zusammenhang mit der Gründung des Immunologischen Zentrums in Assoziation mit der Hautklinik zur Mitte der 1980er Jahre durch Herrn Prof. Dr. H.-D. Göring in erweitertem Umfang an Diagnostik und Therapie gegründet und hat seither, dem raschen Erkenntnisgewinn auf dem Gebiet der Immunologie Rechnung tragend, eine beständige Weiterentwicklung und Erweiterung erfahren.

Im Rahmen der ambulanten und stationären Krankenversorgung werden Patienten aus dem Einzugsgebiet des Städtischen Klinikums der Region Anhalt/Dessau, aber auch weit darüber hinaus aus anderen Bundesländern behandelt. Für das Städtische Klinikum Dessau und umliegende Krankenhäuser werden zahlreiche konsiliarische Leistungen bei entsprechenden Fragestellungen erbracht.

Das betrifft im Einzelnen die Abklärung und Behandlung bei Allergien der Haut und Schleimhäute, Inhalationsallergien, Medikamenten-, Nahrungsmittel-, Bienen- und Wespengiftallergien. Einen breiten Raum nehmen auch die Abklärung von Urtikariafällen, Pseudoallergien und Berufskrankheiten ein. Weiterhin werden Autoimmun- und Immundefekterkrankungen der diagnostischen Klärung zugeführt und behandelt.

Das diagnostische Repertoire des allergologischen Labors umfasst Epikutan- ([Abb. 1]), Abrisstest-, Prick-, Scratch- ([Abb. 2]) und Intrakutantest, Photopatchtest, die Rhinomanometrie ([Abb. 3]) und Expositions- bzw. Provokationstestungen unter intensivmedizinischer Bereitschaft. Die durchgeführten Untersuchungen zur Hautphysiologie beinhalten die Bestimmung der Alkaliresistenz, des transepidermalen Wasserverlustes (TEWA-Meter, [Abb. 4]), des Lipidgehaltes der Haut (Sebu-Meter, [Abb. 5]) und den Nitrazingelbtest. Die Provokation mit physikalischen Reizen (Kälte, Wärme, Druck, UV-Strahlung) und cholinergische Testungen liefern Aussagen über die individuelle Empfindlichkeit und Veranlagung und lassen Rückschlüsse zur Auslösung bestimmter Erkrankungen zu. Medizinische Begutachtungen erfolgen auf Anforderung von Berufsgenossenschaften, Unfallkassen und Sozialgerichten. Ebenfalls in den Laboratorien unserer Klinik durchgeführt werden sämtliche relevante In-vitro-Untersuchungen, z. B. Bestimmungen des Gesamt- und spez. IgE, spez. IgG, zellulärer Antigenstimulationstest (CAST), Lymphozytentransformationstest (LTT), Auto-Antikörperdiagnostik.

Im Folgenden einige exemplarische Ausführung zu einigen, häufig vorkommenden Allergien bzw. Pseudoallergien.

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Abb. 1 Positiver Epikutantest auf Nickel und Duftstoffe.

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Abb. 2 Positiver Scratchtest auf ein Antibiotikum.

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Abb. 3 Rhinomanometrie.

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Abb. 4 Messung des transepidermalen Wasserverlustes (TEWA-Meter).

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Abb. 5 Messung des Lipidgehaltes (Sebu-Meter).

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Bienen- und Wespengiftallergien

Jährlich ereignen sich in Deutschland ca. 10 - 20 Todesfälle durch Insektenstichreaktionen bei vermutlich hoher Dunkelziffer, systemische Reaktionen treten bei bis zu 5 % der Bevölkerung auf, gesteigerte Lokalreaktionen bei fast jedem 5. Menschen. Bedenkt man, dass die Hyposensibilisierungstherapie mit Hymenopterengiften in über 90 % der Fälle erfolgreich ist, unterstreicht dies die Wichtigkeit einer entsprechenden suffizienten Diagnostik und Behandlung [2].

Neben den anamnestischen Angaben dienen der Prick- und Intrakutantest und die Bestimmung des spez. IgE der Diagnosefindung, bedarfsweise auch unter Zuhilfenahme von zellulärem Antigenstimulationstest und Immunoblot. Die Stichprovokation wird, auch zur Therapiekontrolle, kontrovers beurteilt.

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Nahrungsmittelbedingte allergische und pseudoallergische Reaktionen

In der öffentlichen Wahrnehmung werden Nahrungsmittelunverträglichkeiten sehr häufig in ihrem Vorkommen überschätzt (20 - 30 % bei Schätzungen in der Bevölkerung), so dass der Allergiebegriff inzwischen inflationär gebraucht wird. Tatsächlich leiden nach Angaben der Lebensmittelsicherheitsbehörde der EU ca. 1 - 3 % der Erwachsenen und 4 - 6 % der Kinder an einer Lebensmittelallergie bzw. -intoleranz. Das zeigt auch hier die Wichtigkeit einer entsprechend fundierten Diagnostik, um zum einen die wirklichen, für den Patienten bedrohlichen Allergene zu identifizieren, zum anderen aber auch Klarheit zu schaffen, was vertragen wird und so den vermeintlich Betroffenen unnötige oder gar in Mangelzustände mündende Diäten zu ersparen [3].

Die Diagnostik umfasst auch hier die präzise Anamnese ([Abb. 6]), möglichst anhand eines Symptomtagebuches, Haut- und Provokationstestungen und serologischen Untersuchungen.

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Abb. 6 Algorithmus der Lebensmittelunverträglichkeit.

Während der Erwerb einer Allergie eine vorausgehende Sensibilisierungsphase erfordert und die Symptome in der Regel nicht dosisabhängig sind, können pseudoallergische Reaktionen ([Tab. 1]) bereits beim Erstkontakt zu beobachten sein, dabei ist von einem Einfluss der Dosis auszugehen.

Tab. 1 Häufigere Auslöser von Lebensmittelunverträglichkeiten
Glutenhaltiges Getreide und -erzeugnisse (Weizen, Roggen, Gerste, Hafer, Dinkel, Kamut)
Krebstiere und -erzeugnisse
Eier und -erzeugnisse
Fisch und -erzeugnisse
Erdnüsse und -erzeugnisse
Soja und -erzeugnisse
Milch und -erzeugnisse inkl. Laktose
Schalenfrüchte und -erzeugnisse (Mandel, Haselnuss, Walnuss, Cashewnuss, Pecanuss, Paranuss, Pistazie)
Sellerie und -erzeugnisse
Senf und -erzeugnisse
Sesamsamen und -erzeugnisse
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Kontaktallergien

In der Allgemeinbevölkerung leiden zwischen 15 und 20 % (Frauen > Männer) im Laufe ihres Lebens an einem Kontaktekzem, ca. 7 % sind jährlich betroffen. Der Erwerb einer Sensibilisierung setzt einen vorangegangenen, mehr oder weniger langen und intensiven, zunächst reaktionslosen Kontakt mit dem entsprechenden Stoff voraus. Insgesamt besitzen Kontaktekzeme, auch durch die damit häufig verbundenen Berufskrankheiten eine große sozioökonomische Bedeutung [4].

Zu den Hauptallergenen ([Tab. 2]) zählt Nickel (16,6 %), welches häufig bei jüngeren Menschen mit Kontakt zu Modeschmucks und Piercing zu Sensibilisierungen führt, aber auch z. B. in Brillengestellen, Reißverschlüssen vorkommt. Nicht allgemein bekannt ist, dass auch die perorale Nickelaufnahme mit der Nahrung (z. B. Kakao, Schokolade, Sojabohnen, Haferflocken, Nüsse, Mandeln, Hülsenfrüchte, nickelhaltige Kochgeschirre) bei einem Viertel aller Sensibilisierten zu Schüben ekzematöser Hautveränderungen führen kann.

Tab. 2 Top 10 der Kontaktallergene
Nickel (II)-sulfat
Duftstoff-Mix
Perubalsam
Kobalt (II)-chlorid
Kaliumdichromat
Kolophonium
p-Phenylendiamin
Quecksilber (II)-amidchlorid
Dibromdicyanobutan + 2-Phenoxyethanol
Wollwachsalkohole

An zweiter Stelle, mit über 1 Million Betroffenen in Deutschland, finden sich Duftstoffe und -mischungen. Sie sind gleichzeitig auch Aromastoffe und werden in Kosmetika, aber auch in Medikamenten, Reinigungsmitteln, technischen Flüssigkeiten und Lebensmitteln eingesetzt. Heute kennt man etwa 30 000 Duftstoffe, wichtigste allergene Vertreter sind Eichenmoos (30 % d. F.) und Isoeugenol (20 %). Vor allem in den 1990er Jahren war es hierbei zu einem starken Anstieg gekommen.

Rang 3 nimmt der Duft- und Aromastoff Perubalsam ein, der auch in Medikamenten zur äußeren Anwendung vorkommt. Ähnlich dem Nickel kann es auch hier durch die Aufnahme über bestimmte Nahrungsmittel (z. B. Cola-Getränke, Vermouth, Fruchtgummis, Pralinen, Lakritz, Marzipan) und Tabakrauchen zu allergischen Reaktionen kommen [5].

Für die Diagnostik steht dem allergologisch ausgebildeten Arzt mit dem Epikutantest ([Abb. 1]) („Läppchentest”, „Patch-Test”) ein geeignetes Instrument zur Verfügung, welches eine Reproduzierbarkeit von 60 - 90 % hat.

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Literatur

  • 1 Holzegel K. Gedächtnisvorlesung zu Ehren Marchioninis.  Derm. 2006;  12 146-148
  • 2 Przybilla B, Rueff F, Fuchs T, Pfeiffer C, Rakoski J, Stolz W, Vieluf D. Insektengiftallergie - Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie (DGAI).  Allergo J. 2004;  13 186-190
  • 3 Häberle M. Nahrungsmittelbedingte allergische und pseudoallergische Reaktionen.  Der Deutsche Dermatologe. 2006;  5 316-326
  • 4 Schnuch A, Uter W, Geier J, Brasch J, Frosch P J. Überwachung der Kontaktallergie: zur „Wächterfunktion” des IVDK.  Allergo J. 2005;  14 618-629
  • 5 Hausen B M. Rauchen, Süßigkeiten, Perubalsam - ein Circulus vitiosus?.  Akt Dermatol. 2001;  27 136-143

Dr. med. Dietrich Trebing

Leitender Oberarzt
Hautklinik und Immunologisches Zentrum, Städtisches Klinikum Dessau

Auenweg 38, 06847 Dessau

Email: dietrich.trebing@klinikum-dessau.de

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Literatur

  • 1 Holzegel K. Gedächtnisvorlesung zu Ehren Marchioninis.  Derm. 2006;  12 146-148
  • 2 Przybilla B, Rueff F, Fuchs T, Pfeiffer C, Rakoski J, Stolz W, Vieluf D. Insektengiftallergie - Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie (DGAI).  Allergo J. 2004;  13 186-190
  • 3 Häberle M. Nahrungsmittelbedingte allergische und pseudoallergische Reaktionen.  Der Deutsche Dermatologe. 2006;  5 316-326
  • 4 Schnuch A, Uter W, Geier J, Brasch J, Frosch P J. Überwachung der Kontaktallergie: zur „Wächterfunktion” des IVDK.  Allergo J. 2005;  14 618-629
  • 5 Hausen B M. Rauchen, Süßigkeiten, Perubalsam - ein Circulus vitiosus?.  Akt Dermatol. 2001;  27 136-143

Dr. med. Dietrich Trebing

Leitender Oberarzt
Hautklinik und Immunologisches Zentrum, Städtisches Klinikum Dessau

Auenweg 38, 06847 Dessau

Email: dietrich.trebing@klinikum-dessau.de

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Abb. 1 Positiver Epikutantest auf Nickel und Duftstoffe.

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Abb. 2 Positiver Scratchtest auf ein Antibiotikum.

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Abb. 3 Rhinomanometrie.

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Abb. 4 Messung des transepidermalen Wasserverlustes (TEWA-Meter).

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Abb. 5 Messung des Lipidgehaltes (Sebu-Meter).

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Abb. 6 Algorithmus der Lebensmittelunverträglichkeit.