Intensivmedizin up2date 2005; 1(2): 97-100
DOI: 10.1055/s-2007-966131
Editorial

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Neue Rahmenbedingungen für die Intensivmedizin

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Publication Date:
17 January 2007 (online)

Table of Contents #

Fortbildungspflicht

Entsprechend den Forderungen des GKV-Modernisierungsgesetz (GMG), welches eine Nachweispflicht der ärztlichen Fortbildung vorsieht, die inhaltliche Ausgestaltung aber in der Hand der Ärzteschaft belässt, ist zum 1.1.2005 in Westfalen-Lippe wie in den meisten Landesärztekammern die neue Satzung der Fortbildung und des Fortbildungszertifikates in Kraft getreten [1].

Mit der neuen Satzung zur Fortbildung sind nicht nur Vertragsärzte verpflichtet, alle 5 Jahre ein Fortbildungszertifikat unter Nachweis der durchgeführten Fortbildungen zu erwerben und der Kassenärztlichen Vereinigung zum Abwenden von Honorarkürzungen vorzulegen, sondern auch angestellte Fachärztinnen und Fachärzte im stationären Bereich werden mittlerweile zum Nachweis einer regelmäßigen Fortbildung verpflichtet. Etwaige Sanktionen für im Krankenhaus tätige Ärzte werden in den nächsten Monaten vom Gemeinsamen Bundesausschuss erarbeitet.

Der Nachweiszeitraum läuft über 5 Jahre, beginnend am 1.1.2004. Die erforderliche Anzahl an Fortbildungspunkten beträgt 250, das Zertifikat muss bis zum 30.6.2009 eingereicht sein.

Mit der Einführung der neuen Fassung wurden zusätzlich zu zertifizierten Fortbildungsveranstaltungen und Kongressen die Fortbildungsmöglichkeiten erweitert und an individuelle Bedürfnisse und Möglichkeiten besser angepasst. So ist in der neuen Fassung der Ärztekammer Westfalen-Lippe das Selbststudium anerkannt und wird global bis zu einer maximalen Punktzahl von 50 angerechnet. Beim Erwerb von Fortbildungspunkten mittels strukturierter interaktiver Fortbildungen über Print- und Online-Medien und Auswertung des Lernerfolges in Schriftform wurde die bisherige obere Begrenzung von 10 Fortbildungspunkten pro Jahr aufgehoben. Die vier Mal im Jahr erscheinenden Ausgaben von „Intensivmedizin up2date” ermöglichen den Erhalt von insgesamt 40 Fortbildungspunkten pro Jahr, welche nunmehr vollständig auf das Fortbildungszertifikat angerechnet werden können. Die geänderte Satzung kommt somit insbesondere dem intensivmedizinisch Interessierten aufgrund der bisher eingeschränkten und überwiegend auf Kongressen gebotenen Fortbildungsmöglichkeiten zu Gute.

Die Intensivmedizin ist ein so umfassendes Gebiet, dass sie aufgrund der mittels der Facharztanerkennung erworbenen Kenntnisse nicht automatisch beherrscht werden kann, sondern einer speziellen intensivmedizinischen Zusatzweiterbildung bedarf, die weit über das eigene Fachgebiet hinausgeht und eine enge Kooperation vieler Spezialisten erfordert. Dies wurde in der neuen Weiterbildungsordnung berücksichtigt. Begleitend bietet die Zeitschrift „Intensivmedizin up2date” als interdisziplinär ausgerichtetes Medium mit Experten aus den Gebieten der Internistischen Intensivmedizin, der Neuro-Intensivmedizin, der operativen Intensivmedizin und der Pädiatrischen Intensivmedizin die Möglichkeit, parallel zur Weiterbildung theoretische fundierte Kenntnisse auf dem aktuellen Wissensstand der Intensivmedizin in all ihren Facetten zu erwerben. Sie trägt damit den heutigen Anforderungen an eine moderne Intensivmedizin mit immer komplexer kritisch Erkrankten mit multiplen Komorbiditäten Rechnung.

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Interdisziplinäre Intensivmedizin

Aktuelle Kontroversen über die Zuständigkeit für die Intensivmedizin sind mehr von Interessenskonflikten und Besitzstandswahrung getragen als von Sorge um die bestmögliche Betreuung unserer am schwersten erkrankten Patienten. So ist eine unter dem Vorwand der unteilbaren Verantwortung für den Patienten geforderte spezifische organbezogene Intensivmedizin aufgrund der vorhandenen erheblichen Komorbiditäten nicht mehr realistisch [2], da es eine organbezogene Intensivtherapie bei in der Regel vorhandenem Multiorganversagen nicht geben kann. Eine gemeinsame Verantwortung für unsere Patienten hat neben der Intensivmedizin längst viele Bereiche der Medizin erfasst, können doch die meisten Operationen ohne die eigenverantwortliche Tätigkeit eines Anästhesiologen nicht durchgeführt werden, der neben der Durchführung der Anästhesie die Risikoabschätzung, die Aufrechterhaltung der Homöostase, der Vitalparameter sowie die perioperative Einstellung des Blutdrucks, die Behandlung von Herzrhythmusstörungen und kardialen Ischämien übernimmt. Auch das breite Spektrum herzchirurgischer Operationen vom kongenitalen

Vitium bis zum Klappenersatz bei über 80-jährigen Patienten kann heute nicht mehr von einem einzelnen beherrscht werden, sondern erfordert die Mitbehandlung durch Kinderkardiologen bzw. Kardiologen sowie eine ebenso fachkompetente perioperative anästhesiologische Betreuung. Eine enge interdisziplinäre Kooperation ist somit nicht nur im Bereich der Intensivmedizin, sondern auch perioperativ Standard.

Die moderne Intensivmedizin erfordert nicht nur unter ökonomischen, sondern vor allem unter medizinischen Aspekten einen visionären Blick in die Zukunft mit einer engen Kooperation hoch engagierter und spezialisierter Intensivmediziner, welche sich um unsere am schwersten erkrankten Patienten kümmern. Dabei ist es ein weit verbreiteter Irrtum zu glauben, dass der das Grundleiden behandelnde Arzt im Falle der Aufnahme seiner Patienten auf eine Intensivstation unter anderer fachlicher Leitung lediglich einer Konsiliartätigkeit nachgeht [3]. Der das Grundleiden behandelnde Arzt bleibt selbstverständlich auch in der Intensivmedizin für das ursächliche Leiden als mitbehandelnder Arzt zuständig, der Anspruch auf eine dem Facharztstandard entsprechende Behandlung bleibt jederzeit gewahrt. Ein Übernahmeverschulden durch den fachfremd behandelnden Arzt bzw. ein Organisationsverschulden der Verwaltung bleibt somit ausgeschlossen. Dieses Konzept der geteilten ärztlichen Verantwortung wird in Deutschland seit 35 Jahren erfolgreich und zum großen Nutzen unserer Patienten praktiziert und von der Rechtssprechung anerkannt, entsprechende Vereinbarungen der Fachgesellschaften existieren seit langem [4 6].

Professor Dr. Dr. h. c. H. Van Aken

Schriftleitung

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Literatur

  • 1 Ärztekammer Westfalen Lippe . Satzung „Fortbildung und Fortbildungszertifikat”.  Westfälisches Ärzteblatt. 2005;  01 58-60
  • 2 Erdmann E, de Vivie E R. Intensivmedizin: wer darf, wer muss?.  Dtsch Med Wochenschr. 2005;  130 44-45
  • 3 . Mitteilungen der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin zur Organistion der Internistischen Intensivmedizin an Universitätskliniken und Krankenhäusern.  Med Klinik. 2004;  99 633-638
  • 4 . Vereinbarungen zwischen den Fachgebieten Chirurgie und Anästhesie über die Aufgabenabgrenzung und die Zusammenarbeit in der Intensivmedizin.  Anästh Inform. 1970;  11 167
  • 5 . Gemeinsame Empfehlung für die Fachgebiete Anästhesiologie und Innere Medizin zur Organisation der Intensivmedizin am Krankenhaus.  Anästh Intensivmed. 1980;  21 166-167
  • 6 Ulsenheimer K. Rechtliche Rahmenbedingungen für die Schaffung interdisziplinärer operativer Intensiveinheiten.  Anaesth Intensivmed. 2005;  46 91-95
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Literatur

  • 1 Ärztekammer Westfalen Lippe . Satzung „Fortbildung und Fortbildungszertifikat”.  Westfälisches Ärzteblatt. 2005;  01 58-60
  • 2 Erdmann E, de Vivie E R. Intensivmedizin: wer darf, wer muss?.  Dtsch Med Wochenschr. 2005;  130 44-45
  • 3 . Mitteilungen der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin zur Organistion der Internistischen Intensivmedizin an Universitätskliniken und Krankenhäusern.  Med Klinik. 2004;  99 633-638
  • 4 . Vereinbarungen zwischen den Fachgebieten Chirurgie und Anästhesie über die Aufgabenabgrenzung und die Zusammenarbeit in der Intensivmedizin.  Anästh Inform. 1970;  11 167
  • 5 . Gemeinsame Empfehlung für die Fachgebiete Anästhesiologie und Innere Medizin zur Organisation der Intensivmedizin am Krankenhaus.  Anästh Intensivmed. 1980;  21 166-167
  • 6 Ulsenheimer K. Rechtliche Rahmenbedingungen für die Schaffung interdisziplinärer operativer Intensiveinheiten.  Anaesth Intensivmed. 2005;  46 91-95