Auch wenn die optimalen Hämoglobinzielwerte bei niereninsuffizienten Patienten gerade
nach der Publikation diverser Studien Ende letzten Jahres in Expertenkreisen erneut
heftig diskutiert werden - eines ist ganz klar: Je niedriger der Hämoglobinwert der
Patienten ist, desto höher ist ihre relative Sterblichkeit [3]. "Ein Hämoglobinwert von über 10 g/dl, wie ihn die Qualitätssicherungsrichtlinie
Dialyse aus dem letzten Jahr fordert, ist auf jeden Fall gut", meinte Prof. Andreas
Kribben, Essen.
Rekombinante Epoetine im Fokus
Rekombinante Epoetine im Fokus
Zweifellos hat die Einführung der rekombinanten Epoetine die Behandlung der Patienten
mit renaler Anämie revolutioniert - eine Komplikation der Erkrankung, die übrigens
bereits vor dem Dialysebeginn 50% der Niereninsuffizienten betrifft. Bislang standen
mit Epoetin alfa und beta bzw. Darbepoetin alfa drei verschiedene Substanzen zur Verfügung.
Mit Epoetin delta (Dynepo®) gibt es jetzt ein neues Präparat, berichtete Kribben,
mit einem großen Unterschied zu den herkömmlichen Epoetinen: Anders als seine "Vorläufer"
wird Epoetin delta nicht in Ovarzellen des chinesischen Hamsters (CHO) produziert,
sondern in Zellen aus der humanen Zelllinie HT-1080.
Erstmals gibt es damit ein Epoetin, das als Glykoprotein nicht nur die humane Aminosäurensequenz,
sondern auch die gleiche Anzahl an Polysaccharidketten mit humanem Profil und nicht
die CHO-typische Glykosylierung aufweist - nach Ansicht der Experten ein entscheidender
Vorteil. "Die Passform wird zwar durch das Protein bestimmt", meinte Kribben, "die
Seitenketten haben aber ebenfalls einen entscheidenden Einfluss." Die Glykosylierung
des Erythropoetin-Proteins hat beispielsweise Auswirkungen auf die Proteinstabilität,
auf die Rezeptorbindung (Erkennung des Rezeptors, Bindungsaffinität) oder auf die
biologische Aktivität des Glykoproteins.
Klinische Studien zeigen gleichwertige Wirkung
Klinische Studien zeigen gleichwertige Wirkung
Dass das neue Epoetin ebenso effektiv und verträglich ist wie die älteren Vertreter
der Substanzgruppe, das belegen Studiendaten an rund 1500 Patienten, wobei sowohl
Daten zur intravenösen als auch zur subkutanen Applikationsweise vorliegen. "Die Wirkung
ist praktisch deckungsgleich mit Epoetin alfa", brachte Kribben die Studienergebnisse
auf den Punkt - egal ob im Stadium der Prädialyse, oder bei Peritonealdialyse- und
Hämodialysepatienten.
Kribben präsentierte beispielsweise die Ergebnisse einer multizentrisch angelegten
randomisierten, doppelblinden Phase-III-Studie mit 746 Hämodiaylsepatienten [2]. 24 Wochen lang erhielten diese intravenös entweder dreimal pro Woche Epoetin delta
(n = 555) oder Epoetin alfa (n = 191). Patienten mit Epoetin-Vortherapie wurden auf
Epoetin delta mit der gleichen Dosis wie in der Vortherapie umgestellt. Die Hämoglobinwerte
waren mit 11,57 (Epoetin delta) und 11,56 g/dl (Epoetin alfa) identisch, jeweils rund
90% der Patienten aus beiden Studienarmen erreichten das Therapieziel mit Werten zwischen
10 und 12 g/dl.
Auch im weiteren offenen Studienverlauf - im Anschluss an diese erste Studienphase
wurden alle Patienten 28 Wochen nur mit Epoetin delta behandelt - konnten diese Hämoglobinwerte
aufrecht erhalten werden (Abb. [1]). "Bezüglich der unerwünschten Ereignisse waren ebenfalls keine signifikanten Unterschiede
zwischen der Epoetin-delta- und der Epoetin-alfa-Gruppe zu beobachten", berichtete
Kribben.
Abb. 1 Hämodialyse - Mittlere Hämoglobinwerte über ein Jahr
Die subkutane Applikation ist ebenfalls effektiv und sicher, wie die Daten von 478
chronisch niereninsuffizienten Patienen (Prädialyse, Hämodialyse und Peritonealdialyse)
einer multizentrischen offenen Studie [1] belegten. Über die Beobachtungszeit von einem Jahr konnten die Hämoglobinwerte stabil
auf Mittelwerte von 11,31 ± 1,11 g/dl eingestellt werden, wobei die Patienten ein-,
zwei- oder dreimal wöchentlich Epoetin delta subkutan erhielten. Auch in dieser Studie
erhielten die Patienten beim Switch auf Epoetin delta die Dosis, die der vorherigen
Epoetin-Therapie entsprach.
Wirksam und verträglich - und es schont das Budget
Wirksam und verträglich - und es schont das Budget
Das neue Epoetin delta ist diesen Studiendaten zufolge also ebenso wirksam und verträglich
wie herkömmliche Epoetinpräparate. Und - was für alle Verordner sicherlich erfreulich
sein sollte - "die EPO-Behandlung wird damit um 30% billiger", konstatierte Prof.
Hans-H. Neumayer, Berlin.
Eingesetzt werden sollte Epoetin delta in einer Startdosis von 50 IE/kg entweder dreimal
(i.v.-Gabe) oder zweimal wöchentlich (s.c.-Gabe). Denn wie bei den bekannten Epoetinen
ist zwar die Bioverfügbarkeit nach subkutaner Applikation geringer als nach intravenöser
Gabe, die mittlere Halbwertszeit ist mit 27-33 Stunden jedoch zwei- bis dreifach höher.
Ist der Zielwert von 10-12 g/dl erreicht, muss die Dosis individuell angepasst werden.
sts
Quelle: Symposium "Neue Therapieoptionen bei Hyperphosphatämie und renaler Anämie",
veranstaltet von der Shire Deutschland GmbH & Co. KG, Köln
Dieser Text entstand mit freundlicher Unterstützung der Shire Deutschland GmbH & Co.
KG, Köln