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DOI: 10.1055/s-2007-966329
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York
Intraabdomineller maligner solitärer fibröser Tumor
Publication History
Publication Date:
02 April 2007 (online)
Sicht des internistischen Onkologen
Diagnosestellung
Histologie. Solitäre fibröse Tumoren (SFT) stellen seltene mesenchymale Neoplasien mit spindelzelliger Histologie dar, die typischerweise in der Thoraxhöhle lokalisiert sind. Weit seltener sind extrathorakale und hierbei wiederum intraabdominelle SFT, wie im Fallbericht beschrieben. Diese Tumoren exprimieren typischerweise CD34, sind jedoch negativ für CD117, so dass sie von einem erfahrenen Pathologen von gastrointestinalen Stromatumoren abgegrenzt werden können. Molekulare Untersuchungen weisen darauf hin, dass in SFT der β-Catenin-Signalweg sowie die Cyclin-D1-Expression dereguliert sind, was letztlich in einer unkontrollierten Zellzyklusprogression resultiert [1].
Prognostische Marker. In der Regel verhalten sich SFT wie benigne Weichgewebstumoren. Dies zeigt sich typischerweise auch im histologischen Bild mit Nachweis einer geringen mitotischen Aktivität und nur geringgradigen nukleären Atypien. Nichtsdestotrotz können SFT sehr selten auch maligne entarten, wobei dies in den meisten Fällen histologisch assoziiert ist mit einer hohen Zellularität, Pleomorphismus, intratumoralen Nekrosen und einer gesteigerten mitotischen Aktivität des Tumors. Eine mitotische Aktivität von mehr als 4 Mitosen pro 10 HPF wurde als diskriminierend zwischen gutartigen und malignen Formen beschrieben [2]. Die paraneoplastische Sekretion von IGF-II durch den Tumor mit klinisch imponierender Hypoglykämie kann Einzelfallberichten folgend auch als Malignitätskriterium gewertet werden [3]. Bei Unklarheit bzgl. des malignen Potenzials sollte auch ein PET-Scan durchgeführt werden, da es Hinweise gibt, dass gerade maligne SFT eine metabolische Aktivität im PET, insbesondere unter Verwendung eines C-11-Tyrosins als Tracer, zeigen [4]. Trotz dieser Zusatzuntersuchungen bleibt festzuhalten, dass sich im Einzelfall das maligne Potenzial eines SFT nur schwer abschätzen lässt.
Praktisches Vorgehen
Chirurgische Primärtherapie. In der Regel besteht die Therapie der Wahl für Patienten mit SFT in einer kompletten chirurgischen Resektion des Tumors (R0-Resektion mit ausreichendem Sicherheitsabstand von mindestens 1 cm). Positive chirurgische Resektionsgrenzen stellen neben der Tumorgröße (> 10 cm) ein erhöhtes Rückfallrisiko dar [5].
Neoadjuvante Therapie. Es gibt jedoch auch Fälle, in denen eine komplette chirurgische Resektion nicht möglich ist, wie z. B. durch Fixation des Tumors - insbesondere bei abdomineller Lokalisation - an das umliegende Gewebe. In diesen Einzelfällen kann eine neoadjuvante Behandlung sinnvoll sein, um durch eine Tumorverkleinerung eine sekundäre Resektabilität zu erzielen. Diesbezüglich wurde in einem Fallbericht eine neoadjuvante Radiochemotherapie, basierend auf wöchentlicher Gabe von Doxorubicin in Kombination mit selektiver Embolisation, beschrieben [3].
Adjuvante Therapie und Rezidivtherapie. Eine adjuvante Therapie nach Tumorresektion ist für SFT in der Regel nicht indiziert. In der Literatur sind Krankheitsrückfälle nach mehr als 10 Jahren nach Resektion des Tumors beschrieben, so dass sich für die Praxis eine Nachsorge mittels CT oder MRT (alle 6 Monate in den ersten 2 Jahren, dann einmal jährlich über mindestens 5 Jahre) empfiehlt [6]. Im Rezidiv sollte zunächst eine Tumor-Reexzision mit negativen Resektionsrändern angestrebt werden. Für eine adjuvante Bestrahlung ergeben sich aufgrund der geringen Fallzahlen keine evidenzbasierten Empfehlungen. In Einzelfällen kann jedoch eine adjuvante Bestrahlung indiziert sein, insbesondere wenn eine Re-Operation technisch nicht durchführbar ist, wie bei zerebralen SFT. Hier bietet die stereotaktische Radiochirurgie eine gute Behandlungsoption [7]. In einem beschriebenen Einzelfall wurde auch eine Radiotherapie mit dem selektiven Östrogenrezeptor-Modulator (SERM) Toremifen kombiniert [8]. Eine adjuvante Chemotherapie ist nach Tumorresektion nicht indiziert. Selbst für Hochrisikoweichteilsarkome anderer Histologie gibt es hierzu auf breiter Basis keine Empfehlung [9].
Prognose. Bezüglich der Prognose abdomineller SFT nach stattgefundener Resektion und ohne Einschluss von adjuvanten Therapieoptionen ist eine retrospektive Analyse von 37 Fällen (einschließlich 10 maligner Varianten) zu zitieren: Von den Patienten, die im Median über 4 Jahre beobachtet wurden, starben im Beobachtungszeitraum 2 Patienten krankheitsbedingt [10].
Metastasiertes Erkrankungsstadium. Sehr selten wurde bei Patienten mit extrathorakalem SFT auch eine Metastasierung beschrieben, wie auch in unserem Fallbericht. In einer größeren retrospektiven Serie zeigten 5 von 92 Patienten mit extrathorakalem SFT Fernmetastasen. Es gibt jedoch nur sehr wenige Berichte über ein Ansprechen von SFT auf gängige Chemotherapien, basierend auf Doxorubicin und Ifosfamid, die für Weichteilsarkome als die aktivsten Einzelsubstanzen gelten [11] [12]. Ausgehend von dem vorliegenden Fallbericht eines jungen Patienten mit rezidivierender hepatischer Metastasierung, würde man aufgrund des aggressiven Verhaltens des Tumors eine Therapie basierend auf Doxorubicin bzw. Doxorubicin in Kombination mit Ifosfamid erwägen. Zum jetzigen Zeitpunkt kann nur spekuliert werden, ob auch Tyrosinkinase-Inhibitoren zukünftig eine Rolle bei der Therapie nichtresektabler oder metastasierter SFT spielen könnten. Es findet sich lediglich ein Fallbericht eines SFT mit einer Exon-18-Mutation des PDGFRβ-Gens, wobei hier interessanterweise eine ähnliche Aminosäuresubstitution beschrieben ist wie für therapeutisch inhibierbare Tyrosinkinasen (c-kit, PDGFRα) bei GIST [13].
Fazit
Abdominelle SFT verhalten sich in der Mehrzahl der Fälle wie gutartige Weichteiltumoren, wobei in ca. 10 % der Fälle auch maligne Varianten mit Lokalrezidiv und Fernmetastasen auftreten können. Die Tumorproben sollten durch einen erfahrenen, auf Weichgewebstumoren spezialisierten Pathologen referenzpathologisch begutachtet werden. Die Therapie der Wahl stellt die komplette Tumorresektion dar, der eine langjährige onkologische Nachsorge folgen sollte.