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DOI: 10.1055/s-2007-993222
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York
Alkoholintoxikationen - ausschließlich ein Problem für die Akutbehandlung in der Kinderheilkunde?
Acute Ethanol Intoxications - a Problem only for Pediatric Emergency Medicine?Korrespondenzadresse
Prof. Dr. L. Gortner
Kliniken für Kinder- und Jugendmedizin
Universitätsklinikum des Saarlandes
66421 Homburg/Saar
Email: ludwig.gortner@uks.eu
Publication History
Publication Date:
02 January 2008 (online)
Editorial zum Beitrag „Stationäre Aufnahmen von Kindern und Jugendlichen aufgrund von Alkoholintoxikationen in Deutschland in den Jahren 2000 bis 2002” von S. Meyer et al.
Die vorliegende Arbeit von S. Meyer et al. belegt, dass in Deutschland die Rate stationär behandlungsbedürftiger Kinder und Jugendlicher mit Alkoholintoxikationen zu Beginn der laufenden Dekade mit zunehmender Häufigkeit beobachtet wurde [7]. Obschon den Daten keine für alle Länder der Bundesrepublik repräsentative Umfrage zugrunde liegt, zeigt sich die Tendenz bestätigt, die auch im Rahmen des Kinder- und Jugendgesundheitssurveys (KiGGS) [5] beschrieben wurde. Während die Intoxikationen im Kindesalter mit Pharmazeutika [8] sowie die Vergiftungen mit im Haushalt gebräuchlichen Substanzen in Schwere und Häufigkeit tendenziell abnehmen [6], belegt die Analyse zu Alkoholintoxikationen eine ansteigende Tendenz bei stationär behandlungsbedürftigen Kindern und Jugendlichen [7] und bestätigt damit Untersuchungsresultate aus anderen Staaten [11]. Mischintoxikationen sind hierbei zu berücksichtigen [1].
Neben den akuten Effekten einer Alkoholintoxikation, die, wie ein Todesfall aus der Charité im Jahre 2007 belegt, einen akut lebensbedrohlichen Charakter nach exzessivem Alkoholabusus annehmen, sind die langfristigen Effekte von Alkoholkonsum, gerade während der Adoleszenz, noch nicht ausreichend untersucht. Experimentelle Studien weisen auf eine Störung in der Synaptogenese hin, die vor allen Dingen im Bereich der hippokampalen Strukturen manifest wird [3] [10]. Langfristige negative Konsequenzen hieraus sind zu befürchten.
Neben den bekannten deletären Effekten der pränatalen Alkoholexposition erscheint hier eine weitere kritische Altersgruppe für die Pädiatrie, der unter präventiven Aspekten eine herausgehobene Bedeutung zukommt. Da ein ausgeprägter Alkoholkonsum in der Adoleszenz mit einer erhöhten kumulativen Alkoholaufnahme im Erwachsenenalter korreliert, ist somit neben den direkten Effekten auf die neuropsychia-trische Entwicklung in der Adoleszenz konsekutiv eine Risikoerhöhung für Frauen im reproduktionsfähigen Alter abzuleiten [4].
Die hier aufgeführten Aspekte einer alkoholtoxischen neuro-psychologischen Schädigung im Adoleszentenalter, die neben den bekannten Konsequenzen der intrauterinen Alkoholexposition zunehmend in das Bewusstsein rücken, sollten Grund genug sein, die präventiven Anstrengungen zu erhöhen. Langfristige gesundheitliche Risiken der Alkoholexposition im Kindes- und Jugendalter müssen weitgehend verhindert werden, um Folgeerkrankungen auch außerhalb des Zentralnervensystems zu vermeiden [2] [9]. Der vorliegende Artikel von Meyer et al. [7] sollte ein erneuter Anstoß für eine kritische Bestandaufnahme als Grundlage für weitere präventive Anstrengungen sein.
Hierzu sind verstärkte Forschungsaktivitäten, beginnend in den Grundlagenwissenschaften mit Charakterisierung besonderer genetischer Risikogruppen bis zu klinischen, epidemiologischen und sozial-medizinischen Fragestellungen dringend notwendig.
#Literatur
- 1 Beier C, Liebezeit B, Volkl TM, Zimdars K, Dorr HG. Attempted suicide with L-thyroxine in an adolescent girl. Klin Padiatr. 2006; 218 ((1)) 34-37
- 2 Clemens DL. Effects of ethanol on hepatic cellular replication and cell cycle progression. World J Gastroenterol. 2007; 13 ((39)) 4955-4959
- 3 Crews FT, Mdzinarishvili A, Kim D, He J, Nicon K. Neurogenesis in adolescent brain is potently inhibited by ethanol. Neuroscience. 2006; 137 ((2)) 437-445
- 4 Jefferis BJ, Power C, Manor O. Adolescent drinking level and adult binge drinking in a national birth cohort. Addiction. 2005; 100 ((4)) 543-549
- 5 Lampert T, Thamm M. Tabak-, Alkohol- und Drogenkonsum von Jugendlichen in Deutschland. Bundesgesundheitsbl - Gesundheitsforsch - Gesundheitsschutz. 2007; 50 600-608
- 6 Meyer S, Eddleston M, Bailey B, Desel H, Gottschling S, Gortner L. Unintentional household poisoning in children. Klin Padiatr. 2007; 219 ((5)) 254-270
- 7 Meyer S, Steiner M, Mueller H, Nunold H, Gottschling S, Gortner L. Stationäre Aufnahme von Kindern und Jugendlichen aufgrund von Alkoholintoxikationen in Deutschland in den Jahren 2000-2002. Klin Padiatr. 2008; 1 16-21
- 8 von Mach MA, Habermehl P, Zepp F, Weilemann LS. Drug poisonings in childhood at a regional poisons unit. Klin Padiatr. 2006; 218 ((1)) 31-33
- 9 Seitz HK, Becker P. Alcohol metabolism and can-cer risk. Alcohol Res Health. 2007; 30 ((1)) 38-41 , 44-47.
- 10 Tokunaga S, Silvers JM, Matthews DB. Chronic intermittent ethanol exposure during adolescence blocks ethanol-induced inhibition of spontaneously active hippocampal pyramidal neurons. Alcohol Clin Exp Res. 2006; 30 ((1)) 1-6
- 11 Weinberg L, Wyatt JP. Children presenting to hospital with acute alcohol intoxication. Emerg Med J. 2006; 23 ((10)) 774-776
Korrespondenzadresse
Prof. Dr. L. Gortner
Kliniken für Kinder- und Jugendmedizin
Universitätsklinikum des Saarlandes
66421 Homburg/Saar
Email: ludwig.gortner@uks.eu
Literatur
- 1 Beier C, Liebezeit B, Volkl TM, Zimdars K, Dorr HG. Attempted suicide with L-thyroxine in an adolescent girl. Klin Padiatr. 2006; 218 ((1)) 34-37
- 2 Clemens DL. Effects of ethanol on hepatic cellular replication and cell cycle progression. World J Gastroenterol. 2007; 13 ((39)) 4955-4959
- 3 Crews FT, Mdzinarishvili A, Kim D, He J, Nicon K. Neurogenesis in adolescent brain is potently inhibited by ethanol. Neuroscience. 2006; 137 ((2)) 437-445
- 4 Jefferis BJ, Power C, Manor O. Adolescent drinking level and adult binge drinking in a national birth cohort. Addiction. 2005; 100 ((4)) 543-549
- 5 Lampert T, Thamm M. Tabak-, Alkohol- und Drogenkonsum von Jugendlichen in Deutschland. Bundesgesundheitsbl - Gesundheitsforsch - Gesundheitsschutz. 2007; 50 600-608
- 6 Meyer S, Eddleston M, Bailey B, Desel H, Gottschling S, Gortner L. Unintentional household poisoning in children. Klin Padiatr. 2007; 219 ((5)) 254-270
- 7 Meyer S, Steiner M, Mueller H, Nunold H, Gottschling S, Gortner L. Stationäre Aufnahme von Kindern und Jugendlichen aufgrund von Alkoholintoxikationen in Deutschland in den Jahren 2000-2002. Klin Padiatr. 2008; 1 16-21
- 8 von Mach MA, Habermehl P, Zepp F, Weilemann LS. Drug poisonings in childhood at a regional poisons unit. Klin Padiatr. 2006; 218 ((1)) 31-33
- 9 Seitz HK, Becker P. Alcohol metabolism and can-cer risk. Alcohol Res Health. 2007; 30 ((1)) 38-41 , 44-47.
- 10 Tokunaga S, Silvers JM, Matthews DB. Chronic intermittent ethanol exposure during adolescence blocks ethanol-induced inhibition of spontaneously active hippocampal pyramidal neurons. Alcohol Clin Exp Res. 2006; 30 ((1)) 1-6
- 11 Weinberg L, Wyatt JP. Children presenting to hospital with acute alcohol intoxication. Emerg Med J. 2006; 23 ((10)) 774-776
Korrespondenzadresse
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Universitätsklinikum des Saarlandes
66421 Homburg/Saar
Email: ludwig.gortner@uks.eu