Die Ursprünge der Hautklinik Wiesbaden lassen sich bis ins Mittelalter zurückverfolgen.
Sie gehen auf das von Graf Gerlach von Nassau und seinen Söhnen Adolph und Johann
errichtete Zivilhospital zurück. Dieses befand sich in der Nähe des heutigen Kochbrunnens,
also im Zentrum Wiesbadens, und wurde unter anderem auch als Herberge für mittellose
Bade- und Kurgäste benutzt. 1819 bot es insgesamt 136 Betten. Nach Bau eines zusätzlichen
eigenständigen Badehauses 1822 fasste es 200 Betten. Der zunehmende Bedarf an Krankenbetten
bei positiver Bevölkerungsentwicklung in Wiesbaden führte zu wiederholten Neubau-
und Erweiterungsplanungen. Diese wurden im Jahre 1874 nach Übertragung des Zivilhospitals
in den Besitz der Stadt Wiesbaden realisiert. Im selben Jahr wurde die Bauplanung
für das neue Hospital nach einem Architektenwettbewerb an Karl-Martin Gropius und
Heino Schmieden übertragen. 1877 wurde auf dem Gelände des ehemaligen Römerkastells
zwischen Platter Straße und Schwalbacher Straße in der Wiesbadener Innenstadt mit
den Erdarbeiten begonnen. Am 16. 4. 1879 wurde das Hospital mit 160 Betten, verteilt
auf 1- 2-stöckige Pavillons, bezogen. Je 24 Betten für Frauen und Männer in einem
separaten Pavillon waren für Syphilis- und Krätzekranke vorgesehen. Bis 1912 wurden,
wie damals allgemein üblich, haut- und geschlechtskranke Patienten im Verbund mit
der Abteilung für Innere Medizin behandelt, zuletzt unter der Leitung des Chefarztes
für Innere Medizin, Herrn Prof. Weintraud. Die Eröffnung eines neuen Pavillons zur
Unterbringung von weiblichen Haut- und Geschlechtskranken in getrennten Räumen und
der Umbau des Pavillons I für männliche Haut- und Geschlechtskranke im Jahre 1912
veranlassten Herrn Prof. Weintraud, bei der Klinikverwaltung einen Antrag auf einen
besonderen Facharzt zur Betreuung der haut- und geschlechtskranken Patienten zu stellen.
Am 1. 4. 1912 wurde so Herrn Dr. Carl Gutmann aus Wiesbaden die spezialärztliche Behandlung
der Haut- und Geschlechtskranken übertragen und die Dienstbezeichnung „Leitender Arzt
für Haut- und Geschlechtskrankheiten im Städtischen Krankenhaus” verliehen. Infolge
des 1. Weltkrieges wurde die überwiegende Zahl der verfügbaren Betten in der Zeit
von 1914 bis 1920 als Lazarett für Kriegsverletzte genutzt. 1918 betrug die Gesamtbettenzahl
des Krankenhauses 612, davon waren 62 für Hautkranke vorgesehen. Nach Ende des 1.
Weltkriegs wurde die dermatologische Abteilung als eigenständige Abteilung aus der
Medizinischen Klinik ausgegliedert und Herr Dr. Carl Gutmann wurde zu deren Oberarzt
ernannt. Während seiner leitenden Klinikarbeit widmete sich Herr Dr. Gutmann insbesondere
Themen wie der Salvarsan-Behandlung, lokaler „Amyloid-Entartung” der Haut und dem
Morbus Bowen. Während der Amtszeit von Herrn Dr. Gutmann wurden pro Jahr bis zu 992
Patienten, davon 413 Geschlechtskranke, stationär und 794 ambulant behandelt. Infolge
eines schweren Gallenleidens verstarb Herr Dr. Gutmann bereits im Mai 1930.
Am 1. 1. 1931 trat Herr Prof. Dr. Johannes Felke die Nachfolge Dr. Gutmanns an. Er
war 1924 als Oberarzt der Rostocker Universitätshautklinik zum außerordentlichen Professor
ernannt worden und bis 1931 als Facharzt in Kiel tätig. Aufgrund der wachsenden Bedeutung
des Wiesbadener Krankenhauses wurde seine Bezeichnung ab 1933 in „Städtische Krankenanstalten”
und die Abteilungen in „Kliniken” umbenannt. Im Rahmen baulicher Umgestaltungspläne
gelang Herrn Prof. Felke ([Abb. 1 ]) im Jahre 1934 die bereits unter Herrn Dr. Gutmann angeregte räumliche Zusammenfassung
aller diagnostischer und therapeutischer Einheiten der Dermatologischen Klinik in
den Räumlichkeiten der sogenannten Kinderbewahranstalt in der Schwalbacher Straße
81. Ab Oktober 1934 waren dort drei Stationen der Hautklinik untergebracht, auf denen
die Belegung der Zimmer mit nur noch wenigen Patienten verwirklicht werden konnte.
Außerdem fanden die Beratungsstelle für Geschlechtskranke, die zuvor in den Gebäuden
der Ortskrankenkasse angesiedelt war, und die zunächst selbstständige bakteriologisch-serologische
Untersuchungsstelle im gleichen Gebäude Platz. Diese umfängliche räumliche Zusammenfassung
der drei bis dahin auch unterschiedlich geleiteten Einrichtungen bewährte sich bei
der Bekämpfung von Geschlechtskrankheiten. 1946 wurde die Beratungsstelle schließlich
auch personell in die Hautklinik integriert.
Abb. 1 Prof. Johannes Felke.
Bis zum 2. Weltkrieg wurden jährlich bis zu 597 Hautkranke, davon 247 Geschlechtskranke,
stationär behandelt. Von 1939 bis 1945 dienten 600 Betten der Krankenanstalten als
Reservelazarett, sodass für die Zivilbevölkerung nach Zerstörungen in den letzten
Kriegsjahren nur 230 Betten verblieben. Nach Kriegsende wurden einzelne Kliniken in
Gebäudekomplexen außerhalb des Stadtkerns untergebracht, sodass im Dezember 1945 bereits
wieder 750 Betten zur Verfügung standen. 1949 erhöhte sich die Zahl auf 940 Betten.
Die Hautklinik konnte während der gesamten Zeit weiter in dem bereits 1934 bezogenen
Gebäude Schwalbacher Straße 81 bleiben.
Nach dem 2. Weltkrieg stand die Hautklinik nach einer Übergangszeit bis 1946 ab 1947
wieder unter der Leitung von Herrn Prof. Felke. Seine besonderen Arbeitsgebiete waren
die bakteriologische Gonokokkenkultur und angeschlossene Antibiogramm-Studien, die
die nachlassende Empfindlichkeit dieser Bakterien gegenüber Sulfonamiden nachwiesen.
Der Einsatz des im 2. Weltkrieg entwickelten Penicillins bei Geschlechtskrankheiten
wie Gonorrhoe und Syphilis führte auch in der Hautklinik zur Abnahme stationärer Pflegetage
zugunsten ambulant behandelter Patienten. Mit dem Verlust der Bedeutung von Geschlechtskrankheiten
und veränderten Behandlungsmethoden veränderten sich die Patientenzahlen und Bettenzahlen
der Hautklinik. 1946 wurden noch 1746 Patienten stationär behandelt, die Hautklinik
fasste 100 stationäre Betten, 1952 war diese Zahl auf 668 stationäre Patienten bei
63 aufgestellten Betten reduziert. Gleichzeitig wurden die ambulanten Dienste der
Beratungsstelle für Geschlechtskranke bis Anfang der 50er-Jahre deutlich häufiger
in Anspruch genommen.
Zum 75-jährigen Jubiläum der Kliniken im Juli 1954 beherbergten die Städtischen Krankenanstalten
1100 Betten und beschäftigten 600 Mitarbeiter. 71 Betten gehörten zur Klink für Dermatologie,
in denen die Patienten damals durchschnittlich 24 Tage verweilten ([Abb. 2 ]).
Auf Herrn Prof. Dr. Johannes Felke folgte 1962 Herr Prof. Dr. Heinz Grimmer als Chefarzt
der Hautklinik. Unter seiner Leitung wurde die histologische Diagnostik integriert
und operative Dermatologie in eigenen OP-Räumen entwickelt. Außerdem wurde ein eigenes
Labor für allergologische Diagnostik eingerichtet. Wesentliche Arbeitsgebiete von
Herrn Prof. Grimmer ([Abb. 3 ]) waren Histologie, dermatologische Mykologie und die Behandlung von gut- und bösartigen
Erkrankungen der Vulva. Während seiner Amtszeit wurden die „Städtischen Krankenanstalten”
ab 1. 4. 1977 zum akademischen Lehrkrankenhaus der Johannes-Gutenberg-Universität
Mainz, in dem jährlich 50 Studenten der Humanmedizin ihr letztes praktisches Ausbildungsjahr
absolvierten, davon etwa 4 pro Trimester in der Hautklinik.
Abb. 2 Luftaufnahme der Städtischen Kliniken 1954.
Abb. 3 Prof. Heinz Grimmer.
Nachdem sich bereits seit Jahrzehnten abzeichnete, dass die räumlichen Möglichkeiten
des Klinikgebäudes in Stadtkernnähe auf Dauer nicht den Erfordernissen eines modernen
Krankenhauses gerecht werden konnten, wurde 1973 von der Stadt Wiesbaden ein 22 Hektar
großes Gelände auf dem Freudenberg am westlichen Stadtrand aus Bundeseigentum erworben.
1974 wurde die Planung des organisatorischen Grundkonzepts dieses Krankenhauses der
Mediplan Krankenhausplanungs GmbH, Tochter der Neuen Heimat, übertragen. Nach Zustimmungsverfahren
im Magistrat Wiesbaden und des Hessischen Finanzministeriums konnte der erste Spatenstich
am 2. 12. 1976 für das Hauptgebäude erfolgen. Die bauliche Konzeption war, möglichst
viele Klinken unter einem Dach zu vereinen.
Am 1. 1. 1982 trat Herr Prof. Dr. Jost Metz ([Abb. 4 ]) die Nachfolge von Herrn Prof. Heinz Grimmer als Chefarzt der Hautklinik Wiesbaden
an. So konnte er noch letzte Planungen für die Hautklinik beeinflussen und als 1.
Klinikchefarzt am 18. 10. 1982 die Hautstation A 24 im 2. Stock des Hauptgebäudes
mit 42 Betten beziehen. Zur dermatologischen Klinik gehörten ferner ein Ambulanztrakt
im Erdgeschoss sowie eine Bestrahlungsabteilung im Kellergeschoss des Hauptgebäudes.
Abb. 4 Prof. Jost H. Metz.
Das neu errichtete Klinikum wurde mit Inbetriebnahme nach dem ehemaligen hessischen
Sozialminister (1969 - 1976) „Dr. Horst Schmidt Kliniken” benannt ([Abb. 5 ]). Im März 1984 wurde die Hautklinik mit Integration der Kinderklinik in die Gebäude
auf dem Freudenberg um 2 bis 4 Betten auf den Kinderstationen erweitert. Die Räume
der Hautambulanz beherbergten die Fürsorgestelle für Geschlechtskranke, eine Außenstelle
des Gesundheitsamts. Die im Rahmen der Geschlechtskrankenfürsorge vorgesehenen Kontrolluntersuchungen
wurden dreimal pro Woche von Ärzten der Hautklinik durchgeführt. 1996 wurde diese
Fürsorgestelle in die Räume des Gesundheitsamts Wiesbaden, Dotzheimer Straße, verlegt
und weiterhin von den ärztlichen Mitarbeitern der Hautklinik betreut. Mit Inkrafttreten
des neuen Infektionsschutzgesetzes im Jahre 2001 wurde die Geschlechtskrankenfürsorgestelle
abgeschafft.
Abb. 5 HSK Ludwig-Erhard-Straße.
Die Konzentration aller Kliniken am neuen Standort führte zu einer deutlichen Leistungserweiterung
der Hautklinik mit zusätzlichen Entwicklungsmöglichkeiten für das Fach Dermatologie
in den Dr. Horst Schmidt Kliniken. Die Arbeitsschwerpunkte der Hautklinik lagen in
Diagnostik und Therapie akuter und chronischer Dermatosen, Dermatoonkologie einschließlich
operativer Dermatologie, Allergologie und histologischer Diagnostik. In einem klinikeigenen
Histologielabor werden seitdem formalinfixierte Gewebepräparate in Paraffinblöcke
überführt und histologische Schnittpräparate angefertigt. Dabei kommen auch zeitgemäße
immunhistochemische Färbungen seit vielen Jahren zur Anwendung. Die Immunfluoreszenzdiagnostik
an Frischgewebe inklusive Salt-split-Verfahren, insbesondere bei der Diagnostik von
blasenbildenden Erkrankungen, ergänzen seit 1986 den Umfang der dermatohistologischen
Leistungen.
Bereits seit 1982 ist in der Hautklinik Wiesbaden die spezifische Immuntherapie zur
Behandlung von Insektengiftallergien fest etabliert, die wegen ihrer Risiken seinerzeit
nur an wenigen dermatologischen Zentren in Deutschland angewandt wurde. Als weitere
innovative Therapiemaßnahme bereicherte die adaptive Desensibilisierung seit Ende
der 90er-Jahre bei Patienten mit Aspirin-Intoleranz und chronisch-rezidivierender
Polyposis nasi das diagnostische und therapeutische Spektrum allergischer und pseudoallergischer
Arzneimittelreaktionen. Als weiterer innovativer Therapieansatz wird seit 1987 die
lokale PUVA-Therapie als Creme- und Badetherapie angeboten. 2001 wurde die UVB 311
nm-Fototherapie in die bereits etablierte Lichtabteilung integriert.
Auf dem dermatoonkologischen Gebiet wird seit 1992 als neuartiges diagnostisches Verfahren
die präoperative Tumordickenmessung, insbesondere bei malignem Melanom, mittels hochauflösender
20 MHz Hautsonografie praktiziert, die eine exakte Festlegung des notwendigen operativen
Sicherheitsabstands erlaubt. Bereits seit 1997 ist die operative Entfernung des Sentinel-Lymphknotens
zur Erkennung von Mikrometastasen bei malignem Melanom mit höheren Eindringtiefen
in den diagnostischen Ablauf dermatologischer Patienten integriert.
Seit den 90er-Jahren wurden auch ästhetisch-rekonstruktive Behandlungen wie Faltenunterspritzungen
mit Fillersubstanzen und Botulinumtoxin, Hyperhidrosistherapie und Fruchtsäurepeeling
durchgeführt. 1998 wurde eine Laserabteilung mit ablativem und koagulierendem Laser
aufgebaut, die die Behandlungsmöglichkeiten von oberflächlichen Hauttumoren und vaskulären
Anomalien der Haut bereichert. Seit 2002 wird zusätzlich zur Behandlung oberflächlicher
Hauttumoren und Präkanzerosen die Fluoreszenzdiagnostik und fotodynamische Therapie
eingesetzt.
Regelmäßig beteiligt sich die Klinik auch an nationalen und internationalen Studien,
die der dermatologischen Forschung dienen.
Aufgrund stetig steigender Patientenzahlen wurden die Räumlichkeiten der Hautklinik
in den Dr. Horst Schmidt Kliniken am Freudenberg den Erfordernissen des bis Ende der
90er-Jahre gewachsenen Leistungsspektrums der Hautklinik immer weniger gerecht. Nach
Erwerb der Wilhelm Fresenius Klinik WFK durch die HSK konnte die Hautklinik nach mehr
als einjähriger sorgfältiger Vorbereitung und Umbauarbeiten am 10. 9. 2001 in die
WFK-Gebäude in der Aukammallee 39 umziehen. In diesem neuen Gebäudekomplex wurden
für die Hautklinik zusätzliche Funktionsräume für Sonografie, Proktologie, Lasermedizin,
Lichttherapie und Bibliothek geschaffen ([Abb. 6 ]).
Abb. 6 HSK Wilhelm-Fresenius-Klinik.
Bei Einzug in die Wilhelm Fresenius Klinik, Aukammallee 39, verfügte die Hautstation
über 40 Betten bei sechs Einzel- und ansonsten Zweibettzimmern. Zusätzlich stehen
für die seit Ende der 90er-Jahre praktizierte tagesklinische Behandlung in der WFK
zwei eigene Räume zur Verfügung. Mit dem Umzug in die neue Klinik bis Ende 2003 profitierten
insbesondere Patienten mit chronischen Hauterkrankungen vom zusätzlichen Angebot psychologischer
Einzel- und Gruppenbehandlung.
Am 31. 8. 2005 trat Herr Prof. Jost Metz nach fast 24 Jahren erfolgreichen Aufbaus
und Wachstums der Hautklinik in seinen wohlverdienten Ruhestand. In einer viermonatigen
Interimsphase wurde die Hautklinik kommissarisch von der Autorin Frau Dr. Andrea Wagner
geführt und in ihrem bis dahin erreichten Leistungsumfang am 1. 1. 2006 an die jetzige
Klinikdirektorin Frau Prof. Christiane Bayerl übergeben.
Danksagung
Danken möchte ich insbesondere den Kolleginnen Frau Dr. Monika Hempel und Frau Dr.
Evelyn Wolf, die ich als Zeitzeugen für die von Herrn Prof. Grimmer geleitete Periode
der Hautklinik befragen durfte.