Z Orthop Unfall 2008; 146(1): 9
DOI: 10.1055/s-2008-1063040
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© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

OSG-Fraktur - Wie beweise ich die Kompetenz des Innenbandes?

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Publication Date:
27 March 2008 (online)

 
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The use of gravity or manual-stress radiographs in the assessment of supination-external rotation fractures of the ankle. J Bone Joint Surg Am. 2007; 89-B:1055-1059

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Einleitung

Für die Therapiewahl bei der OSG-Fraktur ist es relevant das Vorliegen einer Deltabandläsion zu erkennen. Bei der Weber/Danis-Klassifikation der OSG-Frakturen auf der auch die gültige AO-Klassifikation beruht, orientiert sich die Frakturzuordnung an der Frakturhöhe der Fibula; die Lauge-Hansen-Klassifikation hingegen schließt die Betrachtung des Frakturmechanismus und der jeweils typischen osteo-ligamentären Verletzungskombinationen mit ein. Letztere ist somit für die Analyse der ligamentären Verletzungskomponenten, die sich nicht zwangsläufig aus den Standard-Röntgenbildern herleiten, hilfreich. Der häufigste OSG-Frakturtyp ist die Supinations-Eversions-(gemeint ist mit der Eversion bei Lauge-Hansen die Außenrotation)-Verletzung (SE), die bis zu 85 % aller OSG-Frakturen umfasst. Bei dieser Frakturform beginnt die Läsion anterolateral mit Ruptur des vorderen Syndesmosenbandes und erfasst als nächstes die Fibula, die meist in Spiralform frakturiert (SE II). Bei weiterer Energieeinleitung rupturiert entweder das hintere Syndesmosenband bzw. frakturiert das postero-laterale Kantendreieck (SE III). Als letzte Komponente frakturiert entweder der Innenknöchel bzw. rupturiert das Deltaband als Äquivalent (SE IV). SE IV-Verletzungen sind generell als instabil zu erachten und operationspflichtig.

Während Innenknöchelfrakturen gut auf den Röntgenaufnahmen erkannt werden können, kann das Äquivalent einer Deltabandläsion durch eine zentrierte Abbildung des OSG-Spalts in der um 10° innenrotierten a. p.-Aufnahme ("mortise"-view) maskiert sein. Auch der früher als verlässlich für das Vorhandensein einer Deltabandläsion eingeschätzte klinische Untersuchungsbef und (Hämatombildung, Schwellung und Druckschmerz um den Innenknöchel) ist von nur beschränktem prädiktivem Wert. Deshalb wurden kürzlich manuelle Stressaufnahmen empfohlen, die eine korrekte präoperative Einschätzung einer Deltabandläsion und des Ausmaßes der Instabilität der Fraktur erlauben [1], [2]. Diese Untersuchung ist jedoch am wachen Patienten schmerzhaft.

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Zielstellung

Die Autoren der Studie wollten deshalb der Frage nachgehen, in wie weit eine spezielle a. p.-Röntgenaufnahme des OSG allein unter Schwerkraftlast bei nachgewiesener SE-Fraktur in den beiden Standardaufnahmen eine manuelle Stressaufnahme ersetzen kann.

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Material und Methode

Eingeschlossen in die Studie wurden 29 erwachsene Patienten mit nachgewiesenem SE-Frakturtyp ohne Innenknöchelfraktur und ohne primäre Erweiterung des medialen tibio-talaren Gelenkspalts ("medial clear space"), die eine entsprechende Diagnose einer manifesten SE IV-Fraktur vorweggenommen hätten. Zunächst wurde dann eine weitere a. p.-Aufnahme des verletzten OSG in 10° Innenrotation des Unterschenkels und Neutral-Nullposition angefertigt, die in Seitenlage des Patienten bei zur Hälfte über dem Röntgentischende frei hängend gelagerten Unterschenkel aufgenommen wurde. Die manuelle Stressaufnahme wurde daran anschließend in Rückenlage des Patienten aufgenommen, wobei ebenfalls auf eine Innenrotation des Unterschenkels von 10° geachtet wurde und in Neutral-Nullposition eine manuelle Außenrotation mit einer Kraft zwischen 3,6-4,5 kg aufgebracht wurde. Als stress-positiv wurden eine Aufweitung des medialen Gelenkspalts auf 4 mm und eine Zunahme um mehr als 1 mm als die obere Gelenkspaltweite gewertet. Ferner wurden die Schmerzen vor und nach den Tests mittels VAS quantifiziert.

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Ergebnisse

16 Patienten (55 %) waren stress-positiv, wobei die mittlere mediale OSG-Gelenkspaltweite etwa 6 mm betrug und generell im Schwerkrafttest höher lag als beim manuellen Stresstest. 2 manuell ausgeführte Stresstests waren falsch-negativ, bei den Schwerkraft-Stresstests hingegen gab es keine falsch-negativen Resultate. Der Schwerkraft-Stresstest war zudem signifikant weniger schmerzhaft als der manuelle Test.

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Kommentar

Es zeichnen sich somit klare Vorteile für den Schwerkraft-Stresstest ab. Der Test ist einfach durchführbar und hat somit praktische Relevanz für die Verfahrenswahl. Die hohe Sensitivität und Spezifität des Tests lässt auch relevante Deltabandläsionen in der frühen posttraumatischen Phase sicher ausschließen und somit die Zuordnung zu einer SE II-Läsion treffen, die bei minimaler oder geringer Dislokation der Fibula auch funktionell-konservativ behandelt werden kann. Zieht man die Resultate weiterer Autoren zum Thema hinzu, kann als Beweiskriterium für eine tiefe Deltabandläsion bei einer medialen Gelenkspaltweite von 5 mm und mehr in der Schwerkraftstressaufnahme - bei entsprechendem Film-Fokusabstand von 101,6 cm - angenommen werden. Es muss bei der Aufnahme auf eine korrekte Einstellung der Neutral-Nullposition im OSG geachtet werden, da eine Extensionsstellung eine Zunahme der medialen Gelenkspaltweite, eine Plantarflexion eine Verminderung des "medial clear space" zur Folge hat.

Dr. med. Dionys Haxenschlager

Chirurgische Klinik und Poliklinik der Universität Rostock, Abt. für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie

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Literatur

  • 01 Egol K.A. . Amirtharajh M . Tejwani N. C . Capla E. L . Koval K. J . Ankle stress test for predicting the need for surgical fixation of isolated fibular fractures.  J. Bone Joint Surg. 86-A. 2004;  2393 2398-204
  • 02 McConnell T . Creevy W . Tornetta P 3rd . Stress examination of supination external rotation-type fibular fractures.  J. Bone Joint Surg. 86-A. 2004;  2171 2178-204
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Literatur

  • 01 Egol K.A. . Amirtharajh M . Tejwani N. C . Capla E. L . Koval K. J . Ankle stress test for predicting the need for surgical fixation of isolated fibular fractures.  J. Bone Joint Surg. 86-A. 2004;  2393 2398-204
  • 02 McConnell T . Creevy W . Tornetta P 3rd . Stress examination of supination external rotation-type fibular fractures.  J. Bone Joint Surg. 86-A. 2004;  2171 2178-204