Die wichtigsten Neuerungen in der WHO-Klassifikation 2008
Primär kutane T-Zell-Lymphome
Mycosis fungoides
Die Hälfte aller primären kutanen Lymphome
manifestiert sich als Mycosis fungoides, betroffen sind vor allem ältere
Patienten, im Mittel zwischen 55 und 60 Jahre. Klinisch entwickelt sich die
Mycosis fungoides in der klassischen Form über Jahre, von Maculae
über Plaques hin bis zu Tumoren, üblicherweise am Stamm und
sonnengeschützten Körperregionen. Die Diagnose der frühen
Stadien der Mycosis fungoides und des Sézary-Syndroms ist schwierig und
die Abgrenzung gegenüber Ekzemen und Arzneimittelreaktionen extrem
schwierig. Nur durch systematische Aufarbeitung der Histologie,
Charakterisierung des Immunphänotyps als CD3-positiv, CD4-positiv,
CD8-negativ, CD45R0-positiv und CD30-negativ, ermöglicht im
Zusammenschluss mit der T-Zell-Rezeptor-Analyse die klinische Diagnosestellung
als kutanes T-Zell-Lymphom bzw. Sézary-Syndrom [32]
[34].
CD30-lymphoproliferative Erkrankungen
Unter dieser Gruppe wird die lymphomatoide Papulose wie das
CD30-positive anaplastisch großzellige Lymphom zusammengefasst. Diese
klinischen Formen sind charakterisiert durch das Kommen und Gehen der
Einzeleffloreszenzen. Während bei der lymphomatoiden Papulose nur wenige
aggregierte CD30-positive Tumorzellen in einem hochgradig entzündlichen
Infiltrat von Neutrophilen und Eosinophilen gefunden werden, stellt sich das
CD30-positive großzellig anaplastische Lymphom durch zahlreiche
großzellig anaplastisch CD30-positive Lymphozyten charakterisiert dar
([Abb. 1]). Durch Einsatz monoklonaler
Antikörper gegen Aktivitätsmarker wie MUM1 ist darüber hinaus
die Abgrenzung gegenüber systemischen Formen des anaplastischen
großzelligen Lymphoms möglich. Eine differenzierte Diagnostik,
klinisch, histologisch wie immunhistologisch als auch auf molekularer Ebene,
ist notwendig, um eine korrekte Diagnosestellung zu ermöglichen und
Übertherapien zu vermeiden [33]
[35].
Abb. 1 CD30
großzelliges anaplastisches Lymphom.
Subkutanes Pannikulitis-ähnliches T-Zell-Lymphom
Das subkutane Pannikulitis-ähnliche T-Zell-Lymphom ist eine
sehr seltene Manifestation einer Subgruppe kutaner T-Zell-Lymphome. In der
vorliegenden WHO-Klassifikation wird als subkutan Pannikulitis-ähnliches
T-Zell-Lymphom (SPTL) nur die klinische Manifestation mit alpha/beta
T-Zell-Phänotyp und in der Immunhistologie CD4-negativ, CD8-positiv,
CD56-negativ und beta-F1-positiv eingeordnet. Diese klinische Variante des SPTL
zeigt ein gutes 5 Jahre krankheitsfreies Überleben. Die Therapie der Wahl
stellt die systemische Gabe von Kortikoiden dar ([Abb. 2]).
Abb. 2 Subkutanes
Pannikulitis-ähnliches T-Zell-Lymphom versus γδ
T-Zell-Lymphom
Hiervon abzugrenzen ist der gamma/delta T-Zell-Phänotyp,
dessen maligne Zellen gewöhnlich charakterisiert sind als CD8-negativ,
CD56-positiv und mit Expression zytotoxischer Proteine, z. B. Perforin
und damit in der Regel einhergehende dermale Beteiligung (Ulzeration). Diese
Variante wird als kutanes gamma/delta T-Zell-Lymphom klassifiziert und ist mit
einer sehr schlechten Prognose behaftet [34].
Blastisches plasmazytoides dendritisches Zell-Lymphom
Die CD56-Expression und das blastenförmige Erscheinungsbild
suggerierte, dieses Lymphom als natürliches Killerzell-Lymphom einzuordnen
[1]. Studien der letzten Jahre zeigen, dass diese Tumoren
von plasmozytoiden dendritischen Zellen abstammen und der Begriff des
blastischen NK-Zell-Lymphoms eine Fehldesignation darstellt. Plasmozytoide
dendritische Zellen haben eine wichtige Rolle in der angeborenen Immunantwort,
der Interferonproduktion nach Stimulation der Toll-like-Rezeptoren auf
z. B. virale Infektionen. Die assoziierten Antigene plasmazytoider
dendritischer Zellen sind der CD123: Interleukin-3-alpha-Rezeptor; TTL-1:
T-Zell-Leukaemia-1-Antigen und BDCA-2 (CD303), das dendritische Zell-Antigen-2.
Die klinische Prognose dieser plasmazytoiden dendritischen Zell-Lymphome ist
äußerst schlecht. Die Überlebensrate ist für Patienten mit
extrakutenen Manifestationen ungünstiger (7,6 Monate) als für solche
ohne (44,9 Monate). [11].
Kutane B-Zell-Lymphome
Primär kutane B-Zell-Lymphome sind gekennzeichnet durch die
Proliferation maligner B-Zellen in der Haut. Sie stellen ca. 25 %
der primären kutanen Non-Hodgkin-Lymphome dar. In der neuen
WHO-Klassifikation werden folgende Entitäten unter den kutanen
B-Zell-Lymphomen zusammenfasst:
-
das primäre kutane Marginalzonen-B-Zell-Lymphom
-
das primär kutane follikuläre B-Zell-Lymphom
-
das primär kutane diffuse großzellige
B-Zell-Lymphom, Beintyp
-
das primär kutane diffuse großzellige
B-Zell-Lymphom
-
das biologisch sehr aggressive primär kutane
intravaskuläre großzellige B-Zell-Lymphom
Diese kutanen B-Zell-Lymphome sind inzwischen auf molekularer
Ebene gut definiert und durch Einsatz immunhistologischer Marker wie
molekularer Expressionsmuster sicher voneinander zu differenzieren.
Beispielhaft sei genannt, dass das primär kutane großzellige
B-Zell-Lymphom, Beintyp, durch die Expression von MUM-1 von der diffusen
Manifestation des primär kutanen follikulären B-Zell-Lymphoms
abzugrenzen ist. Darüber hinaus ist der Verlust oder die Abnahme von p16
beim diffusen großzelligen B-Zell-Lymphom vom Beintyp ein Marker, der mit
einer ungünstigen klinischen Prognose assoziiert wird [34]. Die entsprechende nosologische Einordnung ist wiederum
Grundlage für die jetzt zugrunde liegenden Therapieempfehlungen
[25] ([Abb. 3]).
Abb. 3 Differenzierung
kutaner B-Zell-Lymphome.
Die Marginalzonen B-Zell-Lymphome werden als kutane
Äquivalente der MALT-Lymphome betrachtet. Klinisch sind sie bevorzugt am
Stamm an den oberen Extremitäten lokalisiert. Ein molekulares
Rearrangement des IG-H-Gens wird in der Mehrzahl der Fälle nachgewiesen,
vor allem bei Beteiligung des Magens, der okkulären Adnexe, der
Speicheldrüsen und der Schilddrüse. Die Translokation t(14;18), q32,
q21 wird in einer Größenordnung von
5 – 50 % nachgewiesen. Die molekulare
Grundlage der kutanen Variante ist jedoch noch nicht geklärt.
Stadieneinteilung
Die Stadieneinteilung der kutanen T-Zell-Lymphome beruht seit
1978 auf der TNM-Klassifikation. Auch hier wurde eine überarbeitete
Version der TNM-Klassifikation von Olsen und Ko-Autoren im Jahr 2007
veröffentlicht [20]. Hierbei wurde im Wesentlichen
das nodale Stadium überarbeitet und das frühere N2-Stadium mit
klinisch unauffälligen Lymphknoten durch klinisch palpable Lymphknoten,
die histologisch Infiltrate eines T-Zell-Lymphoms zeigen, ersetzt. Darüber
hinaus wurde eine Beteiligung des Blutes mit atypischen Lymphozyten unterteilt
in solche mit geringerer und solche mit höherer Tumorlast ([Tab. 2]). In zukünftigen Erhebungen und Studien
sollte diese überarbeitete Klassifikation Anwendung finden. Darüber
hinaus wird für die nicht MF/Sézary-Syndrome der kutanen Lymphome
von der Internationalen Gesellschaft für kutane Lymphome und der EORTC
eine eigenständige Klassifikation vorgeschlagen, die jedoch keine
prognostische Wertung besitzt, sondern nur die anatomische Ausbreitung
widerspiegelt und ebenfalls in zukünftigen Erhebungen und Studien
Anwendung finden sollte, damit hierüber eine Validierung dieses
Vorschlages erfolgen kann [16].
Tab. 2 ISCL/EORTC Revision
der Klassifikation und Stadieneinteilung der Mycosis fungoides und des
Sézary-Syndroms.
Kategorie
| Definition
|
T
|
Haut
|
T1
| Makulae Plaque und Makulae
|
T2
| Makulae, Papeln und
Plaques = 10 % der
Hautoberfläche a) Makulae b) Plaque ± Makulae
|
T3
| Ein oder mehrere
Tumore (≥ 1 cm)
|
T4
| Erythrodermie
(≥ 80 % Körperoberfläche
|
N
|
Lymphknoten
|
N0
| Klinisch keine
Lymphknoten palpabel
|
N1
| Klinisch palpable
Lymphknoten; histologisch kein Anhalt für CTCL
(NCILN0 – 2) a) Klon
negativ b) Klon positiv
|
N2
| Klinisch palpable
Lymphknoten; histologisch Infiltrate eines T-Zell-Lymphoms
(NCILN3) a) Klon negativ b) Klon positiv
|
N3
| Palpable Lymphknoten;
histologisch Infiltrate eines T-Zell-Lymphoms (NCILN4); Klon positiv oder
negativ
|
N4
| Klinisch abnormale
Lymphknoten; keine histologische Bestätigung
|
B
|
Peripheres Blut
|
B0
| Keine atypischen
Lymphknoten im peripheren Blut (< 5 %) a)
Klon negativ b) Klon positiv
|
B1
| Atypische Lymphknoten
im peripheren Blut (> 5 %) a) Klon
negativ b) Klon positiv
|
B2
| Hohe Tumorlast
(≥ 1000/ml Sézary-Zellen mit positivem Klon)
|
M
|
Viszerale Organe
|
M0
| Keine Beteiligung
viszeraler Organe
|
M1
| Histologisch
gesicherte viszerale Beteiligung mit Organspezifizierung
|
Pathogenese kutaner T-Zell-Lymphome
Das Verständnis in der Pathogenese kutaner T-Zell-Lymphome
ist in den letzten Jahren substanziell gewachsen [6]
[18]
[26]
[31].
Dennoch ist die Ursache und der Zeitpunkt der malignen Transformation
stimulierter T-Lymphozyten in ein genuines T-Zell-Lymphom nicht bekannt. Die
Interaktion und Migration der T-Zellen in die Haut ist abhängig von einer
großen Anzahl unterschiedlicher Moleküle, die auf der
Oberfläche der T-Zelle und in der Haut exprimiert werden. Zu ihnen
zählen Moleküle, wie die Chemokin-Rezeptoren 4 und 10, die im
Zusammenspiel mit CXCR3 das sog. skin-homing vermitteln.
Lokale T-Zell-Wachstumsfaktoren, hauptsächlich Interleukine,
führen zu einem kontinuierlichen Aufrechterhalten der T-Zell-Proliferation
in der Haut. Audokrine Sekretion von Interleukin-2, Keratinozyten-sezerniertes
Interleukin-7 und von Antigen-präsentierenden Zellen sezerniertes
Interleukin-15 sind die wichtigsten Wachstumsfaktoren und
Überlebenssignale für die kutanen T-Lymphozyten. Eine Reihe von
Veränderungen im Signaltransduktionsweg, vermittelt durch sog.
STAT-Moleküle (signal transducers and activators of transcription), wurden
in den letzten Jahren beschrieben. Hierzu zählen eine konstitutive
Aktivierung von STAT-3, ein Verlust von STAT-1 und STAT-4-Proteinexpression.
Aus Veränderungen im Signaltransduktionsweg resultiert eine Verschiebung
des Th1-zellmediierten Zytokinprofils in Richtung eines Th2-induzierten
Zytokinprofils und damit zu einer verstärkten Sekretion auch von
immunsuppressiv wirkenden Zytokinen wie z. B. Interleukin-10.
Darüber hinaus erscheinen sog. T-regulatorische Zellen innerhalb des
pathophysiologischen Prozesses kutaner T-Zell-Lymphome von Bedeutung zu sein.
Die sog. T-regs, charakterisiert als CD4-positiv und CD25-positiv, sind
hauptsächlich verantwortlich für die Suppression der
Autoimmunität. Während Berger et al. kutane T-Zell-Lymphome als eine
maligne Proliferation von T-regulatorischen Zellen begreifen möchten,
besagt eine andere Theorie, dass der Verlust funktional aktiver regulatorischer
T-Zellen (CD4-positiv, CD25-positiv, FOXp3-positiv) von grundsätzlicher
Bedeutung in der Pathogenese des Sézary-Syndroms ist.
In Zusammenschau der jüngsten Befunde führen unbekannte
Signale in der Epidermis zu einer konstitutiven Dauerstimulation des
T-zellulären Systems mit Verschiebung T-regulatorischer T-Zellen, einer
Verschiebung der Th1 in Richtung Th2-Immunantwort sowie einem schleichenden
Apoptoseverlust. Parallel zu diesen Veränderungen entwickelt sich eine
chromosomale Instabilität, die zusätzlich zur Malignisierung des
T-Lymphozyten beiträgt.
Von der finnischen Arbeitsgruppe um Annamari Ranki wurde
beispielhaft eine Deletion/Translokation des Neuronavigator-3-Gens auf
Chromosom 12q, 21 in 50 % der Patienten mit frühem kutanen
T-Zell-Lymphom und 85 % der Patienten mit fortgeschrittenem
kutanen T-Zell-Lymphom nachgewiesen. NAV3 fungiert als Tumorsuppressor in der
Differenzierung der T-Helfer-Zellen durch Stimulation der
Interleukin-2-Zytokinproduktion.
Therapie kutaner Lymphome
In der kürzlich erschienenen Kurzleitlinie „Kutane
Lymphome” wird detailliert die Therapie der kutanen malignen Lymphome
dargestellt [25] ([Abb. 4]). Zu unterscheiden ist die stadiengerechte
Therapie bei kutanen T-Zell-Lymphomen von der kutaner B-Zell-Lymphome.
Frühe aggressive Therapieansätze sind gerade bei kutanen
T-Zell-Lymphomen zu vermeiden und hautgerichtete Therapien wie die der
systemischen PUVA-Therapie sowie die systemisch wirkenden Moleküle, in
erster Linie Interferon alpha und Bexaroten, zu kombinieren ([Abb. 5]). Die Strahlentherapie als Radiotherapie mit
Röntgenweichstrahltherapie oder mit schnellen Elektronen wird in
fortgeschrittenen Stadien eingesetzt [2]
[3]
[8]
[9]
[12]
[21]
[24]
[25]
[26]
[27]
[29]
[30]
[33].
Abb. 4 Stadienadaptierte
Therapie kutaner T-Zell-Lymphome [25].
Abb. 5 Interferon alpha
2a-PUVA-Kombinationstherapie.
Im Einzelnen wird für das Stadium Ia in erster Linie eine
hautgerichtete Lichttherapie UVB Schmalband 311 nm empfohlen oder parallel dazu
schon zu Beginn mit systemischer PUVA-Therapie zu behandeln. Die Domäne
der PUVA-Therapie ist das Stadium Ib bis IIa mit einer Ansprechrate von
60 – 80 %. Die Remissionen sind lang
andauernd bis zu mehreren Jahren, ein Drittel der Patienten entwickelt
Rezidive. In zwei prospektiv randomisierten Studien mit jeweils 94 bzw. 98
Patienten konnte die Überlegenheit der Kombination von Interferon alpha 2a
und PUVA mit Ansprechraten von 80 % belegt werden
[28]. Das krankheitsfreie Intervall wurde mit dieser
Kombination verdoppelt. Die Kombination Bexaroten-PUVA wird zurzeit prospektiv
in einer EORTC-Studie geprüft, steht jedoch als Alternative zur
Verfügung.
Für das Tumorstadium wird PUVA und Interferon in Kombination
mit Röntgenweichstrahltherapie als Therapie der ersten Wahl empfohlen.
Daneben steht vor allem das RXR-Retinoid Bexaroten als systemisches
Antitumormolekül zur Verfügung.
Bexaroten beeinflusst die Differenzierung und das
Apoptoseverhalten kutaner T-Zellen und kann über alle Stadien des kutanen
T-Zell-Lymphoms als Monotherapeutikum eingesetzt werden mit Ansprechraten bis
zu 50 %. Da dieses Molekül durch Heterodimerbildungen den
Lipid- und Schilddrüsenstoffwechsel beeinflusst, ist eine initiale
Begleitmedikation mit einem Fibrat und L-Thyroxin-Substitution zwingend
erforderlich [5]
[8].
In ausgeprägten Tumorstadien wird ein sog. Debulking mit
Chemotherapeutika angewandt. Hierzu wird zwei- bis dreimal liposomal
verkapseltes Doxorubicin in einer Dosierung von 20 mg/m²
Körperoberfläche 14-tägig infundiert, um nachfolgend mit PUVA
oder Bexaroten als Erhaltungstherapie fortzufahren [4]
[37] ([Abb. 6]).
Abb. 6 Zytoreduktive Therapie
mit liposomalem Doxorubicin.
Für die erythrodermische Mycosis fungoides wird die
PUVA-Therapie bzw. die extrakorporale Photopherese in Kombination mit
Interferon alpha empfohlen [17]. In fortgeschrittenen
Organstadien sind diverse Kombinationen, bestehend aus PUVA, Interferon alpha,
liposomal verkapseltem Doxorubicin, Röntgentherapie für Tumoren
möglich sowie Überführung der Patienten in laufende nationale
wie internationale Studienprojekte.
Für das Sézary-Syndrom wird die extrakorporale
Photopherese in Kombination mit Interferon alpha als auch PUVA-Therapie
empfohlen. Als Alternativen stehen Bexaroten wie auch Monochemotherapeutika zur
Verfügung, in ausgesuchten Fällen das Fusionstoxin Denileukin
diftitox oder der Anti-CD52-Antikörper Alemtuzumab [7]
[12].
In den USA stehen für die Therapie kutaner T-Zell-Lymphome
zwei weitere Substanzen zur Verfügung, die in Europa noch nicht zugelassen
sind. Hierzu zählen das Fusionstoxin Denileukin diftitox, das über
den CD25-Rezeptor mit Freisetzung von Diftitox zur Zerstörung des
T-Lymphozyten führt. Da mit diesem Wirkprinzip gleichzeitig
T-regulatorische T-Zellen ausgeschaltet werden, wurden teilweise heftige
Immunreaktionen unter der Gabe von 8 bzw. 14 mg Denileukin diftitox
beobachtet. In einem in diesem Jahr abgeschlossenen internationalen
Studienprojekt wurden über Ansprechraten bis zu 50 %
berichtet, allerdings bei einer sehr hohen spontanen Remissionsrate im
Kontrollarm [18].
Als weitere Substanz wurde Ende 2006 Vorinostat, ein
Histondeacetylaseinhibitor, als erster Vertreter seiner Substanzklasse für
die Therapie des kutanen T-Zell-Lymphoms zugelassen [14]
[19]. Die Histondeacetylasen
sorgen für eine Acetylierung des Genoms, damit ist eine Stabilisierung der
Transkription und Aktivierung von abgeschalteten Suppressorgenen und anderen
wieder möglich. Hieraus erklärt sich ein breites Wirkspektrum durch
Induktion der Apoptose, Beeinflussung der Angiogenese und vieler anderer
Wirkmechanismen. Vorinostat wird in 400 mg Kapseln in einer einmaligen
oralen Dosierung appliziert. Nach bisherigen Erkenntnissen im Einsatz mit
dieser Substanz (Zolinza®) scheinen vor allem erythrodermische Patienten zu
profitieren.
Von Seiten der Nebenwirkungen sind Abgeschlagenheit und
Müdigkeit als subjektiv im Vordergrund stehend, als objektive Kriterien
Thrombozytopenien als auch in einzelnen Fällen thrombembolische
Komplikationen zu nennen. In jedem Fall erfordert der Einsatz von Vorinostat
ein exaktes medizinisches Monitoring. Neben Vorinostat sind weitere
Histondeacetylaseinhibitoren in klinischen Prüfungen, wie Panobinostat und
Romidepsin.
Weitere in klinischer Prüfung stehende Substanzen zur
sogenannten zielgerichteten Therapie bei kutanen T-Zell-Lymphomen sind der
Proteasominhibitor Bortezomib [38] und der PNP-Inhibitor
(Purin-Nukleosid-Phosphorylase-Inhibitor) Forodesine [10]. Für beide Substanzen wurden in Phase-II-Studien
Ansprechraten von 50 – 67 % berichtet.
Die Therapieempfehlung für die kutanen B-Zell-Lymphome sind
in den [Tab. 3] u. [4] zusammengefasst. Da die kutanen B-Zell-Lymphome eine
überwiegend exzellente Prognose haben, sind lokale Therapiemaßnahmen
ausreichend [25]. Diese umfassen die lokale Exzision bis
zu intraläsionalen Injektionen von Interferon oder dem
CD20-Antikörper Rituximab. Demgegenüber erfordert das diffuse
großzellige B-Zell-Lymphom, Beintyp, den Einsatz einer Polychemotherapie
wie CHOP in Kombination mit Rituximab.
Tab. 3 Therapieempfehlung
bei niedrig malignen primär kutanen B-Zell-Lymphomen (Keimzentrumslymphom,
Marginalzonenlymphom).
Ausdehnung
| Therapie der ersten Wahl
| Therapie der zweiten
Wahl
|
Solitäre
Läsion
| Totalexzision Antibiotikatherapie (falls
borrelien-assoziiert) Radiotherapie
| Intraläsional
Rituximab Intraläsional Interferon
alpha Intraläsional Steroid
|
Multiple Läsionen
| Antibiotika (falls
borrelien-assoziiert)
| Intraläsional
Interferon alpha Intraläsional
Rituximab Intravenös Rituximab
|
Tab. 4 Therapie des
großzelligen diffusen kutanen B-Zell-Lymphoms.
Ausdehnung
| Therapie der ersten Wahl
| Therapie der zweiten
Wahl
|
Solitäre
Läsion
| Radiotherapie Exzision
| |
Multiple Läsionen
| Polychemotherapie +
Rituximab Polychemotherapie z. B. CHOP
| Monochemotherapie z. B. liposomal verkapseltes
Doxorubicin
|