Z Orthop Unfall 2008; 146(3): 293-296
DOI: 10.1055/s-2008-1081437
Orthopädie und Unfallchirurgie aktuell

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

S3-Leitlinie der AWMF - Definition, Pathophysiologie, Diagnostik und Therapie des Fibromyalgiesyndroms

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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
03. Juli 2008 (online)

 
Inhaltsübersicht

Auszüge der für die ärztliche Praxis relevanten Empfehlungen der neuen "Fibromyalgie-Leitlinie" werden im Folgenden dargestellt. Die Kurz- und Langversion der Leitlinie AWMF Registernummer 041/004 ist im Internet ( www.leitlinien.net ) eingestellt.

Das FMS ist unter die funktionellen somatischen Syndrome der Krankheiten des Muskel-Skelett-Systems und des Bindegewebes (ICD 10 M 79.7) zu klassifizieren. Komorbiditäten mit anderen funktionellen somatischen Syndromen und psychischen Störungen (somatoforme und affektive Störungen) sind häufig, jedoch nicht obligat. Physischer und psychischer Stress am Arbeitsplatz, vermehrte Depressivität und operante Lernprozesse sind Risikofaktoren für die Manifestation eines FMS. Die klinische Diagnose eines FMS kann sowohl durch Tender Point Überprüfung als auch symptombasiert erfolgen. Eine psychosoziale Exploration im Rahmen der Erstdiagnose wird empfohlen. Ein abgestuftes Behandlungskonzept des FMS wird empfohlen. Innerhalb einer den Patienten einbeziehenden Entscheidungsfindung über Therapieoptionen ist die Therapie psychischer Komorbidität sowie kognitive/operante Verhaltenstherapie eine Option der ersten Behandlungsstufe. Die multimodale Therapie mit obligatem Einschluss eines psychotherapeutischen Verfahrens ist die Empfehlung der Wahl der zweiten Behandlungsstufe. Der befristete Einsatz weiterer psychotherapeutischer Verfahren (Hypnotherapie, therapeutisches Schreiben) ist eine Option der dritten Behandlungsstufe.

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Hintergrund

Aufgrund der Kontroversen um die Klassifikation, Ätiologie und Therapie des Fibromyalgiesyndroms (FMS) zwischen den medizinischen Fachgesellschaften und zwischen Behandlern und Patienten entschloss sich die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Schmerztherapie DIVS (www.divs.info) als Dachverband wissenschaftlicher Fachgesellschaften, eine interdisziplinäre Leitlinie auf S3-Niveau (systematische Literaturrecherche, strukturierte Konsensusfindung, formale Logik- und Ergebnisanalyse) unter gleichberechtigter Beteiligung von FMS-Patientenselbsthilfeorganistionen (Deutsche Rheuma-Liga, Deutsche Fibromyalgievereinigung) zu erstellen. Diese interdisziplinäre Leitlinie ersetzt die bisherigen expertenbasierten Leitlinien (Entwicklungsstufe S1) der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN) und der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie (DGOOC). Unter den zehn beteiligten wissenschaftlichen Fachgesellschaften befanden sich die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN), die Deutsche Gesellschaft für Psychosomatische Medizin und ärztliche Psychotherapie (DGPM) und das Deutsche Kollegium für Psychosomatische Medizin (DKPM), die Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM), die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh), die Deutsche Gesellschaft zum Studium des Schmerzes (DGSS) und die Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie (DGOOC).

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Methodik

Der vollständige Methodenreport ist im Internet (www.leitlinien.net) einsehbar. Auf der Basis der Evidenzgrade 1-5 (Nachweisstärke der Effektivität) von klinischen Studien zur Diagnostik und Therapie des FMS entsprechend der Klassifikation des Center of Evidence based Medicine, Oxford, und nach einem mehrstufigen Konsensusverfahren der Leitliniengruppe erfolgte die Festlegung der Empfehlungsgrade A, B oder 0.

Die Empfehlungsgrade A, B, 0 bedeuten:

A Starke Empfehlung

B Empfehlung

0 Empfehlung offen

Die Empfehlungen der Leitlinie mit den zugehörigen Evidenzgraden als auch die Stärke des Konsensus in der Leitliniengruppe sind im Folgenden aufgeführt.

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Definition

Zur Definition chronischer Schmerzen in mehreren Körperregionen (chronic widespread pain CWP) werden international die Kriterien des US-amerikanischen Kollegiums für Rheumatologie verwendet: > 3 Monate bestehender Schmerz in:

  • Achsenskelett (Halswirbelsäule oder vorderer Brustkorb oder Brustwirbelsäule oder Lendenwirbelsäule) und

  • rechte Körperhälfte und linke Körperhälfte und

  • oberhalb der Taille und unterhalb der Taille

Die anamnestischen Angaben eines CWP und der klinische Befund einer schmerzhaften Palpation von mindestens 11/18 Tenderpoints definieren das Fibromyalgiesyndrom FMS nach ACR-Kriterien. Evidenzgrad 2b

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Biopsychosoziales Modell

Ein biopsychosoziales Modell bezüglich Prädisposition, Auslösung und Chronifizierung des FMS wird postuliert. Physikalische und/oder biologische und/oder psychosoziale Stressoren lösen bei einer entsprechenden genetischen und lerngeschichtlichen Prädispositionen vegetative, endokrine und zentralnervöse Reaktionen aus, aus denen die Symptome des FMS wie Schmerz, Fatigue, Schlafstörungen, vegetative und psychische Symptome resultieren. Es besteht eine Heterogenität in den genetischen und lerngeschichtlichen Prädispositionen sowie in den vegetativen, endokrinen und zentralnervösen Reaktionen.

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Klassifikation

Das FMS ist als funktionelles somatisches Syndrom klassifiziert. Evidenzgrad 5 Funktionelle somatische Syndrome werden durch einen typischen klinischen Komplex körperlicher Symptome, eine definierte Zeitdauer und durch das Fehlen einer die Symptome ursächlich erklärenden medizinischen Krankheitsfaktor (z. B. strukturelle Gewebsschädigung, biochemische Störung, spezifische Laborbefunde) definiert. Die einzelnen medizinischen Fachgebiete definieren funktionelle somatische Syndrome jeweils an Hand von ihrem Fachgebiet zugeordneten Symptome und berücksichtigten bei der Definition nicht zusätzliche, anderen Fachgebieten zugeordnete körperliche und seelische Beschwerden. So ist die "Fibromyalgie" in der Internationalen Klassifikation der Krankheiten der Weltgesundheitsorganisation, German Modification, im Kapitel Krankheiten des Muskel-Skelett-Systems und des Bindegewebes in dem Unterkapitel "Sonstige Krankheiten des Weichteilgewebes, anderenorts nicht klassifiziert (M 79.7), aufgeführt.

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Epidemiologie

Prävalenz FMS In westlichen Industrienationen beträgt die Prävalenz des FMS (nach den ACR-Kriterien) bei Erwachsenen in der allgemeinen Bevölkerung 1-2%. Das Verhältnis von Frauen zu Männern beträgt 4-6:1. Evidenzgrad 2a

Verlauf Die Beschwerden und Beeinträchtigungen persistieren bei den meisten Patienten mit FMS im Langzeitverlauf. Ein Teil der Patienten gibt im Langzeitverlauf eine bessere Adaptation an die Beschwerden an. Evidenzgrad 2b

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Ätiologie

Familiäre Häufung: Das FMS tritt gehäuft in Familien auf. Evidenzgrad 2c.

Zu welchem Anteil genetische und zu welchen Anteilen psychologische Faktoren die familiäre Häufung bedingen, ist nicht geklärt.

Physische und psychische Stressoren am Arbeitsplatz: Physische und psychische Stressoren am Arbeitsplatz sind Risikofaktoren für die Entwicklung eines FMS Evidenzgrad 2b.

Affektive Störungen: Affektive Störungen sind Risikofaktoren für die Entwicklung und Aufrechterhaltung eines FMS. Evidenzgrad 2b.

Operante Lernmechanismen: Operante Lernmechanismen und Sensitivierung sind Risikofaktoren für die Chronifizierung eines FMS. Evidenzgrad 2b.

Biographische Belastungsfaktoren: Die ätiologische Bedeutung von biographischen Belastungsfaktoren für das FMS ist nicht gesichert. Evidenzgrad 2b.

Das FMS ist eine Endstrecke verschiedener ätiopathogenetischer Faktoren und pathophysiologischer Mechanismen. Evidenzgrad 5

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Pathophysiologie

Verschiedene Faktoren sind mit der Pathophysiologie des FMS assoziiert, ohne dass die Ursache-Wirkungs-Relation geklärt ist. Dazu gehören Störungen der zentralen Schmerzverarbeitung, eine Hyporeaktivität der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenachse, eine Störung des Wachstumshormon-Systems, erhöhte systemische pro-inflammatorische und verminderte anti-inflammatorische systemische Zytokinprofile, Veränderungen des dopaminergen und serotonergen Systems. Evidenzgrad 2c.

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Diagnose

Auf Grund der Kontroversen um die Sinnhaftigkeit und Praktikabilität der Tender Point - Überprüfung in der primärärztlichen Versorgung kam es zu dem Kompromiss in der Leitliniengruppe, im klinischen Kontext eine Diagnose nach den ACR-Kriterien (mit Tenderpointüberprüfung) als auch rein symptombasiert als gleichwertig zu erachten.

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Diagnose

  • Die Diagnose eines Fibromyalgiesyndroms als Grundlage für therapeutische Entscheidungen kann nach symptombasierten Kriterien (chronische Schmerzen in mehreren Körperregionen und Steifigkeits- und Schwellungsgefühl der Hände oder Füße oder des Gesichtes und Müdigkeit oder Schlafstörungen) erfolgen.

  • Fakultativ kann die Druckschmerzempfindlichkeit nach ACR-Kriterien überprüft werden. Der Nachweis von mindestens 11 von 18 bei Palpation druckschmerzhaften Tenderpoints ist für die klinische Diagnose eines FMS nicht notwendig.

  • Vermehrte Druckschmerzempfindlichkeit an anderen Stellen des Bewegungsapparates (so genannte Kontrollpunkte) schließt die Diagnose eines FMS nicht aus.

Evidenzgrad 5, Empfehlungsgrad offen, starker Konsens

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Schmerzskizze und Ganzkörperstatus

Zur Diagnosestellung des FMS werden die Verwendung einer Schmerzskizze, in welche der Patient alle Schmerzorte einträgt und eine vollständige körperliche Untersuchung empfohlen.

Evidenzgrad 5, Empfehlungsgrad offen, starker Konsens

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Technische Untersuchungen

Es wird empfohlen, folgende Labor-Untersuchungen durchzuführen:

  • Blutsenkungsgeschwindigkeit, C-reaktives Protein, kleines Blutbild (z. B. Polymyalgia rheumatica, rheumatoide Arthritis)

  • Kreatininkinase (z. B. Muskelerkrankungen )

  • Kalzium (z. B. Hyperkalziämie)

  • Thyreoidea-stimulierendes Hormon basal (z. B. Hypothyreose)

  • Ohne klinische Hinweise ist eine routinemäßige Untersuchung auf mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen assoziierten Autoantikörpern nicht sinnvoll.

  • Weiterführende apparative Diagnostik: Bei typischem Beschwerdekomplex und fehlendem klinischen Hinweis auf internistische, orthopädische oder neurologische Erkrankungen (Anamnese und klinische Untersuchung ohne Hinweis auf andere Erkrankungen als Ursachen von Schmerzen und Müdigkeit, unauffälliges Basislabor) wird empfohlen, keine weitere technische Diagnostik (weiterführendes Labor, Neurophysiologie, Bildgebung) durchzuführen.

Evidenzgrad 5, Empfehlungsgrad offen, starker Konsens

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Psychosoziale Ananmnese

Nach Diagnose eines FMS wird eine Exploration der Beinträchtigungen in Alltagsfunktionen, subjektiver Krankheitsattributionen, aktueller psychosozialer Stressoren, biographischer Belastungsfaktoren und aktueller sowie früherer psychischer Störungen und psychiatrisch-psychotherapeutischer Behandlungen empfohlen.

Evidenzgrad 5, Empfehlungsgrad offen, starker Konsens

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Abgestuftes Therapiekonzept

Die Behandlung wird in einem abgestuften Konzept in Abhängigkeit von Beeinträchtigungen in Alltagsfunktionen und vom Ansprechen auf Therapiemaßnahmen dargestellt.

Die Effektivität eines abgestuften Behandlungskonzeptes ist nicht durch kontrollierte Studien belegt und beruht auf dem Konsens der Leitliniengruppe. Die stärkere Gewichtung nicht-pharmakologischer Therapieverfahren wurde damit begründet, dass anhaltende positive Effekte (Symptomreduktion, Verbesserung Funktionsfähigkeit) durch aerobes Ausdauertraining, kognitive und operante Verhaltenstherapie sowie multimodale Therapie, nicht jedoch durch Medikamente oder physikalische bzw. komplementäre Verfahren, gesichert sind. Da es sich bei dem FMS um ein chronisches Krankheitsbild handelt, sind die Prinzipien der psychosomatischen Grundversorgung und der informierten bzw. partizipativen Entscheidungsfindung bzgl. der Therapieoptionen sowie des dauerhaften Selbstmanagements der Betroffenen zu berücksichtigen.

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Basistherapie

Es wird empfohlen, dass bei Patienten mit relevanten Beeinträchtigungen von Alltagsfunktionen bei Diagnosestellung im Rahmen eines mehrere Therapieoptionen umfassenden Behandlungskonzeptes folgende ambulante Behandlungen angeboten und/oder veranlasst werden:

  • Patientenschulungsprogramm, kognitiv-verhaltenstherapeutische und operante Schmerztherapie. Evidenzgrad 1a, Empfehlungsgrad A, starker Konsens

  • An individuelles Leistungsvermögen angepasstes aerobes Ausdauertraining. Evidenzgrad 1a, Empfehlungsgrad A, starker Konsens

  • Antidepressivum: Amitriptylin 25-50 mg/. Evidenzgrad 1a, Empfehlungsgrad A, starker Konsens

  • Diagnostik und Behandlung komorbider körperlicher Erkrankungen und seelischer Störungen. Evidenzgrad 5, Empfehlungsgrad offen, starker Konsens

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Evaluation Wirksamkeit

Eine kontinuierliche Überprüfung der Verträglichkeit und Wirksamkeit der eingeleiteten Therapien durch die jeweiligen Behandler wird empfohlen. Eine Überprüfung der Therapieeffekte wird am Ende der Therapie sowie nach 6 und 12 Monaten empfohlen. Im Falle einer unzureichenden Wirksamkeit der Behandlung ist ein erneutes Assessment (Überprüfung der Diagnose FMS sowie Vorliegen weiterer somatischer und psychischer Komorbiditäten) sinnvoll. Evidenzgrad 5, Empfehlungsgrad offen, starker Konsens

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Weiterführende Behandlung

Es wird empfohlen, dass bei Patienten mit relevanten Beeinträchtigungen von Alltagsfunktionen nach 6-monatiger Basistherapie unter Berücksichtigung der definierten Indikationen und Kontraindikationen eine multimodale Therapie (obligat eine auf einander abgestimmte medizinische Trainingstherapie oder andere Formen der aktivierenden Bewegungstherapie in Kombination mit psychotherapeutischen Verfahren) angeboten wird. Evidenzgrad 1a, Empfehlungsgrad A, starker Konsens.

Es wird empfohlen, eine multimodale Therapie ambulant durchzuführen. Wenn ambulante Maßnahmen nicht ausreichend bzw. nicht möglich sind, wird eine (teil-)stationäre multimodale Therapie empfohlen. Evidenzgrad 5, Empfehlungsgrad C, starker Konsens.

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Langzeitbetreuung

Es wird empfohlen, bei Patienten mit anhaltenden relevanten Beeinträchtigungen von Alltagsfunktionen 6 Monate nach Ende einer (teil-)stationären multimodalen Therapie die im Folgenden genannten Behandlungsoptionen zu überprüfen. Bei einer Langzeitbetreuung nach den Prinzipien der psychosomatischen Grundversorgung sind Selbstverantwortung und Eigenaktivität der Betroffenen zu stärken. Es wird empfohlen, mit den Patienten ein individualisiertes Behandlungsprogramm durch partizipative Entscheidungsfindung zu erstelle. Evidenzgrad 5, Empfehlungsgrad C, starker Konsens.

Folgende Behandlungsoptionen können mit dem Patienten erwogen werden:

  • Keine weitere spezifische Behandlung. Evidenzgrad 5, Empfehlungsgrad offen, starker Konsens

  • Selbstmanagement: Aerobes Ausdauertraining, Funktionstraining, Entspannung, Stressbewältigung. Evi-denzgrad 5, Empfehlungsgrad offen, starker Konsens

  • Ambulante Fortführung multimodaler Therapien. Evidenzgrad 5, Empfehlungsgrad offen, starker Konsens

  • Multimodale Intervall- bzw. Boostertherapie. Evidenzgrad 5, Empfehlungsgrad offen, starker Konsens

  • Zeitlich befristet: Fluoxetin 20-40 mg/d bzw. Paroxetin 20-40 mg/d (Evidenzgrad 2b, Empfehlungsgrad B, starker Konsens) oder Duloxetin 60-120 mg/d (Evidenzgrad 2b, Empfehlungsgrad B, Konsens) oder Tramadol/Paracetamol bis zu 150 mg/1300 mg/d (Evidenzgrad 2b, Empfehlungsgrad offen, starker Konsens) oder Pregabalin 450 mg/d Evidenzgrad 2b, Empfehlungsgrad offen, starker Konsens.

  • Zeitlich befristet: Physikalische Therapieverfahren (Balneo- und Spatherapie bzw. Ganzkörperwärmetherapie. Evidenzgrade 2b, Empfehlungsgrad B, starker Konsens

  • Zeitlich befristet: Komplementäre Therapieverfahren (Homöopathie bzw. vegetarische Kost) Evidenzgrad 2b, Empfehlungsgrad offen, Konsens

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Einweisung in ein Krankenhaus durch Hausarzt/Facharzt

In folgenden Situationen wird die Einweisung in ein Krankenhaus empfohlen:

  • Stationäre Behandlungsnotwendigkeit komorbider körperlicher und psychischer Störungen.

  • (Teil-) stationäre multimodale Schmerztherapie

Die Indikation für eine stationäre Behandlung ist vom Krankenhausarzt an Hand von Aufnahmeindikationslisten medizinischer Fachgesellschaften wie z. B. der Aufnahmeindikationsliste (AIL) der Deutschen Gesellschaft zum Studium des Schmerzes nachzuweisen. Evidenzgrad 5, Empfehlungsgrad C, starker Konsens.

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Veranlassung einer (teil-) stationä­ren Rehabilitationsmaßnahme

Die Veranlassung einer (teil-) stationären Rehabilitationsmaßnahme wird unter Berücksichtigung der Kriterien der International Classification of Functioning ICF empfohlen bei

  • Gefährdung der Teilhabe am Erwerbsleben

  • Gefährdung der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben oder der Fähigkeit zur Selbstversorgung

  • Nicht vorhandenen bzw. nicht ausreichend wirksamen ambulanten Therapieverfahren des Empfehlungsgrades A. Evidenzgrad 5, Empfehlungsgrad C, starker Konsens

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Psychotherapie

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Indikationen Psychotherapie

Eine psychotherapeutische Behandlung beim FMS wird bei folgenden klinischen Konstellationen empfohlen:

  • Maladaptive Krankheitsbewältigung (z. B. Katastrophisieren, unangemessenes körperliches Vermeidungsverhalten bzw. dysfunktionale Durchhaltestrategien) und/oder

  • Relevante Modulation der Beschwerden durch Alltagsstress und/oder interpersonelle Probleme und/oder

  • Komorbide psychische Störungen

Evidenzgrad 5, Empfehlungsgrad offen, starker Konsens

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Differentialindikationen Psychotherapie

Es wird empfohlen, Patienten mit maladaptiver Kankheitsbewältigung und Modulation der Beschwerden durch Alltagsstress mit Verfahren der kognitiv-verhaltenstherapeutischen und operanten Schmerztherapie zu behandeln. Bei interpersonell belasteten Patienten, welche zusätzlich die Kriterien einer somatoformen Schmerzstörung erfüllen, können auch psychodynamisch orientierte Verfahren zur Anwendung kommen. Bei komorbiden psychischen Störungen (affektive Störungen, Angststörungen, posttraumatische Belastungsstörungen) werden die psychotherapeutischen Verfahren empfohlen, die in den Leitlinien der Psychotherapeutischen Fachgesellschaften bei der Arbeitsgemeinschaft der wissenschaftlichen Fachgesellschaften genannt werden. Imaginative und hypnotische Techniken können ergänzend bei den Indikationen a. und b. eingesetzt werden. Eine psychotherapeutische Behandlung soll den Patienten in die Lage versetzen, nach Ende der Psychotherapie eigenständig Schmerzen, psychischen Disstress und Alltagsbelastungen zu bewältigen. Evidenzgrad 5, Empfehlungsgrad offen, Konsens

Autoren für die DGOOC:

Prof. Dr. Marcus Schiltenwolf, Stiftung Orthopädische Universitätsklinik, Heidelberg

Dr. Babak Moradi, Stiftung Orthopädische Universitätsklinik, Heidelberg

Dr. Rita Engelhardt, Heidelberg

Für alle Autoren aller beteiligten Fachgesellschaften und Patientenvereinigungen federführend:

Dr. Winfried Häuser

Innere Medizin I Funktionsbereich Psychosomatik Klinikum Saarbrücken

eMail: whaeuser@klinikum-saarbruecken.de

Gesamttext der Leitlinie unter:

http://leitlinien.net/

Literatur bei den Autoren