Deutsche Zeitschrift für Onkologie 2016; 48(02): 62-66
DOI: 10.1055/s-0042-103522
Forschung
© Karl F. Haug Verlag in MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co. KG

Hat die Selbstregulation eine Bedeutung in der Behandlung von onkologischen Patienten?

M. Kröz1234
,
D. Pranga1
,
R. Zerm12
,
D. Friemel5
,
M. Reif6
,
F. Schad12
,
H. Matthes12
,
M. Girke12
Further Information

Publication History

Publication Date:
13 July 2016 (online)

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Zusammenfassung

Selbstregulation beschreibt nach Grossarth-Maticek die intrinsische Fähigkeit, die neben Wohlbefinden und Ausgeglichenheit auch zur Stressbewältigung beitragen kann. Auf dieser Grundlage eines zielorientierten und Wohlbefindens-orientierten Handelns kann sie einen Beitrag für eine Gesundheitsmedizin leisten. Erste Untersuchungen auf Basis eines Fragebogens zur Selbstregulation weisen Zusammenhänge zwischen Selbstregulation und der Sense of Coherence Skala (SOC) (Kohärenz) auf. Eine Verhaltensänderung im Sinne von Selbstregulation setzt neben der Information und dem daraus entstandenen individuellen Evidenzgefühl auch eine Handlungsumsetzung voraus. Dies kann zu einer Stärkung des Kohärenzgefühls führen und die Gesundheit somit stabilisieren und verbessern. In einer großen epidemiologischen Studie wurde gezeigt, dass Selbstregulation durch ein Autonomietraining bei verschiedenen Tumorerkrankungen verbessert werden und einen lebensverlängernden Einfluss haben kann. Eine lebensverlängernde Wirkung der Misteltherapie konnte bei Patienten mit einer hohen Selbstregulation gefunden werden, nicht aber bei niedriger Selbstregulation. Dies weist auf mögliche synergistische Effekte von Selbstregulation und Misteltherapie hin. In Studien unserer Arbeitsgruppe konnten wir zeigen, dass bei einer multimodalen Intervention bei Brustkrebspatientinnen mit Cancer-related Fatigue Selbstregulation einen prädiktiven Einfluss auf die Therapieansprache aufweist und in einer Beobachtungsstudie mit längerem Überleben von Brust- und Darmkrebspatienten assoziiert ist. Der klinische Stellenwert der Selbstregulation bedarf weiterer Klärung sowohl in der Onkologie als auch bei anderen internistischen Erkrankungen. Zudem muss die praktische Umsetzbarkeit des Selbstregulationskonzeptes im Klinikalltag geklärt werden.

Summary

According to Grossarth-Maticek self-regulation describes the intrinsic ability that contributes beside coping with stress to well-being and balance. On that basis of a goal and well-being orientated acting it can be a contribution for a health medicine. First examinations on basis of a questionnaire for self-regulation offer a relationship between self-regulation and the sense of coherence scale (SOC). A change in behaviour in terms of self-regulation requires beside the information and the resulting individual sense of evidence also a realization in acting, too. This can lead to a stabilization of the sense of coherence, hence it can stabilize and improve health. In a large epidemiological study was shown that self-regulation can be improved by an autonomy training in different tumour conditions and can have a life-prolonging effect. In patients with a high self-regulation a life-prolonging effect of mistletoe-therapy was found, but not in patients with a low self-regulation. This indicates a possible synergistic effect of self-regulation and mistletoe-therapy. In studies of our study group we could show that a multimodal intervention in breast cancer patients with cancer-related fatigue self-regulation has a predictive influence on therapy response and in an observational study self-regulation is associated with a longer survival in breast and colon cancer patients. The clinical value of self- regulation in oncology and internal medicine conditions needs further clarification. Additionally, the application of the concept of self-regulation and its practicability in the clinical use has to be clarified.

1 Forschungsinstitut Havelhöhe gGmbH (FIH), Berlin


2 Internistische Abteilung Gemeinschaftskrankenhaus Havelhöhe, Berlin


3 Institut für Integrative Medizin, Universität Witten/Herdecke, Witten/Herdecke


4 Institut für Sozialmedizin, Epidemiologie und Gesundheitsökonomie, Charité – Universitätsmedizin Berlin


5 Psychosomatische Abteilung Gemeinschaftskrankenhaus Havelhöhe, Berlin


6 Gesellschaft für klinische Forschung, Berlin