Das Mortalitätsrisiko von Dialysepatienten ist erschreckend hoch, ein 20-jähriger Dialysepatienten hat das gleiche Risiko wie ein gesunder 80-Jähriger [1]. Um diese Situation zu verbessern muss man die relevanten Risikofaktoren und den Einfluss auf den Krankheitsverlauf kennen. "Seit Langem vermissen wir in der deutschen Nephrologie eine umfassende Datenbank, die Einblick in die gegenwärtige Behandlungsqualität der Dialysepatienten gibt", betonte Prof. Jan Galle, Lüdenscheid. Ein sehr ambitioniertes, aber auch dringendes Projekt ist daher AENEAS ("Anwenderfreundliche Evaluation in der Nephrologie zu Entzündung, Anämie und sHPT"). Der offizielle "Startschuss" für dieses größte Langzeit-Dokumentationsprojekt in der Nephrologie war Mitte Mai.
Langzeitdokumentation und wissenschaftliche Auswertung
Langzeitdokumentation und wissenschaftliche Auswertung
Mithilfe von ANEAS soll es möglich sein, wesentliche Aussagen zum Krankheitsverlauf - auch in der klinischen Langzeitbetrachtung - mit den tatsächlich durchgeführten Therapien abzugleichen. In der unabhängigen Datenbank werden die pseudonymisierten Daten großer Patientenkollektive deutschlandweit gesammelt.
AENEAS wurde speziell für die Analyse der Therapiesituation sowie der gravierendsten Begleiterscheinungen der Dialyse entworfen. Im Vordergrund steht die Langzeitdokumentation sowie die rein wissenschaftliche Auswertung der Daten. Es unterscheidet sich daher in der Zielsetzung von Benchmarksystemen wie QiN, QuasyNeT oder EuCliD. Zu den "Kern-Forschungsbereichen" der chronischen Niereninsuffizienz - Dialyseverfahren, Entzündung, Anämie und sHPT - wertet je eine Experten-Arbeitsgruppe des ärztlichen Rates die AENEAS-Daten hinsichtlich aktueller Fragestellungen und Forschungsansätze aus.
Internationale Daten nicht eins zu eins auf Deutschland übertragbar
Internationale Daten nicht eins zu eins auf Deutschland übertragbar
Um die Wirksamkeit von verschiedenen Therapieansätzen valide auszuwerten oder gar Zusammenhänge zwischen diesen Begleiterkrankungen herstellen und daraus wichtige Erkenntnisse für die Behandlung der Patienten ableiten zu können, musste die deutsche Nephrologie bislang auf amerikanische Datenbanken (USRDS, "United States Renal Data System"), auf internationale (DOPPS, "Dialysis Outcomes and Practice Pattern Study") oder auf europäische Datenbanken (z. B. "UK Renal Registry") zurückgreifen. Dies ist nicht unproblematisch: In anderen Ländern gelten andere Dialysestandards, die Verteilung zwischen den verschiedenen Nierenersatztherapien ist mitunter ganz anders - und nicht zuletzt spielen auch Faktoren wie die interkulturell unterschiedlichen Ernährungsgewohnheiten eine Rolle. Mit AENEAS sollen nun endlich Aussagen über die spezielle Therapiesituation in Deutschland getroffen werden können. Auch ein internationaler Vergleich wird dann möglich sein.
Nutzen für Ärzte und Patienten
Nutzen für Ärzte und Patienten
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schneller und einfacher Abgleich der eigenen Zentrumsdaten bezüglich Therapiesituation und Verlaufsdarstellung mit dem Gesamtkollektiv
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direkte Rückmeldung zur Dokumentationsqualität im Zentrum
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spezifische medizinisch-wissenschaftliche Fragestellung an ärztlichen Rat möglich
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Verbesserung der Datenlage bei Nierenkranken in Deutschland
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Kaum Mehraufwand für teilnehmende Zentren
Kaum Mehraufwand für teilnehmende Zentren
Nach einer einjährigen Pilotphase, in der nur 34 ausgewählte Zentren ihre Patientendaten zur Verfügung stellen konnten, soll nun die AENEAS-Datenbank deutschlandweit möglichst flächendeckend zur Anwendung kommen. Die Daten können online-basiert über www.aeneas-dialyse.de eingespielt werden (Abb. [1]). Der Export einer pseudonymisierten Patientendatei erfolgt über das von vielen Dialysezentren genutzte "ANKo-Tool" aus den gängigen Dialyseverwaltungsprogrammen ("Nephro7", "IndiCation" oder "DISweb"). Die teilnehmenden Zentren haben daher kaum Mehraufwand, einzige Voraussetzungen sind eine ANKo-kompatible Dialysesoftware und die ANKo-Installation.
Der Mehraufwand für die Dialysezentren und -praxen ist gering, da die Datenübertragung elektronisch abläuft. Mithilfe des "ANKo-Tools" erfolgt der Datentransfer aus den gängigen Verwaltungsprogrammen ("Nephro7", "IndiCation" oder "DISweb").
Ein Meilenstein ist, bis Ende des Jahres die Datenbank von momentan 1889 auf zirka 5 000 Patientendatensätze mit mindestens einjähriger Beobachtungsdauer auszuweiten und somit eine solide Datenbank für die Dokumentation der Therapiesituation in Deutschland und ihre wissenschaftliche Auswertung zu schaffen. Wie auch die DOPPS- oder COSMOS-Studie wird AENEAS von der Firma Amgen durch eine wissenschaftliche, nicht beeinflussende Zuwendung ("unrestricted grant") unterstützt.
Quelle: Pressekonferenz "Nephrologische Therapiesituation in Deutschland - das AENEAS-Projekt"