Phlebologie 2018; 47(04): 188-198
DOI: 10.12687/phleb2421-4-2018
Originalarbeit – Original articles
Schattauer GmbH

Lipödem – Mythen und Fakten Teil 3

Article in several languages: deutsch | English
T. Bertsch
1   Földiklinik Hinterzarten – Europäisches Zentrum für Lymphologie
,
G. Erbacher
1   Földiklinik Hinterzarten – Europäisches Zentrum für Lymphologie
2   Dipl.-Psychologin, Psychologische Psychotherapeutin, Supervisorin (hsi)
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Korrespondenzadresse

Dr. med. Tobias Bertsch
Leitender Oberarzt
Földiklinik GmbH & Co.KG
Rösslehofweg 2–6
79856 Hinterzarten
Phone: +49 7652 124 0   
Fax: +49 7652 124 116   

Publication History

Eingereicht: 02 May 2018

Angenommen: 14 May 2018

Publication Date:
22 August 2018 (online)

 

Zusammenfassung

Um das Lipödem ranken sich zahlreiche Mythen! In dieser kleinen Übersichtsreihe über die Mythen des Lipödems werfen wir einen kritischen Blick auf populäre Statements zum Lipödem; Statements, die vor Jahrzehnten schon Eingang in wissenschaftliche Publikationen gefunden haben und seither unkritisch und stetig wiederholt werden; Statements, die dadurch inzwischen zum selbstverständlichen Wissensallgemeingut von Lipödempatientinnen und vor allem auch von Lipödem-Selbsthilfegruppen geworden sind. Im ersten Teil unserer Darstellung haben wir uns kritisch mit zwei populären Mythen über das Lipödem auseinandergesetzt. Hierbei haben wir festgestellt, dass sowohl für das Statement „Das Lipödem ist eine progrediente Erkrankung” als auch für das Statement „Ein Lipödem macht psychisch krank” keine wissenschaftliche Evidenz vorliegt. In einem zweiten Beitrag über die Mythen des Lipödems fokussierten wir uns auf den Ödemaspekt, auf das „Ödem im Lipödem” und die hieraus erfolgende therapeutische Konsequenz: die Manuelle Lymphdrainage. Wir konnten darlegen, dass für das populäre Statement „Das Lipödem ist in erster Linie ein „Ödem-Problem”, daher ist die Manuelle Lymphdrainage essenzielle und regelmäßig durchzuführende Standardtherapie” ebenfalls keine wissenschaftliche Evidenz existiert. Der regelmäßigen und dauerhaften Verordnung von Manuellen Lymphdrainagen mit dem Ziel der „Ödembeseitigung” fehlt daher jede Grundlage. In diesem dritten Teil der Auseinandersetzung über bekannte und oft zitierte” Lipödem-Statements” beschäftigen wir uns mit zwei weiteren Mythen: 4. „Das Lipödem macht dick” und 5. „Gewicht abnehmen hat keinen Effekt auf das Lipödem”. Für beide Statements gibt es weder ein sinnvolles physiologisches bzw. pathophysiologisches Konstrukt noch eine sich in der Literatur findende wissenschaftliche Evidenz. Darüber hinaus widersprechen beide Statements in hohem Maße unserer seit Jahren bestehenden täglichen klinischen Erfahrung mit Lipödempatientinnen. Tatsächlich scheint das Gegenteil richtig: Gewichtszunahme wirkt als entscheidender Trigger, um – bei entsprechend genetischer Disposition für ein Lipödem – dieses überhaupt erst zu entwickeln. Lipödem und Adipositas sind zwei unterschiedliche Erkrankungen, die jedoch in den meisten Fällen gemeinsam auftreten. Fast täglich sehen wir Lipödempatientinnen, die sich aufgrund ihrer morbiden Adipositas einer bariatrischen Operation unterzogen und dadurch effektiv – auch im Bereich der Extremitäten – Gewicht verloren haben. Patientinnen mit Lipödem erfahren durch diese meist nachhaltige Gewichtsabnahme regelhaft eine deutliche Besserung ihrer lipödemtypischen Schmerzen. Häufig sind die Patienten dann beschwerdefrei, sodass wir dann von einem Lipödem in Remission sprechen können. In einem vierten Beitrag werden wir uns mit dem Stellenwert der Liposuktion beim Lipödem beschäftigen, um dann in unserer letzten Darstellung ein therapeutisches Konzept vorzustellen, das nicht nur wissenschaftlich fundiert ist, sondern auch zu einer nachhaltigeren und umfassenderen Beschwerdebesserung unserer Lipödempatientinnen beitragen soll.


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