Zusammenfassung
Periostreaktionen sind fundamentale radiologische Befunde einer Vielzahl von Knochenerkrankungen,
deren Morphologie Rückschlüsse auf die biologische Aktivität des auslösenden pathologischen
Prozesses zulässt. Die korrekte Klassifikation ihrer Mineralisationsmuster stellt
einen wichtigen Teilaspekt der Analyse konventioneller Röntgenaufnahmen dar,
die letztlich den Ausgangspunkt für jegliche weitere Diagnostik bilden sollte.
Dieser Artikel gibt eine Übersicht über die Anatomie und Pathophysiologie des
Periosts, die Darstellung periostaler Veränderungen mittels radiologischer und
nuklearmedizinischer Verfahren, die radiographische Klassifikation von Periostreaktionen
und die sich daraus ergebende Differenzialdiagnostik.
Abstract
Periosteal reactions are fundamental radiologic findings observed in a wide variety
of bone diseases, the morphology of which relates to the biologic activity of
the underlying pathologic process. The correct classification of their patterns
of mineralisation represents an important aspect of the analysis of conventional
radiographs, which should be the starting point of any further investigations.
This article reviews the anatomy and pathophysiology of the periosteum, the depiction
of periosteal changes with radiologic methods and skeletal scintigraphy, the radiographic
classification of periosteal reactions, and the resulting differential diagnoses.
Key words
Periosteum - periosteal reaction - periostitis - imaging - radiography
Kernaussagen
Anatomie
Das Periost besteht aus einer äußeren Faserschicht (Stratum fibrosum) und einer
inneren Wachstumsschicht (Kambiumschicht). Im Kindesalter ist es deutlich dicker,
weniger stark an der Knochenoberfläche fixiert und weist eine höhere Basisaktivität
auf als bei Erwachsenen. Im Gelenkbereich stellt die Gelenkkapsel die Fortsetzung
des Periosts dar.
Periostreaktionen
Periostreaktionen sind unspezifische histologische und radiologische Reaktionsmuster
der Knochenhaut als Antwort auf einen Reiz, welcher einer Periostabhebung, einer
passiven Hyperämie, einem Ödem, einer Destruktion der Kortikalis, einer chemischen
Aktivierung oder einer Änderung der mechanischen Belastungssituation entsprechen
kann.
Der Zeitraum zwischen dem Beginn einer Periostaktivierung und dem Auftreten
einer im Röntgenbild erkennbaren Periostreaktion beträgt in Abhängigkeit vom
Alter des Patienten einige Tage bis mehrere Wochen.
Periostreaktionen können Folge von Traumen, entzündlichen Prozessen, Tumoren,
Perfusionsstörungen, lokaler Hypoxie und Stoffwechselstörungen sein. Differenzialdiagnostisch
sind auch die insgesamt seltenen primären Periosterkrankungen zu berücksichtigen.
Die Morphologie einer Periostreaktion lässt Rückschlüsse auf die biologische
Aktivität des auslösenden pathologischen Prozesses zu.
Bildgebung
Das Röntgenbild ist die Basisuntersuchung, um periostale Veränderungen nachzuweisen
und zu klassifizieren. Physiologische Periostappositionen sind differenzialdiagnostisch
zu berücksichtigen.
Die CT ermöglicht auch in Regionen mit komplexer Skelettanatomie eine Erkennung
und Klassifizierung von Periostreaktionen.
Die MRT kann Periostreaktionen zwar früh und sensitiv nachweisen, ist zu ihrer
Klassifizierung jedoch letztlich ungeeignet. Die Stärke der MRT liegt in der
Darstellung von Veränderungen des Knochenmarks und der dem Periost benachbarten
Weichteile.
Mit der Skelettszintigraphie können periostale Osteoblastenaktivierungen nachgewiesen
werden („parallel track sign” an langen Röhrenknochen). Das Verfahren ist insbesondere
geeignet, um zwischen monostotischen und oligo-/polyostotischen Periostveränderungen
zu unterscheiden.
Klassifikation
Periostreaktionen lassen sich einteilen in kontinuierliche Periostreaktionen
mit oder ohne Destruktion der Kortikalis, unterbrochene Periostreaktionen und
komplexe Periostreaktionen.
Periostschalen sind kontinuierliche Periostreaktionen mit Kortikalisdestruktion,
die fast ausschließlich bei Knochentumoren auftreten.
Kontinuierliche Periostreaktionen mit erhaltener Kortikalis können Symptom einer
Vielzahl systemischer und fokaler Knochenerkrankungen sein. Während der solide
Typ und die einzelne Periostlamelle eher für einen benignen Prozess sprechen,
ist beim lamellären und spikulären Typ differenzialdiagnostisch u. a. auch an
maligne Tumoren zu denken.
Unterbrochene und komplexe Periostreaktionen zeigen in der Mehrzahl der Fälle
einen hochaggressiven Knochenprozess an.