Aktuelle Dermatologie 2007; 33(11): 439-440
DOI: 10.1055/s-2007-966740
Tagungsbericht

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Anti-Aging mit innovativen Techniken - Capri, 26. 5. 2007

Anti-Aging with Innovative Techniques - Capri, 26. 5. 2007C.  Bayerl1
  • 1Klinik für Dermatologie und Allergologie, HSK, Wilhelm-Fresenius-Klinik, Wiesbaden
Weitere Informationen

Prof. Dr. med. Christiane Bayerl

Klinik für Dermatologie und Allergologie
HSK, Wilhelm-Fresenius-Klinik
Lehrkrankenhaus der Universität Mainz

Aukammallee 39

65191 Wiesbaden

eMail: Christiane.Bayerl@HSK-Wiesbaden.de

Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
12. November 2007 (online)

Inhaltsübersicht

Frau Prof. Antonella Tosti, Bologna, Italien, war die Organisatorin des „Corso Pratico Anti-Aging: Tecniche Innovative”, einer internationalen Kongress- und Hands-on-Kursveranstaltung, die 150 Teilnehmer nach Capri zog. Teilnehmer, die des Italienischen nicht mächtig waren, konnten der Simultanübersetzung folgen. Prof. Tosti wertete die Bedeutung der Nahrungsergänzungsmittel für das Haar. Sie berichtete über die Studienlage aus der tierexperimentellen Haarforschung. Kritische Worte fand Sie für Zink bei diffusem Effluvium. Eine nicht notwendige Zinkeinnahme bei regelrechtem Zinkspiegel wirkt eher pro-apaptotisch und ist daher zu vermeiden. Im Mausmodell wurde gezeigt, dass hochdosierte orale Zinkgabe das Haarwachstum über eine Verzögerung der Anagenentwicklung des Haares stört. Unklar ist immer noch, ob Zink bei Chemotherapie induziertem Haarausfall hilfreich ist [1] und wenn ja, in welcher Dosis. Zudem dürfen Zink und Eisen nicht gleichzeitig gegeben werden, da Zink die Eisenaufnahme reduziert. Gewisse günstige Effekte bei Schaftbruch des Haares sind von Aminosäuren zu erwarten. So ist z. B. Taurin eine Aminosäure, die die Apoptose des Haarfollikels verhindert und anti-oxidativ wirkt. Wiederum im Mausmodell ließ sich der durch Zigarettenrauch induzierte Haarausfall mit oraler Gabe von N-Acetylcystein und Vitamin B6 verhindern [2]. β-Sitosterol und ein Extrakt aus Serenoa Repens, einem Liposterol, als pflanzliche Inhibitoren der 5-alpha-Reduktase wurden in einer Pilostudie bei 10 Probanden mit androgenetischer Aplopezie untersucht. 6 Probanden zeigten eine Besserung, allerdings bei rein klinischer Beurteilung [3]. Zu beachten ist, dass β-Sitosterol die Koagulationszeit erhöht und nicht in der Schwangerschaft angewendet werden darf. Grünteepolyphenole, wie das Epigallocatechin-3-gallat, stimulieren das Haarwachstum über Förderung der Proliferation und anti-apoptotische Effekte [4]. Resveratrol, ein Polyphenol, das sich auch im Rotwein findet, könnte über anti-androgene Wirkung in Zukunft interessant werden. Melatonin, das auch vom Haarfollikel selbst gebildet wird, erhöht die Anagen-Rate des Haares, wie bei Frauen mit androgenetischer Alopezie gezeigt wurde [5].

Frau Prof. Leslie Baumann, Miami, USA, stellte ihr System zur Einteilung der Haut in 16 Hauttypen vor. Entsprechend dieser Klassifikation kann einfacher eine Behandlungsempfehlung gegeben werden. Sie räumte mit dem Irrtum auf, Avokado in topischen Zubereitungen sei für jeden Hauttyp sinnvoll, und wies darauf hin, dass Avokado eine komedogene Substanz ist. Als alternativen Weg eine Aufhellung der Haut zu erzielen, berichtete Sie von Ihren positiven Erfahrungen mit Sojaextrakten. Die Wirkung erklärt man sich mittlerweile über eine Inhibition des PAR-2-Signalweges [6].

Was es Neues zu Fillern gibt, stellte Dr. Daphne Thioly-Bensoussan, Paris, Frankreich vor. Sie empfahl, nur bio-abbaubare Filler zu verwenden und berichtete von den Neuentwicklungen auf Basis von Schweine-Proteinen. Calciumhydroxylapatit-Partikel-haltige Filler sollten sehr tief injiziert werden. Frau Prof. Dr. Marina Landau, Tel Aviv, Israel, ging auf die Besonderheiten der Botulinumtoxin-Injektion bei Männern ein. Will man z. B. das Faltenbild an der Glabella vollständig unterdrücken, sind fast die doppelten Dosen als bei Frauen nötig. Die Entwicklung geht aber eher dahin, eine gewisse Restmuskelaktivität zu belassen, da Falten eben in fast allen Kulturkreisen als „männlich, ernst und seriös” empfunden werden.

Prof. Zerbinati, Pavia, Italien, riet zur Ehrlichkeit auch bei schlechten Ergebnissen mit Laser, IPL, Chemical Peeling, Fillern und ästhetisch rekonstruktiver operativer Tätigkeit. Entsprechend teilte er mit dem Auditorium komplexe Fälle aus seiner eigenen Tätigkeit als auch Fälle, die er als Gutachter bearbeitet hatte.

Zum Thema Dermaroller sprachen zwei Referenten eines Projektteams, Herr Prof. Dr. Alfred Fahr, Biologisch Pharmazeutische Fakultät Jena, und Herr Dr. Martin Schwarz, Plastischer Chirurg, Freiburg, Deutschland. Vorgestellt wurden Dermaroller mit Mikronadeln, die Verletzungen, sogenannte Mikroperforationen, an der Haut bis ins Corium setzen. In den vorgestellten Studien kamen zwei Dermaroller zur Anwendung, einer mit einer Nadellänge von 0,15 mm und ein weiterer mit 0,5 mm Nadellänge. Untersucht wurden neben der histologischen Morphologie nach Applikation des Dermarollers auch die Penetration von Substanzen anhand Markierung mit Carboxyfluoreszein und danach Fluoreszenzmikroskopie und der Verbleib radioaktiv markierter Mustersubstanzen in vivo und in Explant-Hautmodellen. Es zeigte sich, dass der transepidermale Wasserverlust erhöht war, Fluoreszenz und Radioaktivität waren bis in die Tiefe der Stichkanäle und auch aufgrund von Diffusion in der Tiefe des umgebenden Gewebes deutlich nachweisbar. Die Referenten empfehlen diese untersuchte Eindringtiefe für kosmetische Folgeanwendungen. Für medizinische Anwendungen stünden auch 1,5 mm lange Nadelsysteme zur Verfügung, die dann 0,7 mm tief in die Haut reichen. Die Handhabung erschien in der Filmpräsentation einfach und schnell und wird nach Oberflächenanästhesie in Cremeform (Augenumgebung), in Leitungsblock (Oberlippenregion) oder bei der gesamten Gesichtshaut auch in Vollnarkose durchgeführt.

Prof. Guiseppe Micali, Catania, Italien, gab einen Überlick über das dermatologische Handwerkszeug in nicht-invasiven Techniken: konfokale Laserprofilometrie, Korneometrie, pH-Messung und Ultraschall der Haut. Frau Prof. Mina Yaar, Boston, USA, stellte die intrinsische Hautalterung der UV-Alterung unserer Haut gegenüber. Sie listete einige der UVA-induzierten Effekte auf und erläuterte die immunologischen Grundlagen an Beispielen: die Mutation im p53-Gen bei präkanzerösen Keratosen und Spinaliom, ptc-Mutationen auf der Membran der Zellen beim Basaliom, die Hydrogenperoxidbildung, die Schädigung der Fibroblasten und AP-1-vermittelte Dysbalence der Matrixmetalloproteinasen, die Mutation in den Mitochondrien, die Immunsuppression vermittelt über Depletion der Langerhanszellen und über Il-10 und die ROS-induzierte über NFκB-induzierte Entzündung.

Das Gastreferat hielt Herr Prof. Lawrence A. Schachner, Miami, USA, über die Lehren, die die kosmetische Dermatologie aus der Epidermolysis bullosa ziehen kann. Er berichtete über seine Projekte der Transplantation von „tissue-engeneered skin (Apligraf)” auf Epidermolysis-bullosa-Haut bei Säuglingen und Kleinkindern. Er wies weiter darauf hin, dass die fötale Wundheilung in den ersten 9 Lebensmonaten in utero ohne Entzündung, in kürzester Zeit und ohne Narben abläuft, eine Eigenschaft die unsere Haut nach der Geburt verliert. Was dahintersteckt zu erkunden und „nachzubauen”, wäre ein Riesenfortschritt in der Dermatologie.

Beim diesjährigen, dritten Anti-Aging-Kongress und -Kurs hat die l’Accademia Mediterranea delle Donne Dermatologhe Italia, 2006 gegründet von Frau Dr. Gabriella Fabbrocini, Neapel, die verbunden ist mit der EuWDS, der Euopean Women's Dermatologic Society, erstmals den Preis „Afrodite” verliehen. Ihn erhielt Daphne Thioly-Bensoussan, Paris, Frankreich, für ihre Verdienste um die Förderung der Freundschaft und der wissenschaftlichen Kooperation in der Dermatologie des mediterranen Sprachraums.

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Abb. 1 Daphne Thioly-Bensoussan (in der Mitte mit Afrodite-Bild), Paris, erhält den Preis Afrodite der l’Accademia Mediterranea delle Donne Dermatologhe Italia für die Pflege der freundschaftlichen und wissenschaftlichen Beziehungen im mediterranen Sprachraum von Frau Dr. Gabriella Fabbrocini (Dritte von rechts), Neapel. Ganz links außen die Kongressorganisatorin Prof. Dr. Antonella Tosti, Bologna.

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Literatur

  • 1 Plonka P M. et al . Zinc as an ambivalent but potent modulator for murine hair growth.  in vivo - preliminary observations. Exp Dermatol. 2005;  14 844-853
  • 2 D’Agostini F. et al . Chemoprevention of smoke-induced alopecia in mice by oral administration of L-cystine and vitamin B6.  J Dermatol Sci. 2007;  46 189-198
  • 3 Prager N. et al . A randomized, double-blind, placebo controlled trial to determine the effectiveness of botanically derived inhibitors of 5-alpha-reductase in the treatment of androgenetic alopecia.  J Altern Complement Med. 2002;  8 143-152
  • 4 Kwon O S. et al . Human hair growth enhancement in vitro by green tea epigallocatechin-3-gallate (EGCG).  Phytomedicine. 2006;  in press
  • 5 Fischer . et al . Melatonin increases anagen hair rate in women with androgenetic alopecia or diffuse alopecia: results of a pilot randomized controlled trial.  Br J Dermatol. 2004;  150 341-345
  • 6 Paine C. An alternative approach to depigmentation by soybean extracts via inhibition of the PAR-2 pathway.  J Invest Dermatol. 2001;  116 587-595

Prof. Dr. med. Christiane Bayerl

Klinik für Dermatologie und Allergologie
HSK, Wilhelm-Fresenius-Klinik
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Aukammallee 39

65191 Wiesbaden

eMail: Christiane.Bayerl@HSK-Wiesbaden.de

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Literatur

  • 1 Plonka P M. et al . Zinc as an ambivalent but potent modulator for murine hair growth.  in vivo - preliminary observations. Exp Dermatol. 2005;  14 844-853
  • 2 D’Agostini F. et al . Chemoprevention of smoke-induced alopecia in mice by oral administration of L-cystine and vitamin B6.  J Dermatol Sci. 2007;  46 189-198
  • 3 Prager N. et al . A randomized, double-blind, placebo controlled trial to determine the effectiveness of botanically derived inhibitors of 5-alpha-reductase in the treatment of androgenetic alopecia.  J Altern Complement Med. 2002;  8 143-152
  • 4 Kwon O S. et al . Human hair growth enhancement in vitro by green tea epigallocatechin-3-gallate (EGCG).  Phytomedicine. 2006;  in press
  • 5 Fischer . et al . Melatonin increases anagen hair rate in women with androgenetic alopecia or diffuse alopecia: results of a pilot randomized controlled trial.  Br J Dermatol. 2004;  150 341-345
  • 6 Paine C. An alternative approach to depigmentation by soybean extracts via inhibition of the PAR-2 pathway.  J Invest Dermatol. 2001;  116 587-595

Prof. Dr. med. Christiane Bayerl

Klinik für Dermatologie und Allergologie
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Abb. 1 Daphne Thioly-Bensoussan (in der Mitte mit Afrodite-Bild), Paris, erhält den Preis Afrodite der l’Accademia Mediterranea delle Donne Dermatologhe Italia für die Pflege der freundschaftlichen und wissenschaftlichen Beziehungen im mediterranen Sprachraum von Frau Dr. Gabriella Fabbrocini (Dritte von rechts), Neapel. Ganz links außen die Kongressorganisatorin Prof. Dr. Antonella Tosti, Bologna.