Der Klinikarzt 2007; 36(7): 413
DOI: 10.1055/s-2007-985408
Blickpunkt

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Immunsuppression nach Nierentransplantation - Eine Strategie für alle - das funktioniert nicht!

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Publikationsdatum:
26. Juli 2007 (online)

 
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"Bei der Immunsuppression nach einer Nierentransplantation müssen wir langfristig denken", mahnte Prof. Jeremy Chapman, Sydney (Australien). "Im ersten Jahr verlieren wir nicht mehr viele Transplantate, später sieht es jedoch ganz anders aus!" Als eine der wichtigsten Ursachen sieht er die chronische Transplantatnephropathie (CAN = "chronic allograft nephropathy"). Etwa die Hälfte aller Patienten entwickelt nach zehn Jahren eine solche Transplantatdysfunktion vom Grad III, berichtete Chapman, von geringfügigen bioptischen Veränderungen sind praktisch alle betroffen.

Einen entscheidenden Einfluss auf die Rate solcher subklinischer Rejektionen hat die Wahl des immunsuppressiven Regimes: So verdoppele sich das Risiko des Transplantatverlusts unter Cyclosporin innerhalb von fünf Jahren, berichtete Prof. Graeme Russ, Adelaide (Australien). Zum Vergleich: Ist der Spender älter als 50 Jahre, steige das Fünfjahresrisiko "nur" um 51%. "Daher müssen wir darüber nachdenken, wie wir unsere Patienten mit Protokollen ohne - oder nur einer geringen - Belastung mit Cyclosporin A behandeln können", meinte Russ.

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Ganz ohne Cyclosporin?

Erste Hinweise darauf, dass die Nierenfunktion nach einer Induktion der Immuntherapie auch ganz ohne Cyclosporin gelingen kann, gibt es bereits, allerdings nur aus kleinen Studienkollektiven. So war zum Beispiel die Nierenfunktion nach einer Induktionstherapie mit Basilixumab, gefolgt von einer Kombination aus Sirolimus, Mycophenolatmofetil und Steroiden nach einem, zwei und auch nach fünf Jahren signifikant besser ist als unter einem calcineurininhibitorbasierten Regime.

"Die Rate akuter Rejektionen und die Nebenwirkungsprofile unterschieden sich dabei nicht", betonte Dr. Stuart M. Flechner, Cleveland (Ohio, USA). Solche guten Ergebnisse kann man jedoch nur mit ausreichenden Wirkspiegeln der Substanzen erreichen, die über ein therapeutisches Drugmonitoring kontrolliert werden müssen.

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Zusatznutzen: Geringeres Malignomrisiko

"Bei 10 bis 15 % der Patienten, die mit einem funktionierenden Transplantat versterben, ist die Todesursache eine Krebserkrankung", berichtete Prof. Akinlolu Ojo, Ann Arbor (USA). Inzwischen gibt es gute klinische Daten, die die Potenz von Sirolimus zur Reduktion des Malignomrisikos bestätigen - angefangen von einer retrospektiven Datenanalyse des US-amerikanischen Transplantationsregisters [2] bis hin zu den Langzeitdaten der RMR-Studie [1]. Schon innerhalb von zwei Jahren nach der Transplantation war laut der OPTN/UNOS-Daten die Krebsinzidenz unter der reinen CNI-Therapie dreimal so hoch wie unter Sirolimus (1,81 versus 0,6 %; p < 0,001). Bestätigt werden diese Ergebnisse durch die Fünf-Jahres-Daten der RMR-Studie. Auch hier waren nicht nur weniger Hauttumoren und Kaposi-Sarkome zu sehen (51 versus 18 %, p < 0,001), wenn die Therapie auf Sirolimus umgestellt worden war. Ebenso reduzierte sich die Zahl der soliden De-novo-Tumoren (8 versus 4 %, p < 0,043).

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Möglichst wenig Calcineurininhibitor - das zahlt sich aus

Ein vielversprechender Ansatz zur besseren Erhaltung der Organfunktion ist die Umstellung von einer initialen CNI-basierten Immunsuppression auf eine CNI-freie Erhaltungstherapie, wie beispielsweise in der RMR[1]-Studie. Hier hatten die Patienten initial drei Monate lang eine Kombinationstherapie aus Cyclosporin A, Sirolimus und Steroiden erhalten, bei der Hälfte der Patienten wurde dann das Cyclosporin langsam ausgeschlichen. Die absolute Differenz der berechneten glomerulären Filtrationsrate (GFR) nach 60 Monaten betrug im Mittel fast 15 ml/min/1,73 m2 zugunsten der Sirolimustherapie. Dabei profitierten insbesondere Patienten mit zusätzlichen Risikofaktoren (Proteinurie, älteres Spenderorgan, stattgehabte Abstoßung) von der Umstellung ihrer Therapie.

Dass diese Maßnahme insbesondere bei Patienten mit einer vergleichsweise guten Nierenfunktion von Vorteil sein kann, zeigt das Ergebnis von CONVERT[2]. Auch in dieser Studie hatte die Umstellung auf Sirolimus einen positiven Effekt auf die glomeruläre Filtrationsrate - besonders gut schnitten aber die Patienten mit einer Ausgangs-GFR von mindestens 40 ml/min/1,73 m2 ab. Die Rate des Patienten- oder Transplantatüberlebens unterschied sich zwischen den beiden Studiengruppen jedoch nicht.

Wann genau eine Umstellung erfolgen soll, wird derzeit immer wieder diskutiert. Denn wird der Calcineurininhibitor zu früh aus dem Therapieplan genommen, steigt das Risiko akuter Rejektionen deutlich an. Doch allzu lange sollte man mit der geplanten Konversion auch nicht warten. Denn je besser die Nierenfunktion zu diesem Zeitpunkt ist, desto geringer ist die Gefahr einer chronischen Transplantatnephropathie im Langzeitverlauf.

Für welche Art der Immunsuppression man sich jedoch entscheidet, Grundlage muss immer das individuelle Patientenprofil sein, schloss Russ. "Ein immunsuppressives Protokoll für alle unsere Patienten - das ist sicher nicht genug!"

sts

Quelle: 7th International Wyeth Transplantation Symposium "Managing risk and improving outcomes in renal transplantation", veranstaltet von Wyeth

Dieser Text entstand mit freundlicher Unterstützung der Wyeth Pharma GmbH, Münster

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Literatur

  • 01 Campistol JM . et al . JASN. 2006;  17 (2) 581-589
  • 02 Kaufmann HM . et al . Transplantation. 2005;  80 (7) 833-889

01 rapamycin maintenance regime

02 conversion from calcineurin inhibitor (cni)- to sirolimus (srl)-based immunosuppression

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Literatur

  • 01 Campistol JM . et al . JASN. 2006;  17 (2) 581-589
  • 02 Kaufmann HM . et al . Transplantation. 2005;  80 (7) 833-889

01 rapamycin maintenance regime

02 conversion from calcineurin inhibitor (cni)- to sirolimus (srl)-based immunosuppression

 
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