Senologie - Zeitschrift für Mammadiagnostik und -therapie 2005; 2(3): R17-R40
DOI: 10.1055/s-2005-865995
Senologie-Refresher

Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Risiko und Früherkennung des Mammakarzinoms

Teil 2R. Schulz-Wendtland2 , E. Wenkel2 , M. P. Lux1 , H. Kreis1 , P. A. Fasching1 , W. A. Bautz2 , M. W. Beckmann1
  • 1Frauenklinik, Universitätsklinikum Erlangen
  • 2Radiologisches Institut, Universität Erlangen-Nürnberg
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Publication History

Publication Date:
24 November 2005 (online)

Mammographie

Die Bedeutung

Die Röntgen-Mammographie hat ihre Bedeutung in der Diagnose präinvasiver Vorstufen und kleiner Mammakarzinome.

der Röntgen-Mammographie liegt in erster Linie in der Erkennung präinvasiver Vorstufen und kleiner Mammakarzinome, bevor sie durch klinische Symptome diagnostizierbar sind. Es werden dabei Mikroverkalkungen ab einem Durchmesser von 200 µm abgebildet, entsprechend den Leitlinien der Bundesärztekammer. Die Mammographien müssen in 2 Ebenen (kranio-kaudal und oblique) angefertigt werden. Bei Aufnahmen in nur einer Ebene ist ein diagnostischer Verlust von rund 20 % zu erwarten. Während einer 2-Ebenen-Mammographie einer normalen Brust ist mit einer Strahlenexposition von ca. 1 - 2 mGy zu rechnen. Die Qualitätssicherung der Mammographie erfolgt durch die Röntgenverordnung und die in der DIN festgelegten Qualitätskontrollen. Unter diesen Voraussetzungen ist auch bei wiederholten Mammographien kein erhöhtes Strahlenrisiko zu erwarten.

Gerätetechnik

Moderne Mammographiegeräte sind Spezialkonstruktionen, die eigens für die Anfertigung von Röntgenaufnahmen der Brust entwickelt wurden. Sie unterscheiden sich hinsichtlich einzelner Komponenten wie Röntgenstrahler, Streustrahlenraster, Belichtungsautomatik und Bildempfänger in Auslegung und Konstruktion von anderen Röntgengeräten. Es gilt die Leitlinie der Bundesärztekammer zur Qualitätssicherung in der Röntgendiagnostik.

Die neueste Entwicklung in der Mammographie

In der digitalen Mammographie werden hochauflösende Speicherfolien und die volldigitale Mammographie unterschieden. Vorteile gegenüber der konventionellen Mammographie: größerer Dynamikbereich, bessere Bildnachbearbeitung, Monitorbefundung, Bildübermittlung, CAD, Archivierung.

geht in Richtung digitaler Bildempfänger, da vor allem bei Film-Folien-Systemen in der konventionellen Mammographie der stark eingeschränkte Dynamikbereich von etwa 1 : 25 oder weniger sich besonders nachteilig auswirkt. Demgegenüber erstreckt sich bei digitalen Bildempfängern dieser Bereich über mehrere Größenordnungen. Da sie außerdem deutliche Vorteile in der Bildnachbearbeitung, der Monitorbefundung, der Bildübermittlung, der computerisierten Auswertung (CAD) sowie der Archivierung bietet, hat die digitale Mammographie vielerorts die konventionelle Mammographie ersetzt und ist die zukunftsweisende Technologie.

Zu unterscheiden ist dabei zwischen digitaler Mammographie auf der Basis von hochauflösenden Speicherfolien (CR = Computer Radiography) und volldigitalen Mammographiesystemen (DR = Digital Radiography) auf der Basis von a-Si-, a-Se- und CCD-Detektoren. Alle diese Systeme sind durch die FDA (Food and Drug Administration) zugelassen. Da sich die digitale Mammographie entscheidend von der konventionellen Mammographie unterscheidet, werden die Abnahmeprüfung und Zulassungsbestimmungen neu definiert werden müssen. Zu diesem Zweck wurde ein PAS-Protokoll (= Publicity Available Specification) erstellt.

Untersuchungstechnik

Das primäre Ziel einer qualitätsgesicherten Mammographie ist es Herdbefunde und Mikrokalzifikationen reproduzierbar darzustellen. Hierzu dienen die Vorgaben der European Guidelines for Quality Assurance in Mammography Screening - PGMI-Kriterien

Nach den PGMI-Kriterien zur Bildgütebeurteilung können Herdbefunde und Mikrokalzifikationen reproduzierbar qualitätsgesichert dargestellt werden.

zur Bildgütebeurteilung in der Mammographie (PGMI = perfekt - gut - mäßig - inadäquat) -, die den Vorgaben der Deutschen Röntgengesellschaft und des Berufsverbandes für die Qualitätssicherung in der Mammographie und der S3-Leitlinie „Brustkrebsfrüherkennungsprogramm in Deutschland“ entsprechen.

Nach den European Guidelines hat die Mamille in allen Standardprojektionen (kranio-kaudal und oblique) im Profil abgebildet und eine Weichteildifferenzierung durch die Ausnutzung einer möglichst großen Grauwerteskala gewährleistet zu sein. Im kranio-kaudalen Strahlengang sollen Brustwandstrukturen wenn möglich und im obliquen Strahlengang der Pektoralisrand standardmäßig in einem Winkel von 20 Grad bis in Höhe der Mamille bei gleichzeitig erfasster unterer Umschlagfalte zu sehen sein. Die Qualitätskontrolle

Die Qualitätskontrolle nach PGMI umfasst: Brustparenchym, Beschriftung, Belichtung, Kompression, Bewegungsunschärfe, Bildverarbeitung, Entwicklung und Handhabung, Hautfalten, Symmetrie der Aufnahmen.

für entsprechend erstellte Mammogramme umfasst nach dem PGMI-Katalog die folgenden Punkte:

  1. Erfassen des Brustparenchyms,

  2. Beschriftung,

  3. Belichtung,

  4. Kompression,

  5. Bewegungsunschärfe,

  6. Bildverarbeitung,

  7. Entwicklung und Handhabung,

  8. Hautfalten,

  9. Symmetrie der Aufnahmen.

Über 75 % der Aufnahmen sollen den Gruppen P und G, über 97 % den Gruppen P, G und M und weniger als 3 % der Gruppe I zuzuordnen sein. Für die Bewertung mit G müssen die Auflagen der Punkte 1 - 6 erfüllt sein, bei den Punkten 7 - 9 werden nur geringe Mängel toleriert. Bei der Bewertung mit M müssen die Bedingungen für die Punkte 2 - 6 erfüllt sein, bei 1 und 7 - 9 sind Mängel in tolerierbarem Ausmaß zugelassen.

Befundung

Sind die untersuchungstechnischen Voraussetzungen geschaffen, dann stellt die Analyse der Bilder auf auffällige Befunde den nächsten Schritt dar. Es ist erforderlich diese Analyse so weit zu systematisieren, dass auch sie einer reproduzierbaren Qualitätskontrolle standhält.

Die BI-RADS der ACR dient der standardisierten Charakterisierung von Herdbefunden.

Bei der Charakterisierung von Herdbefunden hat sich der vom American College of Radiology (ACR) im BI-RADS™ (Breast Imaging - Reporting and Data System) vorgestellte Kriterienkatalog als sehr praktikabel erwiesen, von dem es eine autorisierte deutsche Version gibt (die im Dezember 2003 erschienene 4. Auflage

Die standardisierte Mammographiebefundung nach BI-RADS vereinfacht die Interpretation und das Outcome-Monitoring.

dieses Atlasses unter Einbeziehung von Sonographie und MR-Mammographie ist bisher ausschließlich in den USA autorisiert, in Deutschland wird dies für Ende 2005 erwartet). Der BI-RADS™ Katalog dient insbesondere der Qualitätssicherung in der Mammographie. Die standardisierte Mammographiebefundung führt zu einer Verringerung der verbreitenden Konfusion in der Interpretation und zur Vereinfachung des Outcome-Monitorings.

Generell wird bei der Mammographie zunächst der Brusttyp bestimmt: Dichte I bedeutet Involution, II fibro-glanduläres Muster, III heterogen-dichtes Muster, IV extrem dicht. Die primären Kriterien zur Charakterisierung von Herdbefunden

Primärkriterien der Herdbefunde: Form, Begrenzung, Strahlendichte.

lauten: 1. Form: rund - oval - lobuliert - irregulär, 2. Begrenzung: glatt - mikrolobuliert - überlagert - unscharf - strahlig (spikuliert), 3. Strahlendichte: hyperdens - isodens - hypodens - fettäquivalent.

Die Primärkriterien zur Charakterisierung von Mikrokalzifikationen

Primärkriterien der Mikrokalzifikationen: typisch gutartig, mittelgradig suspekt, höher wahrscheinlich benigne, Verteilungsmuster.

lauten:

  1. typisch gutartig: Hautverkalkung - vaskuläre Verkalkung - grobe korkenzieherartige oder popcornartige Verkalkungen - grobe astförmige Verkalkungen - rundliche Verkalkungen - Verkalkungen mit transparentem Zentrum - Verkalkungen von Eierschalen oder Ringtyp - Teetassenverkalkungen - Nahtverkalkungen - dystrophische Verkalkungen - punktförmige Verkalkungen

  2. mittelgradig suspekt: amorphe oder unscharfe Verkalkungen - pleomorphe oder heterogene Verkalkungen (granulär)

  3. höhere Wahrscheinlichkeit von Benignität: feine lineare - verästelte Verkalkungen

  4. Verteilungsmuster: gruppiert oder gehäuft - linear - segmental - regional - diffus/verstreut.

Sowohl für Herdbefunde als

Die Lokalisationsangabe umfasst Seite, Sektor, Mamillenabstand.

auch Mikrokalzifikationen gilt als Lokalisationsangabe: Seite - Sektor (Uhrzeit) - Abstand von der Mamille. Abschließend hat eine vollständige und definitive Beurteilung und Eingruppierung

Die Eingruppierung erfolgt in Kategorie 0 - 5.

stattzufinden:

  • Kategorie 0: Bildgebung unvollständig, zusätzliche Bildgebung erforderlich,

  • Kategorie 1: negativ (kein Befund), kommentarlos, Malignitätsrisiko 0 %,

  • Kategorie 2: sicher gutartiger Befund, Malignitätsrisiko 0 %,

  • Kategorie 3: wahrscheinlich gutartiger Befund, kurzfristige Kontrolle (6 Monate), Malignitätsrisiko < 3 %,

  • Kategorie 4: malignitätsverdächtiger Befund, Indikation zur Biopsie, Malignitätsrisiko 3 - 90 %,

  • Kategorie 5: typischer, maligner Befund, Indikation zur Biopsie und Planung einer definitiven Therapie, Malignitätsrisiko über 90 %.

Die für Ende 2005 in Deutschland erwartete neue Klassifikation unterteilt die Kategorie 4 in 4 a, b, c, und definiert neu hinzukommend die Kategorie 6 (Malignität 100 % nach histologischer Verifikation).

Prof. Dr. Rüdiger Schulz-Wendtland

Radiologisches Institut
Universität Erlangen-Nürnberg

Maximiliansplatz 1

91054 Erlangen

Email: ruediger.schulz-wendtland@idr.imed.uni-erlangen.de