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DOI: 10.1055/s-2007-966134
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York
Hauptsache Herzmassage - Die neuen europäischen Richtlinien zur kardiopulmonalen Reanimation
Prof. Dr. med. Bernd W. Böttiger
Chairman Elect, European Resuscitation Council (ERC) · Stellv. Ärztlicher Direktor und Leitender Oberarzt · Klinik für Anaesthesiologie · Universitätsklinikum Heidelberg
Im Neuenheimer Feld 110 · 69120 Heidelberg
Phone: 06221/56-6351
Fax: 06221/56-5345
Email: bernd.boettiger@med.uni-heidelberg.de
Publication History
Publication Date:
17 January 2007 (online)
- Wie sind die Richtlinien entstanden?
- Die neuen europäischen Richtlinien zur kardiopulmonalen Reanimation
- Weiterführende Literatur
Mehr Menschenleben durch eine effektivere Reanimation zu retten - das ist das Ziel der überarbeiteten Richtlinien zur kardiopulmonalen Reanimation, die am 28.November 2005 von internationalen Expertenkommissionen zeitgleich in Europa und in den USA in den Zeitschriften „Resuscitation” und „Circulation” veröffentlicht wurden. Vorausgegangen war eine mehr als zweijährige Vorbereitungsphase, innerhalb derer Experten des European Resuscitation Council (ERC), der American Heart Association (AHA) und weiterer Organisationen im Rahmen des multidisziplinären International Liaison Committee on Resuscitation (ILCOR) die neuen Erkenntnisse umfassend gesichtet und bewertet hatten.
#Wie sind die Richtlinien entstanden?
Das wichtigste Treffen, an dem 380 Experten teilnahmen, fand im Januar 2005 in Dallas (Texas) statt. Zur Vorbereitung dieses Treffens wurden zu ca. 450 Themen unter Berücksichtigung der gesamten Literatur worksheets erstellt, welche auch im Internet verfügbar sind (www.c2005.org). Nach ausführlicher Diskussion wurden die Behandlungsempfehlungen nach ihrer Fundiertheit klassifiziert. Das CoSTR-Dokument („consensus on science and treatment recommendations”) der ILCOR fasst die gesamte wissenschaftliche Evidenz für alle behandelten Bereiche der Reanimation zusammen und bewertet die verfügbaren Studien. Basierend auf diesem CoSTR-Dokument haben dann sowohl das ERC als auch die AHA eigene und in vielen Punkten identische CPR-Guidelines erstellt.
#Die neuen europäischen Richtlinien zur kardiopulmonalen Reanimation
Mit den neuen europäischen Richtlinien des ERC liegt nun eine internationale Leitlinie vor, die in einer der nächsten Ausgaben von Intensivmedizin up2date ausführlich dargestellt werden wird. Die Richtlinien sind zusammen mit dem ihnen zugrunde liegenden CoSTR-Dokument auch auf der Homepage des European Resuscitation Council (www.erc.edu) abrufbar. Einige der wichtigsten Neuerungen sollen im Folgenden kurz vorgestellt werden.
#Der neue Reanimationszyklus: Verhältnis von Kompression zu Beatmung
Bei Atem- und Kreislaufstillstand wird das Verhältnis von Herzdruckmassage zu Beatmung von bisher 15 : 2 auf jetzt 30 : 2 erhöht. Diese neue Regel soll auch bei 2 Helfern angewendet werden. Einzige Ausnahme ist die Wiederbelebung von Kindern (außer Neugeborenen) durch 2 professionelle Helfer, bei der weiterhin ein Verhältnis von 15 : 2 gilt.
Außerdem sollen Laien-Ersthelfer nicht mehr nach komplizierten Zeichen für einen Herz-Kreislauf-Stillstand suchen, bevor sie eine Herzmassage beginnen. Bei Erwachsenen wird zudem auf die initiale Beatmung verzichtet.
#Defibrillatoren auch an öffentlichen Orten mit hohem Publikumsverkehr
Die neuen Richtlinien schlagen vor, dass an Orten mit hohem Publikumsverkehr Defibrillatoren installiert werden, die von Laien bedient werden können.
#Defibrillationsmodus
Eine Defibrillationssequenz mit 3 Schocks ist nicht mehr vorgesehen. Ab sofort soll bei initialem Kammerflimmern oder ventrikulärer Tachykardie nur noch einmal pro Zyklus defibrilliert werden. Daran schließt sich unmittelbar eine 2-minütige Herzmassage an. Mit dieser soll also nicht mehr gewartet werden, bis der Herzrhythmus analysiert ist, denn jede auch kurze Unterbrechung der Herzmassage verschlechtert die Prognose.
#Hypothermie und Thrombolyse können Leben retten
Bewusstlose Patienten, die nach einem Herzstillstand in das Krankenhaus eingeliefert werden, sollten für 12 - 24 Stunden auf 32 - 34 °C gekühlt werden. Auch Kinder können von einer milden Hypothermie nach Kreislaufstillstand profitieren.
Erstmals wurde die Anwendung von Thrombolytika während der Reanimation in die Richtlinien aufgenommen. Insbesondere wenn eine Lungenembolie als Ursache eines Herzstillstandes vermutet wird, sollten der Einsatz eines Thrombolytikums erwogen und die Reanimation für 60 - 90 Minuten weitergeführt werden. Ähnliches gilt auch beim Verdacht auf einen Herzinfarkt, wenn der Patient durch konventionelle Maßnahmen nicht zu stabilisieren ist.
#Der Beitrag der Europäer
An der Ausarbeitung des den Richtlinien zugrunde liegenden ILCOR-Dokumentes waren die Europäer maßgeblich beteiligt. Diese Beteiligung beschränkte sich nicht nur auf die überaus aktive Teilnahme an allen Konferenzen. Vielmehr basieren viele der relevanten Änderungen in den neuen Richtlinien auf klinischen und experimentellen Studien aus Europa. Die europäische Reanimationsforschung ist international sehr hoch angesiedelt und mittlerweile auch entsprechend angesehen.
#Weiterführende Literatur
-
1 European Resuscitation Coucul (ERC). http://www.erc.edu
- 2 European Resuscitation Council Guidelines for Resuscitation 2005. Resuscitation. 2005; 67 Suppl 1 S1-S189
Prof. Dr. med. Bernd W. Böttiger
Chairman Elect, European Resuscitation Council (ERC) · Stellv. Ärztlicher Direktor und Leitender Oberarzt · Klinik für Anaesthesiologie · Universitätsklinikum Heidelberg
Im Neuenheimer Feld 110 · 69120 Heidelberg
Phone: 06221/56-6351
Fax: 06221/56-5345
Email: bernd.boettiger@med.uni-heidelberg.de