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DOI: 10.1055/s-2008-1077629
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York
Atrophodermia linearis Moulin
Linear Atrophoderma of Moulin
Markus Palle
Klinik für Dermatologie und
Allergologie
Städtisches Klinikum Wiesbaden
HSK,
Wilhelm-Fresenius-Klinik GmbH
Aukammallee 39
65191 Wiesbaden
Email: Markus.Palle@hsk-wiesbaden.de
Publication History
Publication Date:
13 January 2009 (online)
- Zusammenfassung
- Abstract
- Krankengeschichte
- Hautbefund
- Laborchemische Untersuchungen
- Apparative Untersuchungen
- Diskussion
- Literatur
Zusammenfassung
Atrophodermia linearis Moulin (ALM) ist eine unverwechselbare Krankheit, die erstmals 1992 von Moulin et al. beschrieben wurde [8]. Sie zeichnet sich durch leicht atrophische, nicht sklerosierte, hyperpigmentierte bandähnliche Hautläsionen aus, welche vorwiegend am Stamm lokalisiert sind und den Blaschko-Linien folgen. Eine vorangegangene Entzündung besteht nicht. Die Erkrankung tritt im Kindes- oder Jugendalter auf und hat einen chronischen Verlauf ohne Progression oder Regression. In der Literatur sind ca. 25 Fälle beschrieben worden [4]. Wir berichten über eine 32-jährige Patientin mit einer seit 20 Jahren bestehenden Atrophodermia, welche den Blaschko-Linien folgt und auf den Stamm und den linken Arm beschränkt ist.
#Abstract
Linear atrophoderma of Moulin is a distinctive disease originally described by Moulin et al. in the year 1992 and characterized by mildly atrophic, non-sclerotic, hyperpigmented band-like lesions mostly localised on the trunk following the lines of Blaschko. No preceeding inflammation is noted. Usually, the condition begins in childhood or adolescence. The disease is chronic without progression or regression. Here we describe a 32-year-old female with a 20 year history of a linear atrophoderma of Moulin following the lines of Blaschko that involved the trunk and the left arm.
#Krankengeschichte
Eine 32-jährige Patientin stellte sich in unserer Ambulanz mit asymptomatischen, leicht atrophischen, hyperpigmentierten, stammbetonten, bandförmigen Hautveränderungen vor.
Die Hautveränderungen traten um das 12. Lebensjahr auf. Sie waren weder juckend noch schmerzhaft, noch waren eine vorangegangene Entzündung, ein Erythem oder Bläschen erinnerlich. Seit dieser Zeit trat auch keine Progression oder Regression der Maculae auf. Die Hautstrukturen und der Haarwuchs zeigten sich normal. Es fand sich kein Hinweis auf eine Muskelatrophie, weiter zeigte sich das zentrale Nervensystem und das Skelettsystem unauffällig. Die Patientin nahm keine Medikamente ein und es bestanden auch keine Atopie oder Allergien. Die Familienanamnese zeigte sich hinsichtlich von Hauterkrankungen negativ. Nur in der Blutuntersuchung der Patientin war eine Erhöhung der antinukleären Antikörper von 1 : 640 aufgefallen.
#Hautbefund
Am rechten Abdomen fanden sich scharf zur Mittellinie hin begrenzt, flächige, hellbraune, nicht indurierte, teilweise etwas unter dem Hautniveau liegende, z. T. streifige, den Blaschko-Linien folgende Maculae ([Abb. 1] – [3]). Auch am Dekolleté, der linken Brust und am oberen Rücken bestanden münzgroße teils ovale, konfluierende z. T. unregelmäßig geformte, unscharf begrenzte Maculae. Am linken Arm zeigte sich ein einige cm breites, unregelmäßig begrenztes, linienförmiges hyperpigmentiertes Band, welches sich von der linken Brust bis zum distalen Unterarm erstreckte ([Abb. 4]). Epiluminiszenzmikroskopisch fand sich in den Läsionen kein Pigmentnetz.


Abb. 1 Scharfe Abgrenzung zur Mittellinie.


Abb. 2 Ausbreitung entlang der Blaschko-Linien.


Abb. 3 Bandförmige Macula an der rechten Flanke.


Abb. 4 Linienförmige Ausbreitung am linken Arm.
Laborchemische Untersuchungen
Im Routinelabor zeigte sich nur die Harnsäure ein wenig erhöht, die übrigen Werte der klinischen Chemie sowie das Blutbild waren unauffällig. Die Borrelien-Serologie sowie die ENA und ds-DNS-Antikörper waren negativ. Lediglich die antinukleären Antikörper waren positiv (jetzt 1 : 800).
#Apparative Untersuchungen
Im Röntgen-Thorax fand sich ein altersentsprechender regelrechter kardio-pulmonaler Befund.
In der Lungenfunktionstestung war keine Ventilationsstörung feststellbar.
In der Abdomen-Sonografie zeigte sich kein pathologischer Befund der intraabdominellen Organe, auch die Ösophagus-Funktionsszintigrafie war unauffällig.
Im EKG fand sich ein Sinusrhythmus, eine Herzfrequenz von 83/min, keine Erregungsrückbildungsstörungen, sowie in der Echokardiografie ein Normalbefund.
Wir führten eine Biopsie der Haut am rechten Oberbauch durch. Der Immunfluoreszenz-histologische Befundbericht war negativ, auch fand sich in der Elastica-Färbung kein pathologischer Befund, die elastischen Fasern zeigten sich unauffällig. In der oberen und mittleren Dermis bestand ein diskretes perivaskuläres lymphohistiozytäres Infiltrat. Weiter fand sich in den Basalschichten der Epidermis eine geringe Melaninvermehrung.
#Diskussion
Atrophodermia linearis Moulin hat wegen der geringen Atrophie und der Hyperpigmentierung eine starke Ähnlichkeit mit der Atrophodermia ideopathica progressiva Pasini et Pierini. Jedoch folgt die ALM den Blaschko-Linien und wurde erstmals 1992 von Moulin nach der Untersuchung von 5 Patienten beschrieben [8]. Die Blaschko-Linien korrelieren weder mit neuralen noch mit vaskulären Versorgungsgebieten, sondern entsprechen vermutlich embryonalen Wachstumslinien der Haut [7] [9] [10].
Diese wurden erstmals vom Berliner Dermatologen Alfred Blaschko (1858 – 1922) im Jahre 1901 beschrieben ([Abb. 5]) [1].


Abb. 5 Anordnung der Blaschko-Linien.
Die Blaschko-Linien müssen von Dermatomen und Hautspaltlinien unterschieden werden. Nach dem klinischen Bild und der Pathogenese kann man die den Blaschko-Linien folgenden Dermatosen in 3 Untergruppen gliedern ([Tab. 1] – [3]) [3].
Incontinentia pigmentii |
Fokale dermale Hypoplasie |
Menkes- Syndrom |
Hidrotische ektodermale Dysplasie (x-chromosomal) |
Conradi-Hünermann-Syndrom |
CHILD-Syndrom |
Oro-facial-digital-Syndrom, Typ I |
Eschenblatt-Hypomelanose („ash-leaf-Macula”) |
Familiäre kutane Amyloidose, Partington-Typ |
Café-au-lait-Fleck beim McCune-Albright-Syndrom |
Hypomelanose Ito |
Nävus depigmentosus |
Lineare nävoide Hypermelanose |
Nävus sebaceous Jadassohn |
Epidermaler Nävus |
Lineare epidermolytische Hyperkeratose |
Entzündlicher linearer verruköser epidermaler Nävus |
Porokeratose Mibelli |
Nävus comedonicus |
Nävus corniculatus |
Morbus Darier |
Transiente akantholytische Dermatose |
Ekkrine Nävi |
Syringozystadenoma papilliferum |
Basalzellnävussyndrom |
Unilaterales nävoides Basalzellkarzinom |
Bart-Syndrom |
Lichen striatus |
Lineare Psoriasis |
Linearer Lichen planus |
Lineare Muzinose und Mycosis fungoides |
Segmentale Vitiligo |
Lineares fixes Arzneimittelexanthem |
Lupus erythematosus (LE) (linearer kutaner LE und linearer LE profundus) |
Extragenitaler Lichen sklerosus |
Generalisiertes lichenoides Arzneimittelexanthem |
Atrophodermia linearis Moulin |
Lineare Sklerodermie |
Die Ätiologie der ALM ist ein genetischer Mosaizismus, der durch eine somatische Mutation einzelner somatischer Zelllinien (die im Unterschied zu den Keimbahnmutationen nicht vererbt wird) in der Embryogenese zustande kommt [5] [9] [11]. Die ALM tritt sowohl bei männlichen als auch bei weiblichen Personen auf, wobei jedoch Frauen häufiger betroffen sind [6]. Ca. 25 Fälle der ALM wurden bisher in der Literatur beschrieben [4].
Im Jahre 1994 stellten Baumann et al. einen weiteren Fall eines Patienten mit ALM vor [1]. Dieser Fall unterschied sich von denen von Moulin et al. durch den Nachweis von antinukleären Antikörpern, wie dies auch bei unserer Patientin der Fall war.
Weder zeigte sich bei unserer Patientin eine entzündliche Randzone noch die Ausbildung eines Erythems. Des Weiteren fand sich trotz 20-jährigem Bestehen der Hautläsionen keine Muskelatrophie und auch keine Knochenveränderungen. Auffällig war wie bei Baumann et al. eine Erhöhung der antinukleären Antikörper [1]. Diese Erhöhung wurde bei den Fällen von Moulin et al. nicht nachgewiesen. Jedoch beschrieben Wokalek et al. im Jahre 1985 eine Atrophodermia idiopathica progressiva Pasini et Pierini in zosteriformer Anordnung mit Nachweis von antinukleären Antikörpern. Hierbei handelte es sich höchstwahrscheinlich auch um eine ALM [2].
In unserem Fall konnte aufgrund der ausführlichen differenzialdiagnostischen Untersuchungen eine andere streifenförmige Erkrankung ausgeschlossen werden.
Hinsichtlich der Therapie ist zu sagen, dass in der Studie bei Baumann et al. durch topische Anwendung von Steroiden und Heparin sowie in der Studie bei Wollenberg et al. und Rompel et al., welche hochdosiert Penicillin intravenös verordneten, kein positiver Effekt erzielt werden konnte [2].
Abschließend ist zu sagen, dass zur Zeit keine wirksame Behandlung der ALM existiert. Diese Situation ist sehr belastend für Patienten, da die ALM oft eine erhebliche Beeinträchtigung der Lebenssituation darstellt und zu erheblichem emotionalen Stress führen kann.
#Literatur
- 1 Baumann L, Happle R, Plewig G, Schirren C. Atrophodermia linearis Moulin. Ein neues Krankheitsbild, das den Blaschko-Linien folgt. Hautarzt. 1994; 45 231-236
- 2 Utikal J, Keil D, Klemke C D, Bayerl C, Goerdt S. Predominant telangiectatic erythema in linear atrophoderma of Moulin. novel variant or separate entity?. Dermatology. 2003; 207 310-315
- 3 Tagra S, Talwar A K, Walia R S. Lines of Blaschko. Indian Journal of Dermatology, Venereologie and Leprology. 2005; 71 57-59
- 4 Cecchi R, Bartoli L, Brunetti L, Pavesi M. Linear atrophoderma of Moulin localised on the neck. Dermatology online journal. 2008; 14 (6) 12
- 5 Rompel R, Mischke A L, Langner C, Happle R. Linear atrophoderma of Moulin. European Journal of Dermatology. 2000; 10 611-613
- 6 Miteva L, Nikolova K, Obreshkova E. Linear atrophoderma of Moulin. International Journal of Dermatology. 2004; 44 867-869
- 7 Peching G, Galarza C, Kumakawa Z, Mendoza D, Morante V. Atrofodermia que sigue líneas de Blaschko. Atrophoderma that follows Blaschko's lines. Dermatology Peru. 2005; 15 66-69
- 8 Moulin G, Hill M P, Guillaud V. et al . Acquired atrophic pigmented band-like lesions following laschko’s lines. Ann Dermatol Venereol. 1992; 119 729-736
- 9 Höger P. Klinik für Dermatologie der Universität Hamburg. Blaschko-Linien: “Skizzen” aus dem Mutterleib. Hautnah Dermatologie. 2003; 2
- 10 Wollenberg A, Baumann L, Plewig G. Linear atrophoderma of Moulin: a disease which follows Blaschko’s lines. Br J Dermatol. 1996; 135 277-279
- 11 Danarti R, Bittar M, Happle R, König A. Linear atrophoderma of Moulin. Postulation of mosaicism for a predisposing gene. J Am Acad Dermatol. 2003; 49 492-498
Markus Palle
Klinik für Dermatologie und
Allergologie
Städtisches Klinikum Wiesbaden
HSK,
Wilhelm-Fresenius-Klinik GmbH
Aukammallee 39
65191 Wiesbaden
Email: Markus.Palle@hsk-wiesbaden.de
Literatur
- 1 Baumann L, Happle R, Plewig G, Schirren C. Atrophodermia linearis Moulin. Ein neues Krankheitsbild, das den Blaschko-Linien folgt. Hautarzt. 1994; 45 231-236
- 2 Utikal J, Keil D, Klemke C D, Bayerl C, Goerdt S. Predominant telangiectatic erythema in linear atrophoderma of Moulin. novel variant or separate entity?. Dermatology. 2003; 207 310-315
- 3 Tagra S, Talwar A K, Walia R S. Lines of Blaschko. Indian Journal of Dermatology, Venereologie and Leprology. 2005; 71 57-59
- 4 Cecchi R, Bartoli L, Brunetti L, Pavesi M. Linear atrophoderma of Moulin localised on the neck. Dermatology online journal. 2008; 14 (6) 12
- 5 Rompel R, Mischke A L, Langner C, Happle R. Linear atrophoderma of Moulin. European Journal of Dermatology. 2000; 10 611-613
- 6 Miteva L, Nikolova K, Obreshkova E. Linear atrophoderma of Moulin. International Journal of Dermatology. 2004; 44 867-869
- 7 Peching G, Galarza C, Kumakawa Z, Mendoza D, Morante V. Atrofodermia que sigue líneas de Blaschko. Atrophoderma that follows Blaschko's lines. Dermatology Peru. 2005; 15 66-69
- 8 Moulin G, Hill M P, Guillaud V. et al . Acquired atrophic pigmented band-like lesions following laschko’s lines. Ann Dermatol Venereol. 1992; 119 729-736
- 9 Höger P. Klinik für Dermatologie der Universität Hamburg. Blaschko-Linien: “Skizzen” aus dem Mutterleib. Hautnah Dermatologie. 2003; 2
- 10 Wollenberg A, Baumann L, Plewig G. Linear atrophoderma of Moulin: a disease which follows Blaschko’s lines. Br J Dermatol. 1996; 135 277-279
- 11 Danarti R, Bittar M, Happle R, König A. Linear atrophoderma of Moulin. Postulation of mosaicism for a predisposing gene. J Am Acad Dermatol. 2003; 49 492-498
Markus Palle
Klinik für Dermatologie und
Allergologie
Städtisches Klinikum Wiesbaden
HSK,
Wilhelm-Fresenius-Klinik GmbH
Aukammallee 39
65191 Wiesbaden
Email: Markus.Palle@hsk-wiesbaden.de


Abb. 1 Scharfe Abgrenzung zur Mittellinie.


Abb. 2 Ausbreitung entlang der Blaschko-Linien.


Abb. 3 Bandförmige Macula an der rechten Flanke.


Abb. 4 Linienförmige Ausbreitung am linken Arm.


Abb. 5 Anordnung der Blaschko-Linien.