Dtsch Med Wochenschr 2001; 126(11): 317
DOI: 10.1055/s-2001-11857
Fragen aus der Praxis
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Einfluss von Nährstoffen auf die Immunmodulation

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Publication Date:
31 December 2001 (online)

Frage: Welchen Einfluss haben verschiedene Nährstoffe auf die Immunmodulation und Signaltransduktion in Bezug auf die Metaboliten der Arachidonsäure und Eicosapentaensäure und der damit möglichen Reduktion des oxidativen Stresses und der Aktivierung des nukleären Transkriptionsfaktors kappa B und des Glutathions in der Schmerztherapie?

Antwort: Seit den Untersuchungen von Dyerberg et al. [1], die eine geringere Häufigkeit von koronarer Herzkrankheit, Myokardinfarkten und Thrombosen bei Eskimos im Vergleich zu einem europäischen Vergleichskollektiv fanden, wurden Omega-3-Fettsäuren (w-3 poly-unsaturated fatty acids, w-3-PUFA) verstärkt im Hinblick auf eine protektive Wirkung bei den genannten Erkrankungen untersucht [2]. W-3-PUFA wie Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA) kommen im Seefisch in Gewichtsanteilen von 0,1-1,2 % vor. Hingegen überwiegen die w-6-PUFA wie Linolsäure und Arachidonsäure (AA) in der Ernährung der westlichen Industrienationen und sind vor allem in Pflanzenölen und im Fettgewebe von Säugetieren vorhanden. Im Gegensatz zu der Nahrungszusammensetzung vorheriger Jahrhunderte hat sich das Verhältnis w-6-PUFA zu w-3-PUFA von vormals 1-2:1 auf nun 20-30:1 geändert. Die Klassifizierung als w-3-PUFA bzw. w-6-PUFA beruht auf der Position der ersten Doppelbindung in diesen mehrfach ungesättigten Fettsäuren. Beide Klassen, w-3- und w-6-PUFA, sind essenzielle Fettsäuren, da der menschliche Organismus sie nur in einem unzureichenden Umfang selbst herstellen kann. Die mit der Nahrung zugeführten PUFA dienen als Ausgangssubstanz für strukturelle Bausteine der Zellmembran. Bei vermehrter Zufuhr ersetzen w-3-PUFA die w-6-PUFA in der Phospholipidzusammensetzung der Membran in nahezu allen Zellen des Organismus.

Im Rahmen akuter wie auch chronischer Entzündungen werden Kaksaden von Mediatorsystemen in Gang gesetzt. Diese Mediatoren wie z. B. Zytokine oder das Komplementsystem sowie auch eine Vielzahl anderer Triggersubstanzen aktivieren über das Enzym Phospholipase A2 die Eicosanoidsynthese aus den Phospholipidbestandteilen der Zellmembranen. Es sind zwei Metabolisierungswege möglich, die durch die Enzyme Cyclooxygenase bzw. Lipooxygenase gesteuert werden. Unter Einfluss von Cyclooxygenase entstehen aus dem Hauptvertreter der w-6-PUFA, der Arachidonsäure, Thromboxam A2 (TxA2) und Prostaglandin F2a (PGF2a) sowie andererseits Prostacyclin (PGI2) und Prostaglandin E2 (PGE2). Diese Substanzen üben z. T. antagonistische biologische funktionen aus. So wirken TxA2 und PGF2a pro-aggregatorisch sowie vaso- und bronchokonstriktorisch, während PGI2 und PGE2 entgegen gesetzte physiologische Effekte verursachen. Der biologische Netto-Effekt einer Cyclooxygenase-Aktivierung ist eindeutig durch die Eigenschaften von TxA2 gekennzeichnet [2].

Über den Lipooxygenase-Stoffwechselweg werden aus AA Leukotriene der 4er-Serie sowie Hydroxyeicosatetraensäure gebildet. Leukotrien B4 (LTP4), LTC4, LTD4 und LTE4 erhöhen die Gefäßpermeabilität und wirken chemotaktisch auf Granulozyten. Die wesentlichen Syntheseorte und biologischen Funktionen der diversen Stoffwechselprodukte sind in [Tab. 1] zusammengefasst. Die Wirkungen der Eicosanoide auf die Regulation des Broncho- und Vasotonus, die Thrombozytenaggregation und ferner die Gefäßpermeabilität sowie die Chemotaxis von Zellen des Immunsystems verdeutlichen die Rolle von Eicosanoiden als Mediatoren einer Entzündungsreaktion. Sie sind auch an der Entstehung einer Hyperalgesie im Rahmen von Entzündungen maßgeblich beteiligt. Eicosanoide kennzeichnen sich gegenüber anderen Entzündungsmediatoren durch eine in der Regel auf den Ort ihrer Bildung beschränkte Wirkung aus, die durch eine kurze biologische Halbwertszeit infolge einer raschen enzymatischen Inaktivierung bedingt ist.

Literatur

  • 1 Dyerberg J, Bang H O. Haemostatic function and platelet polyunsaturated fatty acids in eskomos.  Lancet. 1979;  2 433-435
  • 2 Sellmayer A, Theisen K, Weber P C. Omega-3-Fettsäuren nach Myokardinfarkt.  Dtsch med Wschr. 2000;  125 1542-1546
  • 3 Neuhof H, Seeger W. Zur pathogenetischen Bedeutung des Arachidonsäuremetabolismus beim akuten Atemnotsyndrom (ARDS).  Anaesthesist. 1983;  32 6-7
  • 4 Graber R, Sumida C, Nunez E A. Fatty acids and cell signal transduction.  J Lipid Mediat Cell Signal. 1994;  9 91-116
  • 5 Clarke S D, Jump D B. Dietary polyunsaturated fatty acid regulation of gene transcription.  Annu Rev Nutr. 1994;  14 83-98
  • 6 Needleman P, Raz A, Minkes M S, Ferrendelli J A, Sprecher H. Triene prostaglandins.  Proc Natl Acad Sci USA. 1979;  76 944-948

Priv.-Doz. Dr. med. H. Heesen

Klinik für Anästhesiologie Universitätsklinikum der RWTH

Pauwelsstraße 30

52074 Aachen