Einleitung
Einleitung
Die Behandlung der Vitiligo stellt den Dermatologen vor Probleme. Einerseits existieren keine einheitlichen Therapierichtlinien und die Vitiligo wird gerne als ein rein kosmetisches Problem bagatellisiert, anderseits besteht auf Seiten der Patienten ein relativ hoher Leidensdruck einhergehend mit einer ebenso hohen Erwartung an eine effiziente und schnelle Therapie.
Die Pathogenese der Vitiligo ist noch immer ungeklärt. Verschiedene Pathomechanismen werden diskutiert:
Ausgehend von diesen Hypothesen steht eine Vielzahl an Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung. Topische Therapieverfahren beinhalten die lokale sowie systemische Applikation von Glukokortikoiden [1] sowie - bei besonders ausgedehnten Befunden im Sinne einer universellen Vitiligo - die Depigmentation der restlichen, gesunden pigmentierten Haut mithilfe von Hydrochinonmonobenzylether [2].
Einen relativ hohen klinischen Stellenwert hat die Gruppe der physikalischen Therapien, allen voran die Bestrahlungstherapie. Hier unterscheidet man im Wesentlichen zwischen der Schmalspektrum UVB-Bestrahlung mit 311 nm sowie der UVA-Bestrahlung in Kombination mit Psoralenen oder Phenylalanin [3].
An operativen Interventionen sind das epidermale Grafting, das autologe Minigrafting und die Transplantation von In-vitro-Epidermis zu erwähnen [4].
Tacrolimus in Salbenform kommt als individueller Heilversuch seit geraumer Zeit vermehrt zur Anwendung. Einzelne Fallberichte und Studien zur Wirksamkeit liegen vor [5]
[6]
[7].
In der vorliegenden Studie untersuchten wir den Erfolg einer solchen Therapie mit topischem Tacrolimus; anhand geeigneter statistischer Methoden war es weiterhin Ziel herauszufinden, ob es charakteristische Eigenschaften seitens der Patienten gibt, die das Therapieergebnis beeinflussen. Abschließend verglichen wir die Erfolgsraten dieser Therapie mit denen einer PAUVA(Phenylalanin-UVA)-Bestrahlungstherapie.
Material und Methoden
Material und Methoden
Zwischen den Jahren 2001 bis 2004 wurden n = 30 Patienten in einer dermatologischen Ambulanz der Universitätsklinik für Dermatologie und Allergologie Mannheim behandelt. Die Erhebung der Daten erfolgte retrospektiv aus deren Patientenakten. [Tab. 1] gibt die Geschlechterverteilung, das Stadium sowie die innerhalb des Patientenkollektives vorhandenen Formen der Vitiligo (nach Ortonne) zu Behandlungsbeginn wieder [8].
Tab. 1 Geschlechterverteilung, Stadium und Vitiligoform
Merkmal | | Häufigkeit |
Geschlecht | Frauen Männer | 19 (63 %) 11 (37 %) |
Generalisierte Vitiligo
Lokalisierte Vitiligo | Vitiligo vulgaris Vitiligo akrofazialis Vitiligo fokalis | 17 (57 %) 7 (23 %) 6 (20 %) |
Stadium | Aktiv Passiv | 29 (97 %) 1 (3 %) |
Ergänzend zu dieser klassischen Einteilung der Vitiligo ordneten wir die Läsionen den jeweiligen Körperbereichen Gesicht, Rumpf sowie Akren zu. Somit konnte ein Patient in mindestens einem Bereich oder maximal 3 Bereichen seines Körpers Läsionen aufweisen.
Die Behandlungsdauer und das Erkrankungsalter sind in nachfolgender Tabelle aufgeführt ([Tab. 2]).
Tab. 2 Behandlungsdauer und Erkrankungsbeginn
Merkmal | MW | Median | Minimum | Maximum | Stdabw |
Behandlungsdauer (Monate) | 17,33 | 16,00 | 4,00 | 52,00 | 9,28 |
Erkrankungsalter (Jahre) | 27,96 | 26,00 | 1,00 | 75,00 | 19,41 |
MW = Mittelwert; Stdab = Standardabweichung. |
Acht der insgesamt 30 Patienten hatten vor Beginn der Therapie mit topischem Tacrolimus bereits andere Therapieversuche unternommen. Alle diese Therapieversuche wurden jedoch mindestens 6 Monate vor der ersten Anwendung mit topischem Tacrolimus beendet. Angaben betreffend einer positiven Familienanamnese für Vitiligo fanden sich bei insgesamt 27 Patienten; bei 2 Patienten war diese positiv für eine Vitiligo vulgaris. Zusätzlich wurden vor Behandlungsbeginn der Atopiestatus erhoben, eine allgemeine klinisch-dermatologische Untersuchung durchgeführt sowie Begleiterkrankungen dokumentiert.
Alle Patienten wurden mit topischem Tacrolimus der Wirkstoffkonzentration 0,1 % behandelt. Das Präparat wurde zweimal täglich, morgens und abends, auf die depigmentierten Areale aufgetragen. In regelmäßigen, zweimonatigen Abständen erfolgte die Wiedervorstellung in der dermatologischen Ambulanz zur Therapiekontrolle.
Die Erfolgsraten einer ebenfalls am Klinikum Mannheim durchgeführten Studie zur Wirksamkeit einer PAUVA-Therapie zur Behandlung der Vitiligo wurden mit Einverständnis der Autoren zum Vergleich zur Verfügung gestellt. Das Patientenkollektiv dieser Untersuchung umfasste n = 66 Patienten. Die Patienten erhielten 2- bis 3-mal pro Woche zwischen 50 bis 100 mg/kg Körpergewicht Phenylalanin oral verabreicht. Nach 30 bis 60 Minuten erfolgte dann die Bestrahlung mit langwelligem Ultraviolettlicht (UVA) in Bestrahlungskabinen vom Typ UV 7001 K der Firma Waldmann. Die Bestrahlungsdosis betrug 5,0 Joule/cm².
Hinsichtlich der statistischen Auswertung der vorliegenden Daten wurde zunächst zwischen qualitativen Einflussgrößen sowie quantitativen Einflussgrößen auf die Variable „Therapieerfolg” unterschieden.
Die Variable Therapieerfolg hat zwei Ausprägungen, „Ja” für eine dokumentierte Repigmentierung, „Nein” bei vollständigem Fehlen einer Repigmentierung.
Um einen Zusammenhang zwischen den Variablen Therapieerfolg und einer qualitativen Einflussgröße nachzuweisen, wurde der Chi²-Test verwendet; waren dessen Voraussetzungen nicht erfüllt, kam der exakte Test nach Fisher zur Anwendung. Um zu überprüfen, ob sich die Gruppen (Therapieerfolg „ja” bzw. „nein”) bezüglich einer quantitativen Einflussgröße unterschieden, wurden in Abhängigkeit des zu untersuchenden Merkmals verschiedene Tests gewählt: Zum Vergleich des Alters wurde der t-Test für zwei unverbundene Stichproben verwendet; zum Vergleich der Behandlungsdauern wurde der U-Test von Mann und Whitney herangezogen; die Anzahl der betroffenen Areale (die zwischen 1 und 3 schwankte) wurde mit dem Cochrane-Armitage-Trend-Test evaluiert.
Ergebnisse
Ergebnisse
Ein Erfolg der Therapie konnten wir bei insgesamt 19 Patienten feststellen (63 %). Bei den übrigen 11 Patienten (37 %) kam es zu keiner Repigmentierung unter Therapie. Bei der nachfolgenden statistischen Überprüfung möglicher Einflussfaktoren auf das Therapieergebnis konnte eine signifikante Korrelation zwischen einer bestehenden Atopie der Patienten und dem Therapieerfolg nachgewiesen werden (p = 0,0419). Patienten in unserem Kollektiv, welche an einer Atopie leiden, haben eine schlechtere Prognose hinsichtlich einer Repigmentierung unter topischem Tacrolimus als Patienten ohne Atopie (33 % vs. 76 % Erfolgsrate).
Weiterhin versuchten wir, mögliche Korrelationen bezüglich der quantitativen Einflussgrößen Behandlungsdauer, Alter zu Behandlungsbeginn sowie Anzahl der betroffenen Körperareale und einem Therapieerfolg herauszufinden. In der folgenden Tabelle sind die Mittelwerte und Standardabweichungen sowie in Klammern die jeweiligen Minima und Maxima angegeben. Bei der Anzahl der betroffenen Areale sind die Häufigkeiten aufgelistet ([Tab. 3]).
Tab. 3 Quantitative Einflussgrößen
Merkmal | Therapie erfolgreich (n = 19) | Therapie nicht erfolgreich (n = 11) | Test | p-Wert |
Alter (Jahre) | 26,7 ± 20,3 (5 - 75) | 30,6 ± 18,3 (1 - 60) | t-Test | 0,6329 |
Behandlungsdauer (Monate) | 14,95 ± 6,48 (4 - 24) | 21,45 ± 12,04 (8 - 52) | U-Test | 0,1329 |
Anzahl der betroffenen Areale | 1 : 7 2 : 10 3 : 2 | 1 : 1 2 : 6 3 : 4 | Cochrane-Armitage-Trend-Test | 0,0375 |
Für die Variable „Anzahl der Areale” wurde ein Cochrane-Armitage-Trend-Test durchgeführt. Dabei wurde eine Signifikanz zwischen der Anzahl der betroffenen Hautareale (eingeteilt in die 3 Körperregionen Gesicht, Akren und Rumpf) sowie dem Therapieerfolg nachgewiesen bei einem p-Wert von 0,0375. Das bedeutet, dass mit steigender Anzahl betroffener Körperareale ein Therapieerfolg unwahrscheinlicher wird.
Im Vergleich dieser ermittelten Erfolgsraten mit denen einer PAUVA-Bestrahlungstherapie (orale Gabe von Phenylalanin in Kombination mit UVA-Bestrahlung) konnten wir ein besseres Abschneiden der Therapie mit topischem Tacrolimus validieren: im Chi2-Test ergab sich ein p-Wert von 0,0138 ([Tab. 4]).
Tab. 4 Erfolgsraten PAUVA vs. Tacrolismus
Therapieform | Therapieerfolg (%) |
| Ja | Nein |
PAUVA (n = 66) | 24 (33 %) | 42 (64 %) |
Tacrolimus (n = 30) | 19 (63 %) | 11 (37 %) |
Diskussion
Diskussion
Über die Hälfte der behandelten Patienten profitierte von der Behandlung mit topischem Tacrolimus und es kam zu einer beginnenden Repigmentation. In der Literatur finden sich ebenfalls Hinweise für die gute Wirksamkeit von topischem Tacrolimus bei der Behandlung der Vitiligo; bezüglich der erzielten Erfolgsraten unterscheiden sie sich jedoch teilweise erheblich: Grimes veröffentlichte die Ergebnisse seiner Arbeit 2002, behandelt wurden 6 Patienten, deren betroffene Körperoberfläche unter 20 % lag. Er konnte ein Ansprechen der Behandlung bei allen Patienten dokumentieren, bei einem Patienten kam es sogar zu einer vollständigen Repigmentierung [6]. Almeida konnte ebenfalls eine gute Wirksamkeit der Tacrolimus-Therapie belegen. Behandelt wurden zwölf Patienten über einen Zeitraum von 8 Wochen. Bei 50 % der Patienten ließ sich eine Repigmentierung beobachten. Hervorzuheben ist, dass es bei allen Patienten, deren Läsionen sich im Gesichts- und Halsbereich befanden, zu einer Repigmentierung von über 50 % kam. Dies ist ein weiterer Hinweis auf die besonders gute Wirksamkeit von Tacrolimus in diesem Körperbereich [7]. Tanghetti führte als einer der ersten 2003 eine prospektive Studie hinsichtlich der Wirkung von topischem Tacrolimus in der Vitiligotherapie durch, einen Therapieerfolg konnte er bei 87 % der Patienten (n = 15) beobachten [5]. Ostovari hingegen konnte keine Wirksamkeit von Tacrolimus in der Vitiligo-Therapie beobachten [9]. Ebenfalls stark schwankend sind die in der Literatur vorhandenen Angaben zur Erfolgsrate einer PAUVA-Bestrahlungstherapie, sie wird zwischen 20 - 70 % angegeben [10]
[11]. Eine andere Therapieoption ist die PUVA-Therapie (= Psoralen-UVA): Obwohl bis zu 70 % der behandelten Patienten mit einer einsetzenden Repigmentierung rechnen können, so können doch weniger als 20 % der Patienten eine vollständige Repigmentation aufweisen. Teilweise Repigmentierung wird bei 30 bis 40 % der Patienten erreicht [12]
[13]. Topische Glukokortikoide sind ebenfalls als Behandlungsoption zu erwähnen: Die Ansprechraten liegen zwischen 30 bis 50 %. Limitierend sind jedoch die lokalen Nebenwirkungen, welche auch eine Langzeitbehandlung einschränken [12].
Innerhalb des von uns untersuchten Patientenkollektives konnten wir eine höhere Erfolgsrate mit der Tacrolimustherapie gegenüber der PAUVA-Therapie erzielen. Für die Anwendung von topischem Tacrolimus gegenüber der PAUVA innerhalb der Vitiligotherapie sprechen weiterhin die einfachere Anwendung, die - auch von uns beobachtete - gute Wirksamkeit im Gesichts- und Halsbereich sowie die Möglichkeit der Anwendung im Kindesalter [14]. Weiterhin sollten vor Therapiebeginn bestimmte anamnestische Faktoren in die Therapieentscheidung mit eingebunden werden: Da wir ein unterschiedlich gutes Ansprechen abhängig vom Atopiestatus sowie der Anzahl der betroffenen Areale beobachten konnten, sollten diese spezifischen Merkmale stets erfasst werden.