Pneumologie 2008; 62(5): 251-252
DOI: 10.1055/s-2008-1075132
Pneumo-Fokus

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Bronchialkarzinom - Resistenz gegen Cisplatin

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Publication Date:
07 May 2008 (online)

 
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    Wissenschaftler konnten nun einen der zugrunde liegenden Mechanismen für die Entstehung von Resistenzen gegen Cis-platin aufklären. Wie die Forscher berichten, verdoppelt die DNA-Polymerase "Eta" die DNA trotz der Blockade durch Cisplatin - und erzeugt so eine Resistenz gegen den Wirkstoff. Mit Hilfe der 3-dimensionalen Kristallstruktur des Enzyms im Komplex mit cisplatingebundener DNA konnte gezeigt werden, wie die Polymerase das Erbmolekül auch über das Hindernis hinweg kopieren kann. Diese neuen Ergebnisse sollen nun helfen, wirksamere Chemotherapeutika zu entwickeln (Science 2007; 318: 967-970).

    "Treffen die hoch spezialisierten DNA-Polymerasen bei der Replikation auf Schäden im Erbmolekül, bleiben sie oft stecken. Ohne Reparatur müssten die Zellen sterben," berichtet Prof. Karl-Peter Hopfner vom Genzentrum in München. Eben diese "Störanfälligkeit" der Enzyme wird aber bei der Chemotherapie von Krebserkrankungen genutzt. Die chemische Verbindung Cisplatin etwa quervernetzt 2 benachbarte Bausteine der DNA - als wirksame Blockade der Replikation und anderer Prozesse am Erbmolekül. Die Zelle ist dem zwar nicht wehrlos ausgeliefert. In der Chemotherapie übersteigt aber die Zahl der Schäden durch Cisplatin die Kapazität der Zelle zur Reparatur. Die Folge: Schnell teilende Zellen, vor allem also Tumorzellen, sterben ab.

    Tumorzellen können aber durch mehrere Mechanismen resistent gegen Cisplatin werden. Einer davon beruht auf der besonderen Fähigkeit der DNA-Polymerase "Eta", Quervernetzungen zu überlesen.

    Die besondere Fähigkeit der DNA-Polymerase "Eta" machen sich aber auch manche Tumoren bei einer Cisplatintherapie zunutze. In der vorliegenen Studie konnte nun geklärt werden, wie das Enzym die Blockaden überlesen kann. "Dazu haben wir mit Hilfe der Röntgenstrukturanalyse den 3-dimensionalen Aufbau der Polymerase im Komplex mit cisplatinquervernetzter DNA bestimmt", berichtet Katja Lammens, Mitautorin der Studie. Ein methodischer Durchbruch gelang dem Erstautor, Aaron Alt, mit der Herstellung von chemisch definierten DNA-Schäden und der Kristallisation des Enzyms im Komplex mit dieser DNA. In verschiedenen Arbeitsschritten konnten die Forscher dann zeigen, dass die Polymerase "Eta" ein sehr viel offeneres aktives Zentrum besitzt als die anderen DNA-Polymerasen, was auch DNA mit Quervernetzungen als Vorlage nutzen kann. "Der erste der beiden quervernetzten Bausteine wird mit hoher Genauigkeit abgelesen, weil er sehr gut in das aktive Zentrum passt", so Prof. Thomas Carell vom Department für Chemie und Biochemie von der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) in München. "Der zweite dagegen steht im rechten Winkel ab und wird deswegen mit geringerer Effizienz und Genauigkeit kopiert. Unsere Ergebnisse lassen vermuten, dass beim Überlesen von Cisplatinschäden Fehler gemacht werden können, die eventuell zur hohen Mutationsrate und Weiterentwicklung des Krebses beitragen."

    Daneben ließ sich noch ein weiterer, bisher unbekannter Vorgang beobachten, der spezifisch für das Überlesen von Quervernetzungen sein könnte: Die DNA rotiert im aktiven Zentrum des Enzyms. Dieses und auch die anderen Resultate sind aus medizinischer Sicht besonders interessant, weil sich möglicherweise ein leicht abgewandeltes Cisplatin entwickeln lässt, das nicht mehr überlesen werden kann - und keine Resistenzen mehr hervorruft. "Wir werden jetzt auf atomarer Ebene untersuchen, wie die Polymerase "Eta" durch UV-Strahlung verursachte DNA-Quervernetzungen überliest", sagt Hopfner. "Diese Schäden unterscheiden sich doch deutlich von den Cisplatinquervernetzungen. Die UV-Schäden werden von der Polymerase sogar mit höherer Genauigkeit kopiert als ungeschädigte DNA."

    Mitteilung des Department für Chemie und Biochemie der LMU, München