Makrophagen als Effektorzellen der T-Zell-Immunität: klassische und alternative Aktivierung
Makrophagen als Effektorzellen der T-Zell-Immunität: klassische und alternative Aktivierung
Um infektiöse, toxische oder allergische Agentien zu eliminieren, muss der Körper mit einer hochkomplexen inflammatorischen Reaktion antworten. Gleichzeitig gibt es komplexe natürliche Mechanismen, um die inflammatorische Reaktion herunterzuregulieren, sobald das verursachende Agens eliminiert wurde. Im gesunden Organismus findet die Herabregulierung parallel zu Gewebeumbau und Heilung statt. Ein Ungleichgewicht zwischen inflammatorischen und Heilungsprozessen kann in pathologische Entwicklungen wie Allergien, chronische Entzündungen und Karzinogenese münden ([Abb. 1]). Makrophagen sind die entscheidenden Zellen bei der Initiation, Progression und Modulation inflammatorischer Reaktionen. Im gesunden Gewebe schaffen Makrophagen eine homöostatische Balance zwischen der zellulären und molekularen Ebene. Zur Erfüllung ihrer Funktionen sind Makrophagen weit verbreitet: sie kommen in lympho-hämatopoetischen Organen, in verschiedenen anderen differenzierten Geweben und in der Plazenta vor. Hier kommunizieren sie mit anderen Zellen über zahlreiche Oberflächenrezeptoren und lösliche Mediatoren. Ausgewählte Funktionen von Makrophagen sind in [Tab. 1]. zusammengefasst.
Abb. 1 Makrophage als Regulatoren der Homöostase und pathologischen Prozesse. a Die wichtigsten Aktivitäten von Makrophagen in der Homöostase, in der akuten Entzündung und in der Heilung. b Pathologische Aktivitäten von Makrophagen.
Tab. 1 Hauptfunktionen von Makrophagen
Biologische Funktion | Zelluläre und molekulare Prozesse |
Elimination von Mikroorganismen | Erkennung und Phagozytose; Internalisierung; intrazelluläre Zerstörung; Rekrutierung von Neutrophilen |
Chemotaxis | Expression von Rezeptoren für Chemokine und Zytokine; Endothelbindung; Migration durch das Endothel auf die Entzündungsseite |
Antigenpräsentation | Internalisierung von Antigenen; Prozessierung von Klasse I und Klasse II Antigenen Antigenpräsentation; Zytokin-vermittelte Aktivierung von T-Zellen |
Sekretion | Sekretion von Enzymen, Zytokinen, Enzym- und Zytokininhibitoren, Komplementbestandteilen; reaktiven Sauerstoffprodukten, Arachidonsäure-Zwischenstufen, Koagulationsfaktoren, extrazellulären Matrixbestandteilen |
Tumorkontrolle | Hemmung der Tumorzellteilung; Kontaktabhängige Zytotoxizität; Antikörperabhängige Zytotoxizität; Hemmung und Unterstützung der Angiogenese |
Regulation des Reproduktionsprozesses | Kontrolle der Follikel- und Steroidgenese; Zytokinvermittelte Kontrolle der Lutealentwicklung und Regression; Aufrechterhaltung und Progression der Endometriose; Lokale Immunregulation der Dezidua; Kontrolle der Trophoblastenentwicklung und Einwanderung in den Uterus; Aufrechterhaltung der Schwangerschaft |
Die Funktion von Makrophagen wurde ursprünglich in der Phagozytose, der Antigenprozession, der Antigenpräsentation sowie in der zytokinvermittelten Th1-Antwort gesehen. IFNγ und bakterielle Lipopolysaccharide (LPS) wurden als Hauptmediatoren für die klassische Aktivierung von Makrophagen identifiziert (Typ 1 (M1) Makrophagen) [1]
[2]
[3]. M1 stimulieren inflammatorische Reaktionen durch Sekretion pro-inflammatorischer Zytokine wie TNFα und IL-1, sowie des Th1-fördernden Zytokins IL-12.
Im Gegensatz dazu fördern anti-inflammatorische Substanzen wie IL-4, IL-10, IL-13, TGFbeta und Glukokortikoide die Hemmung der Expression von pro-inflammatorischen Zytokinen und induzieren die alternative Aktivierung von Makrophagen. Alternativ aktivierte Makrophagen (Typ 2 (M2) Makrophagen) haben eine Schlüsselrolle in der Initiation und Regulation anti-inflammatorischer Prozesse sowie in der Umschaltung von einer Th1- zu einer Th2-Antwort und in der Induzierung von Heilungsprozessen [2]
[3]
[4]. Alternativ aktivierte Makrophagen exprimieren eine Gruppe spezifischer Moleküle, die sie dazu befähigen, aktiv an anti-inflammatorischen Prozessen, Toleranzinduktion und Heilung teilzunehmen. Unter der Verwendung der Substraktionshybridisierung und von DNA Chipanalysen konnten verschiedene bekannte als auch unbekannte Proteine als spezifische Marker für M2 identifiziert werden. Diese Proteine gehören verschiedenen funktionellen Gruppen an: anti-inflammatorischen Zytokinen (AMAC-1) [5], extrazellulären Matrixproteinen (βIG-H3, Fibronectin) [6] und anderen extrazellulären Matrixkomponenten (ECM) sowie ECM-Umbaufaktoren (Fibronectin, Tenascin-c, MMP12) [7].
Glukokortikoide unterstützen die hemmenden Effekte von Th2-Zytokinen auf die antiinflammatorische Funktion der Makrophagen. Des Weiteren fördern Glukokortikoide die Entwicklung eines speziellen Makrophagenphänotyps (M2GC), welcher teilweise mit dem Phänotyp von M2IL-4 überlappt. Zu den speziellen Eigenschaften von M2GC gehört die Erhöhung der Phagozytose- und Endozytoseaktivität [7]
[8]
[9] und ein Mangel an ECM-Umbaueigenschaften [6]
[7].
Flexibilität des Makrophagenphänotyps
Flexibilität des Makrophagenphänotyps
Ausführliche Studien der Makrophagendifferenzierung und -aktivierung ergaben ausreichende Daten, um das mononukleäre Phagozytensystem als ein dynamisches Kontinuum funktioneller Zustände zu definieren [1]
[10]
[11]. Typ1 (M1) und Typ 2 (M2) Makrophagen repräsentieren die zwei Extreme dieses Kontinuums in Anlehnung an die Th1 und Th2 adaptive Immunantwort [2]
[3]
[4]
[12].
Makrophagen im lebenden Organismus treffen auf ein dynamisches Netzwerk komplexer Signale, einschließlich vieler Faktoren wie Zytokine, Hormone und Pathogene. Erst kürzlich haben einige Studien die Wichtigkeit der sequentiellen Stimulation für die Entwicklung des funktionellen Zustands von Makrophagen gezeigt [13]. Die Vorbehandlung von Makrophagen mit IFNγ erwies sich als wichtig für die effektive Produktion von TNFα als Antwort auf eine Lipopolysaccharid (LPS) -Stimulation [14] und die Umprogrammierung der IL-10-Aktivität [15]
[16]. Die Behandlung der Makrophagen mit IL-4 vor der LPS-Stimulation moduliert die Produktion von TNFα und IL-1α [17]
[18]. Der am deutlichsten ausgeprägte Effekt in dieser Hinsicht war die Aufhebung der pro-inflammatorischen Antwort auf LPS durch die Vorbehandlung der Makrophagen mit Immunkomplexen [19]
[20]
[21]
[22]. Ausgedehnte Analysen der Makrophagenplastizität konnten erst kürzlich in unserer Abteilung vervollständigt werden [8]. Wir analysierten die Fähigkeit der Makrophagen, auf unterschiedliche Mikroumgebungen zu reagieren. Dies ist unerlässlich, um den Mechanismus der Interaktion zwischen angeborenem und erworbenem Immunsystem zu verstehen. Es zeigte sich, dass eine sekundäre alternative Aktivierung von M1IFNγ durch Th2-Zytokine die anti-inflammatorische Zytokinproduktion von IL-1rα und AMAC-1 induziert. Dies erhöhte die Phagozytosekapazität und senkte die bakterielle Zerstörung in den Zellen. Umgekehrt induzierte IFNγ effizient die Erhöhung der bakteriziden Aktivität und senkte die Phagozytosekapazität in M1. IFNγ induzierte allerdings nicht die Produktion der typischen M1-assoziierten pro-inflammatorischen Zytokine TNFα, IL-1β oder IL-12p40 in M1 und in M2 sowie in unstimulierten Makrophagen. Bakterielle Stimuli wie LPS (Lipopolysaccharid) und MDP (Muramyldipeptid) induzierten die klassische pro-inflammatorische Antwort in allen Makrophagenpopulationen, jedoch nicht die Produktion von IL-12 in M1IFNγ. Im Allgemeinen unterschied sich die Sekundärantwort trotz des ähnlichen Reaktionstyps oft quantitativ von der Primärantwort, abhängig von der Prästimulation. Es konnte gezeigt werden, dass polarisierte Makrophagen angemessen auf die alternative als auch auf die klassische Aktivierung reagieren sowie auf exogene inflammatorische Stimuli, um vorbestehende Immunreaktionen herabzuregulieren, antibakterielle Antworten zu sichern und Autoimmunität zu verhindern [8].
Scavenger Rezeptoren und ihre Liganden
Scavenger Rezeptoren und ihre Liganden
Gewebsmakrophagen und sinusoidale Endothelzellen sind die wesentlichen professionellen Scavengerzellen. Sie sind verantwortlich für die Reinigung des Extrazellulärraums sowie die Blut- und Lymphzirkulation von zellulärem und makromolekularem Debris. Diese Zellen besitzen zahlreiche Scavenger/Lektin-Rezeptoren [23]
[24]
[25], die die Aufnahme und den Abbau von Selbst- oder Fremdliganden vermitteln. Dazu gehören ECM-Komponenten, Serumproteine, apoptotische und nekrotische Zellen sowie bakterielle und virale Produkte. Scavenger Rezeptoren (SRs) umfassen zahlreiche strukturell nicht verwandte Transmembranmoleküle, die bevorzugt auf Makrophagen und ausgewählten Endothelien exprimiert werden. SRs haben eine deutliche Spezifität für polyanionische Liganden [26]
[27]. Ein klassisches Beispiel für einen Scavenger-Rezeptor ist SR-A. SR-A vermittelt die Aufnahme und den Transport von OxLDL bis hin zum lysosomalen Abbau. Ähnliches gilt für das synthetische Analogon acLDL [28].
Ein anderes Beispiel für einen Scavenger-Rezeptor mit einer breiten Ligandenspezifität ist der Makrophagen-Mannoserezeptor (MMR, CD206). Der MMR wird sowohl in Makrophagen als auch in sinusoidalen Endothelzellen exprimiert [29]. Der MMR erkennt und vermittelt die Internalisation einer großen Vielzahl von Mikroorganismen [30]. Im Gegensatz zu anderen „Pattern recognition” Rezeptoren wie Toll-like-Rezeptoren (TLRs) ist der MMR nicht in der Lage, zwischen pathogenen und nicht-pathogenen bakteriellen Stämmen zu unterscheiden. Dabei zeigt eine zunehmende Zahl an Untersuchungen, dass die MMR-vermittelte Phagozytose nicht an pro-inflammatorische Reaktionen gekoppelt ist. Die Induktion des MMR-Signallings durch verschiedene Anti-MMR Antikörper resultierte in einer Hemmung der Endotoxin-induzierten IL-12-Produktion [31] sowie in einer Stimulation der IL-10 Produktion und folglich einer T-Zell-Anergie [32].
Scavenger Rezeptoren nehmen an einem weiteren nicht-inflammatorischen Aufnahme-Prozess der Makrophagen - der Phagozytose von apoptotischen Zellen - teil. Die Aufnahme von apoptotischen Zellen durch Makrophagen wird von einer aktiven Suppression der Entzündung begleitet. Der erste Prozess beinhaltet die Suppression der TNFα-Sekretion und die Rezeptor-getriggerte Freisetzung von TGF-β, PGE2 und PAF [33]
[34]. Die autokrine/parakrine Modulation der Makrophagen Zelltötungsaktivität und die Aufnahme apoptotischer Zellen wird durch die Senkung der Nitiritoxygen (NO)-Produktion und die Erhöhung der CD95L Expression charakterisiert. Die Rezeptoren für apoptotische Zellen auf Makrophagen sind CD36, SR-A, CD68, Lox-1, CD93, und CD91 [35]
[36]
[37]
[38]
[39]. Phosphatidylserin (PS) wird hochspezifisch auf der Oberfläche von apoptotischen Zellen präsentiert und spielt eine Hauptrolle bei der antiinflammatorischen Aufnahme von apoptotischen Zellen. Der PS-Rezeptor wird von Makrophagen exprimiert und bindet das auf der Oberfläche apoptotischer Zellen präsentierte PS. Die darauffolgende Phagozytose stimuliert die TGF-beta Produktion bei Makrophagen [40].
Stabilin-1 - neuer Scavenger Rezeptor der alternativ aktivierten Makrophagen
Stabilin-1 - neuer Scavenger Rezeptor der alternativ aktivierten Makrophagen
Identifikation und Expressionsanalyse
Humanes Stabilin-1, wurde ursprünglich von Goerdt et al. als MS-1 Antigen identifiziert [41]. Der monoklonale MS-1-Antikörper wurde wegen seiner immunhistologischen Reaktivität mit Cadherin-negativem, nicht-kontinuierlichem Sinusoidendothel der Milz ausgewählt. Unter Verwendung des MS-1 Antikörpers wurde das MS-1 Antigen aufgereinigt [42]. Das nach Trypsin-Verdau des MS-1 Antigens erhaltene MALDI TOF MS Chromatogramm erlaubte die Identifikation entsprechender Peptidsequenzen und nachfolgend einer partiellen cDNA. Unter Verwendung von 3' und 5-RACE generierten wir eine cDNA in gesamter Länge. Northern Blot Analysen zeigten eine selektive Expression der cDNA in Geweben mit nicht kontinuierlichen Endothelzellen (Milz, Leber, Lymphknoten) und in alternativ aktivierten Makrophagen in vitro. Diese Daten korrelierten sehr gut mit den Resultaten der vorhergehenden immunochemischen Ergebnisse und bestätigten die Identität der MS-1 cDNA und des MS-1 Antigens [42]. In einem weiteren Schritt wurde ein polyklonaler Kaninchen-Antikörper (F4) gegen den GST-fusionierten zytoplasmatischen Teil von Stabilin-1 generiert. Dieser F4-Antikörper erkannte in der Doppelimmunfluoreszenz ein gleiches Muster wie der MS-1 Antikörper und bestätigte die Identität von klonierter Stabilin-1-cDNA und MS-1-Antigen [42].
Bioinformatische Analysen der cDNA Sequenzen zeigten, dass Stabilin-1 ein Typ I Transmembranprotein mit Clustern von EGF-ähnlichen Domänen (Zell/Matrix Interaktionen), Fasciclin-Domänen (homotypische Adhäsion) und mit einer X-link-Domäne (Hyaluronsäurebindung) ist ([Abb. 2]). Parallel zur Stabilin-1 cDNA wurde ein homologes Protein - Stabilin-2 - geklont. Stabilin-2 stellte sich dabei als der wesentliche Hyaluronsäurerezeptor der hepatischen sinusoidalen Endothelzellen heraus [42]
[43]. Stabilin-1 und Stabilin-2 sind auf der Proteinebene zu 55 % identisch, zeigen aber keine signifikante DNA-Homologie. Die C-terminalen Teile der beiden Stabiline zeigen die größten Unterschiede. Stabilin-2 zeigt ein klassisches Tyrosin-basiertes endosomales Sortierungssignal, während Stabilin-1 ein spezielles Sortierungsmotiv auf LL-Basis aufweist [42]
[43].
Abb. 2 Domänen von Stabilin-1, die in die Erkennung von Liganden involviert sind [44]. Das große extrazelluläre Fragment von Stabilin-1 setzt sich aus sieben Fasciclin-Domänen (blaue Zylinder F1-F7) und multiplen EGF-ähnlichen Domänen (gelbe Ovale) zusammen. Die Link-Domäne ist in pink dargestellt. SPARC bindet an die EGF-ähnliche Domäne, die zwischen F4 and F5 lokalisiert ist. Die FHGTAC-Sequenz wurde mittels „phage display” als SPARC-bindendes Peptid identifiziert. SI-CLP bindet an F7. Der kurze zytoplasmatische Anteil beinhaltet die DDSLL Sequenz, die für die Bindung an die intrazellulären Sortierungsadaptoren GGA1, GGA2 und GGA3L verantwortlich ist.
Ausführliche Analysen von menschlichen Geweben wurden unter Verwendung des MS-1 Antikörpers durchgeführt. Stabilin-1 wurde primär in zwei Zelltypen exprimiert: in Gewebsmakrophagen und in nichtkontinuierlichen Endothelzellen (ECs) [44]. Ausgedehnte immunhistochemische Studien zeigten die spezifische Expression von menschlichem Stabilin-1 in sinusoidalen ECs der Milz, der Leber und der Nebennierenrinde. Studien, die von uns und anderen Gruppen unter Verwendung verschiedener Antikörper durchgeführt wurden, zeigten eine Expression von Stabilin-1 auf menschlichen Blutgefäßen unter verschiedenen Bedingungen: Wundheilung, Tumorvaskularisierung, chronische Entzündungen der Haut, wie z. B. Psoriasis [45]
[46].
In vivo im menschlichen Körper wird Stabilin-1 in Makrophagen in Haut, Darm, Herz, Lymphknoten und der Plazenta exprimiert [41]
[44]
[47]
[48]
[49] Stabilin-1 wird als selektiver Marker von kutanen Non-Langerhans-Zell-Hystiozytosen benutzt [50]
[51]. Im Mausmodell des Melanoms wurden Stabilin-1 positive Makrophagen an der Tumorperipherie gefunden [52]. In humanen Monozyten/Makrophagen-Kulturen konnte Stabilin-1 unter der Stimulation mit IL-4 in Kombination mit Dexamethason oder durch Dexamethason allein (alternativ-aktivierte Makrophagen) nachgewiesen werden, während IFNγ einen negativen Effekt auf die Stabilin-1 Expression zeigte [42]
[45]. In vivo wurde Stabilin-1 als spezifischer Marker für alternativ aktivierte Makrophagen verwendet [2]
[3].
Stabilin-1: intrazelluläre Lokalisation und Endozytose des acLDLs
Die Identität von Stabilin-1 als Oberflächen-Rezeptor war längere Zeit umstritten, da bestimmte Daten auf eine vorwiegende Lokalisation in intrazellulären Vesikeln, besonders Makrophagen hinzuweisen schienen. FACS Analysen mit gesteigerter Sensitivität lieferten uns die Anhaltspunkte dafür, dass kleine Mengen von Stabilin-1 auf der Oberfläche von alternativ aktivierten Makrophagen vorhanden sind [53]. Der erste Weg der Stabilin-1-Wanderung ist der klassische für Endozytoserezeptoren. Stabilin-1 wurde vornehmlich in EEA1-positiven frühen Endosomen (Early Endosome Antigen 1) gefunden und in geringerem Maße in späten Endosomen. Unter Verwendung von Fluoreszenz-markiertem Transferrin konnten wir zeigen, dass ein Teil des Stabilin-1 recycelt wird und wieder an der Zelloberfläche erscheint.
Viele der klassischen Scavenger-Rezeptoren, die von Makrophagen exprimiert werden, wurden durch ihr Repertoire an überlappenden Liganden charakterisiert [23]. Ursprünglich wurden SRs durch ihre Fähigkeit definiert, modifizierte Lipoproteine zu endozytieren (zusammengefasst in [24]). Makrophagen exprimieren eine Palette von SRs, die an modifizierte Formen von LDL, wie zum Beispiel oxLDL und acetyliertem (ac)LDL binden, diese internalisieren und degradieren können. Wir wählten CHO Zellen, die keinen Scavenger Rezeptor für acLDL (inklusiv Stabilin-1) exprimieren und verwendeten sie für eine stabile ektope Expression von Stabilin-1, um den spezifischen Beitrag bei der Aufnahme von acLDL zu analysieren [54]. FACS Analysen und Konfokalmikroskopie zeigten, dass stabil exprimiertes Stabilin-1 als effektiver Endozytoserezeptor für acLDL in CHO Zellen fungiert. Minuten nach Zugabe des Liganden wurde das acLDL mittels Stabilin-1 in die EEA1 positiven frühen Endosomen transportiert. Nach weiteren 30 Minuten wurde das acLDL in EEA1-negative späte Endosomen transportiert, in denen die Stabilin-1 Konzentration viel niedriger war als in den frühen Endosomen.
CHO-Zellen wurden auch als experimentelles System verwendet, um die Notwendigkeit der PI3K-Aktivität für die Stabilin-1-vermittelte Endozytose zu untersuchen. Weiterhin konnten wir zeigen, dass Stabilin-1 veranlasste Weiterführung von acLDL in den Lysosomen-prädistinierten endozytären Signaltransduktionsweg PI3K Aktivität benötigt [54]. Klasse III PI3K ist verantwortlich für die Produktion von Phosphatidylinositol-3-Phosphat (PtdIns(3)P) [55]
[56], dieses wurde primär in Membranen der frühen Endosomen sowie in internen Vesikeln von multivesikulären Endosomen in Säugerzellen gefunden [57]
[58]. Membran-inkorporiertes PtdIns(3)P wird von FYVE-Domänen-beinhaltenden Proteinen und sortierenden Nexinen erkannt. Diese Erkennung wird für die Rab-5-abhänige endosomale Fusion und einen vesikulären Transport benötigt [59]
[60]. Die Hemmung der PI3K bewirkte eine Unterbrechung des Stabilin-1-vermittelten Transports von acLDL vom frühen/sorting endosomalen Kompartiment zu den späten Endosomen und schließlich zu den Lysosomen. Diese Ergebnisse bestätigen, dass Stabilin-1 wie andere Endozytose-Rezeptoren die Aufnahme extrazellulärer Liganden und ihren Weitertransport zu Endosomen und Lysosomen vermittelt.
Neue Funktion der alternativ aktivierten Makrophagen: Stabilin-1 vermittelte Endozytose von SPARC
Das Glykoprotein SPARC („secreted protein acidic and rich in cysteine”, auch bekannt als Osteonectin und BM-40) ist eine lösliche, nicht-strukurelle Komponente der extrazellulären Matrix (ECM). SPARC ist ein entscheidender Regulator von Entwicklungsprozessen, Gewebeumbau, Angiogenese, Wundheilung und Tumoraggressivität [61]
[62]
[63]
[64]
[65]
[66]. Im malignen Melanom wurden vielfältige Funktionen von SPARC gezeigt, die die aktive Modulation des Aufbaus der ECM („Extracellular matrix”), die Bindung von Wachstumsfaktoren und die Induktion des anti-adhäsiven Zustandes in verschiedenen Zelltypen beinhalten [61]
[64]
[67]. Trotz der vielseitigen Effekte von SPARC in der embryonalen Entwicklung und in der Pathogenese verschiedener Krankeitszustände blieben die SPARC-spezifischen Rezeptoren für über zwei Jahrzehnte unbekannt. In Zusammenarbeit mit Dr. E. H. Sage ist es uns gelungen Stabilin-1 als Rezeptor für SPARC mittels der „Phage display” Technologie zu identifizieren [68] ([Abb. 2]).
Es konnte gezeigt werden, dass Stabilin-1 die Bindung, die Internalisierung und den Transport von SPARC zu den Endosomen vermittelt. In stabil mit Stabilin-1 transfizierten CHO-Zellen konnte gezeigt werden, dass acLDL mit SPARC um die Internalisierung via Stabilin-1 konkurriert. In primären humanen Makrophagen konnte nachgewiesen werden, dass die Expression von Stabilin-1 eine Voraussetzung für die rezeptorvermittelte Aufnahme von SPARC darstellt. Nur alternativ aktivierte Makrophagen, die mit einer Kombination von IL-4 und Dexamethason stimuliert wurden, konnten SPARC endozytieren. Parallele Endozytose-Experimente mit acLDL und SPARC in alternativ aktivierten Makrophagen zeigten, dass beide Liganden entlang des Endozytosewegs zu den Lysosomen transportiert werden. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass Stabilin-1 als hochspezifischer und effektiver Rezepter von Makrophagen die Internalisation von extrazellulärem SPARC und seinen Weitertransport zu den Lysosomen vermittelt. Sowohl SPARC als auch Stabilin-1 werden in normalen differenzierten Geweben als auch in der Planzenta exprimiert. Unter pathologischen Bedingungen werden SPARC und auch Stabilin-1 bei erhöhter ECM-Produktion und/oder bei erhöhtem zellulären Umsatz hochreguliert [63]. SPARC wird zudem von Endothelzellen, Fibroblasten und Makrophagen in vivo während der Wundheilung und bei Fremdkörperreaktionen sowie während der Angiogenese produziert [62]
[69]
[70]. Komplexe biologische Aktivitäten von SPARC haben für die Tumorprogression tumor-spezifische Effekte. Einerseits unterstützt SPARC Aggressivität und Metastasen des Melanoms [71]
[72]
[73] und die Invasivität von Gliomen [74]. Andereseits reduziert SPARC die Aggressivität von Brustkrebs [75].
Unter den gegebenen vielfältigen Aktivitäten und biochemischen Interaktionen, an denen SPARC teilnimmt, scheint es offensichtlich, dass ein Mechanismus für die zeitliche Regulation der SPARC-Konzentration im Extrazellularraum benötigt wird. Stabilin-1 könnte tatsächlich diese regulatorischen Funktionen erfüllen.
Makrophagen regulieren die Gewebehomöostase sowie inflammatorische und anti-inflammatorische Reaktionen einerseits durch die Sekretion, andererseits aber auch durch die Aufnahme und den Abbau von extrazellulär vorhandenen Mediatoren. Die selektive Aufnahme von speziellen Proteinliganden wird durch spezielle kombinatorische Muster der Scavenger-Rezeptor-Expression auf ortsständigen Makrophagen oder neu rekrutierten sich differenzierenden Monozyten erreicht. Unsere Daten führen zu der Hypothese, dass Makrophagen dadurch zur Abheilung von Entzündungen beitragen und die Angiogenese fördern, dass sie die extrazelluläre Konzentration von SPARC durch Aufnahme aus dem extrazellulären Milieu regulieren. Hierdurch wird offenbar die Konzentration von SPARC an die jeweiligen physiologischen und pathologischen Zustände im Gewebe angepasst. In Tumoren könnte der Makrophagen-vermittelte SPARC-Abbau zwei entgegengesetzte Rollen spielen. Für maligne Melanomen bedeutet die Verringerung der SPARC-Konzentration einen hemmenden Effekt für Melanomzellen-Invasivität. Für Brustkrebs hingegen hätte der SPARC-Abbau einen stimulierenden Effekt. Weitere Untersuchungen an Tiermodellen werden benötigt, um diese Hypothesen zu prüfen.
Stabilin-1 positive M2IL-4/Dex-Makrophagen, jedoch nicht pro-inflammatorische Makrophagen, sind in der Lage, eine effektive Aufnahme von SPARC zu vermitteln. Dieser Prozess deutet auf die spezielle Rolle, die M2 während der Wundheilung, Aufrechterhaltung der Homöostase und auch in Tumoren spielen, hin. Weiterhin konnten wir zeigen, dass Dexamethason die Produktion von Matrixmetalloproteasen und Gewebetransglutaminase mit IL-4 stimulierten Makrophagen hemmt [7]. Interessanterweise wird der Einbau von SPARC in die ECM durch Gewebstransglutaminase vermittelt [45]. Überdies wird SPARC durch Stromelysin-1 (Matrixmetalloprotease-3) abgebaut. So entstehen bioaktive SPARC-Peptide, die verschiedene Aspekte der Angiogenese beeinflussen [76]. Es ist daher anzunehmen, dass M2 der SPARC-induzierten Modifikation der ECM durch Herabregulierung der Enzyme, die als Substrat für SPARC dienen, entgegenwirken. Zusammen mit der Stabilin-1-vermittelten Endozytose und der Regulation der Expression von Enzymen, die die Aktivität von SPARC beeinflussen, entsteht ein komplexer makrophagenspezifischer Mechanismus zur Modulation der biologischen Aktivität von SPARC.
Stabilin-1: intrazellulare Sortierungsfunktion in alternativ-aktivierten Makrophagen
Stabilin-1: intrazellulare Sortierungsfunktion in alternativ-aktivierten Makrophagen
Die Funktion von Stabilin-1 in alternativ aktivierten Makrophagen ist jedoch nicht auf die rezeptorvermittelte Endozytose von extrazellulären Liganden beschränkt [44]
[53]
[77]. Die Interaktionen von Stabilin-1 mit den GGA-Adaptoren und der „Shuttle” von Stabilin-1 zwischen den Endosomen und dem Trans-Golgi-Netzwerk deuten darauf hin, dass Stabilin-1 intrazelluläre Sortierungsfunktionen in Makrophagen wahrnehmen könnte, ähnlich den ubiquitär exprimierten Mannose-6-Phosphat-Rezeptoren [78]
[79]
[80]
[81]
[82]
[83].
GGAs: Adaptoren intrazellularer Sortierung
Die GGA (Golgi-localised, gamma-ear containing, Arf-binding) Proteine sind eine Familie von ubiquitär exprimierten ARF-abhängigen monomeren Clathrinadaptoren. Es gibt drei GGAs beim Menschen (GGA1, GGA2 and GGA3), zwei in der Hefe (Gga1 and Gga2), und jeweils eines in Caenorhabditis elegans and Drosophila melanogaster. Eine der bemerkenswertesten Eigenschaften der GGAs ist ihre konservative Domänenorganisation. Sie bestehen alle aus drei gefalteten Domänen die als VHS (Vps27, Hrs, Stam), GAT (GGA und TOM (target of myb)) und GAE (g-adaptin ear)) bezeichnet werden [84]
[85]
[86]
[87]
[88]. Das „Hinge Segment” ist downstream der GAT-Domäne lokalisiert und vermittelt die Bindung von Säuge- und Hefe-GGAs an Clathrin. Die „Hinge Segmente” von GGA1 und GGA3 enthalten DXXLL-Typ-Sequenzen, die an ihre entsprechende VHS-Domäne binden und die Autoinhibition der GGA-Aktivität vermitteln. Die GAE-Domäne der GGA interagiert mit spezifischen zusätzlichen Proteinen, wie z. B. γ-Synergin, p56 und Rababtin-5. Diese Interaktion wird benötigt, um eine effiziente Anordnung der „coated pits” auf der Membran des späten Golgi-Kompartiments zu erzielen. Die am besten untersuchte Funktion der GGAs ist die Sortierung des Mannose-6-Phosphat-Rezeptors zwischen dem Trans-Golgi Netzwerk (TGN) und dem endosomal/lysosomalen System [89]. Die VHS Domäne der GGAs interagiert spezifisch mit der Doppel-Leuzin enthaltenden Sequenz im zytoplasmatischen Ende von CI-MPR und CD-MPR. Kationenabhängige und Kationenunabhängige Mannose-6-Phosphat-Rezeptoren (CI-MPR und CD-MPR) sind für die Lieferung von neu synthetisierten löslichen Hydrolasen vom Golgi-Kompartiment zu den endosomalen Kompartimenten und anschließend zu den Lysosomen verantwortlich [78]
[79]
[82]
[83]
[90]
[91]. Sowohl CI-MPR als auch CD-MPR vermitteln die Rekrutierung der lysosomalen Hydrolasen an die „Clathrin-coated” Bereiche des TGN. Von diesen Bereichen liefern Trägervesikel die MPR Hydrolase-Komplexe an die Endosomen. Der saure pH-Wert der Endosomen induziert die Freisetzung der Hydrolasen von den MPRs. Danach wird die Hydrolase zu den Lysosomen transportiert. Die MPRs gelangen von den endosomalen Kompartimenten wieder zurück zum TGN, um eine neue Runde von Liganderkennung und Sortierung zu durchlaufen. Alle drei Säugetier GGAs, GGA1, GGA2 und GGA3 arbeiten während der Sortierung von MPRs zusammen und werden für die Erhaltung der TGN-Struktur benötigt [82].
Stabilin-1 und GGA
Stabilin-1 wurde unerwarteter Weise auch im sekundären vesikulären Weg gefunden. Unter Verwendung von doppelter Immunfluoreszenz konnte Stabilin-1 in TGN (Trans-Golgi Netzwerk) nachgewiesen werden; seine gleichzeitige Abwesenheit im Golgiapparat zeigten, dass die Lokalisation von Stabilin-1 im TGN nicht durch Akkumulation von frisch synthetisiertem Stabilin-1 zustande kam [53]. Die Behandlung von Makrophagen mit Brefeldin A induzierte die Akkumulation von Stabilin-1 im TGN sowie die Entleerung aus frühen Endosomen, was auf einen Stabilin-1 Shuttle zwischen dem endosomalen System und den biosynthetischen Kompartimenten hinweist. Bei der Analyse der intrazellularen Sortierungsmechanismen von Stabilin-1 fanden wir heraus, dass die zytoplasmatische Domäne von Stabilin-1 mit GGAs in Wechselwirkung tritt. Mittels affinität-chromatographischer in vitro Analyse haben wir gezeigt, dass DDSLL Sequenz für die Interaktion zwischen zytoplasmatischem Ende von Stabilin-1 und GGA1, GGA2 und GGA3L zuständig ist. Anschließend wurde Stabilin-1 zusammen mit endogenen GGA2 und GGA3 in TGN-Strukturen alternativ-aktivierter Makrophagen (M2IL-4/Dex) mithilfe der Immunofluoreszenz/Konfokalmikroskopie-Analyse gefunden.
Wie oben beschrieben fungieren GGAs sowohl als Clathrin-Adaptoren intrazellularer Sortierungsprozesse des Mannose-6-Phosphat Rezeptors als auch anderer „cargo-carriers” [82]
[83]
[89]. Die doppelte Rolle von CI-MPR beinhaltet zum einen die Rezeptor-gesteuerte Endozytose des „Insulin-Like Growth Factor-II”, und zum anderen die Sortierung von neu synthetisierten lysosomalen Hydrolasen vom Golgi Kompartment zu den späten Endosomen, gefolgt vom Transport zu den Lysosomen [82]
[83]. Ähnlich wird der Shuttle von Stabilin-1 zwischen den biosynthetischen und endosomal/lysosomalen Kompartimenten in Makrophagen von GGAs vermittelt, welche an das DDSLL Motiv am zytoplasmatischen Ende binden [53] und Stabilin-1 in das trans-Golgi Netzwerk lokalisieren. Im Gegensatz zu universell exprimiertem CI-CMR ist Stabilin-1 hoch spezifisch für M2-Makrophagen. Somit kann man Stabilin-1 als ersten Zelltyp-spezifischen Rezeptor mit dualer Funktion in Endozytose und intrazellularen Sortierungsprozessen betrachten.
Stabilin-1 sortiert SI-CLP in alternativ-aktivierten Makrophagen
Auf der Suche nach Liganden, die durch Stabilin-1 von den biosynthetischen zu den endosomalen/sekretorischen Kompartimenten transportiert werden, haben wir mittels Yeast Two-Hybrid-Screening das neue humane Chitinase-ähnliche Protein SI-CLP (Stabilin-1 Interacting Chitinase-Like Protein) entdeckt [77]. Die Analysen des Domänenaufbaus von SI-CLP zeigten, dass der weitaus größte Teil des Proteins eine Glyco_18 Domäne umfasst ([Abb. 3]). Diese Domäne ist hoch spezifisch für Chitinasen, die zur Familie der 18 Glycosylhydrolasen gehören, die in Bakterien, Pflanzen, Pilzen, Insekten, Viren, protozoischen Parasiten [92] und in Säugetieren gefunden wurden [93]
[94]
[95]
[96]. Proteine mit einer Glyco_18 Domäne sind ebenfalls in höheren Eukaryonten vertreten. Bis jetzt sind fünf menschliche Proteine mit einer Glyco_18 Domäne identifiziert. Zu ihnen gehören die Chitotriosidasen AMCase, YKL-39, YKL-40 und Oviductin/MUC9, zudem die nahe verwandten Proteine YM1 und YM2, die in Nagetieren gefunden wurden. Eine vergleichende Analyse des Domänenaufbaus von SI-CLP mit anderen in Säugetieren vorkommenden Proteinen mit einer Glyco_18 Domäne ist in [Abb. 3] dargestellt. SI-CLP (sowie YKL-39, YKL-40, und YM1/YM2) enthalten Glyco_18 Domänen, aber im Gegensatz zu Chitotriosidasen und AMCase keine Chitin-Bindungsdomäne ([Abb. 3 a]). Oviductin/MUC9 enthält eine Glyco_18 Domäne und ein für Muzine charakteristisches großes Fragment mit vielen Stellen für eine O-Glykosylierung. Die katalytische Aktivität der Glyco_18 Domäne wird durch die Anwesenheit einer katalytischen Glutaminsäure im Zusammenhang mit dem DXDXE Motivs bestimmt. Dieses DXDXE Motiv ist mit einer Aminosäure Abstand direkt neben dem charakteristischen Aminosäure Triplet FDG lokalisiert ist ([Abb. 3 b]). Chitotriosidasen und AMCasen sind echte Chitinasen mit einem klassischen katalytischen Zentrum, enzymatischer Aktivität und der Fähigkeit, über ihre C-terminale Chitin-Bindungsdomäne Chitin zu binden, während YKL-39, YKL-40, YM1/YM2 und Oviductin die kritischen Aminosäuren an der katalytischen Stelle fehlen ([Abb. 3 b]) und diese keine enzymatische Aktivität zeigen [97].
Abb. 3 SI-CLP ist ein neues Mitglied der Familie der Proteine mit Glyco_18-Domänen. a Schematische Präsentation der Domänenstruktur von Glyco_18-Domänen-Proteinen. b Die kritischen Aminosäuren der katalytischen Stelle. Die charakteristische FDG-Sequenz ist als Box gezeigt. Die katalytischen Aminosäuren sind fett markiert. Die komplette katalytische Stelle ist unterstrichen. Die Forschungsergebnisse waren ursprünglich in Kzhyshkowska J et al. Novel stabilin-1 interacting chitinase-like protein (SI-CLP) is up-regulated in alternatively activated macrophages and secreted via lysosomal pathway. Blood 2006; 107: 3221 - 3228. © the American Society of Hematology [77] publiziert.
Intrazellulare Lokalisationsstudien in Stabilin-1-positiven Makrophagen zeigen, dass SI-CLP in Lamp1-positive und sekretorische CD63-positive Lysosomen sortiert wird. Der lysosomale Transport von SI-CLP scheint sich vom MPR-vermittelten Weg zu unterscheiden, möglicherweise aufgrund des Fehlens der typischen N-Glycosylierung von lysosomalen Enzymen [98]. Verschiedene Beweise stützen die Hypothese, dass Stabilin-1 ein hochspezifischer inrazellulärer Sortierungsrezeptor („cargo carrier”) für SI-CLP ist. SI-CLP bindet direkt an Stabilin-1 und kolokalisiert mit Stabilin-1 im TGN in M2IL-4/Dex. SI-CLP wird stark vermindert in Lysosomen von M2IL-4/Dex gefunden, die mit Stabilin-1 siRNA transfiziert wurden und damit eine geringere Expression von Stabilin-1 aufweisen. Außerdem vermittelt Stabilin-1 die Relokalisation von rekombinantem SI-CLP-FLAG in H1299 Zellen, in denen SI-CLP ohne zusätzliche Transfektion mit Stabilin-1 nukleär fehlsortiert wird. Die lysosomale Lokalisation von SI-CLP in Stabilin-1-negativen Makrophagen deutet allerdings darauf hin, dass Stabilin-1 nicht der einzige Rezeptor ist, der den intrazellulären Transport von neu synthetisiertem SI-CLP vermitteln kann.
Die Fähigkeit von Dexamethason, die Sekretion von SI-CLP zu blockieren, bestätigt zusätzlich, dass die Sekretion von SI-CLP über einen lysosomalen Weg reguliert wird [99]
[100]. [Abb. 4] zeigt eine schematische Darstellung des intrazellulären Transportwegs von Stabilin-1 in Makrophagen. [Abb. 2] fasst den derzeitigen biochemischen Kenntnisstand über die Domänen von Stabilin-1 zusammen, die in die Erkennung von Liganden involviert sind.
Abb. 4 Intrazelluläre Transportwege von Stabilin-1 in Makrophagen [44]. Nach der Bindung an Oberflächen-exprimiertes Stabilin-1, wird der Ligand (in grün dargestellt) internalisiert und in frühe/sorting Endosomen (EE) transportiert. Ein Teil des Rezeptors wird zurück auf die Zelloberfläche über Recycling-Endosomen (RE) transportiert. Stabilin-1 überführt seinen Liganden zu den späten Endosomen (LE). Kein Stabilin-1 konnte bisher in Lamp-1-positiven Lysosomen gefunden werden. Dies zeigt, dass Stabilin-1 von seinen Liganden in den späten Endosomen dissoziiert wird. Endozytische Liganden werden des Weiteren in Lysosomen (L) degradiert. Stabilin-1 ist beteiligt am intrazellulären Sortierungsprozess. Stabilin-1 bewegt sich zwischen endosomalem und biosynthetischem Kompartiment und transportiert neu-synthetisierte Liganden (dunkelblau), sodass diese den lysosomalen Sekretionsweg benutzen können.
Makrophagen als Hauptproduktionsquelle für Chitinase und Chitinase-ähnliche Proteine
Makrophagen als Hauptproduktionsquelle für Chitinase und Chitinase-ähnliche Proteine
Mehrere der Proteine mit einer Glyco_18 Domäne werden von Makrophagen produziert und sezerniert (Chitotriosidase, AMCase, YKL-40, and YM1) [95]
[101]
[102]
[103]. Außerdem kommen Glyco_18-Domän-Porteine in Neutrophilen, Epithelzellen, Chondrozyten, Synovialzellen und Tumorzellen vor [136]. Chitotriosidase und AMCase sind aktive Enzyme, die Chitin hydrolysieren und eine C-terminale Chitin-Bindungsdomäne besitzen [93]
[95]
[96]. YKL-40, YKL-39, SI-CLP und Maus-YM1/2-Proteine besitzen lediglich eine Glyco_18 Domäne ohne hydrolytische Aktivität [94]
[104]. Chitotriosidase wird in lipidbeladenen Makrophagen überproduziert und ist der Hauptmarker für die angeborene lysosomale Speicherkrankheit Morbus Gaucher, die durch alternative Makrophagenaktivierung charakterisiert ist [105]. Chitotriosidase wird zudem während der späten Makrophagendifferenzierung gesunder Spender vermehrt produziert [94]
[95]
[96]. YKL-40 wurde als Marker für die Makrophagendifferenzierung beschrieben [106], wohingegen YM1 in gesundem Gewebe in Mausmakrophagen nachgewiesen wurde [107], aber auch in der Th2 polarisierten Immunantwort nach Kontakt mit einem Allergen oder Parasiten [103]
[108]
[109]
[110]. Erhöhte Mengen von YKL-40 im Serum und in den Lungen korrelieren mit der Schwere von Asthma [111]. Es konnte zudem gezeigt werden, dass die AMCase von alternativ-aktivierten Makrophagen im Mausmodel der Th2-assoziierten allergischen Reaktion produziert wird. Humane AMCase wurde im Zusammenhang mit allergischem Asthma gefunden [112]. In ähnlicher Weise konnten wir eine Erhöhung der SI-CLP-Produktion in alternativ-aktivierten Makrophagen in vitro nachweisen, die mit IL-4 und Dexamethason stimuliert wurden.
YKL-39 und YKL-40 haben hinsichtlich der Glyco_18-Domäne die größte Ähnlichkeit mit SI-CLP. Wir haben getestet ob Th1- und Th2-Zytokine und Dexamethason die Expression von YKL-39 oder YKL-40 in humanen Makrophagen beeinflussen. Mittels RT-PCR konnten wir zeigen, dass IFNγ YKL-40 stark hochreguliert. Dexamethason hatte einen stark suppressiven Effekt auf die YKL-40- mRNA-Expression. Eine Stimulation mit IL-4 konnte diesem Effekt nur bedingt entgegenwirken [77]. YKL-39 mRNA wurde in sehr geringem Maße in mit IFNgamma, IL-4 und Dexamethason stimulierten Makrophagen-Subpopulationen exprimiert. Die Expression von YKL-39 in humanen Makrophagen wurde allerdings mit Kombination von TGFbeta und IL-4 stimuliert. Diese kombinierte Stimulation entspricht dem Zytokinprofil in chronischen Entzündungen und einigen Tumoren [137]. Dexamethason inhibierte stark die IL-4+TGFbeta Stimulation von YKL-39 Produktion in humanen Makrophagen. Wir schlossen daraus, dass SI-CLP das einzige menschliche Protein mit einer Glyco_18 Domäne ist, dessen Expression durch Dexamethason oder IL-4 allein oder in Kombination stimuliert wird, wobei die Stärke der Expression in alternativ aktivierten Makrophagen verschiedener Spender durchaus variiert [77].
Die offene Frage bleibt, wie wirken die Chitinasen und Chitinase-ähnlichen Proteine an der Zell-Aktivität und T-Zell-Differenzierung im menschlichen Körper. Hier gibt es erste Arbeiten, die biologische Aktivitäten der Chitinase-ännlichen Proteine in in vitro experimentellen Modellen aufweisen. Für YKL-40 wurde in vitro nachgewiesen dass es als Wachstumsfaktor für Bindegewebe und als Migrationsfaktor für Endothelzellen und vaskuläre glatte Muskelzellen [113] wirkt, während YM1 in vitro Eosinophilenmigration stimuliert [114]. Alle bekannten biologischen und biochemischen Aktivitäten der Chitinasen und Chitinase-ähnlichen Proteine sind in [Tab. 2] zusammengefasst.
Tab. 2 Chitinasen und Chitinase-ähnliche Proteine: biologische Aktivität
| Enzymatische Aktivität | Proliferative Effekte | Effekte auf die Zelladhäsion und Zellmigration | Immunmodulatorische Effekte |
Chitotriosidase | Hydrolytische und transglycosylierende Aktivität | | | |
AMCase | Hydrolytische Aktivität | | | Regulation des IL13-Wirkungen bei Asthma bronchiale |
YKL40 | keine | Wachstumsfördernder Effekt auf humane Synovialzellen, Haut- und fetale Lungenfibroblasten | Migration, Ausbreitung und Adhäsion an VSMC (Vascular smooth muscle cells) | In gesunden Spendern: Induktion der IL10-Produktion in Monozyten und regulatorischen T-Zellen; Bei Patienten mit rheumatoider Arthritis: Induktion der Th1-Immunantwort; Hemmung der TNFα und IL-1-induzierten Sekretion von MMPs und IL-8 in humanen Hautfibroblasten und Gelenkchondrozyten |
YKL-39 | keine | | | Induktion von Autoimmunität [131]
[135] |
YM1/YM2 | keine | | Chemotaxis für Eosinophile, T-Zellen und Granulozyten | |
Perspektive: SI-CLP als potenzielle Biomarker für Th2-Krankheiten
Perspektive: SI-CLP als potenzielle Biomarker für Th2-Krankheiten
Menschliche Chitinasen und Chitinase-ähnliche Proteine wurden im Gewebe und der Zirkulation gefunden und können durch nicht invasive Technologien detektiert werden. Die engsten SI-CLP Homologe, YKL-39 und YKL-40, haben diagnostische und prognostische Bedeutung für verschiedene Erkrankungen (Zusammenfassung siehe [Tab. 3]). Das Spektrum der YKL-40-assoziierten Krankheiten korreliert mit dem Makrophagenursprung und der biologischen Aktivität und beinhaltet verschiedene Tumorentitäten, Infektionskranktheiten [115]
[116], die rheumathoide Arthritis [117], entzündliche Darmerkrankungen [118]), Leberfibrose, Leberzirrhose [119]
[120]
[121], und die systemische Sklerose [122].
Tab. 3 Chitinasen und Chitinase-ähnliche Proteine: Assoziation mit Erkrankungen
| Infektionskrankheiten | Lysosomale Speicherkrankheiten | Chronische Entzündung | Allergien | Tumorerkrankungen | Lebererkrankungen | Neurodegenerative Erkrankungen |
Chitotriosidase | Pilz- und bakterielle Erkrankungen, Malaria | M. Gaucher; M. Niemann-Pick; M. Fabry | Atherosklerose; Sarkoidose | | | Nicht alkoholische Fettleber-steatohepatitis (NASH) | Alzheimer Krankheit; ischämische zerebrovaskuläre Demenz |
AMCase | | | | Asthma bronchiale | | | |
YKL40 | Pneumonie; eitrige Meningitis; E. coli- Endotoxinämie | | Atherosklerose; Rheumatoide Arthritis; Sarkoidose;entzündliche Darmerkrankungen | Asthma bronchiale | Diagnostischer und prognostischer Marker für einige solide Tumoren | HCV-induzierte Leberfibrose und -zirrhose und alkoholische Leberzirrhose und -fibrose | |
YKL-39 | | | Osteoarthritis; Rheumatoide Arthritis | | | | |
SI-CLP | | | | Th2-induzierte Pathologie vermutet | | | |
YM1/YM2 | Parasitäre Infektionen in Nagetieren | | | | | | |
Erhöhte YKL-40 Werte im Serum korrelieren mit einer schlechten Prognose bei Patienten mit Ovarialkarzinomen [123], Prostatakarzinomen [124], Kolorektalkarzinomen [125], Brustkrebs [126] und Melanom [127]
[128]. YKL-40 dient ebenfalls als Marker für das Auftreten und den Differenzierungsgrad bei Gliomen [129]. Erhöhte YKL-39 Werte sind mit der rheumatoiden Arthritis [130]
[131]
[132] assoziiert. YKL-39 wurde ursprünglich aus Chondrozyten-konditioniertem Medium [104] isoliert und ist bei osteoarthritischen Knorpeldefekten signifikant erhöht [133]
[134]. Weder für YKL-40 noch für YKL-39 konnten wir eine Stimulation durch Glukokortikoide nachweisen. In dieser Hinsicht ist SI-CLP ein einmalig reguliertes humanes Chitinase-ähnliches-Protein. Diese einmalige Eigenschaft von SI-CLP macht es zu einem potenziellen Marker für die individuelle Sensitivität von Patienten auf Glukokortikoidtherapie und die Vorhersage der Nebenwirkungen der Glukokortikoidtherapie attraktiv. Der von uns neu generierte monoklonale Rattenantikörper 1C11 gegen SI-CLP detektiert das Protein mit einer hohen Spezifität in menschlichen BAL-Proben sowie in peripheren Blutleukozyten und wird als Werkzeug für die weitere Untersuchung von SI-CLP assoziierten Erkrankungen dienen.
Die Assoziation der Chitinasen und Chitinase-ännlichen Proteine mit dermatologischen Erkrankungen wurde bis jetzt noch nicht untersucht. Hier könnte das SI-CLP Protein als potenzieller Biomarker für Th2-assozierte Hauterkrankungen betrachtet werden. Mehrere von uns entwickelte SI-CLP-spezifische Antikörper ermöglichen die immunohistologische Analyse der SI-CLP-Expression im Hautgewebe.
Danksagung
Danksagung
Für die finanzielle Unterstützung danke ich dem Margarete von Wrangell Habilitationsprogramm des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg, der Dr. Mildred-Scheel-Stiftung und der DFG.