Der Klinikarzt 2007; 36(9): 541
DOI: 10.1055/s-2007-991924
Blickpunkt

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Neue Substanzklasse in der Hochdrucktherapie - Das Reninsystem direkt am Ursprung kontrollieren

Further Information

Publication History

Publication Date:
08 October 2007 (online)

 
Table of Contents

Seit Ende August ist mit dem ersten direkten Renininhibitor Aliskiren (Rasilez®) ein neues Antihypertensivum in Deutschland zugelassen. Eine gute Nachricht für alle schlecht eingestellten Hypertoniker, meinte Prof. Hermann Haller, Hannover, - und das sind in Deutschland immerhin über 80 % (15). Wie wichtig es ist, möglichst nah an die in den Leitlinien angegebenen Zielblutdruckwerte heranzukommen, ist offensichtlich. Denn bereits eine Reduktion des systolischen Blutdrucks um nur 2 mmHg verringert die kardiovaskuläre Mortalität signifikant (6).

#

Effektiv in der Mono- wie auch der Kombinationstherapie

Schon eine Monotherapie mit Aliskiren kann den Blutdruck - dosisabhängig - im zweistelligen Bereich senken (10) und schneidet dabei im Vergleich zum ACE-Hemmer Ramipril und zum Diuretikum Hydrochlorothiazid (HCT) signifikant besser ab (2, 12). Nur reicht leider bei den meisten Hypertonikern eine Monotherapie zur Kontrolle des Blutdrucks nicht aus.

Aber auch in der Kombinationtherapie konnte sich der direkte Renininhibitor bewähren. So reduzierte Aliskiren in Kombination mit hoch dosiertem Ramipril den systolischen Blutdruck stärker als eine Monotherapie mit Aliskiren oder Ramipril (16,6 versus 14,7 versus 12 mmHg; 13). Ähnlich gute Ergebnisse liefert die Substanz auch in der Kombination mit dem Kalziumantagonisten Amlodipin und dem Angiotensin-Rezeptorblocker Valsartan (8, 11).

Im direkten Vergleich verschiedener Mehrfachtherapien war Aliskiren ebenfalls überlegen: Zum Beispiel vermittelt eine kombinierte Gabe von Amlodipin plus Aliskiren einen stärkeren blutdrucksenkenden Effekt als die HCT-basierte Kombinationstherapie (12). Und die Kombination aus Aliskiren und Hydrochlorotiazid senkt bei adipösen Non-Respondern den Blutdruck signifikant stärker als eine Kombination von Amlodipin mit HCT (5).

Zoom Image
#

Bei einer Vielzahl von Hypertonikern gut verträglich

Dabei ist Aliskiren gut verträglich: Nebenwirkungen sind Haller zufolge bei der zugelassenen Dosierung von 150 und 300 mg nicht häufiger als unter Placebo (14). Ein typisches Problem einer Amlodipintherapie, die Neigung zu Ödemen, tritt unter der zusätzlichen Gabe von Aliskiren sogar weniger häufig auf (4). Interessant ist auch, dass Patienten, die Aliskiren und Ramipril einnehmen, seltener an Husten leiden als unter der reinen ACE-Hemmer-Therapie (13).

Vorteile sieht Haller zudem in der langen Halbwertszeit von Aliskiren von 40 Stunden. Somit ist nicht nur eine einmal tägliche Dosierung möglich. Zusätzlich erstreckt sich die Blutdruckkontrolle über 24 Stunden - und damit auch bis zum nächsten Morgen, genau dann also, wenn das Risiko für einen Myokardinfarkt oder einen Schlaganfall besonders hoch ist (3).

#

Wie groß ist das organprotektive Potenzial?

Insgesamt lässt der neue Renininhibitor also hoffen, auch was sein organprotektives Potenzial betrifft. Denn unter einer Aliskirentherapie sinken nicht nur die Konzentrationen von Angiotensin I und II (9), die Substanz reduziert auch die Plasmareninaktivität (PRA), die mit der Häufigkeit kardiovaskulärer Erkrankungen assoziiert ist (1), betonte Prof. Friedrich Luft, Berlin.

Diese Daten kann die erst kürzlich vorgestellte ALOFT[1]-Studie bestätigen. Hier hatten Patienten die neben einer Herzinsuffizienz (NYHA II-IV) auch einen Hypertonus aufwiesen, auf der Basis einer Behandlung mit einem Betablocker und entweder einem ACE-Hemmer oder einem Sartan zusätzlich drei Monate lang entweder Aliskiren oder Placebo eingenommen.

Nach dieser Zeit waren sowohl die Serumspiegel des B-Typ natriuretischen Peptids (BNP) und des N-terminalen BNP als auch die Aldosteronspiegel im Harn im Verumarm signifikant gesunken - und zwar um 25 % (BNP bzw. NT-BNP) und 21 % (Aldosteron). Wenn auch wegen der kurzen Studiendauer noch keine direkten Effekte auf die Herzinsuffienzsymptome zu sehen waren, lässt ein Rückgang dieser neurohumoralen Parameter, die mit einer schlechten Prognose der Betroffenen einhergehen, durchaus eine positive Wirkung auf die Herzinsuffizienz erwarten. Auch die Plasmareninspiegel sanken unter der Aliskirentherapie deutlich. "Das ist an sich nicht überraschend", so Prof. John McMurray, Glasgow (UK). "Aber die Patienten hatten ja zusätzlich einen Betablocker erhalten, der die Plasmareninspiegel bereits verringert."

Prof. Roland E. Schmieder, Erlangen, hält die ALOFT-Studiendaten wie McMurray für vielversprechend. Zudem werden in Kürze mehr Studiendaten erwartet, die dann eine genauere Aussage über das organprotektive Potenzial von Aliskiren erlauben. Schon Anfang November wird es mit der Präsentation der AVOID[2]-Studie erste Daten zur Nephroprotektion geben, und im Frühjahr nächsten Jahres kommen die Daten von ALLAY[3] hinzu, einer Studie, an der Patienten mit Linksherzhypertrophie teilnahmen.

Kl/sts

Literatur bei der Redaktion

Quelle: Pressekonferenz "Aliskiren - neue Perspektiven in der Hypertonie-Therapie durch direkte Renininhibition", veranstaltet von der Novartis Pharma GmbH, Nürnberg, und Hotline I auf dem Kongress der "European Society of Cardiology" (ESC)

1 ALiskiren Observation of heart Failure Treatment

2 Aliskiren in the eValuation of prOteinuria In Diabetes

3 ALiskiren in Left ventriculAr hypertrophY

1 ALiskiren Observation of heart Failure Treatment

2 Aliskiren in the eValuation of prOteinuria In Diabetes

3 ALiskiren in Left ventriculAr hypertrophY

 
Zoom Image