Klin Monbl Augenheilkd 1994; 204(2): 98-104
DOI: 10.1055/s-2008-1035505
© 1994 F. Enke Verlag Stuttgart

Objektive Noniussehschärfenprüfung bei Erwachsenen, Kindern und Kleinkindern - Möglichkeiten und Grenzen einer neuen Methode

Objective Vernier Acuity Testing of Adults, Children, and InfantsMichael Gräf, Heidrun Dietrich
  • Augenklinik für Schielbehandlung und Neuroophthalmologie der Justus-Liebig-Universität Gießen (Leiter: Prof. Dr. H. Kaufmann)
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Publication History

Manuskript erstmalig eingereicht am 5.9.93

in der vorliegenden Form angenommen am 9.11.93

Publication Date:
08 February 2008 (online)

Zusammenfassung

Hintergrund Kürzlich wurde eine neue Methode zur objektiven Bestimmung der Noniussehschärfe vorgestellt. An 25 vorwiegend schielamblyopen Kindern wurden 100% der Amblyopien mit dieser Methode aufgedeckt (Hopkisson et al. 1991).

Patienten und Methode Bei 20 Augengesunden, 41 schielamblyopen Patienten und 44 augengesunden Kleinkindern im Alter von 6 bis 36 Monaten wurden die objektive Noniussehschärfe (ONS) sowie die interokularen Seitendifferenzen der ONS bestimmt und, sofern eine Visusprüfung möglich war, mit dem Visus verglichen. Zum Vergleich wurden bei 15 der Augengesunden und 39 der schielamblyopen Patienten mit dem Teller-Acuity-Card-Test die interokularen Differenzen der Gittersehschärfe sowie die Korrelation zwischen der Gittersehschärfe und dem Visus untersucht. Zur Messung der ONS wurde ein schwarzer Streifen auf weißem Untergrund benutzt, der eine Noniusstufe von einem Fünftel seiner Breite aufwies. In 1-m-Abstand erschien diese Stufe unter Sehwinkeln von 15,9′ bis 0,3′, entsprechend Noniussehschärfen von 0,06 bis 3,2 in logarithmischer Abstufung. Der Streifen wurde horizontal in seiner Längsrichtung hin und her bewegt. Voraussetzung für die Wahrnehmung der Bewegung war somit das Erkennen der Noniusstufe. Die ONS wurde durch die kleinste Stufe bestimmt, mit der sich okuläre Folgebewegungen hervorrufen ließen.

Ergebnisse Die Sensitivität der ONS-Prüfung für Schielamblyopie betrug bei älteren Kindern und Erwachsenen 54%, die des Teller-Acuity-Card-Tests 28%. Nur bei 45% der Kleinkinder war die Bestimmung der ONS an beiden Augen möglich. Die Sensitivität für Schielamblyopie würde bei Kleinkindern weniger als 30% betragen.

Schlußfolgerung Die beschriebene Methode deckt Schielamblyopien nicht mit ausreichender Zuverlässigkeit auf.

Summary

Background Recently, a method of objective Vernier acuity testing using a modified Catford drum was presented. A tight correlation between the objective Vernier acuity and the Snellen acuity was reported (Hopkisson et al. 1991).

Patients and Methods In 41 cooperative patients with strabismic amblyopia and 20 normal subjects we compared the subjective Landolt acuity with the objective Vernier acuity and the individual interocular differences of the objective Vernier acuity. The Vernier method was then tested in 44 healthy 6- to 36-months-old infants. In 39 of the amblyopic and 15 of the normal subjects we compared the Landolt acuity with the grating acuity as measured with the Teller-acuity-card-test, and the interocular differences of the grating acuity. The Vernier target was a black line with an offset of one fifth of its thickness. In a distance of 1 m the offset appeared under visual angles of 15.9′ to 0.3′ corresponding to acuities of 0.06 to 3.2. The line was moving back and forth in its longitudinal direction. The objective Vernier acuity was defined by the smallest offset causing pursuit eye movements.

Results Strabismic amblyopia was detected by the Vernier method with a sensitivity of 54%. In infants, however, the sensitivity would be less than 30%. In both eyes only 45% of the infants could be tested at all. The sensitivity of the Teller-acuity-card-test was 28%.

Conclusion Many cases of strabismic amblyopia will escape detection by the described method of Vernier acuity testing.