ZWR - Das Deutsche Zahnärzteblatt 2007; 116(4): 196
DOI: 10.1055/s-2007-979662
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Sensible Zähne - Viele Substanzen kaum wirksam, Hauptrisiken bleiben oft unbeachtet

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Publikationsdatum:
10. Mai 2007 (online)

 
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Etwa 15-20% der Erwachsenen leiden unter sensiblen Zahnhälsen, die ziehende Schmerzen bei Nahrungsaufnahme und Zahnpflege verursachen. In den letzten Jahren ist die Nachfrage nach Spezialprodukten deshalb ebenso gestiegen wie die Zahl der Produktvarianten. Doch viele Inhaltsstoffe dieser Produkte sind kaum wirksam, einige davon können sogar schädlich sein. Zu diesem Ergebnis kommen die Experten der medizinisch-wissenschaftlichen Abteilung von GABA, Spezialist für orale Prävention, in einem internen Bericht. Die dem Bericht zugrunde liegenden Studien zeigen, dass viele eingesetzte Substanzen weder die Schmerzen beseitigen noch Zahnhalskaries wirksam vorbeugen können. Viele Zahnpasten weisen zudem einen viel zu hohen Abrasionswert (RDA) auf, was zu Schäden am freiliegenden Zahnhals führen kann.

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Wirkung oft minimal oder nicht belegbar

Die Desensibilisierung schmerzempfindlicher Zähne steht für Zahnarzt und Patient im Vordergrund. Hierbei kommen unterschiedlichste Substanzen zum Einsatz. So sollen mit Kalium- oder Strontiumsalzen versetzte Zahnpasten die Schmerzweiterleitung hemmen. Für ihre überlegene Wirkung gegenüber Standardzahnpasten - beispielsweise mit Natriummonofluorphosphat - gibt es jedoch keinen eindeutigen klinischen Beleg. Auch die Effektivität von Natriumfluorid beim Verschluss der reizleitenden Tubuli kann nur als mäßig bezeichnet werden. Die besten Studienergebnisse zeigen aminfluoridhaltige Zahnpasten. Durch die hohe Oberflächenaktivität des organischen Fluorids wird eine besonders homogene, gut haftende Calciumfluoriddeckschicht gebildet, die Dentinkanälchen wirksam und dauerhaft verschließt und so eine Weiterleitung schmerzhafter Reize verhindert. Diese Eigenschaft führt bei der Desensibilisierung zu einer deutlichen Überlegenheit aminfluoridhaltiger Produkte gegenüber Produkten mit Natriumfluorid.

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Karies: freiliegende Zahnhälse besonders gefährdet

Doch die alleinige Thematisierung des Schmerzes bei Dentinhypersensibilität wird von Experten auch kritisch betrachtet. "Der Schmerz ist lediglich ein Symptom. Durch eine zu starke Fokussierung auf die Schmerzbekämpfung läuft man Gefahr, die eigentlichen Probleme aus den Augen zu verlieren: allen voran das der Zahnhalskaries", mahnt Prof. Ingrid Hoyer von der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Da das freiliegende Dentin des Zahnhalses wesentlich weniger widerstandsfähig gegen die Säureangriffe der Plaquebakterien ist als der Schmelz, besteht ein deutlich erhöhtes Kariesrisiko. Vor allem bei älteren Patienten muss hier das Hauptaugenmerk liegen, denn oft fehlt das Warnsignal Schmerz. "Viele Produkte für sensible Zähne bieten aufgrund mangelnd wirksamer Inhaltsstoffe keinen ausreichenden Schutz vor Zahnhalskaries", kritisiert Bärbel Kiene, Leiterin der medizinisch-wissenschaftlichen Abteilung bei GABA. "So haben Kalium- und Strontiumsalze nachweislich keinerlei remineralisierenden Effekt, Zinksalze - beispielsweise Zinkcitrat - wirken weder desensibilisierend noch remineralisationsfördernd und Substanzen wie Pyrophosphat, Vitamin E oder Vitamin B5 kann man in Bezug auf den Kariesschutz ebenfalls als wirkungslos bezeichnen." Studien belegen, dass das organische Aminfluorid auch beim Schutz vor Zahnhalskaries besonders effektiv ist, da es eine sehr hohe Anreicherung von Fluorid am und im Schmelz bewirkt und ebenso eine hohe Fluoridkonzentration im Speichel.

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Keine Weißmacher bei sensiblen Zähnen

Echten Schaden können andere Inhaltsstoffe vermeintlicher Spezialprodukte für sensible Zähne anrichten: stark abrasive Putzkörper. Da das freiliegende Dentin weicher ist als Schmelz, muss es besonders schonend gereinigt werden, um den empfindlichen Zahnhals nicht anzugreifen. Deshalb sollte der RDA-Wert einer Spezialzahnpasta für freiliegende Zahnhälse 40 nicht überschreiten.

Ingrid Hoyer warnt vor irreführenden Produktbezeichnungen: "Die Bezeichnung 'sensitiv' ist kein verlässlicher Hinweis auf die niedrige Abrasivität einer Zahnpasta. Sehr günstig ist der für 'elmex SENSITIVE' angegebene RDA-Wert von etwa 30. Im Gegensatz dazu sind die RDA-Werte bei sogenannten Whitening-Produkten oder Raucherzahnpasten meist besonders hoch. Sie eignen sich nicht für die tägliche Zahnpflege bei Dentinhypersensibilität. Generell", rät Hoyer, "sollte man bei der Auswahl von Spezialprodukten für sensible Zähne darauf achten, dass die Leistungen der Inhaltsstoffe wissenschaftlich dokumentiert sind."

Dieser Beitrag entstand in Zusammenarbeit mit der GABA GmbH, Lörrach

 
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