Der Klinikarzt 2007; 36(7): 412
DOI: 10.1055/s-2007-985407
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© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Schwere Staphylokokkeninfektionen - Wie kann man auf die immer schwierigere Resistenzsituation reagieren?

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Publication Date:
26 July 2007 (online)

 
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Die sich immer mehr verschärfende Resistenzsituation ist einer der wichtigsten Gründe, warum immer wieder der Ruf nach neuen antibiotisch wirksamen Substanzen laut wird. Denn obwohl ein überlegter Einsatz von Antibiotika nach Meinung vieler Experten durchaus das Potenzial besäße, dieses Problem erst gar nicht, oder zumindest in einem viel geringeren Ausmaß entstehen zu lassen, sieht es in der Praxis ganz anders aus. Die Raten an methicillinresistenten Staphylococcus-aureus-Stämmen (MRSA) - einer der Problemkeime in der Klinik - steigen stetig [4].

Doch auch außerhalb der Klinik wird die Gefahr von MRSA-Infektionen immer größer, berichtete Prof. Ronald N. Jones, Boston (Massachusetts, USA), und zeigte Daten von einem US-amerikanischen Krankenhaus, in dem 63 % der Haut- und Weichgewebeinfektionen auf ambulant erworbene MRSA-Stämme zurückzuführen waren [3]. Betroffen sind vor allem Risikopatienten (Ältere, Immunsupprimierte oder Diabetiker). Erschwerend kommt hinzu, dass auch der bisherige Therapiestandard Vancomycin immer häufiger an seine Grenzen stößt: Immer öfter wird von vancomycinresistenten Erregerstämmen berichtet.

Eine der wenigen neuen antibakteriell wirksamen Substanzen, die in den letzten Jahren entwickelt wurden, ist Daptomycin (Cubicin®), der erste Vertreter der neuen Klasse der zyklischen Lipopeptide mit einem breiten Wirkspektrum. In-vitro-Studien zufolge umfasst sein Spektrum grampositive Bakterien, einschließlich Staphylokokken, Streptokokken, Enterokokken, grampositive Anaerobier und multiresistente Erreger. Zugelassen ist das bakterizide Breitspektrumantibiotikum, für das Experten aufgrund seines einzigartigen Wirkmechanismus auf die Zellwand kaum Resistenzen erwarten, derzeit zur Therapie von komplizierten Haut- und Weichgewebeinfektionen - eine Indikation, bei der der Auslöser besonders häufig S. aureus ist.

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Staphylococcus aureus - ein enormes klinisches Problem

"In Europa sind rund 38 % der komplizierten Haut- und Weichgewebeinfektionen durch Staphylococcus aureus verursacht", erklärte Jones anhand aktueller Studienergebnisse [5]. "Und immerhin 21-44 % der Isolate waren methicillinresistent!" Dass Daptomycin in dieser Situation durchaus eine dem Vancomycin gleichberechtigte Therapieoption ist, belegen unter anderem die Ergebnisse einer multizentrischen, randomisierten Phase-III-Studie [1]. Hier war Daptomycin ähnlich effektiv wie die Vergleichssubstanzen Vancomycin bzw. ein penicillinasefestes Penicillin.

Die klinischen Erfolgsraten waren mit 83,4 % unter Daptomycin und 84,2 % unter den Vergleichssubstanzen praktisch identisch, berichtete Prof. Barry Eisenstein, Lexington (Massachusetts, USA). Naturgemäß waren die Erfolgsraten etwas höher, wenn die Infektion von einem methicillinsensiblen S.-aureus-Stamm verursacht worden war (85,9 versus 87,0 %) als wenn resistente Staphylokokken als Infektionserreger isoliert wurden (75,0 versus 69,4 %). Doch auch hier war zwischen den beiden Studiengruppen kein signifikanter Unterschied zu sehen.

Unerheblich war zudem, ob die primäre Diagnose der Patienten eine akute oder chronische Wundinfektion, ein großer Abszess oder ein infiziertes diabetisches Ulkus war. In keiner dieser Subgruppen war ein signifikanter Unterschied zwischen den Studiengruppen zu verzeichnen. Anders war dies jedoch bei der Therapiedauer (Abb. [1]).

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Abb. 1 Während 63 % der Patienten aus der Daptomycingruppe innerhalb von vier bis sieben Tagen erfolgreich behandelt werden konnten, war bei 67 % der Patienten der Vergleichsgruppe eine mindestens achttägige Behandlung notwendig.

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Potenzielle Einsatzgebiete: Bakteriämie und Myokarditis

Bakteriämien und Myokarditiden zählen ebenfalls zu den Infektionen, die vergleichsweise häufig durch Staphylokokken verursacht werden, konstatierte Prof. Wolfgang Graninger, Wien (Österreich) - und sind zwei Indikationen, für die sich Daptomycin ebenfalls als effektive Therapieoption abzeichnet. Auch hier gibt es bereits Ergebnisse der Phase III (n = 235), laut denen Daptomycin der eingesetzten Vergleichssubstanz (Gemcitabin und ein semisynthetisches Penicillin oder Vancomycin) nicht unterlegen war, berichtete Dr. Christoph K. Naber, Essen.

Unter Daptomycin betrugen die Heilungsraten am Ende der viertägigen Therapie 61,7 % und 44,2 % nach sechs Wochen [2]. Mit 60,9 % am Therapieende und 41,7 % nach sechs Wochen waren die Heilungsraten in der Vergleichsgruppe praktisch identisch. Dies gilt auch für die Überlebensraten der beiden Studiengruppen, die unter Daptomycin bei 85 % und in der Vergleichsgruppe bei 84 % lagen. Tendenziell besser - wenn auch nicht signifikant - schlug die Daptomycintherapie bei Patienten an, bei denen ein methicillinresistenter S.-aureus-Stamm isoliert worden war (44,4 versus 31,8 %).

sts

Quelle: Satellitensymposium "Serious Staphylococcal Infections - Cyclic Lipopeptides: Meeting New Challenges", im Rahmen des 25th International Congress of Chemotherapy and 17th European Congress of Clinical Microbiology and Infectious Diseases (ECCMID/ICC), unterstützt von der Novartis Pharma GmbH, Nürnberg

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Literatur

  • 01 Arbeit RD . et al . Clin Infect Dis. 2004;  38 (12) 1673-1681
  • 02 Fowler VG . et al . N Engl J Med. 2006;  355 (7) 653-665
  • 03 King ME . et al . Ann Intern Med. 2006;  144 (5) 309-317
  • 04 McDonald LC . Clin Infect Dis. 2006;  42 (suppl 2) S65-S71
  • 05 Moet GJ . et al . Diagn Microbiol Infect Dis. 2007;  57 (1) 7-13
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Literatur

  • 01 Arbeit RD . et al . Clin Infect Dis. 2004;  38 (12) 1673-1681
  • 02 Fowler VG . et al . N Engl J Med. 2006;  355 (7) 653-665
  • 03 King ME . et al . Ann Intern Med. 2006;  144 (5) 309-317
  • 04 McDonald LC . Clin Infect Dis. 2006;  42 (suppl 2) S65-S71
  • 05 Moet GJ . et al . Diagn Microbiol Infect Dis. 2007;  57 (1) 7-13
 
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Abb. 1 Während 63 % der Patienten aus der Daptomycingruppe innerhalb von vier bis sieben Tagen erfolgreich behandelt werden konnten, war bei 67 % der Patienten der Vergleichsgruppe eine mindestens achttägige Behandlung notwendig.