Der Klinikarzt 2008; 37(2): 64
DOI: 10.1055/s-2008-1062691
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Vorhofflimmern - wenn das Herz aus dem Takt gerät

Günter Breithardt
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Publication Date:
29 February 2008 (online)

Unser Herz schlägt etwa 60-100-mal pro Minute, also 80000-150000-mal am Tag. Im Laufe eines 80-jährigen Lebens sind das durchschnittlich drei Milliarden Schläge - eine in der Natur und Technik einzigartige Ausdauerleistung. Dass das Herz gelegentlich aus dem Takt gerät, ist also nicht allzu verwunderlich. Die Therapie, aber auch die Diagnose von Vorhofflimmern stellt jedoch auch heute noch viele Ärzte vor Probleme. Die Notwendigkeit einer Behandlung ergibt sich zum einen aus der erhöhten Rate an arteriellen Thrombembolien - immerhin sind aktuellen Schätzungen zufolge ein Viertel bis ein Drittel aller Schlaganfälle auf Vorhofflimmern zurückzuführen - zum anderen aus der bei manchen Patienten ausgeprägten Symptomatik. Bei den therapeutischen Maßnahmen geht es also nicht nur darum, dem subjektiv als unangenehm empfundenen unregelmäßigen Herzschlag und einer möglichen Leistungseinschränkung entgegenzuwirken, auch die Prävention eines Schlaganfalls ist ein wichtiger Aspekt.

In Deutschland gibt es rund eine Million Vorhofflimmerpatienten, und es werden immer mehr. Trotzdem weiß man noch nicht genug über diese Volkskrankheit. Hier sieht das Kompetenznetz Vorhofflimmern, das führende Herzspezialisten vor fünf Jahren ins Leben gerufen haben und das aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) unterstützt wird, seine Aufgabe: Ziel ist, die Diagnostik, die Behandlung und damit letztendlich die Versorgung der Patienten mit dieser Herzrhythmusstörung zu verbessern.

In diesem Sinne haben wir die Themen für die folgenden Beiträge ausgewählt. Sie sollen allen Klinikern - nicht nur Kardiologen - helfen, die klinische Präsentation des Vorhofflimmerns besser zu verstehen (Beitrag Kirchhof und Breithardt; Seite 66), um hierdurch den Stand der immer noch aktuellen Kontroverse um die Entscheidung zwischen einer rhythmuserhaltenden Behandlung (Beitrag Andrié, Götte und Lewalter; Seite 73) einerseits und der Einstellung der Kammerfrequenz, also der Frequenzregulierung (Beitrag Schauerte, Näbauer und Steinbeck; Seite 81) andererseits begreifbar zu machen.

Daneben werden Wege gezeigt, wie die aktualisierten transatlantischen Leitlinien zum Vorhofflimmern zu einer besseren Vermeidung der thrombembolischen Komplikationen des Vorhofflimmerns, aber auch der Komplikationen der Antikoagulation beitragen können (Lutomsky, Willems und Meinertz; Seite 89). Eine große Bedeutung zur Identifikation von Risikopatienten für den Schlaganfall kommt Risiko-Scores zu, beispielsweise dem CHADS2-Score („Cardiac Failure, Hypertension, Age, Diabetes, Stroke (x 2)”), mit dem sich das Risiko eines Schlaganfalls im Alltag schnell und einfach abschätzen lässt. Wir hoffen, Ihnen mit den Beiträgen aus dem Kompetenznetz Vorhofflimmern ein Instrument an die Hand zu geben, wie Sie die Therapie bei Patienten mit Vorhofflimmern sicherer und effektiver gestalten können.

Univ.-Prof. Dr. Dr. h.c. Günter Breithardt

Sprecher des Kompetenznetzes Vorhofflimmern

Münster