Die Pfleger an insgesamt 44 Transplantationszentren wurden mittels eines standardisierten
Fragebogens gefragt, wie sie mit den Aspekten Isolation, Körper- und Mundpflege sowie
orale Ernährung umgehen. Wie die Auswertung ergab, ist die Spannbreite zwischen dem
Ergreifen oder dem Unterlassen von Maßnahmen zur Infektionsprophylaxe bei transplantierten
Patienten enorm groß, ein wirklich fundiertes "evidenzbasiertes" Vorgehen ist nicht
zu erkennen. Es erscheint notwendig, die Vorgehensweisen sowohl auf ihre Effektivität
und Effizienz, als auch auf ihre "Sinnhaftigkeit" hin zu untersuchen.
Im Sommer 2005 wurde im Auftrag des AKTX-Pflege e.V. eine Befragung des Pflegepersonals
mittels eines standardisierten Fragebogens zur Infektionsprophylaxe nach Organtransplantation
an insgesamt 44 Transplantationszentren in Deutschland mit unterschiedlichen Fachdisziplinen
wie Urologie, Viszeralchirurgie, Herzchirurgie, Kinderherzchirurgie, Herz-, Thorax-
und Gefäßchirurgie sowie Pädiatrie durchgeführt.
Ziel der Befragung war die Erhebung des Status Quo zum Umgang mit den Aspekten Isolation,
Körper- und Mundpflege sowie orale Ernährung in Bezug auf die Infektionsprophylaxe.
Im Vordergrund stand dabei die Darstellung eventueller Unterschiede im Umgang mit
den genannten Punkten und möglicher Begründungen hierfür.
Ausgangssituation
Ausgangssituation
Die Idee zu diesem Projekt entstand durch die immer wiederkehrenden Auseinandersetzungen
und Diskussionen zu dieser Thematik. Hierbei wurde besonders oft der "Sinn und Zweck"
von Isolationsmaßnahmen sowie deren Durchführung bei transplantierten Patienten seitens
der Pflegekräfte im Rahmen ihrer täglichen Arbeit hinterfragt. Diese Auseinandersetzung
fand auch im Dialog mit den Ärzten sowie im Austausch auf den jährlichen Symposien
des AKTX statt.
Durchführung
Durchführung
Insgesamt erstreckte sich die Befragung über knapp sechs Monate. Dabei nahm die Entwicklung
des Fragebogens von der Idee bis zur Fertigstellung einen Zeitraum von etwa acht Wochen
in Anspruch, danach erfolgte ein Pretest in zwei Kliniken. Verschickt wurden insgesamt
186 Fragebögen. Dabei gingen jeder Fachdisziplin zwei Fragebögen gleichen Inhalts
zu, unterteilt nach Intensiv- und Normalstation.
Der Rücklauf erfolgte anonym und lag bei etwas mehr als 50%. Insgesamt flossen 82
Fragebögen in die Wertung ein. Der größte Anteil kam aus den kleineren Zentren mit
5-25 Transplantationen im Jahr. Im Anschluss fand sowohl eine quantitative, als auch
qualitative Auswertung der Fragebögen statt.
Auswertung
Auswertung
Der gewünschte Aspekt der Anonymität beim Rücklauf der Fragebögen hatte unmittelbare
Auswirkungen auf die Vergleichbarkeit der Daten. Dies führte unter anderem dazu, dass
die Maßnahmen zur Infektionsprophylaxe innerhalb einer Klinik, also zwischen Intensivstation
und Normalstation nicht miteinander verglichen werden konnten, ebenso entfiel dadurch
ein direkter Vergleich zwischen einzelnen Transplantationszentren.
Protektive Isolation
Protektive Isolation
Isolationsmaßnahmen wurden auf den Intensivstationen in etwa 75% der Fälle durchgeführt
und zwar fast grundsätzlich ohne Angabe von speziellen Gründen. Auf den Normalstationen
lag die Isolationsrate lediglich bei rund 50% der Patienten, diese erfolgte bei etwa
25% ohne Differenzierung nach bestimmten Kriterien. Die weiteren Aussagen beziehen
sich auf beide Bereiche (Intensiv- und Normalstation).
Bei ungefähr 30% der isolierten Patienten erstreckte sich der Isolationszeitraum über
die gesamte Dauer des stationären Aufenthaltes. Bei etwa jedem zehnten Fall wurde
der Zeitraum auf zwei Wochen begrenzt. Untergebracht wurden die Patienten fast immer
in einem Einzelzimmer, selten in Form einer Kohorte, in der Regel nach Erregerspektrum
differenziert.
Als "Einzelmaßnahmen zur Isolation" wurden am häufigsten die separate Händedesinfektion
vor Betreten des Zimmers sowie die Kombination der Händedesinfektion mit dem Tragen
eines unsterilen Kittels und das Anlegen eines Mundschutzes genannt.
In etwas mehr als der Hälfte der gemachten Aussagen existieren schriftlich fixierte
Standards zur Anwendung von Isolationsmaßnahmen, die in Einzelfällen schon einmal
hausintern durch die Hygieneabteilung überprüft wurden. Eine wissenschaftlich fundierte
Überprüfung der Wirksamkeit dieser Maßnahmen erfolgte nicht.
Infektionsprophylaxe bei der Körperpflege
Infektionsprophylaxe bei der Körperpflege
Die am häufigsten genannte Maßnahme zur Infektionsprophylaxe bei der Körperpflege
ist der Einsatz eines Legionellenfilters vor den Wasserhähnen, gefolgt von der Anwendung
keimreduzierender Zusätze. Häufig wird beides auch kombiniert angewendet. Dieser Vorgehensweise
liegt meist die Kontrolle der jeweiligen Hygieneabteilung des Hauses zugrunde, Richtlinie
ist hier der allgemeine Hygieneplan.
Infektionsprophylaxe bei der Mundpflege
Infektionsprophylaxe bei der Mundpflege
Zu den "Spitzenreitern" der Infektionsprophylaxe bei der Mundpflege zählen die Anwendung
von oralen Antimykotika, sowie der regelmäßige Gebrauch von Rachendesinfektionsmitteln.
In den überwiegenden Zentren wurden diese Anwendungsmöglichkeiten nicht auf ihre Wirksamkeit
hin überprüft.
Infektionsprophylaxe bei der oralen Ernährung
Infektionsprophylaxe bei der oralen Ernährung
Ungefähr 20% der Zentren bieten ihren Patienten eine besondere Kost an oder streichen
bestimmte Lebensmittel vom Speiseplan. Besonders empfohlen wird hierbei der Verzicht
auf rohes Fleisch und rohen Fisch sowie Nüsse und Schimmelkäse. Auch den Verzehr von
Eiern schränken einige Zentren aufgrund der allgemeinen Gefahr einer Salmonellenvergiftung
ein. Die meisten verzichten jedoch auf Einschränkungen bestimmter Nahrungsmittel.
Resümee
Resümee
Die Spannbreite bei der Ergreifung oder dem Unterlassen von Maßnahmen zur Infektionsprophylaxe
bei transplantierten Patienten ist enorm groß. Die Maßnahmen erfolgen, wenn angewendet,
relativ willkürlich. Es ist in keinem Fall - ob nun Infektionsmaßnahmen ergriffen
werden oder nicht - ein wirklich fundiertes "evidenzbasiertes" Vorgehen zu erkennen.
Im Hinblick zum einen auf das Outcome der Patienten und zum anderen auch auf die Kostenentwicklung
im Gesundheitswesen, sollten diese doch überwiegend willkürlich erscheinenden und
zum Teil sehr differenten Vorgehensweisen sowohl auf ihre Effektivität und Effizienz,
als auch auf ihre "Sinnhaftigkeit" hin untersucht werden.
Vorstand AKTX Pflege e.V.