Viszeralchirurgie 2007; 42(6): 389-391
DOI: 10.1055/s-2007-981409
Das viszeralchirurgische Prüfungsgespräch

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Der Leberrundherd

Singular Liver TumorU. Settmacher1
  • 1Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Gefäßchirurgie, Universitätsklinikum Jena
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Publication Date:
20 December 2007 (online)

Raumforderungen der Leber werden oft bei relativer Symptomarmut in der „Routine”-Sonografieuntersuchung des Patienten detektiert. Bei einer jungen Patientin, die sich mit Druckgefühl im Oberbauch beim Hausarzt vorstellt, findet sich eine große echoarme Raumforderung im linken Leberlappen (ca. 15 cm groß).

Welche weitere Diagnostik ist notwendig und wie sieht die Behandlungsstrategie aus?

Basisdiagnostik für Raumforderungen der Leber stellt die abdominale Sonografie dar. Gestützt wird der erhobene Befund durch die kontrastmittelgestützte Computertomografie.

Große singuläre, symptomatische Zysten werden durch die laparoskopische Resektion der Zystenwand therapiert. Auf die Versorgung eröffneter peripherer Gallengänge ist zu achten.

Bei einem 45-jährigen Landwirt bestehen seit 3 Monaten zunehmende rechtsseitige Oberbauchschmerzen und Druckgefühl. Sein Allgemeinzustand ist ausgezeichnet. Sonografisch findet sich ein echoarmer, scharf begrenzter Rundherd in der rechten Leber, der teils gekammert erscheint. Im Blutbild findet sich eine Eosinophilie. Wie wird diagnostisch weiter vorgegangen? Wie wird ggf. therapiert?

Der geschilderte Befund ist am ehesten mit einer Echinokokkuszyste vereinbar. Es sollte deshalb als Nächstes die Echinokokkus-Serologie untersucht werden. Eine Punktion der Raumforderung ist bis auf weiteres zu unterlassen, um eine Aussaat von Skolizes zu vermeiden. Sind die Zysten sehr groß oder nahe am Hilus gelegen, könne sie durch lokale Kompression des Gallengangs auch einen mechanischen Ikterus verursachen. Anaphylaktische Reaktionen können beobachtet werden. Weitere diagnostische Klarheiten schaftt die Computertomografie. Im CT können sich Zystenwandverkalkungen und die typische Septierung zeigen.

Die Behandlung besteht in der antimikrobiellen, medikamentösen Therapie (Benzimidazolderivate wie Albendazol, beginnend vier Wochen vor der Operation sowie bis 8 Wochen postoperativ) und der Operation des Befundes im Sinne einer Endozystektomie (zunächst Devitalisierung der Skolizes durch Instillation hyperosomolarer Lösungen und Absaugen und dann die Hydatektomie), Perizystektomie - Ausschälen des gesamten Prozesses oder als Leberteilresektion.

Patienten mit einem Hämangiom der Leber werden oft über Jahre regelmäßig einer diagnostischen Überwachung unterzogen. Wie wird die Diagnostik durchgeführt und wann sollte ein Hämangiom operiert werden?

Hämangiome erscheinen sonografisch als homogen echoreiche, scharf begrenzte Läsionen ohne Halo, die häufig eine diskrete dorsale Schallverstärkung zeigen. In der CT erscheint der Tumor isodens zu Blut, d. h. bei der nicht verfetteten Leber etwas hypodens. Verkalkungen kommen vor. Nach KM-Gabe findet sich klassischer Weise eine KM-Anreicherung von peripher nach zentral („Irisblendenphänomen”) bis der Tumor isodens zum Leberparenchym ist. In der dynamischen MRT mit KM ist ebenfalls ein „Irisblendenphänomen” erkennbar, wodurch es sich von der blanden Zyste unterscheidet. Im T2-Bild ist es wegen des langsamen Blutflusses stark signalreich und homogen strukturiert.

Hämangiome können durch Einblutungen und Größenwachstum mit Kompression von Nachbarstrukturen symptomatisch werden. Sind sie sehr groß und kapselnah besteht die Gefahr der Ruptur insbesondere bei großen Prozessen.

Kompression, differenzialdiagnostische Unsicherheiten und sehr große kapselnahe Befunde sind Indikationen zur Operation. Die operationspflichtigen Befunde werden durch eine Leberteilresektion therapiert. Mitunter werden die Befunde vor der Operation zur Verkleinerung embolisiert.

Die fokal noduläre Hyperplasie (FNH) der Leber erfordert keine chirurgische Therapie. Unter welchen Umständen kann trotzdem die Indikation zur Operation bei eindeutiger Diagnose gestellt werden?

Die Operationsindikation wird bei deutlichem Wachstum, insbesondere bei nicht typischen Befunden und bei durch Kompression von Nachbarorganen symptomatischen Befunden gestellt. In jedem Fall sollten hormonelle Kontrazeptiva abgesetzt werden, da diese im Verdacht stehen, die Erkrankung zu begünstigen, eine Schwangerschaft hingegen stellt kein signifikant erhöhtes Risiko dar.

Wie wird ein Adenom diagnostiziert und welche Konsequenzen ergeben sich aus der Diagnose Adenom?

Adenome sind benigne primäre Tumoren der Leber. Sie finden sich häufiger bei Frauen. Bildmorphologisch imponieren sie im Ultraschall als gut abgrenzbarer, inhomogener Tumor mit echoarmen Arealen mit zentralvenösem Fluss im Doppler. CT und MRT Befunde sind eher unspezifisch. Nativ ist es in der CT meist gering hypodens zum umgebenden Lebergewebe. Nekrosen sind hypodens, frische Einblutungen hyperdens. In der arteriellen Phase der biphasischen CT findet sich eine frühe KM Anreicherung, bei Isodensität zum übrigen Lebergewebe in der portalvenösen Phase. Bei Einblutungen und Nekrosen findet sich ein insgesamt inhomogenes Bild. In der MRT beobachtet man allenfalls eine geringe Hypo- oder Hyperintensität in den T1- und Hyperintensität in den T2-gewichteten Bildern. Analog zum CT kommt es zu einer vorübergehenden Hyperintensität in der Frühphase nach KM-Gabe (T1-Betonung). Nach Einblutung oder bei Nekrosen liegt ein inhomogenes Bild vor. Eine sichere Abgrenzung zum hepatozellulären Karzinom (HCC) gelingt weder mithilfe der CT noch der MRT. Eine CT-gesteuerte Punktion ist wegen der ebenfalls unsicheren histologischen Differenzierung zum HCC und der Blutungsgefahr nicht indiziert.

Sie können monströs wachsen und rupturieren. Weiterhin besteht die Gefahr der malignen Entartung. Die Therapie der Wahl ist die Leberteilresektion.

Die Leber ist oft von Metastasen solider Organtumoren anderen Ursprungs beherded. Welche Metastasen stellen derzeit Indikationen für eine Operation dar? Welche weitere Diagnostik hat im Vorfeld der Operation zu erfolgen?

Patienten mit Metastasen kolorektaler Karzinome stellen das Hauptkollektiv in der onkologischen Leberchirurgie dar. Aufgrund der engmaschigen Tumornachsorge werden die Metastasen heute durch Sonografie und CT meist frühzeitig entdeckt. Extrahepatische Metastasen und Lokalrezidive sollten ausgeschlossen sein. Die kurative Resektion führt zu einer 5-Jahres-Überlebensrate von 30 %-40 %. Rezidivmetastasen können mit vergleichbaren Ergebnissen angegangen werden.

Bei Metastasen aus dem nicht-kolorektalem Bereich besteht lediglich für Filiae neuroendokriner Tumoren (mitunter wird sogar die Indikation zur Lebertransplantation gestellt) und Metastasen eines Mammakarzinoms, Nierenzellkarzinoms und bei Wilms-Tumoren die Indikation zur Resektion. Angesichts der hohen Sicherheit von Leberresektionen ist bei begrenztem Fortschreiten der Grunderkrankung die Indikation jedoch auch bei anderen Tumorerkrankungen vertretbar, wenn die Tumorbiologie günstig ist und die Lebermetastasen die Erkrankung dominieren. Generelle Richtlinien lassen sich derzeit nicht erstellen, da bei vielen soliden Tumoren durch multimodale Therapieansätze eine verbesserte Prognose auch in fortgeschrittenen Tumorstadien erzielt wurde und sich derzeit konzeptionell viele Therapieansätze in Veränderung befinden.

Bei einem Patienten wird nach Cholezystektomie ein Gallenblasenkarzinom (pT2) diagnostiziert. Wie sieht die weitere Behandlungsstrategie laut den Leitlinien der AWMF aus?

In den Leitlinien (S1 Leitlinie, gültig bis 06 / 2006) wurde hier die Resektion des Gallenblasenbettes mit einem 3 cm Saum oder die anatomische Leberresektion (Resektion der Segmente IV b und V) empfohlen mit systemischer Lymphadenektomie aus dem Ligamentum hepatoduodenale.

Hepatozelluläre Karzinome (HCC) entwickeln sich oft auf dem Boden einer Leberzirrhose. Seltener werden sie in der normalen Leber gefunden. Welche Kriterien werden für die Diagnostik herangezogen?

Nach den Empfehlungen der European Association for Study of the Liver (EASL) sind 2 bildgebende Verfahren gefordert. Hypervaskulariserte Knoten größer als 2 cm in zwei bildgebenden Verfahren (kontrastmittelgestützte Sonografie und Spiral-CT), auch wenn keine AFP-Erhöhung vorliegt, waren hier bei Patienten mit Zirrhose nahezu in 100 % HCC's. Bei Knoten kleiner als 2 cm ist hier oft eine Punktion zur Sicherung notwendig, insbesondere wenn die Bildgebung nicht eindeutig ist.

Welche therapeutischen Optionen bestehen für die Behandlung des HCC und wie werden sie eingesetzt?

Beim hepatozellulären Karzinom ist das Vorhandensein einer Leberzirrhose von entscheidender Bedeutung für die weitere Therapieplanung. Die eingeschränkte Leberfunktion und der Pfortaderhochdruck limitieren die Möglichkeiten der Leberteilresektion. Deshalb haben sich hier in den letzten Jahren die Hepatektomie und Lebertransplantation zur gleichzeitigen Therapie des hepatozellulären Karzinoms und der Grunderkrankung etabliert. Umstritten ist jedoch das Ausmaß der Tumorerkrankung, welches die Lebertransplantation rechtfertigt. Hier haben sich in Europa die Mailand-Kriterien durchgesetzt. Danach ist ein Transplantationskandidat, wer nicht mehr als einen Tumor mit einem Durchmesser von maximal 5 cm oder maximal 3 Herde mit einem maximalen Durchmesser von jeweils 3 cm hat. Weitere Ausschlusskriterien sind die Infiltration großer Gefäße sowie der extrahepatische Tumorbefall. Zur Überbrückung der Wartezeit werden im Sinne einer lokalen Tumorkontrolle die perkutane oder offene Thermoablation und die transarterielle Chemoembolisation eingesetzt. Einen entscheidenden Überlebensvorteil hat die Einführung der Erwachsenen-Leberlebendspende gebracht. Wenn ein adäquater Lebendspender zur Verfügung steht, können durch den früheren Operationstermin der Empfänger optimal konditioniert und die Wartezeit und somit auch das Tumorwachstum minimiert werden.

Anders ist die Situation bei den Patienten mit einem HCC ohne eine assoziierte Leberzirrhose. Es gelten hier die Grundsätze der modernen Leberchirurgie.

Immer noch umstritten und individuell abklärbar ist die Situation bei Patienten mit gering supprimierter Leberfunktion bei Leberzirrhose Child A und kleinen singulären HCC-Herden. Hier sollte unter einem kurativen Therapieansatz zunächst eine Resektion mit Sicherheitsabstand angestrebt werden.

Intrahepatische cholangiozelluläre Karzinome (iCCC) sind selten. Wie wird die Differenzialdiagnose zu anderen primären Malignomen der Leber geführt und wie werden sie behandelt?

Das intrahepatische, cholangiozelluläre Karzinom imponiert wie eine solide Raumforderung der Leber und findet sich meist bei älteren Patienten. Sonografisch erscheinen intrahepatische cholangiozelluläre Karzinome echoreich. Sie sind stromareich und die Differenzialdiagnose ist hauptsächlich zum HCC zu führen. Die Differenzialdiagnose wird in der CT oder MRT insbesondere kontrastmittelgestützt geführt. Es gibt aber hepatozelluläre und cholangiozelluläre Mischtumore, die erst vom Pathologen adäquat diagnostiziert werden.

Beim intrahepatischem cholangiozellulärem Karzinom (iCCC) stellt die Resektion die einzige potenzielle kurative Therapie dar. Aufgrund der schnellen Wachstumsrate, der zunächst oft okkulten Herde und der späten Diagnosenstellung sind die meisten Patienten bei Diagnosestellung jedoch nicht mehr operabel. Die Ergebnisse der Lebertransplantation beim CCC waren bisher nicht überzeugend.

Prof. Dr. U. Settmacher

Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Gefäßchirurgie · Universitätsklinikum Jena

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