Der Klinikarzt 2007; 36(10): 554
DOI: 10.1055/s-2007-991600
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Risiko von Zweittumoren ist höher als erwartet - Lebenslanges Monitoring nach akuter lymphatischer Leukämie

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Publication Date:
31 October 2007 (online)

 
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    Quelle: Hijiva N, Hudson MM, Lensing S et al. Cumulative incidence of secondary neoplasms as a first event after childhood acute lymphoblastic leukaemia. JAMA 2007; 297 (11): 1207-1215

    Thema: Die aktue lymphatische Leukämie ist nicht nur die bei Kindern und Jugendlichen am häufigsten auftretende maligne Erkrankung, sie zählt auch zu den am besten therapierbaren pädiatrischen Krebserkrankungen. Derzeit betragen die Überlebensraten bis zu 80-90%, und die meisten dieser Patienten entwickeln innerhalb von zehn Jahren nach der Therapie keinen Zweittumor. Wie aber die Situation nach 15-20 Jahren oder sogar noch später aussieht, dazu gab es bislang keine Daten.

    Projekt: Dies änderte sich mit einer aktuellen, retrospektiven Studie mit 2 169 pädiatrischen Patienten, die zwischen 1962 und 1998 an einer akuten lymphatischen Leukämie gelitten, unter Therapie aber eine komplette Remission erreicht hatten.

    Ergebnis: Im Verlauf einer mittleren Nachbeobachtungszeit von 18,7 Jahren (2,4-41,3 Jahre) entwickelten insgesamt 168 (7,7 %) dieser Patienten erneut einen Zweittumor - darunter 45 Patienten (5, 1 %), bei denen die Remission erst nach einem Rückfall erreicht werden konnte (n = 897). Damit hatten insgesamt 123 Patienten (9,5 %) im Verlauf der Jahre als erstes Ereignis einen Zweittumor entwickelt. Am häufigsten traten in dieser Situation myeloische Malignome auf (n = 46), gefolgt von ZNS-Tumoren (n = 38). Aber auch 14 Basalzellkarzinome, drei Lymphome und 16 andere Krebsentitäten waren zu verzeichnen.

    Die kumulative Inzidenz für Zweittumore lag demnach nach 15 Jahren bei 4,17 %, erhöhte sich nach 20 Jahren auf 5,37 % und nach 30 Jahren auf 10,85 %. Den relativ starken Anstieg 20 Jahre nach Beginn der Nachbeobachtung erklären sich die Autoren mit dem langsamen Wachstum der häufig auftretenden Basalzellkarzinome und Meningeome. Ohne diese beiden "low-grade"-Tumorentitäten liegt die kumulative Inzidenz nach 15 Jahren bei 3,99% und nach 30 Jahren bei 6,27 %. Aber auch dies entspricht einem 13,5-fach erhöhten Gesamtrisiko gegenüber der Normalbevölkerung.

    Fazit: Demnach erreicht die Inzidenz der Zweittumoren nach einer erfolgreich behandelten akuten lymphatischen Leukämie im Kindesalter nicht, wie erwartet, nach 15-20 Jahren ein Plateau, sondern steigt immer weiter an. Und auch wenn die Mehrzahl dieser späten Tumoren zu sogenannten "low-grade"-Tumoren zählen: Aggressivere, solide Tumoren sind ebenfalls nicht selten: Das Risiko, einen soliden Tumor zu entwickeln, ist im Vergleich zur Normalbevölkerung immerhin um das 2,4-fache erhöht. Daher ist im Interesse der Patienten ihre lebenslange Beobachtung notwendig.

    Schlüsselwörter: akute lymphatische Leukämie - Inzidenz von Zweittumoren - Risiko