Gastroenterologie up2date 2007; 3(1): 13
DOI: 10.1055/s-2007-966328
Klinisch-pathologische Konferenz

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Intraabdomineller maligner solitärer fibröser Tumor

Werner  Hohenberger
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Publication Date:
02 April 2007 (online)

Sicht des Chirurgen

Interdisziplinäre Zusammenarbeit

Der vorliegende Fall wird vor allen Dingen unter pathohistologischen Gesichtspunkten diskutiert. Bereits unter diesen Aspekten handelt es sich um einen äußert interessanten Fall, wobei der Ausdruck „Fall” jedoch ein bisschen ablenkt von der letztendlichen Zielsetzung, einen Patienten bestmöglich zu behandeln. Möglicherweise ist dieses Ziel im vorliegenden Fall nicht optimal verfolgt worden: Die Autoren weisen darauf hin, dass solche Situationen eigentlich durch präoperative Fallbesprechungen in einem interdisziplinären Tumorboard anzugehen sind. Die frühere klinisch-pathologische Konferenz war ein wichtiger Vorbereiter dieser nunmehr „Tumorboards” genannten Zusammenkünfte, welche innerhalb eines modernen Krebsbehandlungszentrums an sich täglich stattfinden sollten. Dies ist jedoch nur in wenigen Kliniken bereits seit vielen Jahren Realität.

Praktisches Vorgehen

Diagnostik. Was hätte man wahrscheinlich an einem Morgen, an dem dieser Fall präsentiert worden wäre, in einem Tumorboard entschieden, wo Chirurgen, Pathologen, radiologische Diagnostiker wie auch Strahlentherapeuten, aber auch medizinische Onkologen und Nuklearmediziner in höchster fachlicher Kompetenz anwesend sind? Zunächst hätte man vielleicht festgestellt, dass dieser Tumor anhand der vermutlich in Form von CT-Bildern vorliegenden Befunde nicht sicher resektabel ist. Man hätte dann beschlossen, dass vor jeder weiteren Therapieentscheidung eine histologische Sicherung des Tumors erforderlich ist. Mit den modernen Biopsiemethoden ist das Risiko der früher gefürchteten Biopsiekanalmetastasierung zu ignorieren.

Einen Tag später wäre dann in der gleichen Konferenz die histologische Diagnose vorgelegen. Wahrscheinlich hätte der Pathologe richtungsweisend einen solitären fibrösen Tumor in Betracht gezogen und weitere Färbungen durchgeführt. Er hätte dann auch die Fragen der anwesenden Kliniker weitergehend beantworten können, ob es nicht doch ein Desmoidtumor der Mesenterialwurzel ist, assoziiert mit der Wahrscheinlichkeit einer familiären Adenomatosis des Dickdarmes, eines malignen fibrösen Histiozytoms des Retroperitoneums oder eines Synovialsarkoms. Vielleicht wäre auch die Diskussion um einen gastrointestinalen Stromatumor aufgekommen.

Therapieentscheidung. Im Falle eines malignen Tumors hätte man auf jeden Fall beschlossen, den angemessenen neoadjuvanten Therapieweg zu beschreiten, um eben zu vermeiden, was in diesem Fall geschehen ist, nämlich die Entfernung des Tumors innerhalb seiner fibrösen Pseudokapsel. Leider werden uns regelmäßig Patienten zugewiesen, bei denen diese definitiv falsche chirurgische Maßnahme vorausgegangen ist. Sie bedingt zwangsläufig ein lokales Rezidiv, manchmal aber auch eine diffuse Aussaat in die Bauchhöhle im Sinne einer peritonealen Sarkomatose.

Im vorliegenden Fall sind Fernmetastasen der Leber dieser Entwicklung zunächst zuvorgekommen. Im Falle einer neoadjuvanten Radiochemotherapie, die wir vermutlich in unserem Tumorboard beschlossen hätten, wäre es mit großer Wahrscheinlichkeit ebenfalls zur Entwicklung von Lebermetastasen gekommen.

Fazit

Was ist die „Message” dieser Fallbeschreibung? In hervorragender Weise haben die Autoren herausgearbeitet, wie wichtig die exakte pathohistologische Diagnostik eines fibrösen Tumors der Bauchhöhle ist, um die richtige Therapie durchführen zu können. Wäre es ein GIST-Tumor gewesen, hätte man wahrscheinlich mit einem von den mehreren, inzwischen zur Verfügung stehenden Thyrosinkinase-Rezeptorhemmern behandelt. Wäre es ein retroperitoneales Weichteilsarkom gewesen, hätten wir wahrscheinlich eine neoadjuvante Radiochemotherapie vorgeschaltet. Letztendlich zeigt aber dieser Fall ein nach wie vor bestehendes, in der Fläche unseres Landes ungelöstes Problem auf: dass derartige Tumoren von Beginn an in onkologisch sehr versierten Zentren zu behandeln sind und dies keinesfalls immer geschieht.

Prof. Dr. med. Dr. h. c. Werner Hohenberger

Chirurgische Klinik mit Poliklinik
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

Krankenhausstraße 12
91054 Erlangen

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