Im Herbst 1983 wurde ich, damals Leitender Oberarzt der Hautklinik
Stuttgart-Bad Cannstatt, durch die Stadt Heilbronn für eine
Meinungsbildung eingeladen, um nach einer Ortsbesichtigung mich darüber zu
äußern, ob Bedarf für eine Hautklinik im Städt.
Krankenhaus für Stadt und Landkreis Heilbronn besteht. Meine Antwort war
damals eindeutig „ja”.
Später erfuhr ich, dass auch viele Vertreter von
Universitäten aus nah und fern zu dieser Meinungsbildung eingeladen worden
waren. Das Resultat war, dass außer mir alle Vertreter der nahen
Universitäten diese Frage mit „nein” und die fernen mit
„ja” beantwortet hatten.
Im Frühjahr 1984 las ich dann eine Anzeige im Deutschen
Ärzteblatt und bewarb mich um die ausgeschriebene Chefarztstelle der neu
zu entstehenden Hautklinik Heilbronn. Unter den 14 Bewerbern wurde ich nach den
üblichen langen Prozeduren am 20. 12. 1984 zum ersten
Chefarzt der noch nicht vorhandenen Klinik und bisher von vier niedergelassenen
Kollegen als Belegbetten genutzten Abteilung gewählt.
Anfang 1985 führte ich im Rathaus der Stadt die notwendigen
Vorstellungsgespräche mit den Bewerberinnen und Bewerbern des
benötigten Teams (ärztliches und nichtärztliches Personal)
für die zukünftige Klinik. Bei dieser Gelegenheit suchte ich das
vorhandene Gebäude (vorher das Personalwohnheim, später
Belegbettenabteilung) auf. Auf meine Frage, wo der zukünftige Chefarzt
sein Zimmer hätte, wo sich die Arbeits- bzw. Aufenthaltsräume der
Sekretärin der Klinik, der Schreibkräfte und der MTA befänden,
und welche Räume als Labor und Untersuchungszimmer zur Verfügung
ständen, wurden mir nur Patientenzimmer gezeigt.
Die Möglichkeit, Betten aus den Zimmern herauszunehmen und
für mich bzw. mein Personal Arbeitsräume einzurichten, wurde von mir
als unmöglich bezeichnet und abgelehnt. Der nächste Vorschlag sah
vor, dass die Stadt Heilbronn bzw. das Krankenhaus mehrere Container für
die benötigten Räumlichkeiten auf dem Rasen vor der Klinik aufstellt
und hohe Miete zahlt.
Nachdem ich erfuhr, wie unglaublich teuer diese Lösung
wäre, inspizierte ich den Keller des ehemaligen Wohnheims und fand unter
den dicken Rohren und durchlaufenden Versorgungsinstallationen bzw.
Wasserleitungen einen großen Raum, den ich mithilfe des hauseigenen
Maurers mit dünnen Wänden in drei winzig kleine Kämmerchen
(Chefarztzimmer, Sekretariat, Untersuchung) aufteilen ließ. Für das
Labor nahm ich den Aufenthaltsraum der Stationsschwester. Das Mobiliar dieser
vier Räume haben wir (meine Sekretärin und ich) aus den abgestellten,
ausrangierten, alten Möbeln im Schuppen des Krankenhauses ausgesucht.
Im schmalen, mit Rohren und Leitungen
„geschmückten” Gang dieses Kellers wurden der Länge
nach alte Stühle aus dem Schuppen aufgestellt. Damit hatten wir auch den
Warteraum für die Patienten eingerichtet.
Kein Aprilscherz! Aber so haben wir am 1. April 1985
fröhlich und voller Energie die Arbeit aufgenommen. Die neu
gegründete Hautklinik mit 33 Betten und 2 Assistenten nahm offiziell ihren
Betrieb auf (Zitat „Heilbronner Stimme”). Die Mahlzeiten für
die Patienten mussten aus der Küche über den Hof den weiten Weg
transportiert werden, kamen abgekühlt in der Klinik an und mussten vor der
Ausgabe an die Patienten in der Teeküche wieder aufgewärmt
werden.
Abb. 1 Eingangsbereich der
„alten” Hautklinik bis 1996.
Volle zwei Jahre haben wir, „die Kellerkinder”, unter
primitivsten Verhältnissen unsere Medizin praktiziert; die Medizin, auf
die es ankam, und sie kam an! In dieser Zeit musste ich ohne Oberarzt
auskommen, was bedeutete, dass ich weder Urlaub noch ein freies Wochenende
hatte und zudem immer und durchgehend in Rufbereitschaft sein musste.
Durch die oben beschriebene Situation war „die Stadt im
Zugzwang” (Zitat des damaligen Krankenhausdezernenten). So wurde auch in
dieser Zeit ein Anbau nach unseren Vorstellungen geplant und fertiggestellt
([Abb. 1]). Jetzt konnten wir neue Räume
beziehen und einrichten. Ein OP-Raum stand jedoch weiterhin nicht zur
Verfügung. Die notwendigen Eingriffe hatten wir bisher in einem kleinen
Zimmer (später Arztzimmer) durchgeführt. Der damalige Chefarzt der
Kinderklinik, Herr Prof. Dr. Hansjörg Cremer, erfuhr während einer
Chefärztesitzung von meiner Situation und stellte uns schließlich im
Keller seiner Klinik Räume zur Verfügung, wo wir unseren OP-Bereich
einrichten durften. Dabei mussten die OP-Patienten personalintensiv bei Wind
und Wetter über die weite Strecke von der Hautklinik über den Hof
geschoben werden. Im Zuge des Neubaus wurde dann ein Kellerdurchbruch
geschaffen und die Patienten und das Personal konnten trockenen Fußes den
OP-Raum erreichen.
Während dieser Zeit habe ich in der Rubrik „Eine Klinik
im Mittelpunkt” die Hautklinik Heilbronn in dieser Zeitschrift
vorgestellt und mit der Veröffentlichung von 6 wissenschaftlichen Arbeiten
im selben Heft versucht, das Spektrum unserer dermatologischen Aktivitäten
darzustellen [Akt. Dermatol. 19 (1993)
312 – 338]. Bei der ersten Arbeit in diesem Heft
handelte es sich um die Ergebnisse der experimentellen, hier in der Klinik
durchgeführten Promotionsarbeit über
Granulozytenfunktionsprüfung in vivo des damaligen Doktoranden und
späteren Assistenten der Klinik, Herrn Dr. med. R. Schwarzenbach.
Im September 1996 wurde das neue Gebäude der Hautklinik im
Rahmen der Zusammenlegung aller Kliniken am Gesundbrunnen auch fertiggestellt
und wir zogen von der alten Klinik in die große, moderne und nach allen
medizinischen, vor allem dermatologischen Bedürfnissen eingerichtete, neue
Klinik um. Mit diesem Umzug standen uns auch nach der Genehmigung des
Sozialministeriums ab sofort offiziell 40 Betten zur Verfügung. Im
Funktionsbereich der Klinik mit Ambulanz, Labor, Bibliothek, Therapie-,
Untersuchungs-, Allergietest- und Allergieprovokationsräumen hatten wir
nun endlich auch einen modernen und komplett eingerichteten OP-Bereich.
Über 21 Jahre konnte ich in der Hautklinik Heilbronn heilen und
lehren. Gemeinsam mit meinen Mitarbeitern konnten wir neue Diagnostiken
[z. B. Hautarzt 49 (1998), 835 – 837],
innovative Therapien [z. B. Zeitschr. Hautkr. 77 (2002)
14 – 18] einführen, einsetzen und publizieren.
Über 100 wissenschaftliche Publikationen, über 20 Buchbeiträge,
über 200 Vorträge und über 70 Kurzbeiträge in den
dermatologischen Zeitschriften waren die Früchte dieser Aktivitäten.
Unabhängig von täglichen und wöchentlichen intensiven internen
Fort- und Weiterbildungen für die Mitarbeiter der Klinik, wobei auch
Gäste willkommen waren, veranstalteten wir in dieser Zeit 36 externe
Fortbildungsseminare und Tagungen (jährlich 1 – 2-mal)
mit namhaften Referenten für die niedergelassenen Kollegen, mehrere Male
auch interdisziplinär.
Am 5. Aug. 2006 vollendete ich mein 65. Lebensjahr und zum Ende
dieses Monats wurde ich in den Ruhestand versetzt. Seit dem 1. Sept. 2006
führt mein Nachfolger, Herr Prof. Dr. med. H. Löffler, mit neuen,
innovativen und zukunftsorientierten Ideen und mit Elan die Klinik. Die
bisherigen Resultate in dieser kurzen Zeit beweisen, dass sich die Hautklinik
in guten Händen befindet. Ich wünsche ihm von Herzen weiterhin eine
glückliche Hand, viel Erfolg und alles Gute für die Zukunft.