Quelle: Elliott WJ, Meyer PM. Incident diabetes in clinical trials of antihypertensive drugs:
a network meta-analysis. Lancet 2007; 369 (9557): 201-207
Thema: Spätestens seit der ALLHAT[1]-Studie wird immer wieder auf das erhöhte Langzeit-Diabetesrisiko für Hypertoniker
hingewiesen, die mit einem Diuretikum behandelt werden. Kalziumkanalblocker dagegen
gelten als stoffwechselneutral, und von den Inhibitoren des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems
erhofft man sich sogar eine Reduktion des Risikos - Annahmen und Trends, die sich
aus den bisher veröffentlichten Studien und Analysen ergeben. Bereits Anfang dieses
Jahres haben Dr. William J. Elliott und Dr. Peter M. Meyer aus Chicago eine sogenannte
Netzwerk-Metaanalyse veröffentlicht, die diese Ergebnisse bestätigt.
Projekt: Insgesamt verglichen die beiden Autoren die Daten von mehr als 143 000 Patienten
aus 22 Studien. Voraussetzung war, dass die Studienteilnehmer zu Beginn der Behandlung
keinen Diabetes aufwiesen und zunächst mit nur einer Substanz aus den fünf gängigen
Klassen der Antihypertensiva behandelt worden waren. Die meisten Patienten hatten
einen manifesten Bluthochdruck, nur in vier Studien handelte es sich nicht um Hypertoniker,
sondern um Patienten mit einem hohen kardiovaskulären Risiko oder mit einer Herzinsuffizienz.
Ergebnis: Aus ihren Analysen ermittelten die Autoren eine Rangordnung für das Diabetesrisiko
der Antihypertensiva: Im Vergleich zu Placebo entwickelten unter Diuretika deutlich
mehr Patienten einen Diabetes (+30 %). Betablocker erhöhten das Risiko um 17 %. Die
Gruppe der Kalziumantagonisten erwies sich als neutral (-3 %), während unter ACE-Hemmern
13 % weniger Hochdruckpatienten an einem Diabetes mellitus erkrankten. Bei den Angiotensin-II-Rezeptorantagonisten
traten sogar 26 % weniger Diabetes-Neuerkrankungen auf als unter Placebo.
Fazit: Tatsächlich überraschend sind die Ergebnisse nicht. Am besten schnitten die Angiotensin-II-Rezeptorantagonisten
ab, die ACE-Hemmer folgten bereits in gehörigem Abstand. Dabei bezieht sich die Aussage
zur diabetogenen Wirkung auf die Initialtherapie der Patienten. War der Blutdruck
damit nicht ausreichend behandelt, erhielten die Betroffenen zusätzlich ein oder sogar
mehrere andere Antihypertensiva. Unklar bleibt, wie solche Kombinationsbehandlungen
das Ergebnis beeinflussen.
Die Deutsche Diabetes-Gesellschaft jedenfalls empfiehlt auf Grundlage dieser Netzwerk-Metaanalyse,
Diabetiker und Personen mit gestörter Glukosetoleranz mit Bluthochddruck bevorzugt
mit ACE-Hemmern oder Angiotensin-II-Rezeptorantagonisten zu behandeln - auch wenn
dies zunächst einen Anstieg der Behandlungskosten bedeutet. Sind langfristig weniger
Diabetes-Neuerkrankungen zu verzeichnen, werde sich dieser initiale Kostenanstieg
sicherlich bezahlt machen, da der Diabetes mellitus zu den teuersten Stoffwechselerkrankungen
zählt.
Schlüsselwörter: Diabetes mellitus - Hypertonus - Antihypertensiva