Einleitung
Das Erythema anulare centrifugum ist durch sich langsam vergrößernde, teilweise schuppende Erytheme im Bereich des Rumpfes und der Extremitäten gekennzeichnet. Eine Assoziation mit Infektionen, Autoimmunerkrankungen, Medikamenteneinnahme oder Malignomen wurde wiederholt beschrieben [1]
[2].
Anamnese und klinischer Befund
Eine 78-jährige Patientin berichtete über das spontane Auftreten von stark juckenden generalisierten Erythemen vor circa 2,5 Monaten. Ihr waren initial wenige Millimeter durchmessende erythematöse Maculae aufgefallen, die sich im weiteren Verlauf anulär ausgebreitet hätten. Unter der ambulant eingeleiteten Therapie mit einem hochpotenten topischen Glukokortikoid und einem systemisch eingenommenen Antihistaminikum war es zu einer Größenprogredienz der Erytheme bei Persistenz des Pruritus gekommen. An Vorerkrankungen konnte lediglich ein suffizient eingestellter arterieller Hypertonus eruiert werden. Weder in der Eigen- noch der Familienanamnese ergaben sich Hinweise auf Autoimmunerkrankungen oder Malignome.
Bei der körperlichen Untersuchung fanden sich generalisiert bis zu 16 cm durchmessende anulär konfigurierte Erytheme mit blasserem Zentrum und randständiger Schuppung ([Abb. 1] u. [2]). Nebenbefundlich zeigte sich im Bereich des Halses rechtsseitig eine 2 cm lange Narbe, an deren oberen Ende sich eine 1 cm2 durchmessende, erythematöse Plaque mit perlschnurartigem Randwall und Teleangiektasien darstellte. In dieser Lokalisation war 18 Monate zuvor ein Basalzellkarzinom unvollständig exzidiert worden. Der sonstige körperliche Untersuchungsbefund war abgesehen von einem Gibbus bei Osteoporose und Z. n. Sinterungsfrakturen unauffällig.
Abb. 1 Erythema anulare centrifugum im Bereich des Oberkörpers.
Abb. 2 a Detailansicht sternal. b Detailansicht der seitlichen Thorax rechts.
Diagnostik
Durch die mykologische Untersuchung von Hautschuppen konnte eine Tinea corporis ausgeschlossen werden. Das differenzialdiagnostisch in Betracht gezogene Arzneimittelexanthem erschien bei der seit Jahren unverändert eingenommenen Medikation des arteriellen Hypertonus eher unwahrscheinlich. Der Erlanger Atopie-Score sprach mit 4 Punkten gegen das Vorliegen einer atopischen Diathese. Die histopathologische Beurteilung einer Biopsie aus dem Randbereich einer anulären Macula vom Oberschenkel ergab ein oberflächliches perivaskuläres Lymphozyteninfiltrat, durchsetzt von wenigen Eosinophilen. Daneben zeigte sich ein diskretes Ödem im Stratum papillare sowie eine fokale Spongiose mit kurzen Parakeratosehügeln des Stratum corneums.
Die histopathologische Beurteilung einer erythematösen Plaque vom Hals bestätigte unsere klinische Verdachtsdiagnose eines Basalzellkarzinoms, das in toto exzidiert werden konnte. Zum Ausschluss einer assoziierten infektiösen, autoimmunologischen oder malignen Erkrankung stellten wir die Patientin u. a. gynäkologisch vor, führten eine Knochenmarkstanze durch und initiierten eine umfangreiche sowohl bildgebende Diagnostik mit Röntgen des Thorax, Sonografie des Abdomens und Lymphknotensonografie als auch serologische Untersuchungen u. a. auf TSH, T3, T4, ASL- und AntiDNAse B-Titer, ANA, ENA, Hepatitis-A-, B- und C-Serologie, EBV, Tbc sowie Paraproteine im Serum und Urin. Darüber hinaus erfolgte die Untersuchung von Urin und Stuhl.
Außer einem mit 1,30 mg/dl diskret erhöhten Serumkreatinin-Wert konnten keine weiteren pathologischen Befunde objektiviert werden.
Therapie und Verlauf
In der Zusammenschau des histopathologischen und klinischen Befundes stellten wir die Diagnose eines Erythema anulare centrifugum. Unter der zunächst begonnenen topischen Therapie mit einer mometasonhaltigen Salbe 2 ×/Tag und einer systemischen Therapie mit Antihistaminika besserte sich der Befund nicht. Erst nach der Exzision des Basalzellkarzinoms im Halsbereich kam es unter Fortführung dieser Therapie zu einer raschen und nahezu vollständigen Abheilung des Erythema anulare centrifugum.
Diskussion
Das Erythema anulare centrifugum ist klinisch durch innerhalb von Tagen bis Wochen auftretende, zentrifugal wandernde figurierte, teilweise urtikarielle Erytheme mit diskreter Schuppung charakterisiert. Als Prädilektionsstellen gelten der Rumpf und die proximalen Extremitäten. Oft besteht ein ausgeprägter Pruritus, seltener treten subfebrile Temperaturen auf. Die exakte Pathogenese des Erythema anulare centrifugum ist nicht bekannt. Diskutiert wurde eine Assoziation mit malignen, infektiösen oder autoimmunologischen Grunderkrankungen, Medikamenten oder Nahrungsmitteln [1]
[2]. So konnten beispielsweise Kim et al. bei 72 % der 66 untersuchten Patienten mit einem Erythema anulare centrifugum eine assoziierte Erkrankung wie kutane Pilzinfektionen (48 %), viszerale Malignome (13 %) sowie andere systemische Erkrankungen (21 %) nachweisen [1]. Zu den häufigsten assoziierten Malignomen gehören sowohl Hodgkin- als auch Non-Hodgkin-Lymphome [2]
[3]
[4]
[5]. Überwiegend kasuistisch wurde eine Assoziation mit weiteren Malignomen wie beispielsweise dem Karzinoidtumor der Bronchien [6] oder der malignen Histiozytose beschrieben [7]. Darüber hinaus sollen auch Assoziationen des Erythema anulare centrifugum mit verschiedenen nicht malignen Erkrankungen ([Tab. 1]), Medikamenten wie beispielsweise Salizylaten, Antibiotika, Hydroxychloroquin, Gold, Amitryptilin, Etizolam, Cimetidin und Nahrungsmitteln bestehen. Sowohl mit Epikutantestungen als auch Lymphozytenstimulationstests konnten in Einzelfällen positive Reaktionen im Sinne von verzögerten immunologischen Reaktionen nachgewiesen werden. Halevy et al. beschrieben die Manifestation einer Progesterondermatitis in Form eines tiefen Erythema anulare centrifugum, wobei die Progesteronsensitivität sowohl mit Hilfe von Epikutan- als auch mit Prick-Testungen bestätigt werden konnte [8]. Das Vorliegen der beschriebenen, assoziierten Krankheitsbilder beziehungsweise die Einnahme der genannten Medikamente wurden bei der hier vorgestellten Patientin ausgeschlossen.
Tab. 1 Nicht neoplastische Erkrankungen, die mit einem Erythema anulare centrifugum assoziiert sein können
Infektionen wie z. B. Mykosen oder Phthirus pubis Infektion |
Medikamente wie z. B. Salizylate, Antibiotika, Hydroxychloroquin |
Nahrungsmittel wie z. B. Käse |
Autoimmunthyreoiditiden wie z. B. M. Basedow bzw. Hashimotothyreoiditis |
Bullöse Autoimmunerkrankungen wie z. B. lineare IgA Dermatose, bullöses Pemphigoid, Pemphigus vulgaris, Dermatitis herpetiformes Duhring |
Kollagenosen wie z. B. Lupus erythematodes, Sjögren-Syndrom |
Sarkoidose |
Histopathologisch kann ein seltener auftretender profunder Typ des Erythema anulare centrifugum bei ca. 22 % der Patienten, von einem häufiger beschriebenen superfiziellen Typ bei ca. 78 % der Patienten unterschieden werden. Die profunde Form, erstmalig von Darier 1916 beschrieben, ist durch anuläre Erytheme mit verhärtetem Randsaum gekennzeichnet, die histologisch durch ein dichtes perivaskuläres Infiltrat in der mittleren und unteren Dermis hervorgerufen werden. Oft fehlt hier jegliche epidermale Beteiligung. Die superfizielle Form zeigt sich weniger induriert bei stärkerer Schuppung im Randbereich. Neben dem oberflächig perivaskulären Infiltrat kommen epidermale Veränderungen wie Akanthose, Parakeratose und fokale Spongiose vor [1]. Die nachgewiesenen histopathologischen Kriterien der von uns beschriebenen Patientin entsprachen einem superfiziellen Typ des Erythema anulare centrifugum.
Nach histologischer Diagnosesicherung und Ausschluss der relevanten Differenzialdiagnosen ([Tab. 2]) sollte möglichst eine gezielte Therapie bestehender Grunderkrankungen angestrebt werden. Spontanheilungen wurden zwar beschrieben, ohne kausale Therapie ist jedoch ein chronisch rezidivierender Verlauf typisch.
Tab. 2 Klinische Differenzialdiagnosen eines Erythema anulare centrifugum
Anuläre Psoriasis |
Anuläre Urtikaria |
Erythema chronicum migrans |
Erythema elevatum et diutinum |
Erythema exsudativum multiforme |
Erythema gyratum repens |
Erythema marginatum |
Granuloma anulare |
Hypereosinophile Dermatitis |
Inflammatorisches Karzinom, Carcinoma erysipelatodes |
Lupus erythematodes tumidus |
Tinea corporis |
Urtikariavaskulitis |
Eine zusätzliche Therapie mit topischen bzw. systemischen Glukokortikoiden oder UV-Therapie kann die Abheilung beschleunigen. In einigen wenigen Kasuistiken wurden weitere Therapiealternativen beschrieben. So berichtete Gniadecki die vollständige Abheilung eines seit 3 Jahren bestehenden Erythema anulare centrifugum bei einer 73-jährigen Frau, das sich unter topischen und systemischen Glukokortikoiden, Antimykotika und PUVA als therapierefraktär dargestellt hatte, unter der topischen Behandlung mit Calcipotriol Salbe 1 ×/Tag innerhalb von 3 Monaten. Die Behandlung erfolgte dabei zunächst nur am Oberkörper, eine Besserung der Hautveränderungen im Sinne einer Spontanheilung blieb an den ebenfalls betroffenen unteren Extremitäten aus [9]. Dippel et al. behandelten 2 von 3 Patienten mit Erythema anulare centrifugum und linearer IgA Dermatose erfolgreich mit Dapson in Kombination mit systemischen Glukokortikoiden [10].
Nach Durchsicht der Literatur ist der von uns hier vorgestellte Fallbericht der erste, der eine Assoziation eines Erythema anulare centrifugum mit dem Rezidiv eines Basalzellkarzinoms beschreibt. Die Pathogenese dieser am ehesten immunologisch bedingten Reaktion auf das bestehende Basalzellkarzinom könnte, ähnlich wie bereits bei den viszeralen Malignomen diskutiert, durch eine Hypersensitivitätsreaktion diskutiert werden. Auch wenn eine spontane Regression des Erythema anulare centrifugum nicht ausgeschlossen werden kann, so ist doch auffällig, dass sich der Krankheitsverlauf therapierefraktär dargestellt hat und es nach Tumorexzision, unter Fortführung der vorbestehenden Therapie, bei der hier vorgestellten Patientin rasch zu einer nahezu vollständigen Abheilung kam.
Fazit
Die in der Literatur mit dem Auftreten eines Erythema anulare centrifugum assoziierten Faktoren können vielfältig sein. Die Abheilung eines zuvor therapierefraktären Erythema anulare centrifugum nach Exzision eines Basalzellkarzinoms könnten für einen bislang nicht beschriebenen kausalen Zusammenhang sprechen.