Transforming Growth Factor-Beta (TGF-β) und die
Karzinogenese
Transforming Growth Factor-Beta (TGF-β) und die
Karzinogenese
Die Karzinogenese kann das Ergebnis eines vermehrten Ansprechens der
Zellen auf autokrin-wirkende Wachstumsfaktoren sein, oder einer fehlenden
zellulären Anwort auf wachstumshemmende Zytokine [1]. De Larco u. Mitarb. [2]
berichteten, dass Melanomzellen in der Kultur Peptide sezernieren, die bei
normalen Zellen im Softagar Assay einen transformierten Phänotyp
induzierten. Eines dieser Peptide wurde als der sogenannte Transforming Growth
Factor-β (TGF-β) identifiziert. Andererseits besaß TGF-β
im selben Assaysystem wachstumshemmende Eigenschaften auf verschiedene maligne
Zelllinien, u. a. Melanomzelllinien [3]. Des
Weiteren konnte gezeigt werden, dass TGF-β die Proliferation normaler
Zellen in Kultur sehr stark hemmt, wie z. B. das Wachstum humaner
Keratinozyten, wie auch von T- und B-Lymphozyten [4]
[5]. Dagegen wurden viele Tumorzelllinien und
ras-transfizierte tumorigene HaCaT Zellen durch TGF-β nicht gehemmt
[7]
[8]. Aufgrund dieser und anderer
ähnlicher Beobachtungen wurde angenommen, dass eine Resistenz
gegenüber der TGF-β-induzierten Wachstumsinhibition zu einem
wichtigen Wachstumsvorteil der Tumorzellen führt.
Autokrine TGF-β-Wachstumshemmung und
Melanomprogression
Autokrine TGF-β-Wachstumshemmung und
Melanomprogression
Im Verlauf der Melanomprogression scheint der Verlust der
Wachstumsinhibition durch TGF-β eine wichtige Stellung im Mechanismus der
unkontrollierten Proliferation der Melanomzellen einzunehmen. Exogener
TGF-β 1 hemmt das Wachstum normaler Melanozyten stark, dasjenige von
Melanomzellen hingegen geringer oder gar nicht [9]
[10]. Dieser Verlust der Wachstumshemmung wird in
größerem Ausmaß häufig bei Melanomzellen aus Metastasen
beobachtet. Diese Resistenz gegenüber TGF-β korrelierte mit der
Sekretion von hohen Mengen aktivem TGF-β im Überstand von
Melanomzellkulturen aus Metastasengewebe. Weitere experimentelle Daten zeigten,
dass alle drei bekannten humanen TGF- β Isoformen, TGF-β 1, -β
2, -β 3, eine vergleichbare Wirkstärke besaßen in Hinsicht auf
die Wachstumshemmung, sowohl bezüglich normaler Melanozyten als auch
maligner Melanomzellen [11]. Die Neutralisierung des
endogen-produzierten TGF-β mittels spezifischer Antikörper
führte bei TGF-β-sensitiven Melanomzellen zu einer
Wachstumsstimulation in der Kultur [9]. Dieser Effekt der
neutralisierenden Antikörper in Bezug auf die Zellproliferation konnte bei
TGF-β-insensitiven Melanomzellen nicht beobachtet werden. Diese Befunde
untermauern die auch aus anderen Tumormodellen gewonnenen Erkenntnisse, dass
maligne Tumoren der TGF-β-vermittelten Überwachung entgehen
können, und dass die Resistenz gegenüber der TGF-β-regulierten
Wachstumskontrolle zu einem wichtigen Wachstumsvorteil führt.
Parakrine Effekte von TGF-β beim Melanom in vivo
Parakrine Effekte von TGF-β beim Melanom in vivo
TGF-β 1 und TGF-β 2 zirkulieren vermehrt im Blut von
Melanompatienten mit Fernmetastasen [12]. Darüber
hinaus zeigten Tas u. Mitarb. [13], dass der
TGF-β-1-Serumspiegel prognostischen Wert besitzt bezüglich des
Überlebens von Melanompatienten. Bemerkenswert ist hierbei, dass
Melanompatienten mit höheren TGF-β-Serumspiegeln ein signifikant
kürzeres Überleben aufweisen, als Patienten mit niedrigeren
Serumspiegeln. Im Mausmodell konnten Berking et al. [14]
zeigen, dass TGF-β 1 aus Melanomtumoren über eine
Fibroblastenaktivierung zu einer Hochregulation der Expression von Kollagen,
Tenaszin, und Plasminogen-Aktivator-Inhibitor-I führte und somit zum
Gewebeumbau. Darüber hinaus wurde die Heraufregulation des
Angiogenese-Faktors Vascular Endothelial Growth Factor und anderer
Wachstumsfaktorenrezeptoren im Zusammenhang mit einer Zunahme der Zahl von
Lungenmetastasen beobachtet. Mehrere neuere Berichte belegen, dass TGF-β
ein potenter immunsuppressiver Faktor beim Melanom ist. Valenti u. Mitarb.
[15] berichteten, dass Mikrovesikel aus dem peripheren
Blut von Patienten mit fortgeschrittenem Melanom isoliert wurden, die die
immunsupprimierenden Eigenschaften von CD14+-Monozyten auf T-Lymphozyten
induzierten. Ein Effekt, der durch TGF-β-neutralisierende Antikörper
aufgehoben werden konnte. Darüber hinaus demonstrierten Ahmadzadeh und
Rosenberg [16], dass TGF-β die Expression von
Effektorfunktionen spezifischer CD8-Memory-T-Zellen, die aus dem peripheren
Blut von Melanompatienten isoliert wurden, und mit dem gp100 Melanomantigen
immunisiert waren, hemmte.
Der TGF-β-Signalweg bei der Melanomentstehung und
-progression
Der TGF-β-Signalweg bei der Melanomentstehung und
-progression
Aufgrund der oben beschriebenen Befunde wird angenommen, dass die
tumorfördernde Wirkung von TGF-β beim Melanom Folge eines
mehrstufigen Prozesses ist. Als erstes muss der Tumor den antiproliferativen
Signalweg des TGF-β aufheben. Danach wird die Produktion des TGF-β
vom Tumor hochreguliert. Als letztes kann der aus dem Tumor stammende
TGF-β eine Reihe parakriner oder systemischer Wirkungen entfalten, wie
z. B. den Umbau der extrazellulären Matrix, die Neubildung von
Gefäßen, oder das Abschwächen des Immunsystems. Somit nimmt die
Aufhebung der antiproliferativen Wirkung von TGF-β bei den Melanomzellen
eine zentrale Bedeutung bei der Melanomentstehung ein. Bei normalen Melanozyten
wird das TGF-β-Signal über drei unterschiedliche Membranrezeptoren an
das Zellinnere weitergeleitet. Endoglin (Typ-III-Rezeptor) vermittelt die
Anbindung des aktiven TGF-β-Moleküls an die Typ-II-Rezeptoren, die
sich dann mit den Typ-I-Rezeptoren verbinden. Dies führt zu einer
Konformationsänderung und Aktivierung der Kinaseregionen der Rezeptoren
[17]. Die Smad2/3-Proteine sind zytoplasmatische
Moleküle, die nach TGF-β Typ-I-Rezeptoraktivierung phosphoryliert
werden, und sich an Smad4 binden. Hetero- oder oligomere Komplexe werden zum
Zellkern importiert und binden dort an spezifischen DNA-Regionen im
Promotorbereich verschiedener Effektorgene. Dieser Signalweg wird durch die
Aktivität des inhibitorischen Smad7-Proteins reguliert. Kürzlich
wurde beschrieben, dass die Überexpression des Smad7-Proteins in
Melanomzellen zu einer Verminderung der Knochenmetastasen führt
[18]. Darüber hinaus kann TGF-β verschiedene
mitogen-aktivierte Proteinkinasen aktivieren, wie beispielsweise ERK, JNK und
p38 MAPK [19]. Die Interaktion mit diesen Kinasen
reguliert möglicherweise die Smad-Aktivität in positiver oder
negativer Weise.
Die Aufhebung des antiproliferativen TGF-β-Signales beim
Melanom
Die Aufhebung des antiproliferativen TGF-β-Signales beim
Melanom
Die molekularen Befunde bezüglich der Aufhebung des
antiproliferativen Signalweges von TGF-β beim Melanom sind bisher
unvollständig. Sowohl die Expression von TGF-β-Rezeptoren als auch
die Smad-vermittelte Transkription bei Melanomzellen korreliert nicht mit der
Empfindlichkeit der Melanomzellen gegenüber dem TGF-β
[10]
[20]. Kürzlich wurde
beschrieben, dass Melanomzellen die Onkogene SKI und SnoN überexprimieren
[21]. Es wird postuliert, dass die Interaktion dieser
Onkogene mit den Smad-Proteinen zu einer Hemmung der Smad-vermittelten
p21-Induktion führt. Allerdings sind Melanomzellen in der Lage, auf andere
Signale des TGF-β zu antworten [22]. Somit ist
anzunehmen, dass zusätzliche Regulationsmechanismen im Signalweg des
TGF-β beteiligt sind. Kürzlich konnten wir berichten, dass die
Behandlung normaler Melanozyten mit dem Tumorpromotor
12-O-Tetradecanoylphorbol-13-Azetat (TPA) zu einer Resistenz der Zellen
gegenüber der wachstumsinhibitorischen Wirkung von TGF-β führte
[23]. Dies trat in Zusammenhang mit einer
Herunterregulation der Expression des Proteinkinase C (PKC)-α Isoenzyms
auf, welches als einer der intrazellulären Rezeptoren des Tumorpromotors
TPA dient. Auch andere Berichte deuten daraufhin, dass die PKC-Familie ein
wichtiger intrazellulärer Mediator im Signalweg des TGF-β ist ([Abb. 1]). In Tumorzellen der Hypophyse verhindert die
Hemmung der PKC-Aktivität die Prolaktininduktion durch TGF-β 2
[24]. In Lungenepithelzellen phosphoryliert PKC-α
die Smad3-Proteine und hemmt ihre transkriptionelle Aktivität
[25]. Die genaueren molekularen Interaktionen zwischen
PKC und den Smad-Proteinen beim Melanom sind noch abzuklären.
Abb. 1 Schematische Darstellung
der Wechselwirkung des TGF-β/Smad-Signalweges mit anderen
intrazellulären Signalsystemen (modifiziert nach Kaminska et al
[17]).
Schlussfolgerung und Perspektiven
Schlussfolgerung und Perspektiven
TGF-β nimmt eine zentrale Stellung in der Wachstumsregulation
des malignen Melanoms ein. Er wirkt als ein endogener Wachstumsinhibitor bei
normalen Melanozyten, während diese Funktion im Verlauf der
Melanomprogression zunehmend verloren geht. Während der Tumor den
antiproliferativen Signalweg des TGF-β häufig unterdrückt, wird
die Produktion des TGF-β vom Tumor autokrin hochreguliert. Somit kommt es
zu einer Reihe parakriner Effekte, wie des extrazellulären Matrixumbaus,
Neoangiogenese, Immunsuppression, die letztendlich zum lokalen Tumorwachstum
und zur Metastasierung führen. Moleküle mit inhibitorischer Funktion
gegenüber dem TGF-β haben bei verschiedenen Krebsarten
einschließlich dem Melanom bereits klinischen Einsatz im Rahmen von
Therapiestudien ([Tab. 1]). Das Verständnis
der molekularen Mechanismen der Dysregulation des TGF-β-Signalweges wird
zu einer Entwicklung weiterer Therapiekonzepte für die Behandlung des
Melanoms führen, oder zu einer Optimierung der bereits vorhandenen.
Tab. 1 Tumortherapie durch den
Einsatz von TGF-β-Inhibitoren in klinischen Studien
Bezeichnung
| Typ
| Phase
| Tumor
| Referenz/ Studie ID
|
AP12009 – Antisense
Pharma
| TGF-β 2 antisense
Oligonukleotid
| I/II
| Glioblastom, malignes
Melanom, Pankreaskarzinom, kolorektales Karzinom
| Schlingensiepen et al.
[26]
|
Belagenpumatucel-L
| TGF-β 2
antisense-genmodifizierte allogene Tumorzellvakzine
| II
| nicht kleinzelliges
Bronchialkarzinom
| Nemunaitis et al.
[27]
|
GC1008 - Genzyme
| TGF-β-Antikörper
| I
| malignes Melanom,
Nierenzellkarzinom
| NCT00356460, USA
|
Auto TAG – Gradalis
| TGF-β 2
antisense-GMCSF genmodifizierte autologe Tumorzellvakzine
| I
| fortgeschrittene solide
Tumoren
| NCT00684294, USA
|