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DOI: 10.1055/s-2007-995463
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York
18. Tagung der Arbeitsgemeinschaft „Mykologische Laboratoriumsdiagnostik” unter Schirmherrschaft der Deutschsprachigen Mykologischen Gesellschaft e. V. (DMykG) am 26. Oktober 2007 in Leipzig
18th Symposium of the Working Group ”Mycological Laboratory Diagnostics” Under the Auspices of the German Speaking Mycological Society at October 26th 2007 in LeipzigPublikationsverlauf
Publikationsdatum:
10. März 2008 (online)
- Sprosspilzinfektionen - aktuelle Aspekte zur Klinik und Diagnostik
- Methoden zur Resistenztestung von Sprosspilzen
- Erste Erfahrungen mit der automatisierten Resistenztestung von Sprosspilzen im Vitek 2
- Stellenwert von Antigen- und Antikörpertesten in der Diagnostik der invasiven Candidose
- Kutane Kokzidioidomykose bei einer immunsupprimierten Patientin mit Sarkoidose. Mykologische Diagnostik unter Berücksichtigung der Arbeitssicherheit beim Umgang mit Krankheitserregern der Risikogruppe 3
- Protothekosen - Epidemiologie, Ätiologie und Klinik
Die 18. Tagung der Arbeitsgemeinschaft „Mykologische Laboratoriumsdiagnostik” fand Ende Oktober 2007 in Leipzig im Seminarraum der in ein neues Gebäude umgezogenen Hautklinik sowie im Mikroskopiersaal der Anatomie statt. Den Schwerpunkt bildeten in diesem Jahr die Sprosspilzinfektionen. Über 60 Teilnehmer - MTAs, Naturwissenschaftler, Mikrobiologen, Laborärzte, Dermatologen und Veterinäre - hörten vormittags praxisrelevante Vorträge rund um dieses Gebiet, bevor ihnen am Nachmittag in einem praktischen Teil Gelegenheit zur eigenständigen Differenzierung gegeben wurde. In den Vorträgen wurden neben aktuellen klinischen und diagnostischen Aspekten der Sprosspilzinfektionen auch zwei seltene Erreger abgehandelt.
Zunächst wurden die klinischen Aspekte verschiedener Sprosspilzinfektionen, der Candidose und Cryptococcose sowie Infektionen durch Malassezia, Trichosporon, Geotrichum und Saccharomyces, als Grundlage für eine plausible Labordiagnostik dargestellt. Zwei Vorträge widmeten sich der Empfindlichkeitstestung von Sprosspilzen, die immer noch von vielen Unsicherheiten geprägt ist. Neben der Vorstellung und Bewertung aktuell verfügbarer manueller Testmethoden wurde die Thematik ergänzt durch erste Daten der automatisierten Resistenztestung. Die Thematik der Sprosspilzdiagnostik wurde abgerundet durch die Präsentation der Möglichkeiten und Grenzen der infektionsserologischen Diagnostik von systemischen Candidosen.
Coccidioides immitis im Labor anzuzüchten, einen dimorphen Pilz der Risikogruppe 3, ist problematisch. Anhand eines Fallberichts wurden Erfahrungen zur Diagnostik und Therapie sowie zu den erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen im Labor dargestellt.
Eine große Rolle in der Veterinärmykologie spielen Algen, Prototheca spp., die im Labor mit Sprosspilzen verwechselt werden können. Aktuelle Daten zu Klinik und Diagnostik dieser in der Humanmedizin seltenen Erreger wurden in dem letzten Vortrag präsentiert.
Der praktische Teil am Nachmittag betraf die Sprosspilzdifferenzierung und wurde von Herrn Dr. Herrmann und Herrn Prof. Nenoff vom Labor für medizinische Mikrobiologie in Mölbis und von Frau PD Dr. Rimek vom TLLV, Bad Langensalza bestritten. Parallel zur bildlichen und mündlichen Vorstellung von typischen Eigenschaften häufiger Sprosspilzarten wurde ausführlich Gelegenheit gegeben, selbst zu mikroskopieren. Einen Schwerpunkt bildete die phänotypische Unterscheidung von Candida albicans, Candida dubliniensis und Candida africana. Hierzu wurden Keimschlauchteste auf Mueller-Hinton-Agar, Chromagar Candida-Platten, Staib-Agar und Reis-Agar zur Bewertung von Koloniemorphologie und -farbe sowie der Mikromorphologie präsentiert. Den zweiten Schwerpunkt stellte die mikroskopische Untersuchung von 13 verschiedenen Sprosspilz- und Schimmelpilzarten auf Reis-Agar dar, einer im Zusammenspiel mit Chromagar und biochemischer Untersuchung nach wie vor praktikablen und preiswerten Identifizierungsmöglichkeit.
Korrespondenzadresse
PD Dr. med. Dagmar Rimek
Thüringer Landesamt für Lebensmittelsicherheit und Verbraucherschutz
Dezernat Medizinische Mikrobiologie
Tennstedter Str. 8/9
99947 Bad Langensalza
eMail: dagmar.rimek@tllv.thueringen.de
Sprosspilzinfektionen - aktuelle Aspekte zur Klinik und Diagnostik
#P. Nenoff
#Candida-Infektionen
Sprosspilze der Gattung Candida spp. gehören zur Normalflora der Schleimhaut - nicht jedoch der Haut - von Warmblütern, also auch des Menschen. Falls disponierende Faktoren oder Grunderkrankungen vorliegen, kommt es zur Infektion der Schleimhaut im Orointestinaltrakt sowie im Genitalbereich, jedoch auch der Haut, im Einzelfall der Nägel, des Nagelbetts. Invasive Candidosen sind pathogenetisch mehrheitlich endogene, seltener exogene opportunistische, meist nosokomiale Infektionen. In den vergangenen zwei bis drei Jahrzehnten war ein deutlicher Anstieg der Inzidenz invasiver, meist nosokomialer Candida-Infektionen zu verzeichnen. Die Mortalität an invasiven Candida-Infektionen ist in den USA seit 1997 bis zum Jahr 2007 mit 0,4 Todesfällen pro 100 000 Einwohnern gleichbleibend. Ebenfalls in den USA nehmen nach bakteriellen Erregern Candida spp. den vierten Platz in der Liste der Erreger ein, die für nosokomiale septische Infektionen verantwortlich sind. Der häufigste zugrundeliegende Pilz ist nach wie vor Candida albicans. Die Inzidenz der Infektionen durch Nicht-Candida albicans-Arten, an erster Stelle Candida glabrata, ist jedoch in vielen Ländern, auch in Deutschland, angestiegen, allgemein angesehen als Folge des extensiven Einsatzes des Triazols Fluconazol. Candida glabrata-Stämme haben oft (bis 55 % der Isolate) eine verminderte In vitro-Empfindlichkeit gegen Fluconazol, man vermutet, dass es zu einer Selektion von Azol-resistenten Candida-Spezies gekommen ist.
Invasive Sprosspilzinfektionen durch Candida-Arten treten infolge einer Fungämie, die oft Katheterassoziiert ist (ZVK, gelegentlich Blasenkatheter), auf, im weiteren Verlauf kommt es zu Organabsiedlungen der Pilze im Sinne einer Organmykose und einer Sepsis. Betroffen können alle Organe sein, häufig jedoch die Nieren, Leber, Lungen, Herz, Augen und das Zentralnervensystem, selten auch Knochen und Prostata.
Systemische Sprosspilzinfektionen durch Candida-Spezies und Cryptococcus neoformans ([Tab. 1]) betreffen nahezu ausnahmslos disponierte Patienten. Heute kennt man eine Vielzahl zugrundeliegender Erkrankungen und Faktoren.
Immunsupprimierende Erkrankungen | Hämoblastosen, u. a. akute myeloische Leukämie, weitere Leukämie-Formen |
Immunsuppression | Zytostatika-induzierte Neutropenie mit Mukositis, Stammzell- und Knochenmarktransplantation, Organtransplantationen (Pancreas- und Leber bevorzugt) GvH (Graft versus host-Disease)-Reaktion, oft in Kombination mit einer Zytomegalie-Infektion |
T-zelluläre Abwehrschwäche | angeboren, u. a. Di George-Syndrom, SCID (severe combined immune deficiency) erworben, u. a. AIDS |
Unspezifische Abwehrschwäche | Autoimmunendokrinopathiesyndrom |
Medikamentöse Immunsuppression (iatrogen) | u. a. Glukokortikosteroide, Ciclosporin A, Mycophenolatmofetil, Tacrolimus |
Weitere Faktoren | zentraler Venenkatheter, i. v.-Hyperalimentation, lang dauernde Behandlung mit Breitsprektrumantibiotika, i. v. Drogen-Abusus, Frühgeborene, alte Menschen, z. B. komplizierte chirurgische Eingriffe im Bereich des Abdomens mit Darmöffnung oder nach Darmperforation - Leakage, Verbrennungen |
Oberflächliche Infektionen durch Sprosspilze betreffen die Haut, insbesondere die intertriginösen Regionen von Fingern, Zehen, Leisten und Achselhöhlen, häufig ist zudem die intertriginöse Candidose des submammären Bereichs bei disponierten Patientinnen, u. a. bei Adipositas und/oder Diabetes mellitus ([Abb. 1]). Daneben sind die Schleimhäute von Mund, Zunge bis hin zum Ösophagus und dem Gastrointestinaltrakt im Sinne eines Soors bzw. einer Schleimhaut-Candidose oder Candida-Ösophagitis betroffen. Die Vaginalschleimhaut ist nicht selten Ort einer akuten oder chronisch-rezidivierenden Candida-Infektion, häufiger treten Vaginalmykosen während der Schwangerschaft auf. Nicht zu vergessen sind Sprosspilz-Infektionen der Hautanhangsgebilde, besonders der Nägel (Onychomykose), aber auch des Nagelbetts sowie der perionychialen Region (chronische Paronychie) mit Candida-Arten ([Abb. 2 a u. b]), an erster Stelle Candida parapsilosis ([Abb. 3]), gefolgt von Candida guilliermondii und Candida albicans. Die Onychomykose ist manchmal eine echte Sprosspilz-Monoinfektion, oft jedoch eine Mischinfektion von einem Dermatophyten mit einem oder mehreren Sprosspilzen. Klinische Formen invasiver Candida-Infektionen sind die Candidämie, die auf ein einzelnes Organ beschränkte invasive Candidose, die als ausgesprochen selten geltende primäre Candida-Pneumonie, akute disseminierte Candidose (kann mehrere Organe betreffen) und die chronische disseminierte Candidose (insbesondere Leber, Milz, bekannt als hepatolienale Candidose, aber auch der Niere).
Die Symptome sind in der Regel unspezifisch, Anzeichen für eine invasive Candidose sind u. a. Verschlechterung des Allgemeinzustandes, Fieber (vor allem sog. „Antibiotika-resistentes Fieber”), Unruhe, ZNS-Symptome unklarer Genese, Tachykardie, Tachypnoe, neue Hautläsionen (hämorrhagisch, nodulär) = immer embolisch als Folge einer hämatogenen Aussaat der Sprosszellen in die Haut (sekundäre kutane Candidose), Thrombophlebitis an der Eintrittsstelle des zentralen Venenkatheters und dessen Funktionsstörung (functio laesa), manchmal auch Sehstörungen (Candida-Retinitis und -Endophthalmitis).
Jeder diagnostische Nachweis von Sprosspilzen von der Haut und Schleimhaut sollte kritisch hinterfragt werden, einmal, weil Candida-Spezies zur physiologischen Schleimhautflora gehören, zum anderen, weil auf ekzematösen und nässenden Hautläsionen Sprosspilze nicht selten nur als sekundäre Besiedler angesehen werden müssen, der Übergang zur manifesten Haut- und Schleimhautmykose kann fließend sein. Entscheidend ist immer das klinische Bild, nicht der mikrobiologische Sprosspilznachweis. Allenfalls kann basierend auf einer hohen Sprosszelldichte und vom gleichzeitigen Befall mehrerer Körperlokalisationen auf eine höhere Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer invasiven Mykose geschlossen werden.
Die Diagnosestellung einer invasiven Candidose basiert auf unterschiedlichen Pfeilern, entscheidend sind hinweisende klinische Symptome und Befunde, jedoch auch die Ergebnisse der bildgebenden Diagnostik (Ultraschall, CT, MRT, Röntgen), darüber hinaus verdächtige Befunde am Augenhintergrund (bei Tumorpatienten bzw. Neutropenie oft fehlend) und auch endoskopische Befunde (Ösophagus). Der mikrobiologische Nachweis von Candida spp. plus Spezifizierung erfolgt mikroskopisch, kulturell (Blut, Urin, Liquor und Bioptate) und infektionsserologisch. Relativ zuverlässig ist der Candida-Mannan-Antigen-Nachweis mit dem Elisa (Platelia®). Zunehmend finden molekularbiologische Methoden, an erster Stelle Amplifikationstechniken, wie die Polymerasekettenreaktion (PCR) zum Nachweis von Candida-DNS im Blut Anwendung. Problematisch ist jedoch nach wie vor die Interpretation von positiven Ergebnissen, da diese einerseits falsch-positiv sein können, andererseits muss nicht jeder richtige Candida-DNS-Nachweis im Blut auch tatsächlich mit einer invasiven Mykose korrelieren. Die Interpretation von Antikörper-Nachweisen i. S. und anderen Körperflüssigkeiten erfolgt ebenfalls unter Vorbehalt, negative Ergebnisse schließen eine Infektion nicht aus, berücksichtigt werden sollte, dass Anti-Candida-IgM und -IgG bereits infolge einer Schleimhautbesiedlung auftreten, d. h. eine sichere Unterscheidung zur invasiven Candidose nicht möglich ist.
Beim Einsatz der systemischen Triazolantimykotika, insbesondere in der Hämatologie/Onkologie, hat seit mehreren Jahren die verminderte In-vitro-Empfindlichkeit der Sprosspilzisolate, nicht nur von Candida albicans, sondern auch von Candida glabrata und anderen Spezies, zunehmende Bedeutung. Eine verminderte In-vitro-Empfindlichkeit bzw. -Resistenz kann mit einem schlechten Therapieansprechen bzw. Therapieversagen korreliert sein. Eine In vitro-Empfindlichkeitstestung kommt immer dann in Betracht, wenn Candida-Spezies außer Candida albicans als ursächlicher Erreger isoliert werden. Dies betrifft an erster Stelle Candida glabrata, aber auch Candida krusei, wobei für letzteren Sprosspilz gilt, dass sich aufgrund der intrinsischen Resistenz Fluconazol als Therapeutikum verbietet.
#Cryptococcus neoformans-Infektionen
Der Sprosspilz Cryptococcus neoformans ist die einzige pathogene Art innerhalb der Gattung Cryptococcus. Die bekapselte Hefe gehört nicht zur normalen Mikroflora des Menschen, jeder Nachweis ist ein kontrollbedürftiger Befund mit therapeutischen Konsequenzen. Saprophytäre Cryptococcus-Arten außer Cryptococcus neoformans, die von Haut und Nägeln isoliert werden, sind mehrheitlich apathogen. Trotzdem sind bei Immunsupprimierten Infektionen durch z. B. Cryptococcus albidus oder Cryptococcus laurentii beschrieben worden!
Cryptococcus neoformans mit seinen beiden klinisch relevanten Varietäten neoformans (Kapsel-Serotyen A und D) und gattii (Serotypen B/C) kommt ubiquitär in der Natur vor. Kryptokokkosen in Europa werden ausschließlich durch Serotypen A/D verursacht. Neuerdings beschrieben wird auch Cryptococcus neoformans var. grubii (Serotyp A) als genetisch differente Varietät, ob es sich hierbei um eine eigenständige Spezies handelt, ist noch nicht endgültig geklärt. Cryptococcus neoformans var. grubii et neoformans befallen vorzugsweise immunsupprimierte Patienten, Cryptococcus neoformans var. gattii dagegen immunkompetente Wirte.
Die Cryptococcus-Sprosspilzzellen sind aufgrund ihrer mächtigen, aus Polysacchariden bestehenden Schleimkapsel relativ resistent gegenüber Umwelteinflüssen, insbesondere gegen Austrocknung, und bleiben Wochen oder Monate vital und potentiell virulent. Trockene, aufgewirbelte Exkremente im Bodenstaub werden eingeatmet und führen bei immunsupprimierten Patienten zu einer oft inapparenten Kryptokokkose der Lunge. In der Folge kommt es zur hämatogenen Aussaat, vorzugsweise in das ZNS, sehr selten auch in die Haut. Cryptococcus-Zellen werden über die Nieren ausgeschieden. Diese sowie die Prostata bilden nach behandelter Infektion lebenslang ein Erregerreservoir.
#Malassezia-Infektionen
Malassezia ist ein lipophiler Spross- oder Hefepilz, der zur normalen menschlichen Hautflora gerechnet wird. Es handelt sich um einen fakultativ-pathogenen Erreger, welcher die Fähigkeit besitzt, unter bestimmten Bedingungen Ursache einer Reihe dermatologischer Erkrankungen zu werden. Dazu zählen Pityriasis versicolor, Malassezia-Follikulitis (bei immunsupprimierten Patienten), seborrhoisches Ekzem und Kopfschuppen (letztere Dermatosen sind mit Malassezia globosa und Malassezia furfur assoziiert). In den letzten Jahren wurden aufgrund morphologischer, physiologischer, ultrastruktureller und vor allem molekularbiologischer Untersuchungen neue Taxa den drei bereits bekannten Arten Malassezia furfur, Malassezia pachydermatis und Malassezia sympodialis hinzugefügt. Diese umfassen Malassezia globosa, Malassezia obtusa, Malassezia restricta, Malassezia slooffiae, Malassezia dermatis sowie Malassezia japonica. Insbesondere die Spezies Malassezia globosa und Malassezia sympodialis zeichnen verantwortlich für die Pityriasis versicolor, eine sehr häufige oberflächliche Infektion des Stratum corneum. Mittlerweile gibt es eine Vielzahl Mitteilungen über systemische Infektionen durch Malassezia in Form der Katheter-assoziierten Sepsis. Betroffen sind unreife Neugeborene bei diversen kongenitalen Erkrankungen und immunsupprimierte Erwachsene, die total parenteral ernährt werden, speziell mit Fettemulsionen (Intralipid). Darüber hinaus gibt es auch Mitteilungen über systemische oder Blutstrominfektionen durch Malassezia pachydermatis, aquiriert von einem Krankenpfleger bzw. mittelbar von dessen Schoßhündchen.
Systemische Malassezia-Infektionen imponieren mit pulmonalen Infiltraten, außerdem Fieber und Thrombozytopenie. Malassezia aktiviert das Blutgerinnungssystem, wobei dem ß-Glukananteil des Sprosspilzes die entscheidende Bedeutung für die Verkürzung der kalziuminduzierten Gerinnungszeit zukommt. Zellwandpolysaccharide von Malassezia - Mannan und β-Glukan - sind entscheidend für das Erkennen des Hefepilzes und dessen Bindung an die entsprechenden Mannose- und β-Glukan-Rezeptoren sowie den Komplement-Typ-3-Rezeptor z. B. der phagozytierenden Zellen - Monozyten und polymorphkernige Zellen -, die so eine systemische Infektion verhindern können.
#Trichosporon-Infektionen
Zu den sog. emerging pathogens zählen Trichosporon-Arten als Erreger von Systemmykosen. Neben Trichosporon cutaneum (früher: Trichosporon beigelii) kommt der Spezies Trichosporon asahii zunehmend Bedeutung zu, nicht zuletzt wegen der geringen In-vitro-Empfindlichkeit gegenüber verschiedenen systemischen Antimykotika. Für Amphotericin B werden minimale Hemmkonzentrationen von 0,01 - 4 μg/ml erreicht. Bei Patienten mit einer Trichosporonose versagt die Behandlung häufig, die Letalität dieser seltenen Infektion wird bei neutropenischen Patienten, trotz Behandlung mit Amphotericin B, mit 70 % angegeben. Für 5-Flucytosin gibt es neben empfindlichen auch resistente Stämme. Die Azole - Miconazol, Itraconazol, Ketoconazol und Voriconazol - haben eine höhere In-vitro-Aktivität als Amphotericin B. Gerade wurde über eine sog. Durchbruch (breakthrough)-Infektion durch Trichosporon asahii bei einem neutropenischen Patienten mit akuter myeloischer Leukämie unter Posaconazol-Prophylaxe berichtet ([Abb. 4]). Diese Trichosporonose ließ sich durch kombinierte Gabe von liposomalem Amphotericin B und Voriconazol erfolgreich behandeln.
#Geotrichum-Infektionen
Sehr selten sind Geotrichosen, ausnahmslos immunsupprimierte Patienten betreffend, hervorgerufen durch Geotrichum candidum und Geotrichum capitatum (alte Taxonomie Trichosporon capitatum oder Blastoschizomyces capitatus). Geotrichum candidum („Milchschimmel” = Trivialname) gehört zur Gattung Geotrichum. Taxonomisch ordnet man diesen Pilz jedoch bei den Sprosspilzen ein, zur Klasse der Endomycetes bei den Ascomycota gehörend. Der in der Regel als apathogen angesehene Pilz kommt in Sauermilch, Dickmilch, Joghurt, Quark, Käse (zur Reifung, Aromatisierung) und auf Gemüse (Tomaten!) vor. Gelegentlich kann Geotrichum candidum im Vaginalsekret nachgewiesen werden z. B. nach Vaginalspülungen, wenn durch Natur- bzw. Milchprodukte das saure Scheidenmilieu wieder hergestellt werden soll. Geotrichum candidum wird sehr häufig im Stuhl gefunden. Ein Teil der Stämme wächst bei 37° C, woraus sich erklärt, dass - wenngleich selten - systemische Infektionen auftreten können. Geotrichum capitatum wird gelegentlich saprophytär wachsend im Tracheal- und Bronchialsekret angetroffen, ohne dass diesem Umstand pathognomonische Bedeutung zukommt. Systemische Infektionen sind jedoch beschrieben worden. Interessanterweise werden Infektionen durch Geotrichum capitatum manchmal zufällig aufgrund der bekannten Kreuzreaktivität des Aspergillus-Galactomannan-Antigen-Nachweises entdeckt. Bei diesen Patienten ist der Aspergillus-Antigennachweis positiv, ohne dass es mikrobiologische oder klinische Zeichen für eine Aspergillose gibt.
#Saccharomyces cerevisiae-Infektionen
Saccharomyces cerevisiae - Bäcker- oder Bierhefe - gilt selbstverständlich als apathogen. Trotzdem gibt es Beschreibungen von Fungämien bei neutropenischen Patienten, z. B. nach einer prophylaktischen Gabe von Saccharomyces boulardii zum Darmaufbau. Bekannt ist, dass Saccharomyces cerevisiae in vitro gegenüber Azol-Antimykotika resistent sein kann. Beschrieben wurde der erfolgreiche Einsatz von konventionellem Amphotericin B.
#Pichia anomala-Infektionen
Pichia anomala (Anamorph Candida pelliculosa) ist ebenfalls ein neuer, zunehmend isolierter Erreger von invasiven Mykosen und Fungämien. Amphotericin B, allein oder in Kombination mit 5-Flucytosin sowie Fluconazol wurden erfolgreich zur Therapie dieser Infektion eingesetzt, wobei im Einzelfall mit einem Therapieversagen zu rechnen ist.
#Literatur
Literatur beim Verfasser
Korrespondenzadresse
Prof. Dr. Pietro Nenoff
Laboratorium für medizinische Mikrobiologie
Partnerschaft Dr. rer. nat. Jürgen Herrmann & Prof. Dr. med. Pietro Nenoff
Straße des Friedens 8
04579 Mölbis
eMail: nenoff@mykologie-experten.de
Methoden zur Resistenztestung von Sprosspilzen
#R. Fleck
Zur systemischen Behandlung von Sprosspilzinfektionen stehen grundsätzlich Antimykotika aus den folgenden 4 Wirkstoffgruppen zur Verfügung ([Tab. 2]):
Gruppe | Beispiele | Wirkmechanismus |
Polyene | Amphotericin B | Ergosterolsynthese |
Azole | Fluconazol, Voriconazol, Posaconazol, Itraconazol, Ketoconazol | Ergosterolsynthese |
Echinocandine | Caspofungin, Anidulafungin, Micafungin | Beta-1,3 Glucansynthese |
Pyrimidine | Flucytosin (5FC) | DNA-Synthese |
Generelles Problem aller Testmethoden ist das teilweise Fehlen von Breakpoints zur In-vitro-/In-vivo-Korrelation, z. B. für alle Echinocandine sowie Posaconazol. Auch für Amphotericin B gibt es bislang keine verlässlichen Breakpoints.
#Testmethoden
#1) Bouillondilution
Der Goldstandard der Resistenztestung von Hefen ist die Norm „M27-A2” des amerikanischen „Clinical Laboratory Standards Institute” (CLSI). Relativ ähnlich sind die beiden Bouillondilutionsverfahren der europäischen EUCAST (Dokument E.Dis 7.1), sowie der deutschen DIN-Norm Nr. 58940-84. Daran angelehnt bieten verschiedene Firmen kommerzielle Verfahren an, welche teilweise das Wachstum mittels Indikatormedien anzeigen.
Durchführung (CLSI M27-A2): Herstellen einer Verdünnungsreihe mit dem entsprechenden Antimykotikum meist in einer Mikrotiterplatte, als Kulturmedium kommt modifiziertes RPMI 1640 zum Einsatz. Nach 48 Stunden (72 h bei C. neoformans) wird die MHK (minimale Hemmkonzentration) abgelesen. Je nach Wirkstoffgruppe ist die MHK unterschiedlich abzulesen: komplette Inhibition bei Polyenen, deutliche Inhibition im Vergleich zur Wachstumskontrolle bei Azolen und Flucytosin.
Probleme des Verfahrens: „Trailing Growth” bei Azolen, daher ist das Ablesen einer MHK deutlich erschwert; insgesamt ist das Verfahren sehr aufwendig.
#2) Agardiffusion
z. B. CLSI M44-A (Papierblättchen); Neo-Sensitabs® (Tabletten)
Durchführung: Auf Mueller-Hinton-Agar mit Methylenblau-Zusatz (verhindert Trailing Growth) wie bei der Testung von Bakterien, relativ einfach durchführbar.
Probleme des Verfahrens: Nur für Fluconazol und Voriconazol; C. glabrata wird häufig fälschlich als resistent eingestuft.
#3) E-Test®
Durchführung: Agardiffusion auf modifiziertem RPMI-Agar mit Kunststoffstreifen, welcher einen Gradient der Wirkstoffkonzentrationen enthält. Die MHK kann direkt am Streifen abgelesen werden, das Verfahren ist relativ einfach durchführbar.
Probleme: Sehr teures Verfahren, Trailing Growth bei Azolen, daher Ellipse teilweise nur gegen Licht zu sehen.
Korrespondenzadresse
Dr. med. Ralf Fleck
Institut für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene
Universitätsklinikum Mannheim gGmbH
Haus 22
Theodor Kutzer Ufer 1 - 3
68167 Mannheim
eMail: ralf.fleck@imh.ma.uni-heidelberg.de
Erste Erfahrungen mit der automatisierten Resistenztestung von Sprosspilzen im Vitek 2
#R. Kappe, E. Fuchs
#Hintergrund
Die Karte zur Pilz-Resistenz-Testung im vollautomatischen Vitek 2 (bioMerieux, Nürtingen, Deutschland) ist seit 2007 auch in Deutschland kommerziell verfügbar. Sie ermöglicht die Bestimmung minimaler Hemmkonzentrationen (MHKs) der vier Antimykotika Amphotericin B (AmB), Fluconazol (Fluco), 5-Fluorcytosin (5-FC) und Voriconazol (Vori) gegen Sprosspilze. Für Fluconazol stimmten die Ergebnisse gut überein mit denjenigen der Mikrodilutions-Referenz-Methode des Clinical and Laboratory Standards Institute (CLSI), Wayne, PA, USA (Pfaller MA, Diekema DJ, Procop GW, Rinaldi MG. Multicenter comparison of the Vitek 2 yeast susceptbility test with the CLSI broth microdilution reference method for testing fluconazole against Candida spp. J Clin Microbiol 2007, 45: 796 - 802).
#Material und Methoden
Vitek 2, Pilz-Resistenzkarten AST-YS01, 13 Hefestämme.
#Resultate
Siehe [Tab. 3].
Vitek 2 - MHK [μg/ml] | Zeit* [h] | Log2-Abw. v. Sollwert** | |||||
Nr. | Hefestamm | AmB | Fluco | 5-FC | Vori | ||
1 | Candida albicans ATCC 90 028 | 0,5 | ≤ 1 | ≤ 1 | ≤ 0,12 | 14,25 | 0 |
2 | Candida albicans VA9312/07 | ≤ 0,25 | ≤ 1 | ≤ 1 | ≤ 0,12 | 14,00 | ND |
3 | Candida albicans UR8920/07 | ≤ 0,25 | ≤ 1 | ≤ 1 | ≤ 0,12 | 13,25 | ND |
4 | Candida albicans UR8942/07 | ≤ 0,25 | ≤ 1 | ≤ 1 | ≤ 0,12 | 14,00 | ND |
5 | Candida albicans UR9264/07 | ≤ 0,25 | ≤ 1 | ≤ 1 | ≤ 0,12 | 14,50 | ND |
6 |
Candida albicans B833/96 (Fluco resistent) | ≤ 0,25 | ≥ 64 | ≤ 1 | 1 | 12,25 | 0 |
7 | Candida dubliniensis ST1710 | ≤ 0,25 | ≤ 1 | ≤ 1 | ≤ 0,12 | 14,00 | ND |
8 | Candida tropicalis BK2627/07 | ≤ 0,25 | ≤ 1 | 32 | ≤ 0,12 | 14,50 | 0 |
9 | Candida parapsilosis ATCC 22 019 | ≤ 0,25 | 2 | ≤ 1 | ≤ 0,12 | 16,00 | 0 |
10 | Candida krusei ATCC 6258 | 0,5 | 16 | 8 | ≤ 0,12 | 18,50 | 0 |
11 | Candida glabrata DSM 70 614 | 0,5 | 4 | ≤ 1 | ≤ 0,12 | 17,25 | 0 |
12 | Candida lusitaniae VA102891/04 | ≤ 0,25 | ≤ 1 | ≤ 1 | ≤ 0,12 | 14,00 | ND |
13 | Cryptococcus neoformans DSM 70 219 | ≤ 0,25 | 2 | 2 | KE | 22,25 | ND |
* Zeit bis zur Ermittlung des Ergebnisses; ** CLSI-Mikrodilutions-Referenzmethode; ND: nicht durchgeführt; KE: kein Ergebnis. |
Diskussion
Die Vitek 2-MHK-Ergebnisse wichen bei den 13 untersuchten Hefestämmen und den vier getesteten Antimykotika in keinem Fall um mehr als eine Log2-Verdünnungs-Stufe von den CLSI-Referenz-Werten ab.
#Schlussfolgerung
Das Vitek 2-System ermittelte zuverlässig die Empfindlichkeit von Candida spp. und Cryptococcus neoformans gegen Amphotericin B, Fluconazol und 5-Fluorcytosin und von Candida spp. auch gegen Voriconazol innerhalb von 12,25 bis 22,25 Stunden (durchschnittlich 15,31 Stunden).
Korrespondenzadresse
Prof. Dr. med. Reinhard Kappe
Institut für Laboratoriumsdiagnostik und Mikrobiologie
Südharzkrankenhaus Nordhausen
Robert-Koch-Str. 39
99734 Nordhausen
eMail: reinhard.kappe@shk-ndh.de
Stellenwert von Antigen- und Antikörpertesten in der Diagnostik der invasiven Candidose
#D. Rimek
Zur Diagnostik invasiver Candidosen stehen neben dem direkten Erregernachweis mittels Mikroskopie und Kultur auch serologische Methoden - Antigen- und Antikörperteste - zur Verfügung. Bei oberflächlichen Haut- oder Schleimhautcandidosen ist eine serologische Diagnostik nicht indiziert.
#Candida-Antigennachweis
Für den Candida-Antigennachweis aus Serum stehen kommerzielle Latexagglutinationsteste (LAT) und Enzymimmunoassays (EIA) zur Verfügung.
Ein seit langem verfügbarer LAT zum Nachweis eines thermolabilen Neo-Antigens ist der sogenannte CandTec-Test (Fa. Ramco, Vertrieb Fa. Biermann). Dieses Neo-Antigen soll mit Komplexen aus Mannan und IgM identisch sein. Der vom Hersteller angegebene cut-off von 1 : 4 wird von den meisten Autoren akzeptiert, ist jedoch in der Literatur durchaus umstritten. Bei Immunkompetenten kann die Anhebung des Grenzwertes auf 1 : 16 die Spezifität verbessern. Der Test ist wenig sensitiv mit Angaben zwischen 25 - 87 % und insbesondere bei Immunsupprimierten häufig falsch negativ. Ein anderer LAT ist der Pastorex Candida (Fa. Bio-Rad). Dieser Test weist Candida-Mannan im Serum nach, basierend auf dem monoklonalen Rattenantikörper EB-CA1, der gegen Mannanantigen von Candida albicans gerichtet ist. Der Test hat mit einem Grenztiter von 1 : 1 eine Nachweisgrenze von 2,5 ng Mannan pro ml Serum. Er zeigt mit 100 % eine hohe Spezifität, die Sensitivität ist mit 25 - 53 % aber gering.
Zur Verbesserung der Nachweisgrenze des zuletzt genannten Mannan-LAT steht seit 1999 der Platelia-Candida-Mannan-Antigen-Enzymimmunoassay (Fa. Bio-Rad) zur Verfügung. Dieser Sandwich-EIA beruht auf dem gleichen Antikörper wie der Pastorex LAT, ist jedoch 10-fach empfindlicher mit einer Nachweisgrenze von 0,25 ng Mannan pro ml Serum. Ab 0,5 ng/ml wird ein Resultat als positiv bewertet. Westernblotuntersuchungen und Untersuchungen mit Candida-Antigensuspensionen ergaben Kreuzreaktionen auch mit Mannanen von den klinisch relevanten Spezies Candida glabrata, Candida tropicalis, Candida dubliniensis, Candida lusitaniae, Candida famata, Candida guilliermondii und schwächer mit Candida krusei und Candida parapsilosis. Bisherige klinische Studien erbrachten sehr unterschiedliche Ergebnisse. So wurde die Sensitivität des Testes mit 40 - 86 % angegeben, die Spezifität lag je nach untersuchter Patientengruppe zwischen 32 - 98 %. Insbesondere ist es fraglich, ob mit dem Mannan-Nachweis aus Serum eine Unterscheidung zwischen Candida-Kolonisation und invasiver Candidose getroffen werden kann. In einer Arbeit wurde gezeigt, dass bei Candida-Meningitis auch Liquor als Untersuchungsmaterial geeignet war.
Ein zweiter EIA ist der SERION ELISA antigen Candida (Fa. Virion-Serion). Dieser Test beruht auf einem polyklonalen Anti-Mannan-Antikörper vom Kaninchen. Mittels Ein-Punkt-Quantifizierung werden anhand eines Standards Einheiten pro ml berechnet. Der Grenzwert liegt bei 2,3 U/ml. Sensitivität (67 - 80 %) und Spezifität (93 %) sind laut Herstellerangabe hoch, klinische Studien wurden zu diesem Test allerdings noch nicht veröffentlicht.
#Candida-Antikörpernachweis
Für Candida-Antikörpernachweise gilt:
-
Die häufig vorhandene kommensale Besiedlung des Menschen mit Candida spp. bedingt einen geringgradigen Antikörper-Basistiter in der Bevölkerung. Dieser Grundtiter muss bei der Bewertung der Höhe von Candida-Antikörper-Bestimmungen berücksichtigt werden. Darüber hinaus bedingt er, dass eine einmalige Candida-Antikörper-Bestimmung weitgehend ohne Aussagewert ist. Ein Hinweis auf eine Candidose ergibt sich erst bei einem signifikanten Titeranstieg innerhalb weniger Tage.
-
Ein signifikanter Titeranstieg von Anti-Candida-Antikörpern zeigt eine immunologische Auseinandersetzung mit Candida-Antigenen an. Er ist als alleiniger Test kein Beweis für das Vorliegen einer invasiven Candidose.
-
Immunsupprimierte Patienten zeigen meist keine oder nur eine verminderte Antikörperbildung. Bei diesen Patienten können signifikante Titeranstiege daher ausbleiben.
-
Es bestehen zwar Antigen-Gemeinschaften zwischen verschiedenen Candida-Arten, jedoch werden Infektionen durch nicht oder wenig kreuzreagierende Sprosspilze wie z. B. C. krusei durch die verfügbaren Antikörper-Teste nicht erfasst.
Kommerziell verfügbare Testformate
Nachweis von Gesamtantikörpern (IgM, IgG, IgA):
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Indirekte Hämagglutinationsteste (IHA): Grenztiter > 1 : 160
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EIA (Platelia Candida AK, Fa. BioRad): Anti-Mannan-Antikörper
Getrennter Nachweis von IgM-, IgG- und IgA-Antikörpern gegen Candida:
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EIA: verschiedene Anbieter, unterschiedliche Antigene und Grenzwerte
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IFT (indirekter Immunfluoreszenztest): verschiedene Anbieter, unterschiedliche Antigene
Schlussfolgerungen
Candida-Antigen- und -Antikörper-Nachweise sind zusätzliche Bausteine in der Diagnostik der invasiven Candidose. Mehrere positive Proben bzw. ein signifikanter Titeranstieg sind ein Hinweis auf eine invasive Candidose. Die Ergebnisse dieser Teste sind interpretierbar und nützlich bei Kenntnis des klinischen Bildes sowie kultureller und mikroskopischer Labor-Ergebnisse.
#Literatur
1 Quindos G, Moragues MD, Ponton J. Is there a role for antibody testing in the diagnosis of invasive candidiasis? Rev Iberoam Micol 2004; 21: 10 - 14
2 Herent P, Stynen D, Hernando F, Fruit J, Poulain D. Retrospective evaluation of two latex agglutination tests for detection of circulating antigens during invasive candidosis. J Clin Microbiol 1992; 30: 2158 - 2164
3 Sendid B, Tabouret M, Poirot JL, Mathieu D, Fruit J, Poulain D. New enzyme immunoassay for sensitive detection of circulating Candida albicans mannan and antimannan antibodies: Useful combined test for diagnosis of systemic candidiasis. J Clin Microbiol 1999; 37: 1510 - 1517
Korrespondenzadresse
PD Dr. med. Dagmar Rimek
Thüringer Landesamt für Lebensmittelsicherheit und Verbraucherschutz
Dezernat Medizinische Mikrobiologie
Tennstedter Str. 8/9
99947 Bad Langensalza
eMail: dagmar.rimek@tllv.thueringen.de
Kutane Kokzidioidomykose bei einer immunsupprimierten Patientin mit Sarkoidose. Mykologische Diagnostik unter Berücksichtigung der Arbeitssicherheit beim Umgang mit Krankheitserregern der Risikogruppe 3
#I. Vennewald1, G. Hansel2, J. Schönlebe3, K. Tintelnot4, M. Seibold4, U. Wollina2
1 Institut für Klinische Chemie und Labormedizin
2 Klinik für Dermatologie und Allergologie
3 Institut für Pathologie des Krankenhauses Dresden-Friedrichstadt
4 Robert Koch-Institut, Fachgebiet Mykologie, Berlin
Einleitung
Die Kokzidioidomykose gehört zusammen mit der Histoplasmose zu den häufigsten endemischen Pilzinfektionen in den USA. Hauptendemiegebiete sind die Wüstenzonen von Kalifornien, Arizona und Texas. Weitere ausgedehnte Herde finden sich in New Mexico, Zentral- und Südamerika. Die Kokzidioidomykose tritt in Europa meistens als Reiseerkrankung auf. Als Infektionsweg kommt fast ausschließlich die Inhalation von Pilzsporen vor, die in Endemiegebieten bei Baumaßnahmen bzw. aus dem Erdboden aufgewirbelt werden. Ursache von Infektionen können in Ausnahmefällen auch infizierte Gegenstände (sporenhaltiger Staub an Textilien, Holz und pflanzliches Material), die aus endemischen Gebieten stammen, sein. Eine Übertragung von Mensch zu Mensch bzw. vom Tier auf den Menschen kann nahezu ausgeschlossen werden. Das Konsiliarlabor für außereuropäische Systemmykose-Erreger in Deutschland am Robert Koch-Institut in Berlin erfasst bis zu 10 Neuerkrankungen pro Jahr, geht aber von einer deutlich höheren Zahl an unerkannten Infektionen aus. Aufgrund der hohen Virulenz des Erregers ist schon mehrmals von Laborinfektionen durch Coccidioides spp. berichtet worden. Diese Laborinfektionen machen strenge Vorsichtsmaßnahmen, die allein schon durch den Verdacht auf das Vorliegen des Erregers begründet sind, erforderlich.
Die Gattung Coccidioides beinhaltet zwei Arten: Coccidioides immitis und Coccidioides posadasii.
Coccidioides spp. ist ein dimorpher Pilz, der als Saprophyt in seiner Myzelform in trockenen (Wüsten-) Böden vorkommt und dort hoch-infektiöse Arthrokonidien (Arthrosporen) bildet. Die parasitäre Phase kommt nur bei einer Infektion im Menschen und Tier vor. Die Inkubationszeit beträgt ca. 1 - 4 Wochen; es kann jedoch mehrere Jahre nach dem Primärbefall der Lunge zu einer Dissemination kommen. Bei 60 % der Infizierten verläuft die Infektion asymptomatisch. Insbesondere bei Immunsupprimierten werden schwere Krankheitsverläufe beobachtet, die von Rezidiven geprägt sein und unbehandelt einen letalen Verlauf nehmen können. Die Therapiedauer umfasst mehrere Monate bis Jahre.
#Fallbericht
Wir berichten von einer 52-jährigen Patientin mit knotig-ulzerierenden Hautveränderungen nach einem Aufenthalt in Arizona im April 2005. Die Diagnose einer Sarkoidose war erstmalig 1992 gestellt worden. Seit 2003 wurde die Patientin mit Prednisolon und Methotrexat (MTX) therapiert. An den Oberschenkeln, Gesäß und Flanken sowie dem Handrücken zeigten sich große livid-rote Infiltrate, die zentral zum Teil nekrotisch-eitrig zerfielen. Zusätzlich bestanden noch ein quälender Reizhusten und eine Dyspnoe.
#Diagnostik
Klinisch: Im Thorax-CT von Mai 2005 waren multiple, beidseits hilär vergrößerte Lymphknoten sowie Lungeninfiltrate sichtbar.
Histologie: Im HE-Präparat der Haut fand sich eine chronisch fortdauernde granulomatös-abszedierende Entzündung mit unterschiedlich großen Abszessen in der Dermis. Im entzündlichen Exsudat waren vereinzelt auffällige, dickwandige, rundliche, bis ca. 50 μm große, sog. Sphärulen erkennbar.
Mikrobiologie: Von einem ulzerierenden Hautknoten am Gesäß wurde routinemäßig ein Abstrich zur mikrobiologischen Untersuchung eingesandt. Dort zeigten sich am dritten Tag auf verschiedenen Medien Kolonien mit schimmelpilzartigem Wachstum. Diese Platten wurden dem Mykologischen Labor zur weiteren Differenzierung übergeben. Nach zwei Tagen zeigten die Subkulturen auf Malz-Agar temperaturunabhängiges (Raumtemperatur und 37° C) gutes Wachstum mit flauschigem Aussehen und weißlicher Pigmentierung. Der Befund der inzwischen abgeschlossenen histologischen Untersuchung lautete: Verdacht auf außereuropäische Systemmykose, möglicherweise Blastomykose. Demzufolge wurden die Kulturpräparate wiederholt auf charakteristische Strukturen von Blastomyces dermatitidis (auf breiter Basis sprossende Hefezellen) sowie anderer Erreger, unter anderem auch Coccidioides spp., untersucht. Der Nachweis von Arthrosporen im Lactophenolbaumwollblau-Präparat, identisches kulturelles Wachstum bei RT und 37° C sowie eine fehlende Hefephase bei 37°C erhärteten den Verdacht auf Coccidioides spp. Es wurde erneut eine Probe (Wundabstrich) von einem Hautknoten am Gesäß mit Blankophor vorbehandelt und fluoreszenzoptisch untersucht. Die im Eiter nativ nachgewiesenen Sphärulen bestätigten den histologischen und kulturellen Befund.
Die angezüchteten Kulturen, Patientenserum und die histologischen Präparate wurden unter Beachtung der Versandbestimmungen per Kurierdienst an das Mykologische Konsiliarlabor im RKI (Robert Koch-Institut) Berlin geschickt. Dort wurde das eingesandte Isolat mittels Gensonde als Coccidioides spp. bestätigt und abschließend durch PCR und Sequenzierung als Coccidioides posadasii identifiziert. Der Titer in der Komplementbindungsreaktion (KBR) gegen Coccidioides ergab 1 : 32, der IgG-Antikörpernachweis im Westernblot war positiv, der entsprechende IgM-Nachweis negativ. Inzwischen hatte eine Auslandsanamnese einen Aufenthalt in Arizona im April 2005 ergeben, nach dessen Rückkehr die Patientin einen Monat später wegen eines nur schwer therapierbaren, pneumonischen Geschehens für sechs Wochen in einem regionalen Lungenfachkrankenhaus behandelt wurde. Ein Erregernachweis war dort nicht erfolgt.
#Therapie und Krankheitsverlauf
Die mit Amphotericin B begonnene Therapie musste wegen Nephrotoxizität ab dem 4. Behandlungstag auf Itraconazol umgestellt werden. Diese Therapie wurde mit einer Tagesdosis von Itraconazol (Sempera®) 400 mg/d (2 × 200 mg/d) über 5 Monate fortgeführt. Einen Monat nach Therapiebeginn waren die Lungeninfiltrate im CT vollständig zurückgebildet und die hilären Lymphknoten deutlich verkleinert. Nach 3 Monaten waren die Hautveränderungen abgeheilt. Etwa 10 Monate später wurde die Patientin mit zwei neuen Abszessen am Abdomen und Gesäß vorstellig. Der CRP-Wert war nur diskret erhöht. Der mykologisch-kulturelle und histologische Befund ergab erneut eine Kokzidioidomykose, der Titer der Coccidioides-spezifischen KBR war 1 : 8. Die antimykotische Therapie wurde erneut aufgenommen, jedoch auf Posaconazol (Noxafil®), 2 × 400 mg/d umgestellt. Klinisch konnte eine Abheilung der Hautläsionen beobachtet werden, aber nicht mykologisch. Aus dem Narbenbereich ließ sich Coccidioides posadasii noch sechs Monate später kulturell nachweisen. Der KBR-Titer betrug 1 : 4 bei sonst unverändertem serologischen Befund. Die Therapie wurde erneut auf Itraconazol umgestellt. Danach fielen die KBR-Werte und blieben bis heute negativ.
#Laborinfektionen und Schutzmaßnahmen
Aufgrund der hohen Infektiosität von Coccidioides spp. kommt es immer wieder zu Laborinfektionen, die mit schweren Verläufen einhergehen können. Dies macht beim Verdacht auf das Vorliegen dieses Erregers sowie bei anderen Erregern der Risikogruppe 3, strenge Vorsichtsmaßnahmen erforderlich.
Mitarbeiter von mikrobiologischen Routinelabors sind wegen der Seltenheit der Erreger der Risikogruppe 3 in kulturellen Untersuchungsmaterialien zu wenig für die von ihnen ausgehenden Gefahren sensibilisiert, häufig fehlt daher auch die Erfahrung für den Umgang mit Pilzen dieser Risikogruppe. Bei fehlendem Hinweis des Einsenders auf den Aufenthalt des Patienten in Endemiegebieten (häufig fehlende Reiseanamnese!) werden aus verschiedenen Untersuchungsmaterialien angezüchtete Schimmelpilzisolate oft ohne die nötige Vorsicht behandelt und Schimmelpilze als harmlose Anflugkeime oder Laborkontaminanten betrachtet. Spezielle Kenntnisse sind hilfreich, wie zum Beispiel bei Coccidioides spp., der sowohl bei Raumtemperatur als auch bei 37° C als Fadenpilz wächst. Im Gegensatz dazu stehen die außereuropäischen Mykose-Erreger der Histoplasmose, Blastomykose und Parakokzidioidomykose, die bei Raumtemperatur Myzelwachstum zeigen, bei 37° C jedoch überwiegend eine Hefeform entwickeln. Häufig wird die Verdachtsdiagnose auf einen Erreger einer außereuropäischen Systemmykose zu spät gestellt und damit kann es zu einer erheblichen Gefährdung des Laborpersonals kommen. Demzufolge ist es erforderlich, grundsätzlich die einschlägig bekannten Vorsichtsmaßnahmen im Labor einzuhalten. Im Falle einer vermuteten oder unbeabsichtigten Freisetzung von infektiösen Erregern aus dieser Risikogruppe müssen die notwendigen diagnostischen Schritte unternommen und gegebenenfalls eine Behandlung initiiert werden.
#Beim ungeschützten Kontakt mit den Pilzen der Risikogruppe 3 werden folgende Maßnahmen eingeleitet:
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Ausreichende Desinfektionen des kontaminierten Bereiches, von Gerätschaften, der Arbeitskleidung, usw.; Gefährdung von Mitarbeitern und anderer Personen ausschließen.
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Behandeln wie ein Unfall. Meldung an die Berufsgenossenschaft wegen zu erwartender hoher Untersuchungs- und noch höherer Behandlungskosten.
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Namentliche Auflistung anderer betroffenen Mitarbeiter, falls gegeben.
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Information an den Vorgesetzten, den Betriebsarzt und die/den Sicherheitsbeauftragte(n) des Labors bzw. Krankenhauses.
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Blutabnahme von allen Betroffenen möglichst innerhalb von 1 - 2 Tagen, danach Kennzeichnen und Einfrieren von Seren. Eine zweite Blutabnahme wird bei den Personen durchgeführt, die innerhalb von vier Wochen nach dem möglichen Kontakt mit einem Erreger der Risikogruppe 3 Symptome einer Infektion in Form eines unklaren grippalen oder respiratorischen Infektes zeigen. Das erste und zweite Serum dieser Mitarbeiter wird an das Konsiliarlabor für Erreger außereuropäischer Systemmykosen mit dem auf der Homepage des Robert Koch-Instituts (www.rki.de) unter Infektionskrankheiten A - Z, Mykosen, abrufbaren Untersuchungsauftrags eingesandt. Ein telefonischer Kontakt steht ebenfalls zur Verfügung.
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Eine Therapieentscheidung erfolgt je nach klinischer, kultureller und serologischer Konstellation.
Sicherheitsmaßnahmen im Labor
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Die Benutzung von Sicherheitsbänken der Klasse 2 ist besonders beim Arbeiten mit Schimmelpilzen unbekannter Herkunft obligat. Die Benutzung von Mund- und Nasenschutzmasken ist nicht sehr hilfreich. Das Tragen von Laborhandschuhen ist erforderlich, da die Hände besonders gefährdet sind und somit einen gewissen Schutz gegen Kontamination darstellen. Die Unterarme sind ebenfalls erhöht gefährdet, spezielle Laborhandschuhe oder andere Maßnahmen können zu einer Verringerung des Infektionsrisikos beitragen. Ringe, anderer Schmuck oder Uhren dürfen unter der Werkbank nicht getragen werden.
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Beim Transport von Pilzkulturen kann es durch das bloße Bewegen (die Kulturschalen weisen Belüftungsnocken auf!), das Herunterfallen von Kulturplatten oder Glasbruch von Schrägagarröhrchen zur Streuung von Erregern kommen. Generell erweisen sich Glasröhrchen zur Vermeidung der Freisetzung von Pilzsporen geeigneter als Platten. Die Wattestopfen müssen fixiert sein, z. B. durch Parafilm®. Eine Absicherung durch einen zweiten, transparenten Plastikbehälter erhöht die Sicherheit.
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Eine deutliche Kennzeichnung verdächtiger Kulturen und eine von der Routine getrennte Aufbewahrung sind erforderlich.
Stufendiagnostik bei klinischem Verdacht auf außereuropäische Systemmykosen (Histoplasmose, Kokzidioidomykose, Blastomykose, Parakokzidioidomykose):
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Kontakt mit dem Einsender aufnehmen. Vordringlich sind:
a) Fragen auf das Vorliegen oder den Verdacht einer außereuropäischen Systemmykose,
b) die Erhebung einer Reiseanamnese
c) die akute klinische Symptomatik. -
Herstellen von mykologischen Nativpräparaten (Blankophor, Gram, Giemsa).
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Anlegen der Kulturen bei 37° C und RT auf verschiedenen Medien: Sabouraud-, Hirn-Herz-, Malz-Agar und Hirn-Herz-Flüssigmedium.
Bemerkung: Grundsätzlich sind die Myzelphasen der in Frage kommenden Erreger mit ihren sich nach 5 - 7 Tagen bildenden und leicht ablösbaren Konidien oder Arthrosporen als besonders gefährlich anzusehen. Nicht nur Coccidioides spp. bildet bei 37° C die hochinfektiösen Arthrokonidien, auch Histoplasma capsulatum kann bei 37° C neben überwiegendem Hefewachstum infektiöse Mikrokonidien bilden! -
Kontakt mit dem Kliniker aufnehmen und nach einer Veranlassung bzw. dem Ergebnis pilzspezifischer Färbungen (Grocott, PAS) von Schnittpräparaten fragen, gegebenenfalls diese veranlassen.
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Bei erhärtetem Verdacht auf außereuropäische Mykose folgende Materialien an das RKI in Berlin schicken:
a) Untersuchungsantrag mit ausführlicher Anamnese des Patienten.
b) Erreger-Isolat als Schräg-Kultur, Stichkultur o. ä. unter Beachtung der Versandbestimmungen (s. u.). Die Vermeidung von Glasmaterial hat Vorrang, andernfalls gut gegen Glasbruch sichern.
c) Patientenserum
d) Vorhandene, gefärbte Schnittpräparate (HE, PAS, Grocott) und zusätzlich zwei ungefärbte Leerschnitte.
Die Originalkulturen werden nur mit Kurierdienst als „Biologischer Stoff” Kategorie B, UN-Nr. 3373, Verpackung P650 befördert. Der Postweg ist für die lebenden Pilzerreger der Risikogruppe 3 untersagt. Fixierte bzw. gefärbte Schnittpräparate und Leerschnitte können mit der Bundespost ohne besondere Kennzeichnung versandt werden, Patientenserum als „Biologischer Stoff, Kategorie B” UN-Nr. 3373, Verpackung P650.
Bitte beachten:
Eine telefonische Ankündigung des Untersuchungsmaterials im Mykologischen Labor des RKI Berlin wird empfohlen.
Nicht versendetes Kulturmaterial verbleibt im eigenen Labor mindestens bis zur Bestätigung des Eingangs im Konsiliarlabor, besser jedoch bis zum Eintreffen des Befundes vom RKI. Danach müssen im Falle der Bestätigung eines Erregers der Risikogruppe 3 alle angelegten Original- und Subkulturen sicher vernichtet werden, da gezieltes Arbeiten mit diesen Erregern eine spezielle Genehmigung erfordert und nur in einem L3-Labor durchgeführt werden darf.
#Literatur
1 Kwon-Chung KJ, Bennet JE. Medical Mycology. Philadelphia: Lea & Febiger, 1992
2 Salfelder K. Pilzinfektionen beim Menschen. Hamburg, Zürich: Omni Med, 2000
3 Seeliger PR, Heymer T. Diagnostik pathogener Pilze des Menschen und seiner Umwelt. Stuttgart, New York: Georg Thieme, 1981
4 DiSalvo AF. Occupational mycoses. Philadelphia: Lea & Febiger, 1983
5 Anstead GM, Corcoran G, Lewis J, Berg D, Graybill JR. Refractory Coccidioidomycosis Treated with Posaconazole. Clin Infect Dis 2005; 40: 1770 - 1776
6Galgiani JN, Ampel NM, Blair JE, Catanzaro A, Johnson RH, Stevens DA, Williams PL. Coccidioidomycosis. Clin Infect Dis 2005; 41: 1217 - 1223
Korrespondenzadresse
Dr. Irina Vennewald
Institut für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin
Krankenhaus Dresden Friedrichstadt
Friedrichstraße 41
01067 Dresden
eMail: vennewald-ir@khdf.de
Protothekosen - Epidemiologie, Ätiologie und Klinik
#U. Rösler
Vertreter der Algengattung Prototheca sind die einzigen bisher bekannten Pflanzen, die bei Mensch und Tier klinische Infektionen verursachen können. Die durch Prototheken hervorgerufenen Krankheitsbilder werden dabei allgemein als Protothekosen bezeichnet.
1952 wurde die heterotrophe, farblose Alge Prototheca (P.) zopfii erstmals als Erreger einer Mastitis beim Rind identifiziert. Infektionen mit diesem Erreger wurden inzwischen weltweit beschrieben und haben sich unter intensiven Haltungsbedingungen von einer anfangs sporadisch auftretenden Milchvieherkrankung zu einer endemischen Herdenerkrankung entwickelt. Die seltenen Infektionen beim Menschen werden hauptsächlich durch P. wickerhamii, die zweite pathogene Spezies, verursacht, seltener wurde aber auch P. zopfii isoliert. Betroffen sind hauptsächlich immunsuprimierte Menschen, wie z. B. HIV-Patienten. Unterschieden werden hier die Haut- und Unterhautprotothekosen, Entzündungen der Schleimbeutel, Faszien und Sehnenscheiden und die seltener beschriebene systemische Protothekose.
Ebenfalls beide Prototheken-Spezies finden sich bei den seltenen Protothekeninfektionen des Hundes. Die dabei oftmals auftretenden systemischen Erkrankungen erweisen sich hier meist als Therapieresistent und enden in der Regel letal.
#Prototheken
#Taxonomie
1892 und 1894 werden Prototheken erstmals von KRÜGER beschrieben, der diese ins Reich der Pilze einordnete. Er begründete dies unter anderem mit der besonderen Fortpflanzungsform, der endogenen Sporenbildung. Doch fehlen den Prototheken andere pilztypische Fortpflanzungsformen wie das Myzel und die Arthrosporen, sodass sie bereits seit 1913 den Algen zugeordnet werden. Auch wenn eine Verwandtschaft zu den Grünalgen lange Zeit umstritten war, so ist dies jedoch durch neue molekularbiologische Untersuchungen als gesichert anzunehmen.
Nach der heute geltenden Taxonomie werden den Prototheken heute fünf Spezies zugeordnet:
P. zopfii, P. wickerhamii, P. blaschkeae, P. ulmea und P. stagnora, wobei nur P. wickerhamii, P. zopfii und P. blaschkeae als Krankheitserreger eine Rolle spielen. P. zopfii unterteilt man in zwei Genotypen, wobei lediglich P. zopfii-Genotyp 2 pathogen (Rind, Mensch, Hund) zu sein scheint.
#Morphologie und Physiologie
Prototheken sind ubiquitär vorkommende Saprophyten, mit einer Vorliebe für Habitate mit abgestorbenem, organischem Material von Mensch und Tier. Man findet sie in dem Saftfluss von Laubbäumen, Abwässern, Oberflächengewässern, Erdböden, aber auch aus Ölschlamm von Erdölraffinerien wurden sie isoliert. Darüber hinaus werden Prototheken als Teil der Normalflora des Darmes von Rind, Pferd und Schwein angesehen, weshalb man sie auch gehäuft in der Umgebung von landwirtschaftlichen Nutztieren antrifft.
Prototheken weisen eine hohe Tenazität auf. So bleiben sie in Trinkmilch, Graben- und Flusswasser, aber auch unter Trockenheit monatelang lebens- und infektionsfähig. In Rinder- und Schweinejauche sind sie bis zu 100 Tage lang kultivierbar.
Mikroskopisch stellen sich die Prototheken als einzellige, rund- ovale Zellen dar, deren Größe sich je nach Teilungsphase zwischen 3 - 30 μm bewegt. Die Zellwand ist je nach Alter ein- bis dreischichtig und besteht hauptsächlich aus Zellulose und Sporopollenin.
Die Fortpflanzung von Prototheca spp. erfolgt asexuell durch Teilung, wobei sich in der Mutterzelle (Sporangium) bis zu 30 Tochterzellen (Sporangiosporen oder Endosporen) bilden.
Prototheken wachsen auf Pilznährböden (Sabouraud-Glukose-Agar) in runden, cremeweißen bis beigen Kolonien, welche eine weiche Konsistenz und mattglänzende Oberflächen besitzen. Durch die morphologische Ähnlichkeit, dem Wachsen auf Pilznährböden und dem hefeähnliche Geruch kommt es nicht selten zu Verwechslungen von Prototheken mit Candida Spezies.
#Diagnostik
Der korrekten Diagnostik kommt aufgrund der starken Therapie-Resistenz von Prototheken-Infektionen eine entscheidende Rolle zu. Die häufigste angewandte Methode ist hierbei die Erregeranzüchtung auf speziellen Nährmedien. Hier eignen sich die meisten auch in der Pilzdiagnostik eingesetzten Nährmedien, wie Sabouraud-Glukose- und Kimmigagar sowie das Prototheken-Isolationsmedium (PIM) nach PORE. Dieses ist zur Unterdrückung der Begleitflora mit Antibiotika und Antimykotika versetzt. Weiterhin kann man sich zur kulturellen Protothekendifferenzierung auch kommerzieller Identifikationssysteme (z. B. Vitek®, API 20C®, BBL Crystal® und RapID Yeast Plus®) bedienen, die jedoch meist nur P. wickerhamii als Referenz in der Datenbank hinterlegt haben.
Sich an die Kultivierung anschließend, wird eine mikroskopische Untersuchung der verdächtigen Kolonien durchgeführt. Hierfür eignen sich die weit verbreiteten monochromatischen Vital-Färbungen mit Methylenblau oder Laktophenolblau am besten. Dabei sind Prototheken, insbesondere deren Fortpflanzungsformen als rund-ovale, lichtbrechende Gebilde darstellbar.
Erschwerend für eine sichere kulturelle Diagnostik erweist sich allerdings die häufig intermittierende Erregerausscheidung (via Milch beim Rind, via Faeces beim Hund). Daher sind für eine erfolgreiche Sanierung der betroffenen Milchvieh-Betriebe stets mehrere Untersuchungen notwendig, was den ohnehin beträchtlichen Aufwand einer kulturellen Protothekendiagnostik noch erhöht.
Allerdings stehen für eine korrekte Diagnostik beim Rind inzwischen auch ein In-house-ELISA zur Detektion von spezifischem IgA und IgG1 im Milchserum zur Verfügung. Diese serologische Diagnostik ist insbesondere für die Diagnostik intermittierender Erregerausscheider gut geeignet.
Im pathohistologischen Präparat einer Biopsieprobe lassen sich Prototheken verlässlich mittels PAS- oder Grocott-Färbung darstellen, auch die Gomori-Silberimprägnation kommt hierfür in Frage ([Abb. 5 a]). Die Hämatoxylin-Eosinfärbung dagegen erweist sich als ungeeignet. Eine verlässliche immunhistologische Diagnostik ist inzwischen ebenfalls etabliert ([Abb. 5 b]).
#1. Protothekose des Menschen
Ätiologie und Klinik: Die Protothekeninfektion des Menschen ist eine sporadische, weltweit vorkommende Erkrankung, von der die meisten Fallberichte aus Asien und Nordamerika vorliegen. In den letzten Jahren wird eine steigende Inzidenz der Erkrankungsfälle beobachtet. Ausgelöst wird die Protothekose des Menschen in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle durch Prototheca wickerhamii, während P. zopfii-Infektionen (Genotyp 2) nur selten auftreten. Interessanterweise konnte allerdings durch BLASCHKE-HELLMESSEN mehrfach P. zopfii, Variante III, aus Onychomykosen isoliert werden. Eines dieser Isolate aus einer Onychomykose konnte inzwischen phylogenetisch charakterisiert werden und wurde als Typus-Stamm der neu beschriebenen Spezies P. blaschkeae hinterlegt. Für die Entstehung der humanen Protothekosen werden prädisponierende Faktoren als eine Grundvoraussetzung angesehen. Neben iatrogen induzierten Protothekosen nach Glukokortikoid- oder Zytostatikaapplikation kommt hierbei in der jüngeren Vergangenheit besonders der Infektion mit dem Humanen Immundefizienz-Virus (HIV) die größte Bedeutung zu. Häufigster Manifestationsort klinisch auffälliger Protothekosen ist neben der Haut die Bursa olecrani. Darüber hinaus wird aber besonders bei AIDS-Patienten vermehrt über systemische Protothekosen und Fälle mit viszeralen Manifestationsorten berichtet.
Ein Zusammenhang von humanen und tierischen Protothekosen wurde bisher noch nicht untersucht. Diskriminierende Testsysteme zur Klärung von möglichen Infektketten fehlen allerdings gänzlich.
Therapie: Aufgrund der stark ausgeprägten Antimykotika- und Antibiotika-Resistenzen sind die therapeutischen Möglichkeiten bei humanen Protothekosen beschränkt. Anders als beim Tier, wo die Prognose in der Regel infaust ist, gelingt es jedoch zumeist, durch Langzeittherapien mit Ketoconazol oder Amphothericin B eine Eliminierung des Erregers zu erreichen.
#2. Protothekenmastitis des Rindes
Ätiologie: Bei der Protothekenmastitis des Rindes handelt es sich um eine meist chronische, lokale Infektion der Milchdrüse unter Beteiligung der Euterlymphknoten, die wahrscheinlich nur durch P. zopfii-Genotyp 2 verursacht wird. Dabei handelt es sich um eine multifaktorielle Erkrankung, wobei Faktoren wie Weide- oder Auslaufhaltung in Prototheken-belastetem Gelände, schlechte Melkhygiene, Hochlaktation sowie Vorschädigung des Euters durch andere Mastitiserreger eine entscheidende Rolle spielen. Als Saprophyten können die Algen im Stall, der Stallumgebung sowie aus dem Kot anderer Rinder, auch solcher ohne Protothekenmastitis, mit einem Prozentsatz von bis zu 70 % isoliert werden.
Die Infektion erfolgt galaktogen-aszendierend; auch Zitzenverletzungen werden als Eintrittspforte angesehen. Nach Eintritt der Erreger in das Hohlraumsystem des Euters erfolgt die Weiterverbreitung. Frischlaktierende Kühe sind besonders betroffen, denn die sezernierenden Alveolen bieten den Prototheken gute Vermehrungsbedingungen.
Darüber hinaus wird angenommen, dass auch die lymphogene und hämatogene Ausbreitung der Erreger im Euter eine gewisse Rolle spielen. So kann P. zopfii regelmäßig auch aus dem Euterlymphknoten erkrankter Rinder isoliert werden. Der Pathogenitätsmechanismus von Prototheken ist derzeit unbekannt. Es wird aber vermutet, dass sie in Makrophagen und neutrophilen Granulozyten überleben und sich dort sogar vermehren können. Sie entgehen so der Elimination durch das Immunsystem. Als Erregerwirkung werden außerdem von P. zopfii gebildete Toxine vermutet, die das Alveolarepithel des Euters schädigen und damit die Ausbreitung der Algen begünstigen. Die Fähigkeit in Makrophagen zu überleben und so der Phagozytose zu entgehen ist zudem eine mögliche Erklärung für die Chronizität der Protothekenmastitis. Dem Körper gelingt es zwar durch Abkapselung der Erreger ein weiteres Ausbreiten zeitweise zu verhindern, allerdings gelingt die Abtötung der Prototheken nicht.
Klinik: Die meist akut bis subakut beginnende Protothekenmastitis geht anschließend in ein chronisches Stadium über. Dies führt in der Regel zum vollständigen Funktionsverlust des betroffenen Euterviertels. Eine restitutio ad integrum bei einmal klinisch auffällig gewordenen Tieren ist die Ausnahme.
Im akuten Stadium ist das Euter von ballonartigem Aussehen und derber Konsistenz. Entzündungsmerkmale wie Rötung und Ödembildung sind dabei in der Regel aber nicht zu beobachten. Die Milchleistung sinkt in kurzer Zeit (24 h) rapide ab, teilweise versiegt sie völlig. Es ist ein Anstieg der somatischen Zellen in der Milch zu verzeichnen, Sekretveränderungen werden hingegen anfangs selten bemerkt. Spätere Sekretveränderungen zeigen sich als schleimig-wässrige Konsistenz der Milch, welche häufig mit weißen oder gelblichen Ausflockungen versehen ist.
Das sich anschließende chronische Stadium der Protothekenmastitis ist bestimmt durch die Atresie der betroffenen Euterviertel mit deutlich tastbaren klein- oder großknotigen Gewebsveränderungen. Diese Veränderungen gehen mit einer ständigen Milchmengenabnahme, gefolgt vom völligen Funktionsverlust, und einer erhöhten Anfälligkeit für andere Krankheitserreger einher.
Als typisches Anzeichen einer endemisch vorliegenden Protothekenmastitis ist daher eine erhöhte Anzahl von Tieren mit einem oder mehreren atretischen Eutervierteln anzusehen. Der damit verbundene starke Milchrückgang verursacht in betroffenen Betrieben hohe wirtschaftliche Verluste.
Therapie: Seit ihrer Erstbeschreibung wurden zahlreiche Versuche unternommen, die Protothekenmastitis des Rindes zu bekämpfen und zu therapieren. Bisher erwiesen sich aber alle Therapiemaßnahmen als nicht wirkungsvoll oder nicht wirtschaftlich. Um betroffene Rinderbestände zu sanieren, bedient man sich daher als dem Mittel der Wahl der Merzung aller infizierten Tiere, verbunden mit der kulturellen und serologischen Diagnostik. Die Optimierung von Melk- (Einsatz iodhaltiger Zitzendippmittel) und Haltungshygiene, ist derzeit als wichtigste Prophylaxemaßnahme bei der Bekämpfung der Protothekenmastitis auf Bestandsebene zu sehen.
#3. Protothekose des Hundes und der Katze
Neben der Protothekenmastitis des Rindes und den Protothekosen des Menschen, ist die des Hundes die am nächst häufigsten beschriebene. Allerdings differiert hier nicht nur das klinische Bild der Erkrankung, sondern auch beim Erregerspektrum gibt es Unterschiede. Während beim Rind ausschließlich P. zopfii-Genotyp 2 für das Krankheitsgeschehen verantwortlich gemacht wird, können beim Hund P. zopfii (GT2) und P. wickerhamii zu gleichen Teilen isoliert werden. Es liegen auch Fallberichte vor, wo innerhalb eines Krankheitsgeschehens beide Spezies isoliert wurden.
Klinik: Anders als bei Rind und Mensch handelt es sich hierbei in den meisten Fällen um eine disseminierte Infektion, d. h. die Krankheit manifestiert sich in mehreren Organen. Hautprotothekosen werden beim Hund seltener beobachtet, häufiger dagegen chronisch, hämorrhagische Enteritiden, oft gefolgt von zentralnervösen Störungen mit Taubheit, Blindheit und Lahmheiten.
Pathomorphologische Veränderungen in Form von disseminierten, pyogranulomatösen Läsionen finden sich dabei in Retina, Darm, Konjunktiven, Nieren, Leber, Milz, Herz, Lunge sowie deren tributären Lymphknoten.
Bei der Katze ist bisher nur die Hautform der Protothekose aus Einzelfallbeschreibungen bekannt. Pathomorphologisch handelte es sich dabei ausschließlich um pyogranulomatöse Entzündungen. Als Erreger wurde hier stets P. wickerhamii isoliert.
Therapie: Systemische Therapien blieben bisher beim Hund meist ohne Erfolg. Behandlungsversuche mit Antimykotika (Amphoterazin B, Ketokonazol) und Antibiotika zeigen, anders als beim Menschen, bisher nicht die gewünschte Wirkung, sodass die betroffenen Hunde entweder verenden oder euthanasiert werden müssen.
#Literatur
Weiterführende Literatur beim Verfasser
Korrespondenzadresse
PD Dr. habil. Uwe Rösler
Institut für Tierhygiene und Öffentliches Veterinärwesen
der Veterinärmedizinischen Fakultät der Universität Leipzig
An den Tierkliniken 1
04103 Leipzig
eMail: roesler@vetmed.uni-leipzig.de